Entstehung von Bettlägerigkeit in der institutionellen Langzeitpflege

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Transkript:

Entstehung von Bettlägerigkeit in der institutionellen Langzeitpflege Einflüsse auf die zunehmende Immobilisierung älterer Menschen Vortrag im Rahmen des Geriatriekongresses 2013 Alter(n)-Chance und Herausforderung, 23.03.2013 Mag. Sabine Schrank Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer Institut für Pflegewissenschaft Universität Wien Hon.-Prof. Mag. Dr. Angelika Zegelin Institut für Pflegewissenschaft Universität Witten Herdecke

Hintergrund Bewegung zentrales Grundbedürfnis des Menschen Verlust der Mobilität birgt schwerwiegende Folgen für Leben und Lebensgestaltung Bettlägerigkeit - Alltagsproblem der Pflege Folgen (körperliche, soziale, psychische ) vielfach noch immer verkannt Zunehmende Immobilisierung oftmals Normalität 2

Prozess der allmählichen Immobilisierung Der Prozess des Bettlägerigwerdens (Zegelin, 2005) Instabilität Bewegung mit Stock oder Rollator Ereignis Klinikaufenthalt bzw. Sturz, Heimeinzug Immobilität Rollstuhl/Sessel, evtl. wenige Schritte wichtig Ortsfixierung Schleichende Beschränkung auf Ort ohne eigenen Bewegungsradius Bettlägerigkeit In einer strikten Form steht der Mensch überhaupt nicht mehr auf (24h/Tag im Bett) Abbildung 1: Der Prozess des Bettlägerigwerdens nach Zegelin, 2005 (eigene Darstellung) 3

Phasen der Ortsfixierung Leichte Form Bewegung in weiten Teilen selbstständig Hilfe beim Transfer notwendig Mittelschwere Form Kurze Strecken mit Rollstuhl selbst Bewegungsradius eingeschränkt Schwere Form Überwiegende Zeit des Tages an einem Ort ohne Möglichkeit der Fortbewegung Abbildung 2: Phasen der Ortsfixierung nach Zegelin, 2005 (eigene Darstellung) 4

Phasen der Bettlägerigkeit Leichte Form Ungefähr 4-5 Stunden außerhalb des Bettes in Rollstuhl/ Sessel sitzend Mittelschwere Form Verlassen des Bettes für kurze Handlungen (Ausscheidung, Körperpflege, Essen ) Schwere Form Überhaupt kein Verlassen des Bettes mehr 24Stunden/Tag im Bett Abbildung 3: Phasen der Bettlägerigkeit nach Zegelin, 2005 (eigene Darstellung) 5

Prävalenz von Immobilität Prävalenzerhebung zur Bettlägerigkeit und Ortsfixierung eine Pilotstudie Kooperationsprojekt Teilunternehmung Geriatriezentren u. Pflegewohnhäuser der Stadt Wien mit sozialmedizinischer Betreuung & Institut für Pflegewissenschaft Studienziel: Schaffung erster Datenbasis auf Verbreitung der Phänomene Ortsfixierung & Bettlägerigkeit Mögliche Einflussfaktoren auf deren Entstehung zu identifizieren Studiendesign: Vollerhebung in allen im Jahr 2011 bestehenden 12 Einrichtungen (n=3054) Quantitative Querschnittsstudie mittels standardisierten Fragebogen Schrank, S.; Zegelin, A.; Mayer, H. & Mayer, H. (2013) Prävalenzerhebung zur Bettlägerigkeit und Ortsfixierung eine Pilotstudie. Pflegewissenschaft, 04 /13, 230 238. 6

Prozent Prozent 2 von 3 BewohnerInnen sind ortsfixiert Jede/r zweite/r Bewohner/in ist bettlägerig Prävalenz Ortsfixierung Prävalenz Bettlägerigkeit 70 60 61,8 60 50 49,8 50 42,8 40 40 30 20 10 9,5 9,5 30 20 10 19,1 7,9 22,8 0 0 Schrank, S.; Zegelin, A.; Mayer, H. & Mayer, H. (2013) Prävalenzerhebung zur Bettlägerigkeit und Ortsfixierung eine Pilotstudie. Pflegewissenschaft, 04 /13, 230 238. 7

Einflussfaktoren auf zunehmende Immobilisierung Qualitatives Case Study Design ( ) is an empirical inquiry that investigates a contemporary phenomenon in depth and within its real-life context ( ) (Yin 2009,18) Retrospektive Fallrekonstruktionen des Mobilitätsverlaufs an ausgewählten BewohnerInnen Erhebungsmethoden: teilnehmende Beobachtungen, Interviews, Analyse der Pflegedokumentationen 8

Erste Impressionen teilnehmender Beobachtungen Einstellung zur Mobilität Starre Organisationsstrukturen Räumliche Gegebenheiten Geringe Priorität Mobilität Transfer Situationen Fehlende Anreize Zunehmende Immobilisierung Abbildung 8: Erste Einflussfaktoren auf die Entstehung von Ortsfixierung und Bettlägerigkeit 9

Praktische Relevanz & Implikationen für die Pflege Entstehung von Bettlägerigkeit ist ein multifaktorielles Phänomen Bewusstseinsänderung Normales Altern trotz altersbedingter Einschränkungen unterstützen Beitrag zur Prävention von Pflegebedürftigkeit 10

Kontakt: sabine.schrank@univie.ac.at Tel: 01/ 4277 498 17 Institut für Pflegewissenschaft www.univie.ac.at/pflegewissenschaft 11