Entwicklung selbstberichteter Beschwerden bei Studierenden Eine vergleichende Untersuchung 1995 und 2006

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Transkript:

42. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) Entwicklung selbstberichteter Beschwerden bei Studierenden Eine vergleichende Untersuchung 1995 und 2006 Meier S 1, Stock C 2, Mikolajczyk R 1, Krämer A 1 1 Universität Bielefeld, Fakultät für wissenschaften 2 University of Southern Denmark, Unit for Promotion Research, Denmark

Übersicht Bielefelder survey für Studierende Fragestellung Methoden Beschreibung der Stichprobe Ergebnisse Diskussion

Bielefelder survey für Studierende Erhebung von Daten zur gesundheitlichen Lage von Studierenden Identifizierung von Bedarfslagen und Interventionszielen für eine universitäre förderung und Prävention Entwicklung eines Erhebungsinstruments für vergleichende Studien

Fragestellung Wesentliche Erkenntnisse zum Thema Beschwerden bei Studierenden aus der Baseline WS 1995/96 hohe Prävalenz von Beschwerden einige Beschwerden zeigten hohe Assoziationen zu psychosozialen Belastung Hat sich das Beschwerdepanorama bei Studierenden in den letzten 10 Jahren verändert?

Methode Querschnittsstudie quantiative Befragung von Studierenden im ersten Studienjahr während der Vorlesungen mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens im Wintersemester 1995/96 und im Sommersemester 2005 an der Universität Bielefeld

Stichprobe Stichprobengröße Frauen Männer Durch schnittsalter WS 95/96 650 55,5 % (55,8%)* 44,5 % (44,2%) 21 SS 2005 770 57,8 % (57,9%) 42,2 % (42,1%) 22 Gesamt 1.420 56,7% 43,3% 22 *Zahlen in Klammern: Geschlechterverhältnis laut Einschreibezahlen.

Prävalenz

Prävalenz von Beschwerden (Mittelwert von 1 nie bis 4 sehr oft, Mehrfachnennungen möglich) 4 3,5 WS95/96 SS 05 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Schulter und Nacken Rückenschmerzen Kopfschmerzen Nervosität Schlafstörungen Depressive Verstimmungen Magenbeschwerden Herzrasen Durchfall Verstopfung

Beschwerden die im Verlauf des letzten Jahres eher oft oder sehr oft auftraten, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent mit 95%KI 100 90 WS 95/96 SS05 80 70 Prozent 60 50 40 30 20 10 0 Nacken- oder Schulterschmerzen Rückenschmerzen Kopfschmerzen Nervosität Schlafstörungen Depressive Verstimmungen Magenbeschwerden Herzrasen Durchfall Verstopfung

Veränderungen in der Prävalenz

100 90 Rückgang bei Beschwerden die im Verlauf des letzten Jahres eher oft oder sehr oft auftraten, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent mit 95%KI WS 95/96 SS05 80 70 60 Prozent 50 40 30 20 10 0 Rückenschmerzen Nervosität Magenbeschwerden

Leichte Zunahme von Beschwerden 100 die im Verlauf des letzten Jahres eher oft oder sehr oft auftraten, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent mit 95%KI 90 80 70 60 WS 95/96 SS05 Prozent 50 40 30 20 10 0 Depressive Verstimmungen Herzrasen Verstopfung

Zunahme von Beschwerden die im Verlauf des letzten Jahres eher oft oder sehr oft auftraten, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent mit 95%KI, *Chi²-Test <0,005 100 90 WS 95/96 SS05 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Nacken- oder Schulterschmerzen* Kopfschmerzen* Schlafstörungen* Durchfall*

Geschlechterdifferenzierte Prävalenz

Nacken- oder Schulterschmerzen Eher oft oder sehr oft im Verlauf des letzten Jahres, 100 90 Chi-Quadrat-Test für Geschlechtsunterschiede < 0,000 WS 95/96 SS05 80 70 60 55,5 Prozent 50 40 37,7 44,2 44,1 30 29,8 29,6 20 10 0 Gesamt Frauen Männer

Rückenschmerzen Eher oft oder sehr oft im Verlauf des letzten Jahres, Angaben in Prozent Chi-Quadrat-Test für Geschlechtsunterschiede < 0,000 100 90 WS 95/96 SS05 80 70 60 Prozent 50 40 41,1 39 43,3 46,2 38,4 30 30,2 20 10 0 Gesamt Frauen Männer

Kopfschmerzen Eher oft oder sehr oft im Verlauf des letzten Jahres, Angaben in Prozent Chi-Quadrat-Test für Geschlechtsunterschiede < 0,000 100 90 WS 95/96 SS05 80 70 60 Prozent 50 40 38 39 51,7 30 29,8 20 18,4 20,1 10 0 Gesamt Frauen Männer

Durchfall Eher oft oder sehr oft im Verlauf des letzten Jahres, Angaben in Prozent Chi-Quadrat-Test für Geschlechtsunterschiede < 0,000 100 90 WS 95/96 SS05 80 70 60 Prozent 50 40 30 20 10 6,7 10,7 8,4 12,5 4,5 8,2 0 Gesamt Frauen Männer

Beschwerden ohne signifikante Veränderungen Angaben in Prozent WS SS WS SS WS SS Rückgang Gesamt Frauen Männer Rückenschmerzen 41,1 39 43,3 46,2 38,4 30,2 Nervosität 38,9 35,7 45 40,5 31,2 29,6 Magenbeschwerden 23,2 21,8 27,9 27,8 17,4 12,4 Zunahme Depressive Verst. 21 21,9 24,9 23,9 16,2 18,3 Herzrasen 18,2 18,7 26,1 26,5 8,3 8,1 Verstopfung 5,3 5,8 7,1 7,8 1,7 2,8

Ergebnisse (Zusammenfassung) Beschwerden (Nacken- oder Schulterschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Durchfall) die 1995 hohe Prävalenzen aufwiesen, zeigen 10 Jahre später noch höhere Prävalenzen auf Frauen weisen bei diesen Beschwerden signifikant höhere Werte auf als die befragten Männer Frauen verursachen die Erhöhung des Gesamtanstieges bei den Beschwerden Bei Männer ist kein signifikanter Anstieg bei den Beschwerden festzustellen

Aus den Ergebnissen resultierende Fragen Warum sind die Prävalenzen von Beschwerden bei weiblichen Studierenden höher als bei männlichen Studierenden? Leiden weibliche Studierende häufiger unter Beschwerden oder sind sie diesen Empfindungen gegenüber sensibler und offener? Stehen die hohen Prävalenzen von Beschwerden bei den weiblichen Studierenden im Zusammenhang mit den Veränderungen im Hochschulalltag durch z.b. verstärktes Suchtverhalten? Reagieren männliche Studierende anders auf die Veränderungen im Hochschulalltag?

Schlussfolgerungen In Zukunft muss der Fokus der Forschung stärker auf die Unterschiede der Geschlechter ausgerichtet werden. Es besteht Handlungsbedarf Strukturen im Setting Hochschule die krankmachen so zu verändern das sie gesundheitsförderlich wirken. Angebote im Setting Hochschule müssen geschlechterdifferenziert angeboten werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!