Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Bestimmungen des Rechtes des Energieleitungsbaus AMPRION GMBH

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Transkript:

Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Bestimmungen des Rechtes des Energieleitungsbaus AMPRION GMBH

Stellungnahme der Amprion GmbH zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Bestimmungen des Rechtes des Energieleitungsbaus Berlin, Oktober 2015 Der Netzausbau ist eines der größten Infrastrukturprojekte seit dem Fall der Berliner Mauer und eine gesellschaftliche Herausforderung. Für das Gelingen der Energiewende ist der Netzausbau die Voraussetzung. Die neue Ausgestaltung des Energieleitungsrechtes ist daher eine wichtige Weichenstellung. Es geht darum, durch einen bürgerfreundlichen Netzausbau die Akzeptanz für die Realisierung dieser notwendigen Infrastrukturprojekte zu verbessern, ohne dabei die Sicherheit des Systems zu gefährden und ohne die Kosten für die Energiewende in unangemessener Weise zu erhöhen. Um die Akzeptanz für den Netzausbau zu fördern, hat die Bundesregierung einen Vorrang für die Verlegung von Erdkabeln beim Bau der neuen Gleichstromübertragungsleitungen (HGÜ) beschlossen. Im Drehstrombereich soll es zusätzliche Pilotprojekte geben, um diese neue Technologie, die bislang nicht Stand der Technik ist, zu testen und betriebliche Erfahrungen zu sammeln. Erst dann kann über einen stärkeren Einsatz dieser Technologie in den Übertragungsnetzen entschieden werden. Der Beschluss der Bundesregierung wird von Amprion grundsätzlich begrüßt. Amprion hat sich bereits der Herausforderung gestellt und in Raesfeld die erste 380-kV- Drehstrom Teilverkabelung nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) errichtet. Weitere Erdkabelabschnitte befinden sich in der öffentlich-rechtlichen Genehmigung. Dabei hat sich gezeigt, dass eine Erdverkabelung lokale Planungskonflikte lösen und damit die Akzeptanz von Vorhaben steigern kann. Sie ist aber nicht der Königsweg für den Netzausbau, denn Verkabelung schafft andere Betroffenheiten. Gegenüber einer Freileitung müssen bei einer Verkabelung höhere Investitionskosten angesetzt werden: Je nach zu übertragender Leistung und örtlichen Gegebenheiten ergeben sich bei der Drehstromtechnik etwa vier- bis zehnmal so hohe Investitionskosten gegenüber einer Freileitung. In der Gleichstromtechnik liegt der Faktor zwischen drei und acht. Kabelsysteme in der Höchstspannung (AC und DC) haben auch eine deutlich höhere Nichtverfügbarkeit als Freileitungssysteme. Technische Schwachpunkte bei der Verlegung der Kabel sind die Kabelmuffen. Diese Verbindungsstücke sind notwendig um die einzelnen Kabelstücke, die aufgrund ihres Transportgewichtes eine Länge von ca. 1 km nicht überschreiten können, baulich miteinander zu verbinden. Zudem muss bei Kabelschäden der Fehler aufwändig Seite 2

geortet und die Fehlerstelle freigelegt werden. Je nach Fehlerereignis kann die Reparatur mehrere Wochen in Anspruch nehmen. 1 Aufgrund der physikalischen Eigenschaften von Drehstrom (AC) stellt die Erdverkabelung in diesem Bereich andere Anforderungen dar als im Gleichstrombereich (DC). Es ist daher sehr wichtig zwischen den beiden Technologien klar zu unterscheiden. Amprion begrüßt die Maßnahmen der Bundesregierung grundsätzlich. Die Unterscheidung zwischen kabelgebundenen AC und DC Technologien ist jedoch wichtig. I. Erdverkabelung im Drehstrombereich (AC) Derzeit gibt es nur sehr wenige Erfahrungen mit Erdkabelabschnitten im deutschen Übertragungsnetz. Amprion unterstützt daher die Erprobung dieser Technologie anhand einiger der im EnLAG festgelegten Pilotprojekte, weil sie wichtige Erkenntnisse für den zukünftigen Einsatz dieser Technologie liefern können. Diese Pilotprojekte sind so auszuwählen, dass ein Erkenntnisgewinn aufgrund unterschiedlicher Realisierungs- und Rahmenbedingungen sichergestellt ist. Eine weitreichendere Ausweitung der Erdverkabelungsmöglichkeit im AC-Bereich würde bei einer Vielzahl von laufenden Projekten zu einer deutlichen Verzögerung aufgrund von Neuplanungen führen und wäre für die Wahrung der Systemsicherheit bei dem fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland nicht zu verantworten. Erfahrungen im ersten Kabelabschnitt des Projektes Diele-Niederrhein (EnLAG Nr. 5, Raesfeld) Amprion hat in Raesfeld erfolgreich einen knapp 3,4 Km langen Erdkabelabschnitt (380kV) mit einer Übertragungsleistung von ca. 3,6 GW verlegt. Dafür waren insgesamt 42 km Kabel für 12 Einzeladern notwendig. Die Trassenbreite der Kabelstrecke beträgt nach Fertigstellung ca. 25 m, während der Bauphase war ein 41 Meter breiter Graben notwendig. Für die Verlegung des Kabels wurden 24 Verbindungsmuffen gesetzt. An den beiden Enden der Erdkabelstrecke gibt es Kabelübergabestationen (KÜS) die jeweils eine Grundfläche von 60 x 80 m in Anspruch nehmen (Höhe jeweils 14 Meter). Mit der Realisierung der ersten 380-kV-Teilverkabelung im Rahmen der Umsetzung des EnLAGs hat Amprion gezeigt, dass Kabel in dieser Spannungsebene mit einem großen finanziellen und baulichen Aufwand in einem begrenzten Abschnitt machbar sind. Der Bau der Kabelstrecke benötigte ca. ein Jahr. Die Mehrkosten gegenüber einer Ausführung in Freileitung lagen bei 1 In der technischen Cigré-Veröffentlichung TB 379 wird eine mittlere Reparaturdauer von AC-Kabeln von 25 Tagen, also etwa 3,5 Wochen, genannt. Seite 3

einem Faktor von sechs. Für die Verlegung des Kabels gab es hier verhältnismäßig einfache Verhältnisse: gerader Streckenverlauf in sandigem bis lehmigem Boden; aufwändige Kreuzung nur einer Bundesstraße und zweier Rohrleitungen. Es ist davon auszugehen, dass bei der Realisierung der weiteren EnLAG-Teilverkabelungen unter komplizierteren topographischen und tiefbaulichen Gegebenheiten deutlich höhere Kosten bis zu einem Faktor 10 entstehen werden. Die Kabelanlage in Raesfeld ist die erste von mehreren Teilverkabelungsabschnitten der Leitung Diele-Niederrhein. Betriebserfahrungen mit Teilverkabelungen in dieser Spannungsebene und mit dieser Leistungsklasse (bis zu 3,6 GW) liegen weltweit noch nicht vor. Der Kabelabschnitt in Raesfeld wird voraussichtlich 2016 in den Testbetrieb und der gesamte Leitungsabschnitt 2020 in den Regelbetrieb gehen. Erst danach liegen uns verlässliche Aussagen über den Betrieb der Kabelabschnitte vor, aus denen wir lernen können. Das Pilotprojekt Raesfeld hat gezeigt, dass insbesondere die Landwirte der Verkabelung kritisch gegenüberstehen. Sie befürchten aufgrund des Eingriffs in den Boden und die Bodenerwärmung durch die Kabel Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit und Ertragskraft der langwirtschaftlichen Nutzflächen. Um den betroffenen Landwirten im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung einen transparenten Einblick während der Verlegearbeiten zu gewähren, waren bei den Baubesprechungen in Raesfeld auch immer Vertreter der Landwirte zugegen. Darüber hinaus führt Amprion ein Monitoring durch, in dem das Wachstumsverhalten von Nutzpflanzen auf den Kabelstrecken mit Vergleichsflächen in den nächsten 10 Jahren untersucht werden soll. Für das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren hat sich durch die Verkabelung keine Beschleunigung ergeben: Die Verbindung war im Jahr 2009 bereits als Freileitungslösung geplant und musste entsprechend der Vorgaben des Energieleitungsausbaugesetzes umgeplant werden. Auch aus genehmigungsrechtlicher Sicht wurde hier Neuland betreten. Herausforderung für die Systemsicherheit Es existieren national und international nur wenige Erkenntnisse zum Verhalten der Einzelkomponenten unterirdischer Übertragungssysteme im Verbundnetz. Daher muss die systemverträgliche Grenze beim Einsatz von 380-kV-Erdkabeln (AC) von Projekt zu Projekt neu bestimmt werden. Dabei gilt es die längeren Reparaturdauern im Vergleich zu Freileitungen zu berücksichtigen. Sie verringern die tatsächliche Verfügbarkeit von Kabelsystemen und können erhöhte Anforderungen an redundante Betriebsmitteln nach sich ziehen. Die empirischen Erfahrungen der deutschen ÜNB sowie Ergebnisse internationaler Untersuchungen zeigen, dass Erdkabel in einem Freileitungsnetz die Störungshäufigkeit und Störungsauswirkung im Gesamtnetz erhöhen können. Dieses Risiko nimmt zu, je mehr Erdkabel im Netz verlegt sind. Mit jeder Kabelverlegung ist zu prüfen, ob und wie sich das Systemverhalten des Netzes ändert, ggf. sind Abhilfemaßnahmen zu schaffen. So brauchen 380- Seite 4

kv-kabel aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaft ab einer Länge von ca. 15 km so genannte Kompensationsanlagen, um die Übertragungsfähigkeit zu halten. Im Rahmen der geplanten Pilotprojekte müssen die Integration dieser Technologie in das Netz und das Zusammenspiel aller Komponenten zunächst beobachtet werden. Bei dem verstärkten Einsatz von Erdkabeln sind Test- und weitere Erprobungsphasen zur Heranführung an den Stand der Technik notwendig. Dies wird durch den gewählten Pilotansatz sichergestellt. Auch aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll, versorgungsrelevante Trassen als Pilotstrecken zu nutzen. Wir empfehlen, bezüglich der AC-Erdverkabelung die Erkenntnisse aus dem Betriebsverhalten dieser Technologie zu sammeln. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann frühestens nach 5 Jahren Pilotbetrieb wesentlich fundierter über den weiteren gezielten Einsatz von AC- Erdverkabelungen entschieden werden. Bürgerfreundlicher Netzausbau: Alternative Maßnahme zur Erdverkabelung Aufgrund des Pilotcharakters von Erdkabeln im Drehstrombereich ist es erforderlich, weitere Möglichkeiten und Maßnahmen zur Förderung von Akzeptanz in Betracht zu ziehen. Um dafür einen umfangreichen Werkzeugkasten nutzen zu können, wären aus unserer Sicht Änderungen am derzeitigen regulatorischen und legislativen Rahmen notwendig auch unter dem Aspekt der Abrechnung der Kosten. Diese würden den Kosten einer vergleichsweise teuren Erdverkabelung gegenüberstehen. Unsere Erfahrungen beim Netzausbau zeigen, dass die Mitnahme/Bündelung oder Trassenkorrektur von bestehenden 110 kv-, 220 kv- und Bahnstromleitungen eine Möglichkeit darstellt, um vor Ort die Akzeptanz für Neubauvorhaben im 380-kV-Bereich zu fördern. Insbesondere die Trassenkorrekturen in den Siedlungsbereichen, die über Jahrzehnte an bestehende Leitungen herangewachsen sind, hat aus unserer Erfahrung eine sehr positive Resonanz im Dialog mit Bürgerinitiativen und Vertretern der Politik vor Ort gefunden. Gleiches gilt, wenn eine Verkabelung der neu zu errichtenden Höchstspannungsleitung nicht möglich, aber eine vorhandene 110 kv-, Bahnstrom- oder auch Mittelspannungsleitung zur Entlastung vor Ort in die Erde gelegt werden kann. Beide Instrumente können die Betroffenheit von Mensch, Natur und Landschaft vor Ort spürbar reduzieren. Hier ist eine ganzheitliche Betrachtung zielführend. Darüber hinaus können auch Maßnahmen im direkten räumlichen Zusammenhang mit dem Leitungsbauprojekt die Akzeptanz vor Ort fördern. Dazu zählt etwa die Möglichkeit, vom Leitungsverlauf besonders stark betroffene Grundstücke/Immobilien zu erwerben und einer anderen Nutzung zuzuführen etwa durch eine Umwandlung in Grünland. Im Falle einer Bündelung der Leitung mit vorhandener Verkehrsinfrastruktur könnte eine Maßnahme zum Beispiel auch in der Errichtung einer Lärmschutzwand liegen, die neben dem Sichtschutz zugleich Seite 5

einen Schutz vor dem bisher auftretenden Verkehrslärm bieten kann und damit insgesamt die Geräuschsituation vor Ort verbessert. Häufig beklagt die von Leitungsbauvorhaben betroffene Bevölkerung ein Ungleichgewicht von Umweltbelangen und den Belangen der Menschen. Durch eine erweiterte gesetzliche Grundlage für Akzeptanzmaßnahmen ließe sich dies kompensieren - vergleichbar mit dem Naturschutzrecht (vgl. 15 Abs. 2 BNatSchG). Anders als die kommunalen Ausgleichszahlungen nach 5 Abs. 4 StromNEV sollte dieses Instrument auch nicht auf neue Trassen beschränkt werden, sondern allen zugutekommen können. Um Planungskonflikte sachgerecht und möglichst maßgeschneidert zu lösen, ist ein gut gefüllter Werkzeugkasten für Maßnahmen vor Ort sinnvoll. II. Erdverkabelung im Gleichstrombereich Amprion unterstützt die Einführung eines Vorrangs für Erdverkabelung bei der Umsetzung der Gleichstromkorridore. Ein Vorrang für Gleichstromkabel ist technisch realisierbar. Im Gegensatz zur Drehstromtechnik benötigt das Kabel in der Gleichstromtechnik keinen permanenten Ladestrom. Aus Systemsicht ist somit die Verkabelung in Gleichstromtechnik einfacher als in Drehstromtechnik. Mit steigendem Anteil der Verkabelung steigt jedoch auch die Wahrscheinlichkeit der Nichtverfügbarkeit der Leitung (Dauer und Häufigkeit). Die Erfahrungen mit Kabel- Gleichstromverbindungen an Land, die höhere Leistungen übertragen, sind derzeit sehr begrenzt. Insbesondere kunststoffisolierte Kabel wurden in den vergangenen Jahren lediglich in der 320-kV-Spannungsebene verlegt. Demnach gibt es derzeit noch keine belastbaren Aussagen zur Verfügbarkeit solcher Kabelanlagen. Der Ausfall einer leistungsstarken HGÜ-Verbindung oder eine längere Nichtverfügbarkeit müsste durch das vorhandene Drehstromnetz kompensiert werden und würde das System in erheblichem Maße belasten. Ein zu hoher Verkabelungsanteil kann daher auch die Systemsicherheit gefährden. Eine DC-Vollverkabelung ist technisch möglich, aus unserer Sicht aber weder sinnvoll noch effizient und führt zu unnötigen und unverhältnismäßigen Kostensteigerungen und weiteren Verzögerungen. Erdkabelvorrang zur Förderung von Akzeptanz: Flexibilität bewahren Um den Netzausbau bürgerfreundlich zu realisieren und die Eingriffe für die Wohnbevölkerung sowie Natur und Landschaft so gering wie möglich zu halten, brauchen die Netzbetreiber unbeschadet eines Vorrangs für Erdkabel zum Ausgleich aller betroffener Belange auch zukünftig Freileitungsoptionen, um den Netzausbau sinnvoll und effizient umzusetzen. Seite 6

Dafür sollten wenige, abschließend aufgezählte Fallgruppen Freileitungsanteile möglich machen. Dies entspricht zugleich der politischen Vereinbarung der Koalitionsparteien vom 1.7.2015, wonach der Vorrang für Erdverkabelung erlischt, wenn diese nicht möglich oder nicht sinnvoll ist. Die aktuell vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten führen voraussichtlich jedoch nur in extrem begrenztem Umfang zur Realisierungsmöglichkeit von Freileitungsabschnitten. Faktisch würde dies nahezu einer Vollverkabelung gleichkommen. Eine zu enge Auslegung des Erdkabelvorrangs schränkt darüber hinaus die Möglichkeiten der Netzbetreiber alternativer akzeptanzfördernder Maßnahmen unnötig ein. Fehlende Flexibilität in der Umsetzung des Leitungsbaus wird in Anbetracht der technischen und finanziellen Herausforderungen (Mehrkostenfaktor von 3-8) der Erdverkabelung aus unserer Sicht nicht zu mehr, sondern zu weniger Akzeptanz führen. Auch wenn es derzeit die politische Bereitschaft gibt, aus Akzeptanzgründen wesentliche Kostensteigerungen bei Erdkabelvorrangprojekten in Kauf zu nehmen, gilt es unverhältnismäßige Kostensteigerungen insbesondere dort zu vermeiden, wo es vor Ort keinen erheblichen Mehrwert für eine Erdverkabelung gibt. Zusätzlich zu den bisher in der Formulierungshilfe der Bundesregierung vom 7.10.2015 vorgesehenen Freileitungsoptionen sollten Freileitungen auch für folgende Fallgruppen möglich bleiben: - Bündelung mit anderen relevanten linienhaften Infrastrukturen als Freileitungen - Fälle von erheblichen Schwierigkeiten der Umsetzung von Erdkabellösungen (z.b. in Tälern, in Mittelgebirgen, bei Festgestein, aus naturschutzrechtlichen und -fachlichen Gründen) - allgemein in Fällen, in denen durch eine Freileitung nicht mit erheblichen Belastungen der Wohnbevölkerung zu rechnen ist und die Freileitungsalternative gegenüber der Erdverkabelung die deutlich bessere darstellt (z.b. in landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich geprägten Bereichen; in der Nähe von Windparks wegen der nicht vorhandenen Zusatzbeeinträchtigung des Landschaftsbildes) Die stärkere Gewichtung des Schutzgutes Mensch durch ein absolutes Verkabelungsgebot bei Siedlungsannäherungen (400m zu geschlossenen Ortschaften) ist aus unserer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Für Bebauungen in Außenbereichen wird ein Verkabelungsgebot bei einer Annäherung der Leitung von 200m vorgesehen. Damit geht der Gesetzesentwurf weit über die bisher strikteste landesrechtliche Regelung (Land Niedersachsen) hinaus, wo auch für Siedlungsannäherungen Ausnahmen vorgesehen sind und insbesondere der Außenbereichsschutz von 200m lediglich als Grundsatz der Raumordnung aber nicht als Verbot definiert ist. Die Erfahrungen bei der Trassenfindung im Rahmen des EnLAG haben diesbezüglich gezeigt, dass insbesondere im Außenbereich eine höhere Flexibilisierung erforderlich bleibt. Die in teilweise zersiedelten Bereichen zusätzlich zu beachtenden widerstrebenden Anforderungen aus Natur- und Artenschutz machen unter diesen Vorgaben eine Kabellösung zeitlich und finanziell extrem aufwendig. Seite 7