"Die Statik der Spaghetti" - ein Projekt von DI Reichart Marius (Ingenieurskonsulent) zusammen mit Mag. Renate Rinke (BRG-Salzburg) und einer 4. Klasse SchÄler erkunden das Tragverhalten von BrÄcken und zwar ohne Formeln und Berechnung, so Reichart Marius. Der Ingenieurkonsulent fär Bauwesen bringt gemeinsam mit Renate Rinke, Professorin fär Technisches Werken am Salzburger Bundesrealgymnasium, die physikalischen und mathematischen Prinzipien von Ingenieurskunst auf sinnliche Weise nñher. Beim Projekt mit dem sinnigen Namen Die Statik der Spaghetti planen und bauen die Viertklassler in Kleingruppen BrÄcken, als Materialien stehen dabei lediglich Spaghetti und Kleber zur VerfÄgung. Die ausgefährten Konstruktionen sollen eine möglichst groüe Spannweite Äberwinden und dabei das Gewicht von einem Kilo tragen. DI Marius hat die Initiative ergriffen, da er hier eine gute MÖglichkeit sieht, die allgemeine Bekanntheit von Ingenieurkonsulenten zu erhöhen. Im Rahmen der Ausstellung Tragwerke Salzburger Ingenieurkonsulenten (3. bis 16. Mai 2007 in der Kammer-GeschÑftsstelle Salzburg) werden die SchÄlerarbeiten ebenfalls zu sehen sein. Mit diesem Projekt erweitert der Verein architektur technik + schule seine ÑuÜerst erfolgreiche Vermittlungsarbeit Äber den Bereich der Architektur hinaus. Wie lange der ehrenamtliche Verein solche Projekte durchfähren kann, bleibt trotz hohem Renommee und finanzieller Anerkennung durch LÑnderkammer, Bund und Stadt Salzburg offen; dem Land Salzburg beispielsweise ist die groüteils ehrenamtliche bildungspolitische Basisarbeit heuer nichts wert. M.J.
Unterrichtsmodul Die Statik der Spaghetti DI. Reichart Marius, Statiker Lehrer: Renate Rinke, 4. Kl. BRG, Salzburg Projektbeschreibung Mit einer Packung Spaghetti und Klebstoff eine àberbräckung mit einer maximalen lichten Weite bauen, die 1 kg aushñlt. Ohne Formeln und Berechung das Tragverhalten erkunden. Çbersicht: 1. Doppelstunde: EinfÄhrung: Ingenieurberuf. Statik. BrÄckenkonstruktionen. 2. Doppelstunde: Erkundungsphase Konstruktion und Material. 3. Doppelstunde: Vorbereitung: Skizzen und EntwÄrfe 4. 6. Doppelstunde Bauphase 7. Doppelstunde: Belastungstest der BrÄckenkonstruktionen. Reflexion Erweiterung: Mathematische, physikalische, biologische (Bionik) Grundlagen. WeiterfÄhrende Hinweise im Projekt RaumKonstruktion. Material: Pro Gruppe 1/2 kg Spaghetti, 2 UHU hart 1 Grundplatte Spanplatte 25 x 140 cm 1 Sperrholz-Platte ca. 10 x 15 fär Belastungstest. Ziele: Kennenlernen des Berufsbildes Ingenieur. EinfÄhrung in Grundlagen der Statik. Eigenschaften von Baumaterialien kennenlernen. Konstruktionsarten von BrÄcken erklñren können. Durch Ausprobieren Grundprinzipien der Statik erforschen. VerstÑndnis gewinnen fär Formen und Funktionen von Tragwerken. ArbeitsablÑufe in der Gruppe organisieren. Umsetzen von Ideen in Skizzen und PlÑne.
Mit Klebeverbindungen stabile Konstruktionen bauen. àberpräfen der TragfÑhigkeit durch Belastungstests und Auswertung der Beobachtungen EinfÉhrung 1 Doppelstunde Das Berufsbild Ingenieur: Planungen fär StraÜen, BrÄcken, Stromleitungen, Wasser- und Kanalbau. Statische Berechnung fär die Bauten der Architekten. Diese mathematischen Berechnungen sind ein entscheidender Bestandteil der Baukunst. Die solide Berechnung ist wesentlicher Bestandteil fär alle Konstruktionen. Das Bewusstsein fär diese physikalisch-mathematischen Grundlagen wird aber kaum vermittelt. Statik: Welche KrÅfte wirken in einem Bauwerk: Die Festigkeitslehre ermittelt durch experimentelle PrÄfungen die Festigkeit der Baustoffe und ihr Verhalten bei verschiedenen BelastungsfÑllen. Die Statik versucht, die auftretenden KrÑfte und ihren Verlauf in der gewñhlten Konstruktion vorauszubestimmen und diese entsprechen zu dimensionieren. Eine Kraft ist definiert durch GrÖÜe, Angriffspunkt und Richtung. In der Konstruktion wirken KrÑfte aus verschiedenen Richtungen, vor allem als Druck- und SchubkrÑfte, aber auch als ZugkrÑfte, als TorsionskrÑfte bei Verdrehungen und als ScherkrÑfte beim Angriff von KrÑften in gleicher Ebene, aber gegensñtzlicher Richtung Wie reagiert die Konstruktion auf die entstehenden KrÑfte Zug, Druck, Biegebelastung? Welche Verformungen treten durch die KrÑfte auf, wie können sie aufgefangen/ abgeleitet werden, damit eine in sich stabile Konstruktion entsteht? KlÅren wichtiger Begriffe: Gleichgewicht der wirkenden KrÅfte herrscht, wenn die Summe aller KrÑfte und Momente (Produkt aus GrÖÜe und Kraft und ihrer Entfernung zum Auflager/Drehpunkt) Null ist. Jede Kraft wird durch eine Gegenkraft gleicher GrÖÜe in Gegenrichtung aufgehoben, zwei aus verschiedenen Richtungen angreifenden KrÑfte durch eine Dritte, die Resultierende. Das KrÑfteverhÑltnis lñsst sich durch ein Dreieck (Krafteck) darstellen. Darin bilden die an einem Punkt unter bestimmten Winkeln angreifenden KrÑfte zwei Seiten. Die dritte Seite stellt die Resultierende dar. Aus der Verdoppelung des Kraftecks entsteht als graphische Figur das Parallelogramm der KrÑfte. Materialien und ihre Eigenschaften: Zug- Druck- Biegebelastung Holz, Eisen, Stahl Lehm, Ziegel, Stein Beton Spaghetti: zug- und druckfest, empfindlich auf Biegebelastung. Durch Verstrebungen kann die Verformung durch Biegung reduziert werden. BrÉckenarten: HÅngebrÄcke TrÅger auf StÄtzen BogenbrÄcke BalkenbrÄcke SchrÅgseilbrÄcke ErklÑren, wie die auftretenden KrÑfte in den verschiedenen Konstruktionstypen stabilisiert werden. 2. Erkundungsphase
Gruppen bilden (zu dritt) Erkunden der Materialeigenschaften: Praktische Hinweise zum Herstellen der Klebeverbindungen mit UHU hart. Beachten der Hinweise, wie lange der Klebstoff zum AushÑrten braucht. Erstellen von Skizzen / Zeichungen PlÅne im MaÇstab 1: 1, auf welche die SpaghettistÑbe zuerst aufgelegt und dann gelebt werden. Arbeitsteilung - Abbrechen der Spaghetti fär die benétigten LÅngen, Auflegen und Kleben Herstellen von zwei gleichen, flåchigen Verstrebungen Verbinden der beiden durch Versteifungen in die Tiefe Ausprobieren verschiedener BrÄckenkonstruktionen, die mit Spaghetti gebaut werden kénnen: BalkenbrÄcke SchrÑgseilbrÄcke BogenbrÄcke Besprechen der Probekonstruktionen auf ihre StabilitÑt und Belastbarkeit hin. Vorteile, Nachteile der Konstruktionen. 3. Vorbereitung und Planung Bereitstellen der Grundplatte 25 x 140 cm, auf welche die BrÄcke gesetzt werden soll. FÄr die Belastungsprobe wird in die BrÄcke eine 10 x 15 cm groüe Sperrholz-Platte eingebaut/aufgelegt, auf die spñter das Gewicht fär die Belastungsprobe aufgelegt wird. Sie dient dazu, das Gewicht gleichmñüig zu verteilen. Die Grundplatte muss nicht in der gesamten LÑnge ausgenätzt werden. Die HÖhe der BrÄcke ist selbst festzulegen. Aufgabenstellung: Entscheidet euch fär eine Konstruktionsform. Fertigt dafär zunñchst Skizzen an. àbertragt diese Skizzen in PlÑne im MaÜstab 1:1, die dann fär die AusfÄhrung verwendet werden. Besprecht eure Konstruktionsvorhaben vor der AusfÄhrung mit dem Lehrer/Fachmann. àberlegt, wie ihr möglichst einfach, mit wenig Materialaufwand effektiv und schnell bauen könnt. Wichtige Kriterien fär den Belastungstest: Gewicht und LÑnge der BrÄcke. 4. Bauphase Umsetzung der erarbeiteten Konstruktionsformen unter Einbeziehung der gesammelten Erfahrungen aus der Erkundungsphase. SelbststÑndige Arbeit mit fachlichen Zwischenbesprechungen. Vorbereiten der beiden Wangen Verbinden durch Querverstrebungen. Optimieren der Konstruktion durch allenfalls notwendige VerstÑrkungen. Es ist nicht gestattet, zur Erreichung einer höheren StabilitÑt SpaghettistÑbe zu BÄndeln zusammenzukleben. 5. Belastungstest Nach Abschluss der Konstruktionen wird ein Belastungstest durchgefährt. Kriterien: Gewicht und LÅnge der BrÄcke. Besprechen der Konstruktionen im Hinblick auf Vor- und Nachteile. Dokumentation der Arbeitsprozesse und Ergebnisse 6. Feedback Renate Rinke: Das Material Spaghetti hat einen besonderen Reiz. Es geht hörbar zu Bruch und macht elementare statische Eigenschaften unmittelbar erfahrbar. Einerseits ist es elastisch genug, um optisch wahrnehmen zu können, an welchen Stellen in der Konstruktion Druck-, Zug- und Biegebelastungen entstehen. Andrerseits ist es so wenig belastbar, dass bei höherem Druck die Konstruktion sofort zu knicken beginnt. Da di Verformung der Bauteile so gut dosiert sichtbar ist, lassen sich auch statische Verbesserungen unmittelbar ÄberprÄfen. Ein Umstand, der den Lernprozess sehr unterstätzt.
Die Arbeitstechniken stellen fär SchÄlerInnen eine Herausforderung dar, weil sie ein relativ groües MaÜ an Geduld und vorausschauendes Planen und Arbeiten erfordern. Die SchÄlerInnen waren auf die fertigen BrÄckenkonstruktionen und Äber die faszinierende âsthetik, die sie ausstrahlen, sehr stolz. Die Zusammenarbeit mit einem Ingenieur ist in der EinfÄhrungsphase, bei der ErklÑrung der technischen Grundlagen und bei Zwischenbesprechungen beim Bau unbedingt empfehlenswert. Die abschlieüende PrÅsentation mit Belastungstest in der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten fand einhellig Anerkennung. Am Schluss des Projekts sollte unbedingt eine PrÑsentation mit Belastungstest organisiert werden. Aus Zeitmangel konnten die fåcheräbergreifenden Inhalte nicht realisiert werden. Sie stellen jedoch eine bereichernde und interessante Erweiterung dar. Reichart Marius: Das Projekt war ein voller Erfolg. Es war faszinierend, mitzuerleben, wie die SchÄler mitlebten und sich beeindrucken und leiten lieüen. Die Zielsetzung, Statik ohne Formeln nåher zu bringen, konnte durch Testen der Verformungen sehr gut nachvollzogen werden. Interessant war, dass die SchÄler groüteils zu HÑngetragwerken tendierten. Erst nach ausfährlicher AufklÑrung daräber, dass Spaghetti dafär kein geeigneter Werkstoff sei, konnten wir andere Tragkonstruktionen entwickeln. Entwurf fér ein SchÉler-Feedback: Hat dir die Arbeit SpaÜ gemacht? Glaubt ihr, den Wettbewerb zu gewinnen? Was hast du gelernt? Wissen / Einsichten / Planungserfahrung / Handwerkliches Worauf bist du stolz? Was war schwierig? Was ist zu kurz gekommen / hat gefehlt? Hast du eigene Ideen einbringen können? Was war der Nutzen des Projekts fär dich? Was ich noch sagen möchte. Aus: Arbeitskreis Architektur Technik + Schule: Aktuell http://www.kunstnetzwerk.at/2006/ats/seiten/aktuell.html und http://www.kunstnetzwerk.at/2006/ats/wettbewerbe/wettbewerb_ss07/wettbewerbss07c.html#a nchor1