29: Teilnahme. I. Anstiftung ( 26 StGB) 1. Strafgrund der Teilnahme

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Transkript:

I. Anstiftung ( 26 StGB) 1. Strafgrund der Teilnahme 29: Teilnahme Die Beschäftigung mit den Strafgründen der Teilnahme ist auch für die Fallbearbeitung von Bedeutung, denn in Zweifelsfällen hilft der Rückgriff auf den Strafgrund der Teilnahme bei der Falllösung: Entspricht die Bestrafung einer Randfigur als Teilnehmer im konkreten Fall dem Sinn und Zweck der Strafgründe? Die folgenden Ausführungen gelten gleichermaßen für die Anstiftung und die Beihilfe. Es gibt mehrere Begründungsansätze des Strafgrundes der Teilnahme, die im Folgenden kurz dargestellt werden: a) Schuldteilnahmetheorie/Modifizierte Schuldteilnahmetheorie (vgl. Mayer FS Rittler 1957 S. 243 ff.; Trechsel Der Strafgrund der Teilnahme 1967 S. 55) Die mittlerweile nicht mehr vertretene Schuldteilnahmetheorie sah den Strafgrund der Teilnahme darin, dass der Teilnehmer den Täter in Schuld verstricke. Dieses Begründungsmuster wird im Falle eines Anstifters, der einen anderen zu dessen Tat bestimmt und ihn somit zum Täter macht, plastisch. Θ 26 StGB setzt aber keine schuldhafte Tat voraus ( zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidrigen Tat ). 29 KK 636

Deshalb wird diese Ansicht heute nur noch abgewandelt mit der Argumentation weitergeführt, dass der Strafgrund darin zu sehen sei, dass der Teilnehmer den Täter auf dessen kriminellen Pfaden begleite und dadurch dessen soziale Desintegration fördere (modifizierte Schuldteilnahmetheorie). Θ Gegen diese Modifikation spricht die gesetzliche Konzeption einer freien Persönlichkeit, die selbstständig darüber zu entscheiden vermag, ob sie zum Täter wird oder nicht. b) Solidarisierungstheorie (s. Schumann Strafrechtliches Handlungsunrecht und das Prinzip der Selbstverantwortung der Anderen 1986 S. 44 f., 49 ff.) Von dieser Strömung wird die Solidarisierung des Teilnehmers mit dem Haupttäter als Strafgrund vorgebracht. Als Argument dient die Erschütterung des Gefühls der Rechtsgemeinschaft, für die der Teilnehmer ein unerträgliches Beispiel sei. Θ Diese Theorie erfasst den Strafgrund der Teilnahme nicht zur Gänze, denn eine Solidarisierung mit dem Täter strebt auch der an, der nur versucht, einem anderen bei dessen Tat behilflich i.s.d. 27 StGB zu sein. Die versuchte Beihilfe ist aber gerade nicht strafbar. c) Verursachungs- bzw. Förderungstheorie (h.m., BGHSt 4, 358; Rudolphi ZStW 78 [1966] 92 ff.) Diese Ansicht führt den Strafgrund der Teilnahme auf die mittelbare Einwirkung des Teilnehmers 29 KK 637

auf das durch die Tathandlung betroffene Rechtsgut zurück. Der Teilnehmer agiert also mittelbar durch den Täter rechtsgutfeindlich. Entweder fördere der Teilnehmer die Tat ( 27 StGB) oder er verursache sie ( 26 StGB). Θ Es fehlt an der fehlenden Benennung einer eigenständigen Schuld des Teilnehmers. Der Teilnehmer muss sich damit lediglich die Schuld des Täters zurechnen lassen, sein eigenes Unrecht wird also lediglich durch die konkrete Tathandlung des Täters ausgedrückt. Diese Theorie blickt damit zu stark auf das verwirklichte Erfolgsunrecht, ohne in angemessener Weise das Handlungsunrecht beim Teilnehmer zu erfassen. d) Theorie des selbstständigen Rechtsgutsangriffs des Teilnehmers (Lüderssen Zum Strafgrund der Teilnahme 1967 S. 117 ff.) Die obige Kritik an der Theorie der h.m. greift diese Konzeption auf und erklärt, der Teilnehmer nehme einen selbstständigen Rechtsgutsangriff vor und darin sei der Strafgrund zu sehen, denn der Teilnehmer begehe eigenes Unrecht. Das Unrecht wird durch die Teilnahmehandlungen der 26, 27 StGB beschrieben. Diese Teilnahmehandlungen kennzeichneten das Handlungsunrecht des Teilnehmers. Θ Gegen diese Theorie spricht, dass sie die Akzessorietät der Teilnahme 28 StGB (hierzu in den KK zu 30) zu der Haupttat nicht ausreichend berücksichtigt. Denn das Handlungsunrecht allein führt nicht stets zu einer Bestrafung; vgl. die straflose Teilnahme an einer Selbsttötung. 29 KK 638

e) Gemischte Verursachungstheorie (vgl. LK/Schünemann Vor 26 Rn. 1 mit Verweis auf Roxin, den Begründer diese Ansicht, vgl. LK/Roxin [11. Aufl. 2003] Vor 26 Rn. 22) Diese Theorie kombiniert die beiden vorhergehenden, um deren Stärken zu bündeln und deren Schwächen auszuscheiden. Allerdings ist noch ungeklärt, inwieweit beide Erfordernisse, Handlungs- und Erfolgsunrecht, kumulativ vorliegen müssen. Θ Es drohen Strafbarkeitslücken, jedenfalls ein zu enger Anwendungsbereich der Teilnahme, falls in allen Fällen beide Voraussetzungen vorliegen müssten. Lit: LK/Schünemann Vor 26 Rn. 1 ff. 29 KK 639

2. Strafgrund der Anstiftung Die Theorien zum Strafgrund der Teilnahme sind quasi vor die Klammer gezogene Aspekte, die für beide Teilnahmeformen gleichermaßen gelten. Daneben ist es aber sinnvoll, sich auch den Strafgrund der Teilnahmeform der Anstiftung als solchen vor Augen zu halten, denn auch hier hilft die möglichst exakte Bestimmung des Strafgrundes bei der Lösung von Zweifelsfällen. Zum Strafgrund der Anstiftung haben sich wiederum verschiedene Ansichten herausgebildet: a) Das Setzen einer notwendigen Bedingung reine Verursachungstheorie (extensive Auslegung) Es ließe sich argumentieren, der Strafgrund der Anstiftung liege in dem Setzen einer für die Deliktsausführung notwendigen Bedingung (abl. LK/Schünemann 26 Rn. 1). Θ Es ist allerdings ersichtlich, dass diese Umrisslinie zu weit gerät, denn gem. 26 StGB ist der Anstifter gleich einem Täter zu bestrafen; zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass Unrechtsgehalt von Täterschaft und Anstiftung sich in gewisser Hinsicht entsprechen müssen. Der Täter ist aber die Zentralgestalt des Tatgeschehens, dem entspricht vom Unwertgehalt das Setzen einer notwendigen Bedingung nicht. Die aktuellen Bemühungen der Verdeutlichung des Strafgrundes der Anstiftung sind folgerichtig von dem Bemühen getragen, die Reichweite der Anstiftung so zu konzipieren, dass eine Gleichstellung des Anstifters mit dem Täter tragfähig erscheint (vgl. LK/Schünemann 26 Rn. 1). Im Folgenden werden neuere Ansätze vorgestellt: 29 KK 640

b) Kollusive geistige Kommunikation Theorie des geistigen Kontaktes (h.m.) Die h.m. sieht den Strafgrund der Anstiftung in der kollusiven geistigen Kommunikation zwischen Anstifter und Täter (vgl. nur Roxin AT II 26 Rn. 74 ff.). Begründet wird dies damit, dass der Anstifter dem Täter nur dann in den Rechtsfolgen gleichgestellt werden könne, falls seine Einwirkung auf den Täter einen Grad erreiche, der die mangelnde Tatherrschaft im konkreten Geschehen ausgleiche. Diese Kompensation erfordere, dass der Anstifter im Wege einer kollusiven geistigen Kommunikation auf den Täter eindringe und diesem das entscheidende Motiv zur Tatbegehung liefere (Kühl AT 20 Rn. 172). Diese Theorie wird in verschiedenen Facetten vertreten, teilweise wird die kommunikative Beeinflussung für ausreichend erachtet, teilweise ein zielgerichtetes Auffordern gefordert. c) Planherrschaft (restriktive Auslegung) Teilweise wird der Strafgrund der Anstiftung in der Planherrschaft des Anstifters gesehen (vgl. Schulz JuS 1986, 937 ff.). Erst die Planherrschaft über das Tatgeschehen lasse den Anstifter mit dem Täter gleichwertig erscheinen. Die Herrschaft über die Planung kompensiere die fehlende Tatherrschaft. Θ Diese Auffassung beschränkt die Anstiftung zu weitgehend. Die reine Beauftragung, die die Erstellung des Tatplanes dem Täter überlässt, wäre gar nicht erfasst (kritisch daher LK/Schünemann 26 Rn. 6). 29 KK 641

d) Unrechtspakt (restriktive Auslegung) Puppe sieht den Strafgrund der Anstiftung im Schluss eines Unrechtspaktes. Die Dimension des Unrechtspaktes umreißt Puppe folgendermaßen: Anstiftung [ ] liegt dann vor, wenn der Täter die Tat ebenfalls aufgegeben hätte, sofern nur der Anstifter von der gemeinsamen Unrechtsabrede zurückgetreten wäre (Puppe GA 1984, 112). Θ Diese Ansicht ist mit dem Wortlaut des 26 StGB bestimmen insofern nicht vereinbar, als dass der Strafgrund der Anstiftung zu restriktiv beschrieben wird. 3. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung a) Bestimmen i.s.d. 26 StGB Bestimmen ist das Hervorrufen des Tatentschlusses beim Täter. Welche Mittel für das Hervorrufen zu fordern sind, hängt jeweils davon ab, worin der Strafgrund der Anstiftung erblickt wird. Wer der reinen Verursachungstheorie folgen möchte, wird jedes Mittel für ausreichend erachten, dass letztlich den Tatentschluss des Täters mitbedingt. Wer der Theorie des geistigen Kontaktes folgt, wird fordern müssen, dass gerade dieser kommunikative Prozess den Grund für die Tat darstellt. Wer der Theorie des Unrechtspaktes folgt, muss sich fragen, ob der Täter von dem Tatplan Abstand genommen hätte, falls der Anstifter sein Ansinnen zurückgezogen hätte. Bedeutung erlangen die verschiedenen Theorien zum Strafgrund beim sog. Situationsarrange- 29 KK 642

ment. In diesen Fällen schafft eine Person eine Sachlage, deren Arrangement einen Dritten zu der Straftat anreizt bzw. verführt. Bsp.: A arbeitet in einem Supermarkt, er weiß, dass B in schweren Geldsorgen steckt. Deshalb lässt er den Safe, in dem die Tagesumsätze bis zum nächsten Morgen eingeschlossen werden, offen. B sieht dies und entwendet einen Teil der Tagesumsätze, um seine Schulden zu begleichen. Weder die Theorie der Planherrschaft noch die des Unrechtspaktes können hier eine Strafbarkeit annehmen. Die Theorie der reinen Verursachung hingegen gelangt zu einer Anstiftung. Der Fall des Situationsarrangements dient ihr geradezu als Paradebeispiel für die Richtigkeit einer extensiven Auslegung des Strafgrundes der Anstiftung. Diesbezüglich wird erklärt, dass restriktivere Auslegungen gerade solche finessenreichen Provokationen für eine spätere Tatbegehung aus dem Bereich der Anstiftung herausfallen ließen. Schließlich kann die Sachlage so anreizend gestaltet werden, dass sich kaum jemand die gebotene außergewöhnliche Chance entgehen lassen wird (Kühl AT 20 Rn. 171). Wer der h.m. folgt und eine kommunikative Beeinflussung fordert, muss sich die Frage stellen, wie diese kommunikative Beeinflussung beschaffen sein muss, welche Mittel der Kommunikation für ein Bestimmen i.s.d. 26 StGB ausreichend sind. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob ein kommunikatives Vermitteln i.s.e. Situationsarrangements ausreicht oder ob das kommunikative Bestimmen von einem Aufforderungscharakter geprägt sein müsse (so Joerden Strukturen des strafrechtlichen Veranwortlichkeitsbegriffs 1988 S. 120 ff.). Die typischen Fälle kommunikativer Beeinflussung werden mit Überredung, Raterteilung, Beauftragung, Versprechen einer Belohnung benannt (Kühl AT 20 Rn. 176). Wie verhält es sich aber, 29 KK 643

wenn einer Person lediglich eine Möglichkeit aufgezeigt wird oder ihr lediglich eine Frage gestellt wird? Im Fall BGHSt 34, 63 hatte A dem B geraten, eine Bank oder eine Tankstelle zu machen, um an Geld zu gelangen. Hier ist es fraglich, ob in diesem Satz ein Bestimmen im Sinne einer kollusiven kommunikativen Beeinflussung gesehen werden kann. In BGH GA 1980, 183 hatte V, der bereits F vergewaltigt hatte, den D gefragt: Willst du auch noch? Liegt hierin eine hinreichende kommunikative Beeinflussung? Generell ist festzuhalten, dass die Mittel der Anstiftung vom Gesetz nicht beschränkt wurden, so formuliert Schünemann: Es ist jedes Mittel geeignet, das den Tatentschluss beim Täter hervorrufen kann, auch etwa eine konkludente Handlung (LK/Schünemann 26 Rn. 51). Insofern können auch unscheinbare und subtile Kommunikationshandlungen als Anstiftungshandlung gewertet werden, falls sich aus dem Gesamtkontext eine kommunikative Beeinflussung im Sinne einer zielgerichteten Aufforderung entnehmen lässt. Die Grenze wird an dem Punkt zu ziehen sein, an dem alltägliche Handlungen dem Täter als Impuls für eine spätere Tat dienten, ohne dass eine zielgerichtete Aufforderung gewollt war. Klassischerweise wird in dem Zusammenhang u.a. die Erörterung der Rechtslage durch einen Rechtsanwalt herangezogen. Wenn dieser lediglich verschiedene Handlungsmöglichkeiten auch strafbewehrte aufzeigt, ohne für die Vornahme der Straftat zu votieren, der Beratene sich aber dennoch aufgrund der Rechtsberatung zu der Straftat entscheidet, fehlt es an der zielgerichteten Aufforderung. Die Abgrenzung ist also schwierig. Festzuhalten ist, dass bloße Erwägungen oder Beschreibungen (LK/Schünemann 26 Rn. 53) oder das Aufzeigen von Möglichkeiten dann nicht für eine Anstiftung ausreichen, falls sich nicht aus dem Gesamtkontext ergibt, dass hinter der unscheinbaren oder subtilen Ausdrucksweise ein eindeutiger Wille zu erken- 29 KK 644

nen ist, den anderen zielgerichtet zu einer Straftat zu verleiten. Insofern lässt sich der Fall BGH GA 1980, 183 auch nicht pauschal aufgrund der Bewertung der gestellten Frage Willst du auch noch? lösen. Bedeutsam ist die Analyse des Gesamtkontextes; beispielhaftes Vorgehen zur Analyse des Gesamtkontextes bezüglich des Falles bei LK/Schünemann 26 Rn. 53. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob eine Anstiftung durch Unterlassen möglich ist. Wer den Strafgrund der Anstiftung in der Planherrschaft oder im Unrechtspakt sieht, wird diese Möglichkeit wohl generell verneinen müssen. Aber auch wenn man den Strafgrund der Anstiftung in der kollusiven kommunikativen Beeinflussung erblickt, erscheint es höchst fraglich, ob Fallgestaltungen denkbar sind, in denen einem Unterlassen der Charakter einer zielgerichteten Aufforderung zukommen könnte. Im Regelfall kann also in einem Unterlassen keine kollusive kommunikative Einwirkung auf den Täter erblickt werden, weshalb diese Form wohl nicht für ein Bestimmen i.s.d. 26 StGB ausreicht, falls nicht der reinen Verursachungstheorie gefolgt wird. Man wird sich in dem Zusammenhang aber bewusst zu machen haben, dass es Fälle geben kann, in denen aufgrund einer vorab getroffenen Vereinbarung einer Nichthandlung ein Aufforderungscharakter zukommt. In diesen Zusammenhang ist der von Jakobs gebildete Fall zu sehen: Der Sohn erklärt, er werde im Interesse des Vaters den Hof abbrennen, aber dann dürfe der Vater sein Sparbuch nicht immer wegschließen; der Vater lässt das Buch dort, wo es sich gerade befindet, offen liegen. (Jakobs AT 29/104) Nach Schünemann liegt in der Unterlassung, das Sparbuch wieder wegzusperren, eine konkludente Tataufforderung und keine Anstiftung durch Unterlassen, da dem Unterlassen zuvor ein Bedeutungsgehalt verliehen wurde (LK/Schünemann 26 Rn. 54). 29 KK 645

b) Konkretisierung von Tat und Täter Das Bestimmen enthält des Weiteren die objektive Komponente einer konkreten Tat, zu der bestimmt und eines konkreten Täters, der zu der Tat bestimmt werden soll. Die Notwendigkeit dieser Eingrenzung wird augenscheinlich: A sagt zu B: Irgendwer müsste dem aufgeblasenen C mal zeigen, wo der Hammer hängt. Falls B nun den C schlägt, kann nicht davon gesprochen werden, dass A ihn zu dieser Tat angestiftet habe. Es fehlt völlig an einem konkreten Tatbild. Fraglich ist aber, wie diese Konkretisierung von Tat und Täter beschaffen sein muss. Die Bedeutung dieser Problematik kann man sich anhand der Frage aus BGHSt 34, 63 nochmals verdeutlichen. Umreißt die Aussage Dann müsstest du eine Bank oder eine Tankstelle machen ein konkretes Tatgeschehen? Der BGH arbeitete in dieser Entscheidung individualisierende Merkmale heraus, die eine Anstiftung enthalten müsste, es wurden Objekt, Ort, Zeit und sonstige Umstände der Tatausführung benannt (BGHSt 34, 66). Bei einem völligen Fehlen dieser Merkmale sei die Tat so schwach umrissen, dass nicht mehr von einem Bestimmen gesprochen werden könne. Insofern ist zu fordern, dass die Tat als konkret-individualisierbares Geschehen erkennbar wird (vgl. Kühl AT 20 Rn. 192). Dagegen lässt es Roxin ausreichen, dass die Tat in ihren wesentlichen Unrechtsdimensionen erkennbar ist. Im Gegensatz zum konkret-individualisierbaren Geschehen soll also in diesem Fall eine generell-abstrakte Umschreibung der Tat ausreichen. Es soll genügen, wenn die Fixierung eines bestimmten Tatbestandes und der wesentlichen Dimension des Unrechts vorliegt. Die Dimension des Unrechts wird deutlich, wenn neben dem Tatbestand die Tatobjekte nach allgemeinen 29 KK 646

Artmerkmalen festgelegt sind, so dass im Sachverhalt der Entsch. BGHSt 34 63 eine Anstiftung nicht an der mangelnden Bestimmtheit der Tat scheitern würde (LK/Roxin 11. Aufl. 2003 26 Rn. 47). Nach Roxin muss also der konkrete Tatbestand, zu dem angestiftet werden soll, und die Unrechtsdimension erkennbar sein, denn die Aussage: Dann schlag halt zu umfasst sprachlich gleichermaßen die leichte Backpfeife einerseits und tödliche Schläge gegen den Kopf andererseits. Diese Offenheit müsse durch die wesentliche Konturierung der Unrechtsdimension eingegrenzt werden (vgl. LK/Roxin 11. Aufl. 2003 26 Rn. 52 f.). Bezüglich des Täters wird allgemein gefordert, dass es sich um einen bestimmten Personenkreis handelt, an den sich der Anstifter richtet. Bestimmt ist der Personenkreis, wenn sich die angesprochenen Personen aus der Sicht des Anstifters ermitteln lassen. c) Omnimodo Facturus Mit dem Begriff des omnimodo facturus wird angesprochen, dass 26 StGB als objektive Voraussetzung verlangt, dass die Bestimmungshandlung ursächlich für den Tatentschluss war. Falls also A versucht, D zu einem Handtaschendiebstahl anzustiften, zu dem D schon zuvor entschlossen war, so liegt hierin keine ursächliche Bestimmungshandlung. Der omnimodo facturus ist bereits zur Tat entschlossen und kann daher nicht mehr angestiftet werden. Hier ist an eine versuchte Anstiftung sowie an eine psychische Beihilfe, 27 StGB, zu denken. Der Fall des omnimodo facturus ist aber von zwei anderen Fallgestaltungen zu trennen. Erfolgreich angestiftet kann noch die Person werden, die lediglich tatgeneigt ist. Als tatgeneigt werden Personen umschrieben, die noch unschlüssig sind, ob sie eine Tat begehen sollen oder nicht. Wenn eine 29 KK 647

solche Person zur Tatbegehung überredet wird, so liegt eine Anstiftung vor. Die zweite Fallgestaltung betrifft die allgemeine Bereitschaft einer Person, eine Straftat zu begehen. Wird diese allgemeine Bereitschaft im Wege eines kommunikativen Prozesses zu einer konkreten Tat bestimmt, so liegt ebenfalls eine Anstiftung vor. d) Das Bestimmen zu einer Entschlussänderung In diesem Zusammenhang werden die Fälle besprochen, dass ein bereits zu einer Tat Entschlossener vom Anstifter zu einer Änderung seines Entschlusses gebracht wird. Die Fälle, die hier besprochen werden sind die Um-, Ab- und Aufstiftung. aa) Umstiftung Die Umstiftung betrifft den Fall, dass A den D, der bereits zu einem Diebstahl entschlossen war, dazu anstiftet, anstatt des Diebstahls einen Betrug, 263 StGB, zu begehen. Hier liegt eine Anstiftung des A zu einem Betrug vor. bb) Abstiftung Hierbei handelt es sich um den Fall, dass ein Täter, der zu einer Tat entschlossen ist, zu einer leichteren Begehungsweise an- bzw. abgestiftet wird. 29 KK 648

Bsp.: Der Täter ist zu einem Raub mit Waffeneinsatz entschlossen. Seine Frau rät ihm davon ab, weil sie vor kurzem im Fernsehen gesehen habe, dass ein Räuber im Kugelhagel der Polizei umgekommen sei, weil er seine Waffe gezogen habe. Der Täter lässt sich von der Schilderung seiner Ehefrau beeindrucken und lässt die Waffe zu Hause. Hat sich die Ehefrau der Anstiftung zu einem einfachen Raub 249 I StGB, strafbar gemacht? Hier scheidet eine Anstiftung zu 249 I StGB aus, da ja der Täter zu dieser Tat bereits entschlossen war. In Frage kommt allerdings eine psychische Beihilfe zur Raubtat. Hier ist aber anerkanntermaßen auf das Institut der objektiven Zurechnung zurückzugreifen. Da der Täter lediglich ein Risiko verringert hat, ist ihm der durch die psychische Beihilfe miterwirkte Taterfolg nicht zurechenbar. Diese Grundregeln der Abstiftung werden ebenfalls dann angewendet, wenn innerhalb desselben Delikts abgestiftet wird; Bsp.: Täter T war entschlossen, 10.000 Euro zu stehlen, nach Einwirkung eines Dritten entwendet er nur noch 3.000 Euro. cc) Aufstiftung Hierbei handelt es sich um Fallgestaltungen, in denen eine Person bereits zur Begehung einer Straftat entschlossen ist, der Anstifter dann allerdings auf dessen Entschluss dahingehend einwirkt, dass der Täter eine schwerere Tat begeht. Bsp.: D ist bereits zu einem Diebstahl entschlossen. Er möchte in den Geschäftsräumen des G Flachbildschirme entwenden. F ist besorgt um ihren Ehemann und bittet ihn zur Sicherheit eine 29 KK 649

Waffe mitzunehmen, sie habe in der Zeitung gelesen, dass einem Dieb, der auf frischer Tat ertappt worden sei, die Flucht mittels Waffendrohung gelungen sei. D wird unsicher und geht auf den Vorschlag seiner Frau ein. Hier stellt sich das folgende Rechtsproblem: D war bereits zu einem Diebstahl gem. 242 I, 243 I 2 Nr. 1 StGB entschlossen, diesbezüglich ist er als omnimodo facturus zu behandeln. Wie ist nun aber die Anstiftung der F bezüglich der Verwirklichung des 244 I a) Nr. 1 1. Var. StGB zu behandeln? Der Qualifikationstatbestand des 244 StGB baut auf 242 StGB auf. Es ist also zu bedenken, dass eine Anstiftung zu 244 StGB normalerweise eine Anstiftung zu 242 StGB beinhalten würde. Das Problem der Aufstiftung stellt sich nur bei einer Aufstiftung zu Qualifikationstatbeständen. Soweit eine Aufstiftung eine Anstiftung zu einem selbstständigen Tatbestand enthält, wird das Problem der Aufstiftung nicht diskutiert. Weitgehend Einigkeit besteht also darüber, dass bei einer Aufstiftung von Diebstahl ( 242 StGB) zum Raub ( 249 StGB) eine Anstiftung zum Raub vorliegt. Zwar sind auch hier Tatbestandsmerkmale des Diebstahls im Raub enthalten, der gesonderte, eigenständige Tatbestand des Raubes überwiegt im Unrechtsgehalt aber so wesentlich, dass diese Bedenken zurücktreten (vgl. LK/Schünemann 26 Rn. 34). Zu dem Rechtsproblem der Aufstiftung haben sich folgende Theorien herausgebildet: 29 KK 650

(1) Qualifikationstheorie (vgl. Otto AT 22 Rn. 38) Nach dieser Auffassung liegt in der Aufstiftung eine Anstiftung zur gesamten Tat, da jene in ihrem Unrechtsgehalt nicht teilbar sei. Diese neue Tat bilde ein selbstständiges, neues Unrecht und nicht lediglich ein Mehr an Unrecht. Der Täter sei also kein omnimodo facturus in Bezug auf den neuen, wesentlich erhöhten Unrechtsgehalt gewesen. Der wesentlich erhöhte Unrechtsgehalt werde durch die Schaffung eines eigenständigen Qualifikationstatbestandes ausgewiesen. Θ Problematisch ist, dass dem Anstifter ein Erfolgsunrecht Anstiftung zum Grundtatbestand angelastet wird, das er nicht verursacht hat. Es erscheint in dem Zusammenhang fraglich, ob allein der Qualifikationstatbestand ein derart erhöhtes wesensverschiedenes Unrecht in sich trägt, dass eine Bewertung eines selbstständigen neuen Unrechts tragfähig erscheint. (2) Aliud-Theorie (vgl. Gropp AT 10 Rn. 123) Diese Theorie geht davon aus, dass lediglich zu einem aliud und nicht zu einem Mehr angestiftet werden kann. Soweit der Täter bereits zu einem Teil einer Straftat entschlossen war, ist er insoweit omnimodo facturus. Der Begriff des Steigerns entspreche nicht dem des Hervorrufens i.s.d. 26 StGB. Soweit es sich lediglich um ein Mehr handelt, ist an die Möglichkeit der psychischen Beihilfe, 27 StGB, zu denken. Unproblematisch ist eine Aburteilung des Mehr lediglich dann möglich, wenn diese Aufstiftung einen selbstständigen Tatbestand anspricht. Wer einen zum Diebstahl bereits Entschlossenen dazu anstiftet, dieses in der Nacht zu tun und sich Zutritt zu dem dann geschlossenen Anwesen mittels des Einschlagens eines Fenster zu verschaffen, kann wegen der da- 29 KK 651

rin enthaltenen Anstiftung zu 303 StGB bestraft werden. In den sonstigen Fällen ist normativ zu ermitteln, inwieweit der Qualifikationstatbestand ein aliud, also ein wesentlich erhöhtes Unrecht, enthält. Θ Diese Theorie stellt mit der Forderung der selbstständigen Ermittlung des aliud-gehalts eines Qualifikationstatbestandes hohe Anforderungen an den Rechtsanwender, ohne einheitliche Abgrenzungskriterien bereit zu stellen -> Problem der Rechtsunsicherheit. (3) Unwertsteigerungstheorie (vgl. BGHSt 19, 339) Entscheidend ist nach dieser Theorie, ob der Unrechtsgehalt des Tatbildes durch die Aufstiftung erheblich erhöht wird. Dies bemisst sich nach normativen Kriterien. Dazu der BGH in der oben angegebenen Entscheidung: Weil die Täter zu dieser Ausführungsart von sich aus noch nicht bereit waren, der Angeklagte sie dazu erst verleitet hat, liegt nicht nur psychische Beihilfe, sondern Anstiftung vor. Der Senat ist der Auffassung, dass es für diese Beurteilung nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Täter zur Verwirklichung eines anderen mit schwererer Strafdrohung bewehrten Tatbestandes veranlasst werden, sondern auf den erheblich erhöhten Unrechtsgehalt, der auch in der gefährlichen Ausführungsart liegen kann, ohne dass sich an der rechtlichen Beurteilung der Tat etwas ändert. Θ Es bestehen keine einheitlichen Abgrenzungskriterien, was zu Rechtsunsicherheit führt. 29 KK 652

(4) Wesentlichkeitstheorie (vgl. Cramer JZ 1965, 32) Diese Theorie fragt danach, ob sich das Tatbild durch die Aufstiftung wesentlich wandelt. Hierbei werden die Kriterien übernommen, die zur Fragestellung entwickelt wurden, ob eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf vorliegt. Θ Auch hier sieht sich die Theorie der Kritik ausgesetzt, dass vernünftige und transparente Abgrenzungsmaßstäbe nicht vorhanden sind, was ebenfalls zu Rechtsunsicherheit führt. e) Erlaubnistatbestandsirrtum und Anstiftung Fraglich ist, ob eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat auch dann vorliegt, wenn der Angestiftete unter Einfluss eines Erlaubnistatbestandsirrtums handelt. Bedeutung gewinnt diese Frage, wenn der Täter ein Sonderdelikt oder eigenhändiges Delikt begeht, denn in dem Fall kann der Anstifter nicht als mittelbarer Täter fungieren, falls er diese Sonderstellung selbst nicht aufweist. Ob eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat vorliegt, hängt letztlich davon ab, welcher Theorie vgl. KK 296 ff. bezüglich der Einordnung des Erlaubnistatbestandsirrtums gefolgt wird. Wer mit der eingeschränkten Schuldtheorie den Vorsatz entfallen lässt, kann den, der den Täter zur Tat bestimmt hat, nicht wegen Anstiftung zu dieser Tat bestrafen, weil es an dem Tatbestandsmerkmal des 26 StGB der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat fehlt. Wer der strengen oder rechtsfolgenverweisenden Schuldtheorie folgt, nach der der Erlaubnistatbestandsirrtum lediglich zu einem Entfallen der Schuld führt, kann wegen Teilnahme bestrafen. 29 KK 653

4. Subjektive Voraussetzungen der Anstiftung a) Vorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale aa) Bestimmtheit der Tat Der Vorsatz bezüglich der Haupttat muss sich auf eine bestimmte Tat beziehen; zur Konkretisierung von Tat und Täter vgl. oben KK 646. bb) Auswirkung des error in persona des Haupttäters auf den Anstifter Fraglich ist, wie sich der error in persona des Haupttäters auf den Anstifter auswirkt. Bedeutung erlangte diese Problematik durch den sog. Rose-Rosahl-Fall, den das Preußische Obertribunal zu entscheiden hatte, GA 7 (1858), 322 ff. Bsp: A stiftet den B an, den C zu töten. Er gibt ihm genaue Instruktionen über Tatablauf und eine Photographie zwecks Identifizierung des C mit. B lauert dem C in der Nacht auf. Er sieht D, den er für C hält, und erschießt D. Bei B liegt ein unbeachtlicher error in persona vor. Wie wirkt sich aber dieser nun auf die Anstiftung des A aus? Hierzu haben sich mehrere Theorien herausgebildet: (1) Unbeachtlichkeitstheorie (PrOT GA 7 (1858), 322 ff.) Die Unbeachtlichkeit des Irrtums auf Seiten des Täters ist auch für den Anstifter unbeachtlich, was 29 KK 654

aus der Akzessorietät der Teilnahme zur Haupttat folge. Ferner habe der Anstifter den Tatentschluss beim Täter hervorgerufen, was dafür spreche, ihm den Irrtum des Angestifteten zuzurechnen. Θ Die Kritiker bilden die Fallgestaltung, dass der Täter, nachdem er seinen Irrtum entdeckt habe, die richtige Person, in unserem Fall C, auch noch erschieße. Dieses Beispiel, in dem der Anstifter wegen der Anstiftung zu beiden Taten zu bestrafen sei, obschon sein Vorsatz sich hierauf gar nicht bezogen habe, zeige, dass die Unbeachtlichkeitstheorie zu dem falschen Ergebnis gelange (sog. Bindingsches Blutbadargument). (2) Wesentlichkeitstheorie (heutige Rechtsprechung; Streng JuS 1991, 913) Diese Theorie differenziert danach, ob der error in persona des Haupttäters eine wesentliche Abweichung im Kausalverlauf für den Vorsatz des Anstifters darstellt. Nur bei Vorliegen einer unwesentlichen Abweichung sei die Haupttat noch vom Vorsatz des Anstifters umfasst. Θ Das Kriterium der Wesentlichkeit wird als zu unspezifisch kritisiert, die Ergebnisse seien nicht vorhersehbar und es drohten Billigkeitsentscheidungen und Rechtsunsicherheit. (3) Aberratio-ictus-Theorie (LK/Schünemann 26 Rn. 85) Der error in persona des Haupttäters stelle sich als aberratio ictus für den Anstifter dar. Für diese Lösung spreche die strukturelle Ähnlichkeit der Situationen. Der in Gang gesetzte Kausalverlauf irre 29 KK 655

vom vorgestellten ab. Wie die aberratio ictus zu behandeln ist, hängt davon ab, welcher Theorie gefolgt wird, siehe hierzu KK 175 ff. Wer die aberratio für unbeachtlich erklärt, kommt zu einer vollendeten Anstiftung. Wer ihn für beachtlich erklärt, kommt zu einer nach h.m. versuchten Anstiftung zum vollendeten Delikt (vgl. LK/Schünemann 26 Rn. 90) und zu einer Fahrlässigkeitstat. Θ Der Anstifter wird gegenüber dem Täter privilegiert (nur Versuchsstrafbarkeit und Möglichkeit der Strafmilderung, vgl. 30 I 2, 3 StGB. Lit.: Heinrich AT Rn. 1307 ff. cc) Der Anstiftervorsatz beim Fall des agent provocateur Mit dem Begriff des agent provocateur werden allgemein die Fallgestaltungen erfasst, in denen eine Person jemanden zu einer Straftat überredet, um diese bei Begehung der Straftat festnehmen zu können. Bsp.: Der polizeiliche Lockspitzel provoziert einen Rauschgifthandel mit B. Im Rahmen des Tauschgeschäfts wird B festgenommen. In diesen Fällen muss man sich in erster Linie des Grundsatzes vergewissern, dass der Vorsatz des 29 KK 656

Anstifters die Vollendung der Haupttat umfassen muss. Nach der Lehre von der formellen Vollendungsgrenze (vgl. Kühl AT 20 Rn. 203) scheidet deshalb eine Anstiftung aus, wenn der Anstifter es lediglich zum Versuch der Haupttat kommen lassen will, um den Täter in der Versuchssituation festzunehmen. Vollendete Anstiftung kann nur angenommen werden, falls der Täter die formelle Vollendung der Tat in seinen Vorsatz aufnimmt. An dieser Theorie wird aber kritisiert, dass es zu Strafbarkeitslücken komme, wenn die Anforderungen für die vollendete Anstiftung an Vollendungsgrenzen geknüpft würden. Nach der Lehre von der materiellen Vollendungsgrenze (Otto AT 22 Rn. 42) kommt eine Strafbarkeit des Anstifters nur dann in Frage, wenn er es zur Beendigung reine Vollendung genügt nicht der Haupttat kommen lassen wolle. Begründet wird dies damit, dass die Strafbarkeit des Teilnehmers auf einem Rechtsgutsangriff basiere. Ein solcher sei aber nicht vom Anstifter gewollt, falls der Täter vor Beendigung überführt und das Diebesgut gesichert werden solle. An dieser Ansicht wird ebenfalls die sehr weitreichende Straffreiheit trotz Rechtsgutsgefährdung kritisiert. Die Theorie der Rechtsgutsgefährdungsgrenze (vgl. Jescheck/Weigend S. 687 ff.) knüpft die Strafbarkeit des Anstifters deshalb an das Merkmal der Rechtsgutsgefährdung. Nur wenn der Anstifter eine solche nicht in seinen Vorsatz aufnehme und es lediglich zu einem Versuch kommen lassen wolle, liege keine vollendete Strafbarkeit vor. Soweit der Anstifter eine Rechtsgutsgefährdung also nicht ausschließen könne, liege eine vollendete Anstiftung vor. Begründet wird dies mit dem Angriff auf das Rechtsgut, der in der Anstiftung als solcher liege. Der rechtsgutsverletzende Charakter der Anstiftung werde durch die Abwehrbereitschaft des agent provocateur nicht aufgehoben. 29 KK 657

An dieser Theorie wird kritisiert, dass letztlich die bewusste Fahrlässigkeit (= Wissen um die Rechtsgutsgefährdung) als ausreichend für vorsätzliches Verhalten erachtet wird. Deshalb wird von der Theorie der formellen Vollendungsgrenze ein Gefährdungsvorsatz dahingehend gefordert, dass eine Vollendung zumindest bedingt vorsätzlich in Kauf genommen wird. Die Theorie von der irreparablen Rechtsgutsverletzung (MK/Joecks 26 Rn. 67 f.) stellt lediglich darauf ab, ob der Täter eine irreparable Schädigung des Rechtsgut vorsätzlich in Kauf nimmt oder ob er diese auf jeden Fall verhindern und somit dem Opfer gerade keinen Schaden zufügen will, in einem solchen Fall fehle es an dem Rechtsgutsangriff, der strafbarkeitsbegründend für die Teilnahme sei. Dieser Theorie wird entgegengehalten, dass eine Grenzziehung bezüglich der Frage, wann eine irreparable Rechtsgutsverletzung vorliege, letztlich in das Ermessen des jeweiligen Rechtsanwenders gestellt sei und dass daher willkürliche Entscheidung drohten. Lit.: Heinrich AT Rn. 1312 ff. dd) Exzess des Haupttäters Weicht der Angestiftete von dem ab, was vom Anstiftervorsatz umfasst war, gilt grundsätzlich, dass der Anstifter nur so weit haftet, wie sein Vorsatz beschaffen war: Wenn die Tat über den Anstiftervorsatz hinausgeht, Raub, 249 StGB, statt Diebstahl, 242 StGB, 29 KK 658

liegt lediglich eine Anstiftung zum Diebstahl vor. Der Anstifter haftet also nicht für den Exzess des Täters, außer es liegt eine unwesentliche Abweichung der Tat vom Anstiftervorsatz vor, denn bei einer unwesentlichen Kausalabweichung ist der Kausalverlauf vom Vorsatz umfasst, vgl. KK 171 f. Wenn der Angestiftete statt des Raubes, der vom Anstiftervorsatz umfasst war, lediglich einen Diebstahl begeht, so hat sich der Anstifter wegen einer vollendeten Anstiftung zum Diebstahl, 242 I, 26 StGB in Tateinheit mit einer versuchten Anstiftung zum Raub, 249 I, 30 I StGB, strafbar gemacht. Lit: LK/Schünemann 26 Rn. 83 b) Vorsatz bezüglich des Bestimmens des Täters zu der Tat Ferner muss der Anstiftende den Vorsatz haben, den Täter zu der konkreten Tat durch seine Handlungen zu bestimmen. 29 KK 659

5. Sonderfälle Als Sonderfälle der Anstiftung sind die Kettenanstiftung, die Beihilfe zur Anstiftung und die Anstiftung zur Beihilfe zu beachten. Bsp.: - A schlägt B vor, den C darauf aufmerksam zu machen, dass es in Ds Haus viele Wertgegenstände gebe, mit denen C seine Schulden bezahlen könne Kettenanstiftung durch A. - A schreibt C einen Brief, in dem er ihn auf die Möglichkeit eines Einbruchsdiebstahls bei E aufmerksam macht. B überbringt den Brief wohlwissend um dessen Inhalt Beihilfe zur Anstiftung durch B. - A schlägt B vor, doch bei einem Tankstellenüberfall für C Schmiere zu stehen Anstiftung zur Beihilfe durch A. Dabei ist die Anstiftung zur Anstiftung (= Kettenanstiftung) wie eine Anstiftung zur Haupttat zu behandeln, während die Beihilfe zur Anstiftung und die Anstiftung zur Beihilfe als Beihilfe zur Haupttat zu qualifizieren sind (Wessels/Beulke/Satzger AT Rn. 570; Kühl AT 20 Rn. 242b). 29 KK 660

II. Beihilfe ( 27 StGB) Gem. 27 I StGB wird als Gehilfe bestraft, wer einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Die Beihilfe setzt somit objektiv das Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und ein Hilfeleisten bei dieser Tat als Tathandlung des Gehilfen sowie subjektiv den (doppelten) Gehilfenvorsatz voraus. Gem. 27 II StGB richtet sich die Strafe für den Gehilfen nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist aber zwingend nach Maßgabe des 49 I StGB zu mildern (sog. obligatorische Strafmilderung). I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat b) Hilfeleisten zu dieser Tat 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bezüglich der Vollendung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat b) Vorsatz bezüglich des Hilfeleistens II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 29 KK 661

1. Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat Wie auch die Anstiftung ist die Beihilfe vom Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat abhängig (Akzessorietät der Teilnahme). Nicht notwendig ist, dass die Haupttat auch schuldhaft verwirklicht wurde (Grundsatz der limitierten Akzessorietät; vgl. Wessels/Beulke/Satzger AT Rn. 551, 553). Aufgrund dieses Akzessorietätsverhältnisses ist im Gutachten zunächst die Strafbarkeit des Haupttäters zu untersuchen und erst dann die Frage nach der Beteiligung des anderen an dieser Tat zu klären. Die Haupttat muss zunächst durch den Haupttäter vorsätzlich begangen worden sein. Eine Beihilfe zu einer Fahrlässigkeitstat ist somit straflos. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass auch Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen gem. 11 II StGB als Vorsatztaten i.s.d. Strafrechts gelten, so dass eine Beihilfe zu diesen Delikten möglich ist. Weiterhin muss die Haupttat rechtswidrig sein. Rechtswidrige Tat meint gem. 11 I Nr. 5 StGB eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht (ohne dass Rechtfertigungsgründe eingreifen). 29 KK 662

2. Hilfeleisten zur Haupttat als Tathandlung des Gehilfen a) Formen der Beihilfe Hinsichtlich der Art der Hilfeleistungen können zwei Formen der Beihilfe unterschieden werden: - physische Beihilfe und - psychische Beihilfe Beihilfe kann somit durch Rat (psychische Beihilfe) und Tat (physische Beihilfe) geleistet werden (Kindhäuser AT 42 Rn. 3). aa) physische Beihilfe Physische Beihilfe meint die Erbringung einer irgendwie gearteten äußerlichen Hilfeleistung durch den Gehilfen. Die Mittel der Hilfeleistung sind dabei unbegrenzt (Kühl AT 20 Rn. 223). Klassisches Beispiel einer physischen Beihilfe ist die Gewährung von Sachmitteln (Waffen, Einbruchswerkzeuge, etc.). Aber auch die Absicherung der Tat durch ein Ablenken Dritter gehört hierher, soweit es noch nicht als mittäterschaftliches Verhalten zu werten ist. 29 KK 663

bb) psychische Beihilfe Die psychische Beihilfe wirkt dagegen auf die Innenwelt des Täters. Hierbei kann weiter unterschieden werden: (1) kognitive Beihilfe (technische Rathilfe) Unstreitig (Kühl AT 20 Rn. 225; LK/Schünemann 27 Rn. 12; SK/Hoyer 27 Rn. 11) möglich ist eine psychische Beihilfe in Form einer beratenden Beihilfe. Darunter werden Fälle gefasst, in denen der Gehilfe dem Täter dadurch Hilfe leistet, dass er ihm bestimmte Ratschläge, technische Hinweise oder sonstige Informationen vermittelt, die ihn bei der Begehung seiner Tat unterstützen. Vorstellbar wäre etwa die Einweisung in den Umgang mit Waffen und Werkzeugen oder die Information über die nicht alarmgesicherten Eingänge eines Gebäudes. (2) voluntative Beihilfe (Bestärkung des Tatentschlusses) Nicht unumstritten ist dagegen, ob psychische Beihilfe auch dadurch geleistet werden kann, dass der Gehilfe den Tatentschluss des Täters bestärkt. Bsp.: Der haftentlassene H plant zur Überwindung seiner finanziellen Schwierigkeiten die Begehung eines Wohnungseinbruchdiebstahls in die Villa des O. Letzte Bedenken bestehen bei ihn jedoch wegen der Alarmanlage und des damit verbundenen Risikos, erneut verhaftet zu werden. G versichert H, dass der Alarm aufgrund der abseitigen Lage der Villa wohl von niemandem wahrgenom- 29 KK 664

men werde und die zu erwartende Beute die Inkaufnahme dieses winzigen Risikos allemal überwiege. - Teilweise (Hruschka JZ 1983, 177; Samson Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht 1. Aufl. 1972 S. 189 ff.) wird eine psychische Beihilfe durch die Bestärkung des Tatentschlusses abgelehnt. Beihilfe umfasst stets nur die Einwirkung auf die Tat, nicht aber auf den Täter. Die Einwirkung auf den Täter ist von 26 StGB erfasst, der ein bestimmen verlangt und der mit dem Ausreichen eines Bestärkens im Rahmen von 27 StGB unterlaufen würde. Θ Die Form der technischen Rathilfe ist als Form der psychischen Beihilfe anerkannt. Auch bei ihr wirkt der Gehilfe in erster Linie auf den Täter und nicht auf die Tat ein. Bei dieser Form der psychischen Beihilfe ist die Kausalität der Bestärkung kaum jemals nachweisbar, so dass der Täter letztlich unter Vernachlässigung des Zweifelssatzes bestraft wird. Θ Dass zwischen Hilfeleistung und Haupttatbegehung ein Kausalverhältnis bestehen muss, ist nicht allgemeine Meinung und sehr umstritten (vgl. unten). Θ Bloße Nachweisschwierigkeiten ändern nichts daran, dass eine Kausalität zwischen Bestärken und Haupttat möglich und im Einzelfall auch feststellbar ist. - Die h.m. (BGH NStZ 2002, 139; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2005, 336; Stratenwerth/Kuhlen AT 12 Rn. 159; Kühl AT 20 Rn. 226 f.; grds. auch Roxin AT II 26 Rn. 199) erkennt die Möglichkeit psychischer Beihilfe durch Bestärkung des Tatentschlusses hingegen insoweit 29 KK 665

an, als bei dem ansonsten auch bereits zur Tat entschlossenen Täter bestimmte Hemmungen beseitigt oder bestehende Bedenken hinsichtlich der Tatausführung zerstreut werden. - Allerdings genügt nach h.m. auch nicht, dass der fragliche Beteiligte von der Haupttat bloß Kenntnis hat (BGH NStZ 1993, 233; BGH NStZ 1993, 385). - Auch die bloße Billigung der Tat allein begründet noch keine Beihilfe, denn sie bezeichnet nur eine innere Einstellung, nicht aber ein als Hilfeleisten zu wertendes Handeln. Beihilfe kann jedoch auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft, ihn weiter zu verfolgen, bestärkt wird (BGH NStZ 2002, 139). - Besonders genauer Betrachtung bedürften Fallkonstellationen, in denen sich eine Bestärkung des Täters nur aus der Anwesenheit des fraglichen Beteiligten am Tatort ergeben kann. Zwar kann auch das bloße Dabeisein die Tat eines anderen i.s. aktiven Tuns fördern oder erleichtern (BGH StV 1982, 517). Es bedarf aber bei solchen Fallgestaltungen sorgfältiger und genauer Feststellungen dazu, dass und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv unterstützt wurde (BGH NStZ 1996, 653; BGH NStZ-RR 2007, 37; BGH NStZ 2009, 321, 322; Roxin AT II 26 Rn. 204; MK/Joecks 27 Rn. 11). Als Gesichtspunkte der Unterstützung kommen etwa in Betracht: - Die Tatortanwesenheit begründet beim Täter ein erhöhtes Gefühl der Sicher- 29 KK 666

heit, weil ihm der Anwesende das Gefühl vermittelt, jederzeit zu seinen Gunsten eingreifen zu können (BGH MDR (H) 1985, 284; Roxin AT II 26 Rn. 204). - Die Tatortanwesenheit führt zu einer gesteigerten Einschüchterung des Opfers, dem der Anwesende das Gefühl vermittelt, jederzeit zu seinen Ungunsten eingreifen zu können (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2007, 37). Bsp. (nach BGH NStZ-RR 2007, 37): H und G begaben sich in Begleitung zweier weiterer Männer zum Kiosk der Familie O. H betrat den Kiosk und verlangte von der dort tätigen O die Herausgabe von 100 Euro, wobei er ihr ein langes Küchenmesser vor die Brust hielt. G und die beiden anderen Männer standen währenddessen vor der Tür des Kiosks, wobei sie durch ihre Erscheinung ebenfalls einen einschüchternden Eindruck auf O machten. Diese kam der Aufforderung des H nicht nach, sondern sprühte ihm Pfefferspray in die Augen. Ungefähr zur selben Zeit rief einer der draußen Stehenden: H, es kommt ein Bus! Schnell weg!. Daraufhin flohen alle vier im Pkw des H, den dieser auf der Busspur vor dem Kiosk abgestellt hatte. Dass sich tatsächlich ein Bus genähert hatte, ist nicht erwiesen. Der BGH hat G vom Vorwurf der Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung des H ( 255, 253, 250 II Nr. 1, 22, 27 StGB) freigesprochen. Hinsichtlich einer psychischen Beihilfe des G sei nicht ersichtlich, dass die Tatortanwesenheit des G dem H ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt und damit eine geistige Unterstützung dargestellt habe. Hinsichtlich einer Hilfeleistung durch die Erhöhung der Einschüchterung von O durch seine Anwesenheit sah der BGH vorliegend keine hinreichenden Feststellungen zum Vorsatz des G insoweit. Besonderer Beachtung bedarf in diesen Fallkonstellationen auch die Frage, ob ein aktives Tun (so im soeben geschilderten Fall BGH NStZ-RR 2007, 37) Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit ist oder 29 KK 667

ob diese nicht vielmehr an ein Unterlassen des möglichen Gehilfen anknüpft. Bsp.: - BGH StV 1982, 517: Drei Italiener und zwei ihrer Anwälte begingen bei einem Essen in einem Restaurant eine Erpressung. Der G als der dritte Anwalt war in diesen Plan nicht eingeweiht worden und saß während des Gesprächs lediglich still dabei, weil er glaubte, er sei als Neuling in der Kanzlei den berufserfahreneren Partnern zu kollegialer Rücksichtnahme verpflichtet. Der BGH wertete das Dabeisitzen des G als psychische Beihilfe zur Erpressung ( 253, 27 StGB) durch aktives Tun. Das überzeugt jedoch nicht, da ein aktives Tun zumindest eine Beteiligung an der Kommunikation voraussetzen würde (Kühl AT 20 Rn. 228). Hier geht der Vorwurf jedoch vielmehr dahin, dass G sich nicht vom Tisch entfernt bzw. dem Geschehen nicht widersprochen hat (LK/Schünemann 27 Rn. 16; Roxin AT II 26 Rn. 206). Eine Beihilfe durch Unterlassen ist zwar möglich, gem. 13 I StGB aber nur, soweit der Gehilfe Garant zur Abwendung der Tatbegehung ist (Kindhäuser AT 42 Rn. 24; Sch/Sch/Heine/Weißer 27 Rn. 15). Bei gegebener Garantenstellung ist jedoch sodann zu beachten, dass auf die Frage der Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme beim Unterlassungsdelikt einzugehen ist (vgl. KK 561 ff.; s. dazu auch BGH NStZ 2002, 139). - Vereinfacht nach BGH NStZ 1995, 490: G und H hatten auf einer gemeinsamen Fahrt in die Niederlande, die der Beschaffung von Heroin dienen sollte, einen Unfall erlitten. O bemerkte dies, hielt an, um Hilfe zu leisten, und fand sich bereit, die beiden ein Stück mitzunehmen. Während H auf dem Beifahrersitz Platz nahm, setzte sich G auf die Rückbank. Nach kurzer Fahrt erklärte H, dass ihm übel sei, bat anzuhalten, stieg aus, übergab sich und ließ sich von dem mit ausgestiegenen O Taschentücher aus dem Kofferraum geben, woraufhin beide 29 KK 668

wieder einstiegen und dem Fahrt fortgesetzt wurde. Spätestens jetzt fasste H den Entschluss, O den Wagen wegzunehmen, um wie geplant mit G in die Niederlande fahren zu können. Er äußerte deshalb erneut, dass ihm übel sei. O hielt wiederum an. Als er sich, entsprechend einer Aufforderung Hs, zum Aussteigen anschickte, versetzte ihm H einen so kräftigen Stoß, dass er durch die geöffnete Fahrertür auf die Straße fiel. H rutschte sogleich auf den Fahrersitz und fuhr mit dem Wagen davon. G hatte, obwohl darüber nicht gesprochen worden war, schon beim ersten Anhalten den Eindruck gewonnen, dass H sich in den Besitz des Pkw bringen wolle. Beim zweiten Anhalten hörte er, dass H den am Steuer sitzenden O zum Aussteigen aufforderte, und beobachtete, wie H ihn aus dem Wagen stieß. Der BGH sprach G hier vom Vorwurf der Beihilfe zum Raub ( 249, 27 StGB) frei: Denn das bloße Einverständnis ist noch keine Beihilfe, sondern lediglich innere Einstellung. Da sich G auch nach der Vorstellung des H nicht bewusst zum Tatort begeben hatte (als H und G einstiegen, dachten beide noch nicht an die Tat), kam seiner Anwesenheit auch kein den H bestärkender Aussagewert zu. Daher bleibt auch hier nur der Vorwurf gegenüber G, die Tat durch passive Duldung gefördert zu haben. Dazu hätte ihn aber eine Garantenstellung zur Erfolgsabwendung treffen müssen. b) Anforderungen an die Hilfeleistung Erkennt man sowohl die physische als auch die psychische Beihilfe grundsätzlich an, so fragt sich, welche weitere Anforderungen an die Hilfeleistung zu stellen sind. Bsp. (nach RGSt 6, 169 f.): G steckt dem zum Diebstahl entschlossenen H einen Nachschlüssel zu. 29 KK 669

Aufgrund unsauberer Herstellung bricht der Schlüssel jedoch im Schloss ab. H steigt daher durch ein Seitenfenster ein und führt den Diebstahl sodann erfolgreich durch. Im vorliegenden Fall trat die Frage auf, inwieweit sich die Hilfeleistung des G auf die Haupttat des H auswirken muss. - Herzberg (GA 1971, 1, 4 ff.) sieht die Beihilfe als abstraktes Gefährdungsdelikt an. Danach ist die Vornahme einer nicht völlig ungeeigneten Hilfeleistung durch den Gehilfen ausreichend. Die Übergabe des Schlüssels begründet danach eine strafbare Beihilfe zum Diebstahl ( 242, 27 StGB). Der Wortlaut von 27 StGB erschöpft sich in der Erbringung von Hilfe und beschreibt somit lediglich eine Tätigkeit, aber keinen darüber hinausgehenden Erfolg. Θ Der Strafgrund der Teilnahme liegt im mittelbaren Angriff auf das geschützte Rechtsgut. Von einem mittelbaren Angriff kann aber nur die Rede sein, wo die Teilnahmehandlung in der Haupttat noch fortwirkt. Θ Der Ansatz umgeht die in 30 StGB zum Ausdruck kommende Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers der Straflosigkeit der versuchten Beihilfe, indem er die schlichte Vornahme der Hilfeleistungshandlung zur vollendeten Tat erhebt. - Nach Ansicht der Rspr. (RGSt 58, 113, 114 f.; 71, 176, 178; BGHSt 42, 135, 136; BGH NStZ 1996, 485, 488; BGH NJW 2000, 3010, 3010) ist nicht erforderlich, dass die Gehilfenhandlung für die Haupttat ursächlich gewesen ist. Nach st. Rspr. genügt es vielmehr, wenn die Beihilfehandlung die Haupttat tatsächlich irgendwie gefördert hat, mag sie für den 29 KK 670

Erfolg der Haupttat auch ohne Einfluss geblieben sein. RGSt 6, 169 hat eine Beihilfe zum vollendeten Diebstahl ( 242, 27 StGB) angenommen. Θ Die Konzeption ist widersprüchlich, denn eine Tatbestandsverwirklichung kann nur durch solche Beiträge gefördert werden, die sich auch im Erfolg auswirken. Dann liegt aber auch Kausalität vor. Bleibt die Hilfeleistung für den Erfolg dagegen unerheblich und wird damit für diesen nicht kausal hat sie ihn auch nur scheinbar gefördert. Θ Die Formel irgendwie gefördert birgt aufgrund der Verschleierung des Kausalitätserfordernisses die Gefahr, die bloß versuchte Beihilfe in vollendete Beihilfe umzudeuten. Das belegt RGSt 6, 169 eindrucksvoll, denn das Beschaffen eines Nachschlüssels hat den vollendeten Diebstahl (mittels Einsteigen durch das Fenster) nicht gefördert. - Nach h.l. (Kindhäuser AT 42 Rn. 10; MK/Joecks 27 Rn. 32 f.; Fischer StGB 27 Rn. 14 ff.; Kühl AT 20 Rn. 214 f.; Roxin AT II 26 Rn. 212 f.) muss der Gehilfenbeitrag dagegen für den konkreten Erfolg der Haupttat kausal geworden sein. Nach den allgemeinen Kausalitätsregeln ist dabei aber eine Mitwirksamkeit i.s.e. Modifikationskausalität (LK/Schünemann 27 Rn. 3) ausreichend. Ein kausaler Gehilfenbeitrag liegt daher vor, wenn der Gehilfenbeitrag die Tatbestandsverwirklichung ermöglicht, erleichtert, intensiviert oder abgesichert hat. Die h.l. verneint im obigen Beispiel eine Beihilfe zum vollendeten Diebstahl. Gleichwohl kommt hier aber nicht lediglich eine straflose versuchte Beihilfe zum Diebstahl in Betracht. Bejaht man ein unmittelbares Ansetzen des H zum Diebstahl durch das misslungene Öffnen des Schlosses, liegt im damit gegebenen Diebstahlsversuch ( 242 I, II, 22 StGB) eine teilnahmefähige Haupttat vor, für die die Beschaffung des 29 KK 671