Elektronische Rechnung und Archivierung 15. März 2007 CeBIT 2007, Hannover Dr. Astrid Auer-Reinsdorff Rechtsanwältin, Berlin Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 1
Vorsteuerabzug Rechnung = Kernelement des Mehrwertsteuersystems Anforderungen ergeben sich aus: Umsatzsteuergesetz (UStG) und Umsatzsteuer-DurchführungsVO (UStDV) EU-Rechnungsrichtlinie 2001/115/EG Stellungnahme zur Umsetzung: BMF-Schreiben 29.01.04 IV B 7 S 7280 19/04 Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU): BMF-Schreiben 16.01.01 IV D 2 S 0316 136/01 Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS): BMF-Schreiben 07.11.95 IV A 8 S 0316 52/95 Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 2
Ausstellung von Rechnungen 14 UStG: (1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers auf elektronischem Wege zu übermitteln. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 3
Ausstellung von Rechnungen auf Papier Übersendung per Post / per Fax nur von Standard-Fax an Standard-Fax auf elektronischem Wege: Übersendung per Email / per Fax unter Einbeziehung mindestens eines Computer-Telefax / Fax-Servers oder per EDI Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 4
Elektronische Rechnungen 1. Elektronische Übermittlung 2. Dokumentation des Verfahrens 3. Aufbewahrung der elektronischen Rechnung Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 5
Elektronische Rechnungen Elektronische Übermittlung erfordert: Zustimmung des Empfängers Elektronische qualifizierte Signatur (mit Anbieter- Akkreditierung) zur Sicherstellung der Echtheit der Herkunft und der Unversehrtheit des Inhalts ( 2 Nr. 3 und Nr. 15 SigG) Dokumentation des Verfahrens nach Signaturgesetz ( 145 AO) Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 6
Zustimmung des Empfängers Keine strengen Anforderungen: konkludente Zustimmung Rahmenerklärung Nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) tatsächliche Praxis = stillschweigende Zustimmung Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 7
Elektronische Signatur Möglichkeiten: Signatur mit Pseudonym Massensignaturverfahren Rechnungszusammenfassung bei einem Empfänger Erstellung und Übermittlung durch einen Dritten Nach GDPdU vorgeschriebene Prüfung kann auf einen Dritten übertragen werden Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 8
Elektronische Signatur Erstellung und Übermittlung durch einen Dritten: Signaturinhaber sind immer natürliche Personen Signaturzertifikate können Attributzertifikate ausweisen, d.h. Zugehörigkeit zu einem Unternehmen, Handlungsvollmachten, Beschränkungen z.b. geldmäßige Volumenbegrenzung, Einsatzzweck wie z.b. Signieren von Rechnungen Prüfung des Verfahrens beim Dritten ( 93 ff. AO) Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 9
Elektronische Signatur Prüfung und Aufbewahrung durch einen Dritten: Nach GDPdU vorgeschriebene Prüfung kann auf einen Dritten übertragen werden Vorlage der Rechnung an das Finanzamt als Papierausdruck nur vorläufiger Nachweis auf Auforderung muss der Nachweis der Einhaltung der Anforderungen nach 14 Abs. 3 UStG nachgewiesen werden; Lesbarkeit für die Archivierungsdauer Auswertbarkeit nach Suchkriterien bei elektronischen Rechnungen nach GDPdU Online-Zugriff / vollständige Fernabfrage durch das Finanzamt, wenn Aufbewahrungsort im Ausland Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 10
Elektronische Rechnungen Aufbewahrung erfordert: Doppel beim Aussteller Archivierung zehn Jahre ab dem Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Rechnung ausgestellt wird, es sei denn der Ablauf der Festsetzungsfrist nach 147 Abs. 3, Satz 3 AO) ist zu einem späteren Zeitpunkt Aufbewahrung des Nachweises über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten (Signatur-Verifizierung) Aufbewahrungsverfahren auf Speichermedien muss den GoBS entsprechen Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 11
IT-Sicherheit ist Führungsaufgabe und Aufgabe der Unternehmensleitung. GDPdU ist Teil der IT-Sicherheit. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 12
Digitale Archivierung steuerliche Vorschriften handelsrechtliche Anforderungen Beweismittel für Haftungsfragen datenschutzrechtliche Regelungen branchenspezifische Gesetze Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 13
Archivierung von Emails Müssen E-Mails aufgrund der GDPdU archiviert werden? Die offizielle Antwort: E-Mails, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind nach den allgemeinen Vorschriften des 147 AO aufzubewahren. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 14
Archivierung von Emails Frage: Was ist für die Besteuerung von Bedeutung? Steuerlich relevant sind Daten immer dann, wenn sie für die Besteuerung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können. Nach den GDPdU ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, die steuerrelevanten Daten von anderen abzugrenzen. und das ist das Problem in der Praxis Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 15
Archivierung von Emails Wie ermittle ich steuerlich relevante Daten? Keine allgemein gültige Definition Verantwortung beim Steuerpflichtigen Pflicht zur Abgrenzung von anderen Daten, die aus z.b. datenschutz- oder berufsrechtlichen Regelungen nicht von der Finanzverwaltung eingesehen werden dürfen Handelsrechtliche Archivierungspflichten beachten Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 16
Rechtliche Grundlagen der elektronischen Steuerprüfung Art. 7 und 8 Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl. 2000 Teil I S. 1433) dadurch geänderte 146 ff AO, 200 Abs. 1 AO BMF-Schreiben vom 16.07.2001 Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) (BStBl. 2001 I S. 415) BMF-Schreiben vom 07.11.1995 Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) (BStBl. 1995 I S. 738) www.bundesfinanzministerium.de Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 17
GdPDU Nach 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellte Buchführung des Steuerpflichtigen durch Datenzugriff zu prüfen. Neue Prüfungsmethode tritt neben die Möglichkeit der herkömmlichen Prüfung Recht auf Datenzugriff nur im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 18
Umfang der Außenprüfung Sachlicher Umfang der Außenprüfung ( 194 AO) wird nicht erweitert; er wird durch die Prüfungsanordnung ( 196 AO, 5 BpO) bestimmt. Gegenstand der Prüfung sind nur die nach 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 19
Datenzugriff Das Recht auf Datenzugriff beschränkt sich ausschließlich auf Daten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (steuerlich relevante Daten). Daten sind immer dann steuerlich relevant, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Grundsätzlich wird im Einzelfall entschieden werden müssen. Sicherlich dazugehörend: Daten der Finanzbuchhaltung, der Anlagenbuchhaltung und der Lohnbuchhaltung. Aber auch in anderen Bereichen des Datenverarbeitungssystems befindliche steuerlich relevante Daten (Verträge, Lieferscheine, Korrespondenz u.a.). Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 20
Datenzugriff Stellt sich nachträglich heraus, dass nicht sämtliche steuerrelevanten Daten als solche erkannt wurden und dem Datenzugriff unterworfen wurden, kann ein nachträglicher Zugriff auf die unzutreffend qualifizierten Daten verlangt werden. Grenze: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 21
Datenzugriff Unmittelbarer Datenzugriff (Z1): Nur-Lesezugriff unmittelbar auf das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen. Mittelbarer Datenzugriff (Z2): Die Daten müssen entsprechend der Vorgaben des Prüfers maschinell ausgewertet werden, um den Nur- Lesezugriff durchführen zu können. Datenträgerüberlassung(Z3): Die gespeicherten Unterlagen werden dem Prüfer auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Auswertung überlassen. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 22
Datenträgerüberlassung Bei der Datenträgerüberlassung sind dem Prüfer die gespeicherten steuerlich relevanten Daten samt aller zur Auswertung notwendigen Informationen wie Formatangaben, Dateistruktur, Felddefinitionen und Verknüpfungen (beispielsweise zwischen den einzelnen Feldern der eingesetzten Datenbank) in maschinell verwertbarer Form zu überlassen. Und zwar auch dann, wenn sich die Daten bei einem mit der Buchhaltung beauftragten Unternehmen befinden oder von einem Rechenzentrum zentral Archivierungsdatenträger erstellt und versandt werden. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 23
Vorgehensweise Die Prüfungsdienste sind nicht berechtigt, Daten zwecks Sicherung oder späterer Weiterverarbeitung von den betrieblichen DV-Systemen herunterzuladen oder Kopien von Datensicherungen vorzunehmen. Entscheidet sich der Prüfer für eine Datenanalyse mit Hilfe der Prüfsoftware, müssen die dazu erforderlichen steuerlich relevanten Daten vom Unternehmen auf einem maschinell lesbaren Datenträger bereit gestellt und dem Prüfer übergeben werden. Aufatmen! Dem Prüfer ist es nicht erlaubt, sich mit Hilfe der Prüfsoftware ohne Kenntnisse und Einflussnahme des Unternehmens Zugriff auf nicht steuerrelevante Daten zu verschaffen. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 24
Emails und das Handelsrecht 257 HGB mit der Überschrift Aufbewahrung von Unterlagen, Aufbewahrungsfristen Jeder Kaufmann ist verpflichtet, u.a. empfangene Handelsbriefe aufzubewahren. Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 25
Emails und das Handelsrecht Ein Handelsgeschäft betreffen beispielsweise Aufträge, Auftragsbestätigungen, Verträge, Rechnungen, Reklamationsschreiben und Zahlungsbelege. Nicht zu einem Handelsgeschäft gehören beispielsweise Werbesendungen, Prospekte, Angebote, wenn diese nicht zu einem Abschluss eines Handelsgeschäfts geführt haben, sowie weiteres eingehendes Informationsmaterial. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 26
Emails und das Handelsrecht Der Gesetzgeber verlangt eine geordnete Aufbewahrung der Unterlagen, schreibt aber kein bestimmtes Ordnungssystem vor. Für Handelsbriefe gilt gem. 257 Abs. 4 eine 6- jährige Aufbewahrungsfrist. Die Aufbewahrungspflicht beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Handelsbriefe abgesandt oder empfangen worden sind. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 27
Ausgangs-Emails und das Handelsrecht Nach 238 Abs. 2 HGB hat ein Kaufmann die Verpflichtung, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe zurückzubehalten. Als Handelsbriefe gelten sämtliche Schriftstücke, die der Vorbereitung, Durchführung und dem Abschluss oder der Rückgängigmachung eines Geschäfts dienen. Schwierigkeit: Filterung Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 28
Systemwechsel in der IT-Infrastruktur Bei Migrationen sicherstellen, dass die Anforderungen der GDPdU beachtet werden. Nur Format der Daten darf umgesetzt werden, eine inhaltliche Änderung der Daten ist nicht zulässig. Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 29
Betriebsübernahmen Übernahme eines Betriebes hat auf die Pflichten zur Aufbewahrung prüfungsrelevanter Daten keinen Einfluss. Erwerber muss diese Pflichten im Zuge einer Gesamtrechtsnachfolge erfüllen. Aufbewahrungspflichten bezüglich Altdaten Organisatorische und vertragliche Absicherung notwendig Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 30
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Erfolg! Dr. Astrid Auer-Reinsdorff Vorsitzende davit www.dr-auer.de Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 31
Vertrauen ist gut, Anwältin ist besser! Dr. Astrid Auer-Reinsdorff 2007 32