Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms

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Transkript:

Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms Interdisziplinäre S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen Krebsgesellschaft unter Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie, Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Deutschen Gesellschaft für Pathologie, Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie, Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie, Deutschen Röntgengesellschaft, Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, Österreichischen Gesellschaft für Radioonkologie, Radiobiologie und medizinische Radiophysik Autoren: G. Goeckenjan, H. Sitter, M. Thomas, D. Branscheid, M. Flentje, F. Griesinger, N. Niederle, M. Stuschke, T. Blum, K.-M. Deppermann, J. H. Ficker, L. Freitag, A. S. Lübbe, T. Reinhold, E. Späth-Schwalbe, D. Ukena, M. Wickert, M. Wolf, S. Andreas, T. Auberger, R. P. Baum, B. Baysal, J. Beuth, H. Bickeböller, A. Böcking, R. M. Bohle, I. Brüske, O. Burghuber, N. Dickgreber, S. Diederich, H. Dienemann, W. Eberhardt, S. Eggeling, T. Fink, B. Fischer, M. Franke, G. Friedel, T. Gauler, S. Gütz, H. Hautmann, A. Hellmann, D. Hellwig, T. Hering, F. Herth, C. P. Heußel, W. Hilbe, F. Hoffmeyer, M. Horneber, R. M. Huber, J. Hübner, H.-U. Kauczor, K. Kirchbacher, D. Kirsten, T. Kraus, S. M. Lang, U. Martens, A. Meeßen, A. Mohn-Staudner, K.-M. Müller, J. Müller- Nordhorn, D. Nowak, U. Ochmann, B. Passlick, I. Petersen, R. Pirker, B. Pokrajac, M. Reck, S. Riha, C. Rübe, A. Schmittel, N. Schönfeld, W. Schütte, M. Serke, G. Stamatis, M. Steingräber, M. Steins, E. Stoelben, L. Swoboda, H. Teschler, H. W. Tessen, K. P. Thiele, M. Weber, A. Werner, H.-E. Wichmann, E. Wimmer, C. Witt, H. Worth

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 9 1.1 Vorbemerkungen... 9 1.2 Methodik der Leitlinienerstellung... 9 2. Epidemiologie... 12 2.1. Inzidenz... 12 2.2. Mortalität... 13 2.3. Trend... 14 2.4. Sozioökonomischer Status... 14 2.5. Geographische Verteilung... 15 2.6. Überlebenszeit... 15 2.7. Risikofaktoren... 15 2.7.1. Rauchen... 16 2.7.2. Passivrauchen... 17 2.7.3. Ernährung... 18 2.7.4. Radon, radioaktive Strahlenquellen und Röntgenstrahlung... 18 2.7.5. Allgemeine Luftverunreinigungen / Feinstaub... 19 2.7.6. Diesel-Motorabgase... 20 2.7.7. Asbest... 21 2.7.8. Künstliche Mineralfasern... 21 2.7.9. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)... 22 2.7.10. Chromate... 23 2.7.11. Siliziumdioxid, kristallin... 23 2.7.12. Arsen... 23 2.7.13. Nickel, metallisch und Nickelverbindungen... 24 2.7.14. Dichlordimethylether, Monochlordimethylether... 24 2.7.15. Beryllium... 24 2.7.16. Cadmium... 24 2.7.17. Wolfram- und kobalthaltige Hartmetallstäube... 25 2.7.18. Viren... 25 2.7.19. Synkarzinogenese... 26 2.7.20. Veranlagung und Genetik... 26 3. Prävention... 28 3.1. Definition, Einführung... 28 3.2. Tabakrauchen und Lungenkarzinom... 29 3.2.1. Aktives Rauchen und Lungenkarzinom... 29 3.2.2. Passivrauchen und Lungenkarzinom... 29 3.2.3. Beendigung des Rauchens nach Diagnose Lungenkarzinom... 30 3.3. Berufliche Exposition und Lungenkrebs... 31 3.4. Strahlung... 33

3.5. Private Lebensführung und Ernährung... 34 3.6. Medikamentöse Primär- und Sekundärprävention ( Chemoprävention )... 36 4. Früherkennung des Lungenkarzinoms... 37 4.1. Bildgebende Verfahren... 37 4.2. Sputumzytologie... 40 4.3. Endoskopische Verfahren... 40 4.4. Tumormarkerdiagnostik... 41 5. Diagnostik... 41 5.1. Klinische Präsentation... 41 5.1.1. Symptome... 41 5.1.2. Symptome des Primärtumors... 42 5.1.3. Symptome und klinische Zeichen der intrathorakalen Tumorausbreitung... 43 5.1.4. Symptome der extrathorakalen Tumorausbreitung... 43 5.2. Anamnese, klinische Untersuchung, Laboruntersuchungen... 43 5.3. Bildgebung und Diagnosesicherung... 47 5.3.1. Bildgebende Verfahren... 47 5.3.2. Diagnosesicherung... 50 5.3.3. Nuklearmedizinische Diagnostik... 54 5.4. Isolierter Lungenrundherd... 66 5.5. Stadieneinteilung (Staging)... 68 5.6. Pathologie... 75 5.6.1. Pathologisch-anatomische Diagnostik... 75 5.6.2. Histopathologische Tumor-Typisierung... 75 5.6.3. Immunphänotyp... 76 5.6.4. Tumorausdehnung am Resektat (pathologisch-anatomisches Staging)... 77 5.6.5. Resektionsränder... 77 5.6.6. Differenzierungsgrad (Grading)... 77 5.6.7. Regressionsgrading... 77 5.6.8. Prognose-assoziierte Marker und Therapie-Marker... 78 5.7. Abschätzung der klinischen und funktionellen Operabilität... 78 5.7.1. Alter über 70 Jahre... 78 5.7.2. Lungenfunktion... 79 5.7.3. Blutgase und Sauerstoffsättigung in Ruhe... 82 5.7.4. Risikoabschätzung mittels Spiroergometrie... 83 5.7.5. Zerebro- und kardiovaskuläres Risiko... 84 5.7.6. Ernährungs- und Leistungsstatus... 86 5.7.7. Präoperative Bewertung sonstiger Risiken... 87

6. Patientenaufklärung... 90 6.1. Spezielle Aufklärungssituationen... 91 6.1.1. Diagnosemitteilung... 91 6.1.2. Aufklärung über Behandlungsmaßnahmen... 91 6.1.3. Aufklärung über das Fortschreiten der Krankheit und palliativmedizinische Behandlungsoptionen... 91 7. Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms... 92 7.1. Bedeutung von Alter und Komorbidität als Selektionskriterium für Therapiemaßnahmen... 92 7.2. Stadium I / II und T3N1 (IIIA)... 93 7.2.1. Resektion im Stadium I / II und T3N1 (IIIA)... 93 7.2.2. Präoperative Chemotherapie... 100 7.2.3. Postoperative Chemotherapie... 101 7.2.4. Postoperative Radiotherapie und Radio-/Chemotherapie... 105 7.2.5. Definitive Radiotherapie im Stadium I/ II und T3N1 (IIIA)... 106 7.2.6. Zusammenfassende Empfehlungen zur Therapie im Stadium I / II und T3N1M0 (IIIA)... 108 7.2.7. Algorithmus Stadium I/II + T3N1M0... 110 7.3. Pancoast-Tumor... 111 7.3.1. Therapiekonzept... 111 7.3.2. Algorithmus Pancoast-Tumor... 114 7.4 Stadium III (T1-3N2 / T1-3N3 / T4N0-3)... 115 7.4.1. Heterogenität der Subgruppen im Stadium III Implikationen für die Patientenselektion... 115 7.4.2 Multimodale Therapie unter Einschluss der Operation im Stadium IIIA [N2] und selektionierten Patienten im Stadium IIIB (T4N0/1)... 116 7.4.3 Definitive Radiotherapie im Stadium IIIA(N2) / IIIB (T4/N3)... 125 7.4.3.3. Dosis und Fraktionierung... 127 7.4.4. Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie im Stadium III... 128 7.4.5. Sonderfälle... 132 7.4.6. Zusammenfassende Empfehlungen zur Therapie im Stadium III... 133 7.4.7. Algorithmus Stadium IIIA... 137 7.4.8. Algorithmus Stadium IIIB... 139 7.5. Stadium IV / IIIB (ohne Indikation zur definitiven Radiatio)... 141 7.5.1. Allgemeine Prinzipien... 141 7.5.2. Systemtherapie (Erstlinie)... 142 7.5.3. Systemtherapie (Zweitlinie und weitere)... 150 7.5.4. Therapie synchroner solitärer Metastasen (Hirn; Nebenniere) unter Einbezug der Resektion des Primärtumors... 153 7.5.5. Hirnmetastasen... 155 7.5.6. Skelettmetastasen... 159 7.5.7. Palliative Operation... 167 7.5.8. Zusammenfassende Empfehlungen zur Therapie im Stadium IIIB/IV... 169 7.5.9. Algorithmus Stadium IV / IIIB (ohne Indikation zur definitiven Radiatio)... 172

8. Behandlung des kleinzelligen Lungenkarzinoms... 175 8.1. Einleitung... 175 8.2. Prognoseparameter... 175 8.3. Behandlungsstrategie in der Übersicht... 177 8.3.1 Stellenwert der Therapieoptionen... 177 8.3.2. Allgemeine Empfehlungen zur Durchführung der Chemotherapie... 177 8.4. Behandlung im Stadium T1-2N0-1M0 (VLD)... 178 8.4.1. Operation bei bekannter Histologie... 178 8.4.2. Postoperative Chemotherapie... 179 8.4.3. Postoperative Strahlentherapie... 179 8.4.4. Präoperative Chemotherapie... 180 8.4.5. Primäre definitive Chemostrahlentherapie... 180 8.4.6. Vorgehen bei Rundherd mit präoperativ nicht gesichertem kleinzelligen Lungenkarzinom... 181 8.4.7. Zusammenfassung und Empfehlungen für zukünftige Entwicklungen... 181 8.5. Behandlung der Tumorstadien T3-4 und/oder N2-3, M0 (Limited disease)... 185 8.5.1. Wahl der Chemotherapie... 185 8.5.2. Integration der Strahlentherapie... 187 8.5.3. Prophylaktische Schädelbestrahlung... 190 8.5.4. Neoadjuvante Therapiekonzepte... 191 8.5.5. Intensivierte Therapie... 191 8.5.6. Zusammenfassung und Wertung... 194 8.6. Behandlung des Stadiums M1 (extensive disease)... 196 8.6.1. Wahl der Chemotherapiemedikamente... 196 8.6.2. Multidrug Protokolle... 198 8.6.3. Dosissteigerungen... 199 8.6.4. Therapieintervallverkürzung... 200 8.6.5. Reduzierte Chemotherapieintensität... 201 8.6.6. Strahlentherapeutische Indikationen bei fernmetastasierten Patienten.... 202 8.6.7 Prophylaktische Schädelbestrahlung... 203 8.6.8. Zusammenfassung und Wertung... 204 8.7. Therapie der älteren Patienten... 206 8.7.1. Aspekte der Chemotherapie... 206 8.7.2. Aspekte der Bestrahlung... 207 8.7.3. Operation bei älteren Patienten... 207 8.8. Erhaltungstherapie... 208 8.8.1. Chemotherapie... 208 8.8.2. Biologische Substanzen... 208 8.9. Rezidivtherapie... 210 8.9.1. Definitionen... 210 8.9.2. Refraktäre Erkrankung... 210 8.9.3. Resistente Erkrankung... 211 8.9.4. Sensitives Rezidiv... 212 8.9.5. Spätrezidiv... 213 8.9.6. Zusammenfassung und Wertung... 213

8.10. Neue Substanzen... 215 8.10.1. Kontrollierte Studien... 215 8.10.2. Bisher nicht in Phase III geprüft Zytostatika und Biologicals... 215 9. Behandlung des Lungenkarzinoms mit interventionellen Verfahren... 218 9.1. Maligner Pleuraerguss... 218 9.2. Hämoptysen... 219 9.3. Vena-cava-superior-Syndrom... 221 9.4. Tracheobronchiale Tumorobstruktion... 222 9.4.1. Mechanische Verfahren, Abtragung:... 222 9.4.2. Lasertherapie... 223 9.4.3. Elektroverfahren... 224 9.4.4. Kryotherapie... 224 9.4.5. Photodynamische Therapie... 225 9.4.6. Bronchiale und tracheale Stents... 226 9.4.7. Endobronchiale Brachytherapie... 227 10. Psychoonkologische Versorgung von Patienten mit Lungenkarzinomen... 229 10.1. Grundprinzipien psychoonkologischer Versorgung... 229 10.2. Psychosoziale Belastungen und Diagnostik bei Lungenkarzinompatienten... 229 10.3. Psychoonkologische Behandlung... 230 10.4. Bedarfsfeststellung... 232 10.5. Kontinuierliche psychoonkologische Versorgung... 233 10.6. Regelmäßige Erfassung der Lebensqualität im Krankheitsverlauf... 233 11. Supportive Behandlung beim Lungenkarzinom... 234 11.1. Definition supportive Behandlung... 234 11.2. Antiemetische Prophylaxe und Therapie... 234 11.2.1 Chemotherapie... 235 11.2.2. Strahlentherapie... 236 11.3. Anämiebehandlung... 237 11.4. Behandlung mit Wachstumsfaktoren der Granulopoese... 238 11.5. Antibiotikaprophylaxe unter Chemotherapie... 239 11.6. Mukositisprophylaxe und therapie... 240

11.7. Prophylaxe und Behandlung von Nebenwirkungen der Strahlentherapie an Haut und Lunge... 240 11.7.1. Haut... 240 11.7.2. Lunge... 241 11.8. Störungen des Elektrolythaushaltes... 241 11.8.1. Hyponatriämie... 241 11.8.2. Hyperkalzämie... 242 11.9. Komplementärmedizin... 243 11.9.1 Krankheitsauseinandersetzung... 243 11.9.2. Ärztliche Beratung... 243 11.9.3. Medikamentöse Verfahren... 244 11.9.4. Ernährung... 244 11.9.5. Entspannungs- und Achtsamkeitsverfahren... 244 12. Palliativmedizinische Behandlung beim Lungenkarzinom... 246 12.1. Definition palliative Behandlung... 246 12.2. Dyspnoe... 246 12.2.1. Medikamentöse Therapie... 248 12.2.2. Nichtpharmakologische Maßnahmen... 248 12.2.2.6. Perikarderguss/Perikardtamponade... 249 12.3. Schmerzen... 250 12.3.1. Definition... 250 12.3.2. Schmerzerfassung... 251 12.3.3. Medikamentöse Schmerztherapie... 251 12.3.4. Interventionelle Schmerztherapie bei Knochenmetastasen... 251 12.4. Anorexie/Kachexie/Dysphagie... 252 12.5. Husten... 253 12.6. Heiserkeit... 254 12.7. Terminale Hämoptoe... 254 12.7.1 Definition und Interventionsmöglichkeiten... 254 12.7.2. Palliative Maßnahmen bei fulminanter terminaler Haemoptoe... 254 12.8. Übelkeit und Erbrechen... 255 12.9. Neurologische Symptome (siehe auch Kapitel Therapie des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms )... 255 12.9.1. Hirnmetastasen... 256 12.9.2. Rückenmarkskompression... 258 12.9.3. Paraneoplastische neurologische Erkrankungen... 259 12.10. Betreuung im Terminalstadium... 259 12.10.1. Allgemeine Maßnahmen... 259 12.10.2. Rasselatmung... 260 12.10.3. Palliative Sedierung... 260 12.10.4. Gesprächsführung im terminalen Krankheitsstadium... 260

13. Rehabilitation... 261 14. Nachsorge... 264 14.1. Allgemeines... 264 14.2. Aufgabe des Tabakrauchens... 264 14.3. Nachsorge im Anschluss an eine kurative Therapie... 265 14.3.1. Erfassung posttherapeutischer Komplikationen... 265 14.3.2. Symptomorientierte Nachsorge versus Nachsorge nach festem Zeitplan... 265 14.3.3. Kosten-Nutzen-Analysen... 266 14.3.4. Nachsorge mit weniger intensiven Untersuchungsmethoden versus Nachsorgen mit intensiven Untersuchungsmethoden... 266 14. 4. Nachsorge im Anschluss an eine palliative Strahlen- oder Chemotherapie... 268 14.5. Krankenschwester assoziiertes Follow-up... 270 14.6. Forschungsbedarf... 271 15. Qualitätsindikatoren... 272 15.1. Einführung... 272 15.2. Bereits bestehende Qualitätsindikatoren im Bereich Lungenkarzinom.. 272 15.3 Methodik der Entwicklung der Qualitätsindikatoren und kritische Bewertung... 273 16. Gesundheitsökonomische Erkenntnisse... 283 16.1. Gesundheitsökonomischer Hintergrund... 283 16.2. Gesundheitsökonomische Methoden... 283 16.3. Gesundheitsökonomie Ergebnisse... 286 16.3.1 Gesundheitsökonomische Aspekte der Primärprävention des Lungenkarzinoms. 286 16.3.2 Gesundheitsökonomische Aspekte zur Früherkennung des Lungenkarzinoms... 288 16.3.3 Gesundheitsökonomische Aspekte diagnostischer Maßnahmen... 289 16.3.4 Gesundheitsökonomische Aspekte des Staging... 292 16.3.5 Gesundheitsökonomische Aspekte chemotherapeutischer Behandlungsoptionen bei der Therapie des NSCLC... 297 16.3.6 Gesundheitsökonomische Aspekte chirurgischer Behandlungsoptionen bei der Therapie des NSCLC... 301 16.3.7 Gesundheitsökonomische Aspekte kombinierter Behandlungsoptionen bei der Therapie des NSCLC... 302 16.3.8 Gesundheitsökonomische Aspekte radiotherapeutischer Behandlungsoptionen bei der Therapie des NSCLC... 303 16.3.9 Gesundheitsökonomische Aspekte der Therapie des SCLC... 305 16.3.10 Gesundheitsökonomie Aspekte endoskopischer Therapieoptionen... 307 16.3.11 Gesundheitsökonomische Aspekte palliativer Therapieoptionen... 309 16.3.12 Gesundheitsökonomische Aspekte der Nachsorge... 310

1. Einleitung 1.1 Vorbemerkungen Das Lungenkarzinom ist mit jährlich über 40.000 Sterbefällen in der Bundesrepublik Deutschland die vierthäufigste Todesursache und die häufigste Krebstodesursache [1]. Trotz der Fortschritte in der Diagnostik und Therapie liegt die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten mit Lungenkarzinom in europäischen und nordamerikanischen Ländern nur in einem Bereich von 5,5 15,7 % ([2], [3]). Ziel der vorliegenden Leitlinie ist die Verbesserung der Prognose und der Lebensqualität von Patienten mit Lungenkarzinomen durch Optimierung des Einsatzes der derzeitigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten in einem interdisziplinären Ansatz. Außerdem soll durch die Empfehlung präventiver Maßnahmen die Häufigkeit des Lungenkarzinoms reduziert werden. Leitlinien sind systematisch entwickelte Darstellungen und Empfehlungen mit dem Zweck, Ärzte bei der Entscheidung über angemessene Maßnahmen der Krankenversorgung (Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge) unter spezifischen medizinischen Umständen zu unterstützen [4]. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die vorliegende Entwicklungsstufe 3 (S3) der Leitlinien nach der Klassifikation der AWMF ist durch die Kombination von formaler Evidenz-Recherche, formaler Konsensfindung, Logik (Algorithmen) sowie Entscheidungs- und Outcome-Analyse gekennzeichnet [5]. Die alleinige Evidenz-Basierung einer Leitlinie kann problematisch sein, da die Ergebnisse der zugrunde gelegten randomisierten kontrollierten Studien an selektionierten Patientengruppen gewonnen wurden und daher nur mit Einschränkungen im Hinblick auf die Gesamtgruppe der Patienten verallgemeinert werden können. Insbesondere die häufigen Begleitkrankheiten des Lungenkarzinoms zwingen zu einer besonderen Beachtung der individuellen Behandlungssituation. Daher wurde bei der Erstellung der vorliegenden Leitlinie besonderer Wert auf eine breite interdisziplinäre Konsensfindung unter Beteiligung von 15 deutschen und österreichischen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften und 3 Berufsverbänden sowie weiterer Expertengruppen gelegt, um auch die Besonderheiten unterschiedlicher Therapiesituationen angemessen zu berücksichtigen. Dennoch entbindet die vorliegende Leitlinie ebenso wie andere Leitlinien die behandelnden Ärzte nicht von der Verantwortung, die individuellen Behandlungssituationen der Patienten zu berücksichtigen und gegebenenfalls in enger Abstimmung mit dem Wunsch des Patienten von den Empfehlungen der Leitlinie abzuweichen. 1.2 Methodik der Leitlinienerstellung In den von dem Steuerkomitee thematisch definierten Arbeitsgruppen wurde eine systematische Literaturrecherche mit Extraktion von Kernaussagen und einer Evidenzbewertung durchgeführt. Die systematische Literaturrecherche umfasste den Zeitraum bis zum 30.06.2006. Der nachfolgende Zeitraum bis zur Veröffentlichung der Leitlinie wurde hinsichtlich relevanter Publikationen von den Arbeitsgruppen beobachtet. Relevante Literatur aus diesem Zeitraum wurde dann in der Leitlinie berücksichtigt, wenn es sich um Studien mit hoher Evidenzstärke (Evidenzgrad 1-2) oder Leitlinien handelte und sich neue Aspekte ergaben. Die Bewertung der Evidenzgrade erfolgte nach

den Kriterien des Oxford Centre for Evidence-based Medicine (CEBM, 2001 [6]). Die aus den Evidenzgraden abgeleiteten Empfehlungsgrade A-D des CEBM wurden im modifizierter Form übernommen, wobei von der vom CEBM vorgegebenen Beziehung zwischen Evidenz- und Empfehlungsgraden bei Berücksichtigung ethischer Aspekte, der Patienten-Präferenzen, der klinischen Relevanz, des integrierten Outcome, klinisch bedeutsamer Abweichung von der Studiensituation, der Konsistenz und Effektstärke der Studie, der Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen und der Anwendbarkeit in begründeten Fällen im Rahmen des formalen Konsensprozesses abgewichen werden konnte (AWMF). Tab. 1 zeigt die Beziehung zwischen Evidenz- und Empfehlungsgraden für interventionelle (therapeutische) und diagnostische Studien. Studiendesign, Ergebnisse und Evidenzbewertung relevanter Studien sind den Evidenztabellen zu den Leitlinienkapiteln im Anhang, der über das Internet (www. ) abrufbar ist, zu entnehmen. Das Literaturverzeichnis der Leitlinie findet sich ebenfalls im Anhang, der über das Internet abrufbar ist (www. ).

Evidenzgrad 1a 1b 1c 2a 2b 2c Therapeutische Studien Validierende Kohortenstudie mit guten Referenzstandards Syst. Review von randomisierten kontrollierten klinischen Studien Individ. randomisierte kontrollierte Studie (enges Konfidenzintervall) Alle-oder-keiner- Prinzip Absolute Spezifität zum Einschluss oder absolute Sensitivität zum Ausschluss der Diagnose Syst. Review von exploratorischen Kohortenstudien Exploratorische Kohortenstudie mit guten Referenzstandards Systematische Review von Kohortenstudien Individ. Kohortenstudie, randomisierte kontr. Studie geringerer Qualität Outome- Research-Studie Evidenz Diagnostische Studien Syst. Review validierende Kohortenstudien Konsensus Modifizierende Kriterien für Empfehlungsgrad Ethische Aspekte Patienten- Präferenzen Klin. Relevanz, integr. Outcome Klinisch bedeutsame Abweichung von Studiensituation Empfehlungsgrad A B Starke Empfehlung Mittelstarke Empfehlung 3a 3b Syst. Review Fall- Kontroll-Studien Individ. Fall- Kontroll-Studie 4 Fallserie, Kohortenstudien und Fallkontrollstudien geringerer Qualität 5 Expertenmeinung ohne explizite kritische Bewertung, physiolog. Modelle etc. Syst. Review von nicht-konsekutiven Studien Nicht-konsekutive Studien Fall-Kontroll- Studie, schlechter oder nichtunabhängiger Referenzstandard Expertenmeinung ohne explizite kritische Bewertung, physiolog. Modelle etc. Studien: Konsistenz, Effektstärke Nutzen, Risiken, Nebenwirkungen Anwendbarkeit C D Schwache Empfehlung Fehlende oder inkonsistente Studien, Empfehlung aufgrund von Experten-meinung Tab. 1: Beziehung zwischen Evidenz- und Empfehlungsgrad (modifiziert nach Oxford Center for Evidence-based Medicine 2001 und AWMF) Die Kernaussagen, Empfehlungen, Empfehlungsgrade, Algorithmen (Flussdiagramme) und Qualitätsindikatoren wurden von den jeweiligen Arbeitsgruppen vorgeschlagen und in formalen Konsensverfahren in Konsensuskonferenzen sowie Delphiprozessen von der Leitliniengruppe konsentiert. Der Leitlinientext wurde von den Arbeitsgruppen formuliert und einem Redaktionskomitee redaktionell überarbeitet. Abschließend erfolgten eine

Konsentierung der Leitlinie im Rahmen eines Delphi-Verfahrens durch die Leitliniengruppe sowie die Verabschiedung durch die beteiligten Fachgesellschaften. Die Leitlinie umfasst eine Langfassung, eine Kurzfassung und eine Patientenfassung. Ziele, Aufgaben und Erstellungsprozess der Leitlinie sind detailliert im Leitlinien-Methodenreport beschrieben, der über das Internet (www. ) abgerufen werden kann. 2. Epidemiologie 2.1. Inzidenz Die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.v. [7] hat zusammen mit dem Robert Koch Institut die Zahl aller Krebsneuerkrankungen, insbesondere auch die altersspezifische Inzidenz für Lungenkrebs bei Männern und Frauen im Jahr 2002 geschätzt (siehe Abb.1). Danach erkranken in Deutschland jährlich rund 32.000 Männer und 13.000 Frauen an Lungenkrebs - dies entspricht knapp 15 % aller Krebsneuerkrankungen beim Mann und 6 % bei der Frau. In Österreich bildet das Krebsmeldegesetz die rechtliche Basis für die Krebsregistrierung. 2004 lag die Zahl der Lungenkrebsneuerkrankungen bei 3864 (2576 Männer und 1288 Frauen). Wie in Deutschland ist Lungenkrebs in Österreich nach dem Prostatakarzinom der zweithäufigste Tumor beim Mann (12%) und der dritthäufigste bei der Frau (6%) - nach Brustkrebs und kolorektalem Krebs (siehe Abb.2). Der Trend der Erkrankungshäufigkeit ist bei Männern abnehmend und bei Frauen zunehmend. Abb.1; Alters- und geschlechtsspezifische Inzidenzrate für Lungenkrebs in Deutschland [8].

2.2. Mortalität Die Angaben zur Krebsmortalität in Deutschland beruhen auf der Zahl der Krebstodesfälle eines Jahres nach der amtlichen Todesursachenstatistik des statistischen Bundesamtes. Für das Jahr 2005 lag die Mortalität für bösartige Neubildungen der Bronchien und der Lunge (ICD-10 C34) bei insgesamt 40.641, 28.959 Männer und 11.682 Frauen [9]. Der Anteil des Lungenkrebses an allen Krebstodesfällen ist sehr hoch: 26 % aller Krebstodesfälle bei Männern und damit die häufigste Krebstodesursache sind auf Lungenkrebs zurückzuführen und 10 % bei Frauen. Die alters- und geschlechtsspezifische Mortalitätsrate für Lungenkrebs nimmt mit dem Alter zu und erreicht ihr Maximum bei Männern und Frauen in der Altersklasse zwischen 80-84 Jahre. Auch in Österreich ist Lungenkrebs weiterhin die führende Krebstodesursache beim Mann. Die alters- und geschlechtsspezifische Mortalitätsrate für Lungenkrebs ist mit der in Deutschland vergleichbar (s. Abb.2). Abb. 2: Altersstandardisierte und geschlechtsspezifische Inzidenz- und Mortalitätsrate in Österreich. STATISTIK AUSTRIA, Österreichisches Krebsregister (Stand 24.02.2009) und Todesursachenstatistik (Erstellt am: 09.03.2009)

2.3. Trend Die Erkrankungshäufigkeit erreichte bei Männern Ende der 1980er Jahre in Deutschland ihren Gipfel. Seitdem ist die Inzidenzrate rückläufig. Demgegenüber nimmt bei Frauen die Häufigkeit der Erkrankung weiterhin kontinuierlich zu. Erstmals traten bei Frauen unter 40 Jahren so viele Erkrankungen an Lungenkrebs auf wie unter gleichaltrigen Männern. Dies ist im Wesentlichen auf den steigenden Anteil von Raucherinnen zurückzuführen (siehe Abb. 3). Abb.3: Altersstandardisierte Inzidenz und Mortalität in Deutschland 1970-2002 [7] 2.4. Sozioökonomischer Status Das Lungenkrebsrisiko ist invers korreliert mit Ausbildung und Einkommen [10]. Lungenkrebs ist in der Bevölkerungsgruppe mit niedrigem Einkommen und schlechter Ausbildung häufiger als in der Gruppe mit hohem sozioökonomischem Status. Primär trägt die höhere Prävalenz des Rauchens bei Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status zu ihrem höheren Lungenkrebsrisiko bei. Ferner ist dies die Folge einer häufigeren bzw. höheren beruflichen Exposition gegenüber Kanzerogenen. Darüber hinaus besteht aber oft zusätzlich eine ungünstige Konstellation interagierender Determinanten wie z.b. Ernährung und Exposition gegenüber Kanzerogenen in der Umwelt, deren Einfluss sich nur schwer quantifizieren lässt.

2.5. Geographische Verteilung Lungenkrebs ist weltweit die häufigste Krebsform, aber die geographische Verteilung zeigt große regionale Unterschiede. Lungenkrebs tritt am häufigsten in entwickelten Ländern in Nordamerika und Europa auf und ist seltener in Entwicklungsländern, speziell in Südafrika und Südamerika. Während die Erkrankungshäufigkeit in den entwickelten Ländern abnimmt, nimmt sie in den Entwicklungsländern zu. Auch innerhalb der Länder schwankt die Lungenkrebshäufigkeit stark. Sie war in der Vergangenheit in großen Städten und in Industrieregionen besonders hoch, was zu der Annahme führte, dass die Luftverschmutzung hierfür verantwortlich sei. Die genauere Erforschung der Ursachen ergab, dass hierfür primär das regional stärkere Rauchen und die häufigere berufliche Exposition gegenüber Kanzerogenen verantwortlich waren und die Luftverschmutzung nur einen kleineren Beitrag leistete. Das gilt auch für Deutschland [11], [12]. 2.6. Überlebenswahrscheinlichkeit Die relative 5-Jahres-Überlebensrate mit Lungenkrebs wird in Deutschland mit etwa 15 % bei Männern und 18 % für Frauen angegeben [8]. Die 5-Jahres-Überlebensrate variiert in Abhängigkeit vom Stadium der Tumorerkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose. Aufgeschlüsselt nach dem Krankheitsstadium werden für die USA folgende 5-Jahres- Überlebenswahrscheinlichkeiten angegeben: Bei nur lokalem Befund überleben 49% der Patienten 5 Jahre, 16% bei regionaler Lymphknotenbeteiligung bzw. 2% bei Fernmetastasen [13]. In einer großen Screening-Studie mit low-dose CT bei 31.567 asymptomatischen Personen in den USA lag die 10-Jahres-Überlebensrate für Lungenkrebserkrankungen im klinischen Stadium I bei 88% (95% Konfidenzintervall: 84%-91%) [14]. Darüber hinaus wirken sich die Faktoren: höheres Lebensalter und männliches Geschlecht nachteilig auf die Überlebenswahrscheinlichkeit aus [13]. 2.7. Risikofaktoren In den folgenden Abschnitten werden verschiedene Expositionen dargestellt, die als Risikofaktoren zur Entstehung von Lungenkrebs beitragen. Als erstes werden die wissenschaftlich nachgewiesenen und der Öffentlichkeit bekannten Risikofaktoren: Rauchen, Passivrauchen, Ernährung, Radon und ionisierende Strahlung sowie partikuläre Luftverschmutzung und Dieselmotoremissionen beschrieben. Anschließend folgt eine Kurzdarstellung der beruflichen Lungenkarzinogene, deren Kausalzusammenhang zum Lungenkrebs als gesichert gilt. Die berufliche Exposition gegenüber Kanzerogenen wird für ca. 9-15% aller Lungenkrebsfälle verantwortlich gemacht. Die Latenzzeit liegt bei 30 bis 40 Jahren [15]. Demzufolge ist es notwendig, bei jedem Lungenkarzinompatienten eine umfassende Arbeitsanamnese zu erheben (s. Anamnesebogen im Anhang, der über das Internet abrufbar ist: www. ). Der begründete Verdacht auf eine Berufskrankheit ist gesetzlich meldepflichtig. Einen ersten Überblick über die relative Bedeutung der einzelnen Risikofaktoren gibt (Abb. 4)

Radon in Wohnungen Beruf Passivrauch Luftverunreinigung andere Faktoren (Genetik, Ernährung) Tabakrauch Abb.4: Bedeutung einzelner Risikofaktoren im Hinblick auf das Lungenkrebsrisiko [16]. 2.7.1. Rauchen Zigarettenrauch als Ursache von Lungenkrebs ist der alles überragende Risikofaktor, der bereits in den 1950er Jahren beschrieben wurde und dessen nachteiliger Einfluss in einer Vielzahl von Untersuchungen immer wieder belegt wurde. Der Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt von Zigarettenrauch ist über die letzten Dekaden in den meisten Ländern deutlich gefallen ohne dass dies das Krebsrisiko verringert hätte, ein klarer Hinweis darauf, dass die Einführung der leichten Zigarette keinen Beitrag zur Verminderung des Lungenkrebsrisikos leistet. Mehr als 100 epidemiologische Studien zum Lungenkrebsrisiko durch Aktivrauchen wurden durch die International Agency for Research on Cancer (IARC), die zur Welt- Gesundheitsorganisation gehört [17], neu bewertet. Die Ergebnisse der Risikobewertung lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Die Dauer des Rauchens ist der wichtigste Einflussfaktor. - Je früher man mit dem Rauchen beginnt und je länger man raucht, umso höher ist das Risiko. - Das Risiko steigt auch proportional zur Anzahl gerauchter Zigaretten. - Mit dem Rauchen aufzuhören senkt das Risiko. - Je früher man mit dem Rauchen aufhört, um so größer ist der Nutzen. - Der karzinogene Effekt des Rauchens ist für Männer und Frauen vergleichbar. - Rauchen erhöht das Risiko für alle histologischen Zelltypen. Im Jahr 2004 rauchten rund 32 Prozent der deutschen Bevölkerung im Alter von über 18 Jahren, etwa zwei Drittel der Raucher/innen greift täglich zur Zigarette. Zwar rauchen nach wie vor deutlich mehr Männer (36,5 Prozent) als Frauen (27 Prozent) in der

deutschen Erwachsenenbevölkerung, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben sich die Raucherquoten zwischen den Geschlechtern bedingt durch einen Zuwachs weiblicher Raucher jedoch weitgehend angeglichen. Nach wie vor nehmen deutsche Kinder und Jugendliche im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz beim Zigarettenrauchen ein, allerdings deutet sich mittlerweile ein Abwärtstrend an. Im Jahr 2007 rauchten 18 Prozent der männlichen und 17 Prozent der weiblichen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren. Das Durchschnittsalter, in dem Mädchen und Jungen ihre erste Zigarette rauchen, lag im Jahr 2005 zwischen dem 13. und 14. Lebensjahr [18]. In einer europäischen Studie [19] zeigt sich bei Männern für derzeitige Zigarettenraucher eine 24fach höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, als für lebenslange Nichtraucher. Ex-Raucher haben ein 7,5fach höheres Risiko. Die entsprechenden Risikoschätzungen für Frauen lauten 8,7 für Raucherinnen und 2 für Ex-Raucherinnen. Auch der Konsum von Zigarren, Zigarillo oder Pfeifentabak war mit einem signifikant erhöhten Lungenkrebsrisiko verbunden. Bei Männern lag das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, für einen Zigarren-/Zigarilloraucher bzw. Pfeifenraucher 8fach bzw. 9fach höher im Vergleich zum Nichtraucher [20]. Insgesamt sind in der EU 85% der Lungenkrebstodesfälle auf das Rauchen zurückzuführen (91% Männer, 65% Frauen) [21]. Überträgt man diese Anteile auf Deutschland, dann sterben jährlich 36.000 Personen (28.000 Männer, 8.000 Frauen) am Lungenkrebs durch Rauchen. 2.7.2. Passivrauchen Die IARC nahm auch eine zusammenfassende Wertung von mehr als 50 epidemiologischen Studien zu Lungenkrebs und Passivrauchen vor [9]. Die Meta- Analyse zeigt ein etwa 24% höheres Lungenkrebsrisiko für Frauen, die jemals einer Passivrauchexposition durch den Partner ausgesetzt waren, im Vergleich zu solchen, die nie exponiert waren. Für Männer liegt der Risikoschätzer bei 37%. Die meisten Studien, die auch die Dauer des Zusammenlebens mit einem Raucher oder die Anzahl der durch den Partner gerauchten Zigaretten in den Analysen berücksichtigt haben, zeigen ein erhöhtes Risiko in der höchsten Expositionskategorie [9], [22]. Meta-Analysen zur Passivrauchexposition in der Kindheit durch die Eltern zeigen ebenfalls einen Zusammenhang mit Lungenkrebs. Die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Passivrauchen in der Kindheit ist allerdings weniger konsistent als im Erwachsenenalter [9], [23]. [24]. Ein ähnliches Bild liefern die neuen Meta-Analysen zu Passivrauchen am Arbeitsplatz. Bei Frauen, die am Arbeitsplatz gegenüber Passivrauch exponiert waren, ist das Lungenkrebsrisiko um ca. 19% erhöht, bei Männern nicht-signifikant um 12%, allerdings war hier der Stichprobenumfang relativ klein [9]. Eine aktuelle Meta-Analyse zur Expositions-Wirkungs-Beziehung zwischen Lungenkrebs und Passivrauchen am Arbeitsplatz berichtet bei Personen, die sich viele Jahre in stark verrauchten Arbeitsräumen aufhielten, eine Verdopplung des Lungenkrebsrisikos [25]. Es ist anzunehmen, dass sich das Lungenkarzinomrisiko bei einer langjährigen, regelmäßig die gesamte Arbeitsschicht andauernden Exposition wie bei Arbeiten in Gaststätten, Bierlokalen und Diskotheken verdoppelt. Handelt es sich um lebenslange Nichtraucher mit unwesentlicher außerberuflicher Passivrauchexposition, so wäre eine Anerkennung über 9 Abs. 2 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) zu prüfen [26].

Die Einstufung von Passivrauchen als kausalen Risikofaktor für Lungenkrebs begründet sich wie folgt: - Das Lungenkrebsrisiko steigt offensichtlich mit steigender Exposition und ist in der höchsten Expositionskategorie signifikant erhöht. - Der Nachweis einer Risikoerhöhung erfolgte auf breiter epidemiologischer Basis unabhängig von Studienort oder design. - Die Risikoerhöhung entspricht ca. 260 Lungenkrebstodesfällen bzw. 280 Lungenkrebsneuerkrankungen pro Jahr [27]. 2.7.3. Ernährung Ernährungsgewohnheiten und ihr Einfluss auf das Lungenkrebsrisiko lagen im Fokus zahlreicher Untersuchungen mit der Hypothese, dass es vor allem die antioxidativen Bestandteile der Ernährung sind, welche den oxidativen Stress auf die DNA reduzieren und damit vor einer Krebserkrankung schützen. Am gründlichsten untersucht wurde die Frage, ob die Ernährung mit frischem Obst und Gemüse sowie mit spezifischen Bestandteilen (Betacarotinoide, Vitamin A, C und E, Selen, Flavinoide, Isothiocyanate) vor der Entwicklung von Lungenkrebs schützt. Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition Study zeigte z. B. eine starke Schutzwirkung durch die Nahrungsaufnahme von Früchten jedoch nicht von Gemüse [28]. Andere Studien belegen auch einen protektiven Effekt von Tomaten und verschiedenen Kohlarten [29]. Obwohl zahlreiche Studien vorliegen, ist eine gesicherte Aussage, ob eine Risikominderung durch die Art der Ernährung möglich ist, ausgesprochen schwierig. Im Gegensatz zum Rauchen sind Angaben zu den Ernährungsgewohnheiten bei Befragungen sehr unzuverlässig. Zudem hat die Ernährung wahrscheinlich nur einen schwachen Effekt auf die Kanzerogenese, der leicht durch ein residual confounding des Rauchens überdeckt wird. 2.7.4. Radon, radioaktive Strahlenquellen und Röntgenstrahlung Radon-222 ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas, das innerhalb der Zerfallsreihen langlebiger, in Gesteinen und Böden enthaltener Uran- und Thoriumnuklide entsteht. Der Hauptbeitrag zur natürlichen Strahlenexposition der Bevölkerung erfolgt durch die Inhalation des radioaktiven Radons, insbesondere in geologisch belasteten Regionen Deutschlands wie z. B. im Bayerischen Wald und im Erzgebirge oder auf Grund von beruflichen Tätigkeiten (Bergbau, Wasserwerke). Durch Übertritt des Radongases aus dem Gestein kann es zu erheblichen Konzentrationen in Innenräumen - bei Wohnungen vor allem im Keller und Erdgeschoss - kommen. Die Konzentration in der Außenluft ist deutlich geringer. Die Inhalation von Radon und seinen Zerfallsprodukten führt zu einer Exposition des Bronchialepithels durch die freigesetzte Alphastrahlung. Die Dosen für übrige Organe und Gewebe sind demgegenüber gering. Eine europäische Poolingstudie hat gezeigt, dass eine lineare Expositions-Wirkungs-Beziehung angenommen werden kann. Pro 100 Bq/m3 korrigierter Radonexposition kann von einem Anstieg des relativen Risikos um 16% ausgegangen werden [30]. Diese Datenlage macht Interventionen zur Senkung der

Radonexposition erforderlich [31]. In Deutschland beträgt die mittlere Radonkonzentration in Wohnungen 49 Bq/m³ und die mittlere Konzentration im Freien 9 Bq/m³. Bezogen auf die maximal vermeidbare Konzentration von 40 Bq/m³ ergibt sich ein Beitrag von 5% des Radons in Wohnungen zum Lungenkrebsrisiko, was 1896 Lungenkrebs-Todesfällen pro Jahr entspricht [32]. Sehr hohe Aktivitätskonzentrationen von Radon und seinen Zerfallsprodukten bestanden im Uranerzbergbau der Wismut AG in der ehemaligen DDR. Insbesondere während der sogenannten wilden Jahre von 1946 bis 1955 bestand eine sehr hohe Exposition gegenüber ionisierenden Alpha-Strahlen. Fast alle in Tab. 2 aufgeführten entschädigten BK-Fälle für ionisierende Strahlung (BK 2402) stammen aus der Gruppe der Beschäftigten der Wismut AG. Deutlich niedriger ist die Exposition für Berufstätige in Wasserwerken, Heilstollen und Radonbädern. Die medizinische Strahlenexposition und da vor allem die Röntgendiagnostik bewirken den höchsten Beitrag zur zivilisatorischen Strahlenexposition der Bevölkerung. Im Gesundheitswesen wurden bis in die 60er Jahre hinein teilweise veraltete Röntgengeräte eingesetzt, die auch zu einer erheblichen Personalbelastung führen konnten. Die medizinische Strahlenexposition heute liegt im statistischen Mittel in der gleichen Größenordnung wie die natürliche Strahlenexposition der Bevölkerung (ca. 2 msv/jahr). Epidemiologisch ist es bei kleinen Strahlendosen (<20 msv, Grenzwert für die effektive Dosis für beruflich strahlenexponierter Personen) nicht nachweisbar, dass das Mortalitätsrisiko durch Krebs erhöht wird. Das Mortalitätsrisiko bei einer mittleren Lungendosis von 1 msv/jahr wird heute kleiner als 1 pro 100.000 geschätzt. 2.7.5. Allgemeine Luftverunreinigungen / Feinstaub Ältere epidemiologische Studien aus den USA, Polen und Deutschland zeigen eine bis zu 1,5 fache Erhöhung des Relativen Risikos für Lungenkrebs in Regionen mit erhöhten Luftschadstoffkonzentrationen [16]. Mittlerweile ist klar, dass diese Erhöhung im Wesentlichen auf partikuläre Luftverunreinigungen zurückzuführen ist [33], [34]. In der Luft schwebende Partikel sind sehr heterogen sowohl im Hinblick auf ihre Entstehung als auch ihre chemische Zusammensetzung und Größe. Die wichtigste Quelle für Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser bis 2.5 µm (PM2.5) bzw. 10 µm (PM10) sind Verbrennungsprozesse in der Industrie, in Kohlekraftwerken und der Heizung von Haushalten und im Verkehr. PM2.5 ist an straßennahen Messstationen fast doppelt so hoch wie im städtisch-ländlichen Hintergrund. Insbesondere Dieselfahrzeuge verursachen hohe Emissionen aus feinen und ultrafeinen (<0,1 µm) Rußpartikeln. An ihre große Oberfläche sind organische Stoffe adsorbiert wie z.b. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Das gegenwärtige Wissen zum Zusammenhang zwischen der Mortalität bei Erwachsenen und der Langzeitbelastung durch Feinstaub basiert auf vier amerikanischen und zwei europäischen Kohortenstudien [34], [35], [36]. Am größten und wichtigsten ist die Studie der American Cancer Society, in der die Risikofaktoren und der Zeitpunkt sowie die Todesursache der Kohorte mit Immissionsdaten von bis zu 156 Ballungsräumen der USA verknüpft wurden [37]. Die Kohorte umfasste über 500 000 erwachsene Männer und Frauen, der Beobachtungszeitraum ging von 1982 bis 1998. Für die Sterblichkeit an Lungenkrebs war das relative Risiko für PM2.5 statistisch signifikant erhöht. Es erhöhte

sich um 14% bezogen auf eine Veränderung von 10 µg/m³ PM2.5. 2.7.6. Diesel-Motorabgase Bereits 1989 wurden Dieselabgase von der IARC als probably carcinogenic to humans (Group 2A) eingestuft [38, 38]. Es gibt umfangreiche epidemiologische Studien zum Lungenkrebs bei Bergarbeitern, LKW- und Busfahrern, Eisenbahnern und Bedienern schwerer Baumaschinen, aus denen sich deutliche Hinweise auf ein Lungenkrebsrisiko auch beim Menschen ergeben [39]. Die meisten dieser Studien - und ihre Metaanalysen [40] zeigen ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Dieselmotoremissionen sind eine komplexe Mischung von Hunderten von Substanzen in gasförmiger oder partikulärer Form. Für die Kanzerogenität der Dieselabgase im Tierversuch sind vor allem die Rußpartikel entscheidend. Dieselruß besteht aus feinen Partikeln, die eine hohe Anzahl ultrafeiner Partikel umfassen. Diese Partikel können tief in die Atemwege eindringen. Sie haben eine große Oberfläche, an die organische Stoffe leicht adsorbiert werden können. Die meisten Studien und alle Metaanalysen zeigen ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Personen, die beruflich gegenüber Dieselabgasen exponiert waren. In diesen Studien war die Tätigkeit in Berufen mit Exposition gegenüber Dieselabgasen mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko assoziiert, aber als Maß der Exposition war in den meisten Studien nur die Berufsbezeichnung und die Dauer der Tätigkeit am Arbeitsplatz verfügbar. Deshalb ist eine Quantifizierung des Lungenkrebsrisikos in Hinblick auf die Konzentration von Dieselruß nicht möglich. Insgesamt stellen Dieselabgase von allen Luftschadstoffen das größte (Lungen-) Krebsrisiko dar [41]. Bezogen auf die toxikologisch wichtigste Feinstaubquelle, die Dieselmotorabgase, ließen sich in Deutschland durch Rußfilter jährlich ca. 1100 bis 2200 Lungenkrebstodesfälle vermeiden [42].

2.7.7. Asbest Unter der Handelsbezeichnung Asbest werden 6 verschiedene faserige Silikatmineralien zusammengefasst. Relevant sind Chrysotil (Weißasbest), Amosit (Braunasbest) und Krokydolith (Blauasbest). Asbestfaserstaub besitzt eine fibrinogene und lokal tumorerzeugende Wirkung. Vor allem Fasern der Länge > 5 μm, einem Durchmesser < 3 μm und einem Länge-Durchmesser-Verhältnis > 3:1 gelten als hochgradig kanzerogen. Die kanzerogene Wirkung von Asbest war seit langem bekannt und wurde bereits 1943 in die Berufskrankheitenverordnung aufgenommen. Durch die lange Latenzzeit wurde eine Zunahme der asbest-assoziierten Lungenkarzinome erst 1975 mit 15 Fällen beobachtet. Danach erfolgte ein rascher Anstieg. Seit 1995 bleibt die Karzinomrate mit ca. 700 Fällen jährlich annähernd konstant. In Deutschland (BRD+DDR) stieg der Inlandsverbrauch für Rohasbest von 1948 bis 1965 steil auf ca. 244 000 Tonnen pro Jahr an und stagnierte bis etwa 1980 auf diesem Niveau. Die zu diesem Zeitpunkt verstärkt einsetzenden Substitutionsbemühungen führten zu einem Absinken der Verbrauchskurve auf ca. 100.000 t bis 1989. 1979 wurde in Deutschland die Verwendung von Spritzasbest verboten, ab 1982 wurden sukzessive Verwendungs- und später auch Herstellungsverbote für weitere Asbesterzeugnisse erlassen. Mit den Gefahrstoffverordnungen aus den Jahren 1990 und 1993 sowie der Chemikalienverbotsverordnung von 1993 wurde ein durchgängiges Verbot umgesetzt [43]. Die kumulative Asbestfaserstaubexposition wird in Faserjahren berechnet, ein Faserjahr entspricht einer arbeitstäglichen achtstündigen Einwirkung über ein Jahr von 1 Mio. Asbestfasern pro m³ [44]. Gefahrenquellen waren v. a. die Asbesttextilindustrie (Herstellung von Garnen, Geweben, Seilen), die Asbestzementindustrie (Herstellung von Platten, Rohren, Formstücken), die Bauindustrie (Verarbeitung von Asbestzementprodukten, asbesthaltigen Kitten, Spachtelmassen, Feuerschutzmaterialien), die chemische Industrie (Asbesteinsatz als Füllstoff für Farben und Dichtungsmassen, Kunstharzpressmassen, Thermoplaste, Gummireifen), die Isolier-Branche (Wärme-, Schall- und Feuerschutz), die Asbest- Papierindustrie (Asbestpapiere und Pappen) und die Reibbelagindustrie (asbesthaltige Brems- und Kupplungsbeläge) [44]. Die IARC stufte bereits 1973 Asbest als Humankanzerogen ein [45], [46]. 2.7.8. Künstliche Mineralfasern Die Gruppe der künstlichen Fasern, im angelsächsischen Sprachgebrauch auch als Man Made Mineral Fibers (MMMF) bezeichnet, ist heteromorph, da eine Fülle von Materialien Verwendung findet, z.b.: Metalle, Glas oder Produkte der Petrochemie. Beispiele sind: Glaswollen, Steinwollen und Schlackenwollen. Mit zunehmender Verwendung der synthetischen Fasern wurden auf der Basis von in vitro Untersuchungen an isolierten Zellen und tierexperimentellen Studien deutlich, dass diese Fasern eine inflammatorische und je nach der gewählten Expositionskonzentration, -dauer und dem Expositionsort auch eine kanzerogene Wirkung besitzen können. Ein erhöhtes kanzerogenes Potential konnte in tierexperimentellen Untersuchungen nach einer Faserinjektion in das Peritoneum, jedoch nicht nach inhalativer oder intratrachealer Faserapplikation nachgewiesen werden. Die durch die Faserstäube induzierten Entzündungsvorgänge sind kompliziert und die Bewertung der kanzerogenen Potenz der künstlichen Mineralfasern ist schwierig, da trotz der Vielzahl der durch experimentelle und epidemiologische Untersuchungen erzielten Ergebnisse noch keine definitiven

Schlussfolgerungen möglich sind. Die IARC stufte 2002 Spezialglaswollen und keramische Fasern in 2b, die übrigen künstlichen Mineralfasern in 3 ein [47]. Die MAK- Kommission bewertete Glasfaser- und Keramikfasern als K2-Stoffe (d.h. als Stoffe, die als krebserregend für den Menschen anzusehen sind), die übrigen als Stoffe der Kategorie 3b (d.h. als Stoffe, die wegen möglicher krebserregender Wirkungen beim Menschen Anlass zur Besorgnis geben). 2.7.9. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) Ursprünglich gab es in der Bundesrepublik Deutschland nur die BK Nr. 4110 Bösartige Neubildungen der Atemwege durch Kokereirohgase. Unter dem Ausdruck "Kokereirohgase" im Sinne dieser Berufskrankheit werden sowohl das so bezeichnete technische Produkt als auch Luftverunreinigungen verstanden, die beim Betreiben der Öfen, insbesondere beim Beschicken und Entladen der Kammern, aber auch aufgrund von Kammerundichtigkeiten am Ofenblock frei werden. Die Kokereirohgase enthalten eine Reihe krebserzeugender Substanzen. Von besonderer Bedeutung für bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen sind PAK-Gemische. Bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material entstehen zahlreiche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Der bekannteste Vertreter ist das Benzo(a)pyren. Es besteht eine erhöhte Sterblichkeit am Lungenkarzinom für Arbeiter in der Kohlegasproduktion. Expositionen gegenüber PAK-haltigem Steinkohlenteerpech finden sich bei Tätigkeiten als Dachdecker, Asphaltarbeiter, im Schwarzdeckenbau, als Schornsteinfeger, ferner bei der Herstellung technischer Ruße für die Automobilreifen- und Druckfarbenindustrie, bei der Herstellung von Holzschutz-, Extraktions- und Lösemitteln, bei der Herstellung von Kohlenstoffelektroden für die Aluminium- und Stahlerzeugung sowie von Kohlenstoff- Werkstoffen. Teere und Peche werden in der Feuerfestindustrie zum Herstellen hitzebeständiger Steine, in der Eisen-Hütten-Industrie sowie in der optischen Industrie bei der Linsenherstellung eingesetzt. Insbesondere beim Einsatz teer- bzw. pechhaltiger Materialien werden heute noch hohe Expositionen beobachtet. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Sektion "Berufskrankheiten" hat empfohlen, bei der nächsten Änderung der Berufskrankheitenverordnung folgende neue Berufskrankheit aufzunehmen: "Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo(a)pyren-Jahren ((µg/m3)xjahre)". Die IARC stufte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bezüglich ihrer Humankanzerogenität erstmals zwischen 1983 und 1985 ein [48], [49], [50] und bestätigte die Bewertung in 2006: Die Leitsubstanz Benzo[a]pyren wurde als K1-Stoff (d.h. sicher humankanzerogen) klassifiziert. Tätigkeiten in der Kohlevergasung, Koksproduktion und Steinkohleteerdestillation und verarbeitung und als Schornsteinfeger gelten entsprechend aufgrund der Exposition gegenüber Benzapyren als krebsgefährdend. Viele weitere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe sind in die Gruppen 2a bis 3 eingeordnet.

2.7.10. Chromate In der Literatur ist die krebserzeugende Wirkung der Chrom-VI-Verbindungen für Karzinome der Lunge gut belegt. Erstmals wurde 1932 über ein vermehrtes Auftreten von Lungenkarzinomen bei Beschäftigten in der Chromatproduktion berichtet. Der Chromatlungenkrebs wurde bereits 1936 in die Berufskrankheitenverordnung aufgenommen. Expositionen sind in der Chromatproduktion, bei der Verchromung, in der Chrom- Nickel-Stahlproduktion, in Gerbereien, bei der Herstellung von Chromatpigmenten und beim Schweißen von Chrom-Nickel-Stahl gegeben. Zinkchromat-Verbindungen können in gelben, orangenfarbigen und roten Farbpigmenten und in Korrosionsschutzanstrichen enthalten sein und können v. a. bei Verwendung des Spritzverfahrens als Aerosole eingeatmet werden. Die MAK-Kommission hat Zinkchromat als krebserzeugend beim Menschen eingeordnet, weitere wasserlösliche 6-wertige Chromverbindungen als krebserzeugend im Tierversuch. Die IARC hat 1990 alle Chrom-VI-Verbindungen als humankanzerogen bewertet [50]. 2.7.11. Siliziumdioxid, kristallin Die Erkenntnisse aus Studien bei Tier und Mensch veranlassten die IARC, Quarz als "krebserregend für den Menschen" einzustufen [51]. Auch durch die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde 1999 die krebserzeugende Wirkung von "Siliziumdioxid, kristallin - Quarz-, Cristobalit-, Tridymitstaub (alveolengängiger Anteil - identisch mit der älteren Definition Feinstaub - Formel SiO2)" nach Kategorie 1 als für den Menschen gesichert krebserzeugend eingestuft. Nach Adjustierung auf die Rauchgewohnheiten als wichtigstem "Confounder" zeigt sich in Metaanalysen, dass sich das Lungenkrebsrisiko beim Vorliegen einer Silikose sowohl für Nichtraucher als auch für Raucher im Mittel um mehr als das Zweifache erhöht. Für den Erzbergbau, die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein, die keramische Industrie, Silikat- und Tonsteinindustrie, die Aufbereitung und den Umschlag von Kieselalgenprodukten und die Gießereiindustrie wurden epidemiologisch solche Überhäufigkeiten von Lungenkrebs beobachtet. Die Datenlage zum Lungenkrebsrisiko von Steinkohlenbergleuten ist noch uneinheitlich, so dass diese derzeit vom Geltungsbereich der Nr. 4112 Anl. BKV ausgenommen sind. 2.7.12. Arsen Arsen wurde bereits 1973 von der IARC als Humankanzerogen eingestuft [45], [52] auch von der MAK-Kommission wurde es als K1 Stoff (d.h. sicher humankanzerogen) bewertet. Die Aufnahme von Arsen kann sowohl oral als auch inhalativ erfolgen. Früher waren Expositionen im Weinbau, bei der Herstellung, Verpackung und Anwendung arsenhaltiger Insektizide, bei der Arsengewinnung und bei der Kupferschmelze, beim Glasschmelzen und durch arsenhaltige Bestandteile von Antifoulingfarben möglich. Ferner gab es beim Uran-Abbau in der ehemaligen DDR (Wismut AG) zwischen 1946 und 1955 teilweise beachtenswerte Arsen-Expositionen.