Grundsatzpapier zur Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung

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Transkript:

Grundsatzpapier zur Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung Den funktionalen Analphabetismus in Deutschland verringern und das Grundbildungsniveau erhöhen I. Präambel Vor dem Hintergrund der deutlichen Ergebnisse der leo.- Level-One Studie zur Größenordnung des funktionalen Analphabetismus Erwachsener in Deutschland haben Bund und Länder im Jahr 2011 die Initiative zu einer gemeinsamen "Nationalen Strategie zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener in Deutschland (2012 bis 2016)" ergriffen. Dieser Strategie haben sich unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen angeschlossen: der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung, der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Volkshochschul-Verband, das Kommissariat der deutschen Bischöfe, die Stiftung Lesen, die Bundesagentur für Arbeit, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Die Zusammenarbeit der Partner 1 hat erreicht, dass das Thema Alphabetisierung und Grundbildung in die Breite getragen und auf Bundes-, Landes- und regionaler (kommunaler) Ebene zunehmend verankert wurde. "Jetzt gilt es, Erreichtes zu transferieren, zu verstetigen und auszubauen, Netzwerke und Kooperationen zu verdichten und neue Initiativen zu entwickeln", heißt es im Umsetzungsbericht von 2015 über die gemeinsame "Nationale Strategie". Mit Überführung der Nationalen Strategie in eine Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016 bis 2026 wollen die Strategiepartner ihren Willen unterstreichen, diese positive Entwicklung zu intensivieren und auszubauen, weitere Handlungsfelder zu beschreiten und zusätzliche Kooperationspartner zu gewinnen. Die gemeinsame Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung (Nationale Dekade) ist von Bund und Ländern am Weltalphabetisierungstag 2015 (8. September 2015) vorgestellt worden. Mit dieser Initiative stehen Alphabetisierung und Grundbildung oben auf der bildungspolitischen Agenda: 1 Zur besseren Lesbarkeit werden in dieser Vereinbarung personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen und Männer beziehen, generell in der männlichen Form angeführt. 1

Bund und Länder wollen gemeinsam mit den Partnern der Nationalen Strategie und allen interessierten gesellschaftlichen Kräften in den kommenden zehn Jahren dafür eintreten, dass der funktionale Analphabetismus Erwachsener in Deutschland spürbar verringert und das Grundbildungsniveau erhöht werden. Sie rufen alle dafür relevanten gesellschaftlichen Gruppen dazu auf, ein breites Bündnis zu schließen. Nur gemeinsam wird es möglich sein, die Menschen für dieses lange verdrängte Thema zu sensibilisieren, allen Betroffenen in Alltag und Beruf neue Chancen zu vermitteln sowie wichtige Impulse und neue Möglichkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen. Ausgangspunkt für alle weiteren Maßnahmen und Initiativen ist die gemeinsame Überzeugung, dass Alphabetisierung und Grundbildung die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben, für lebenslanges Lernen sowie für gesellschaftliche und berufliche Teilhabe sind. Der Erwerb ausreichender Grundbildung einschließlich der Lese- und Schreibkompetenzen sowie deren Verbesserung im Erwachsenenleben erhöhen die Chancen, alltägliche Aufgaben selbständig zu bewältigen, die gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern und sich beruflich zu qualifizieren. Für alle Beteiligten ist es eine wichtige Aufgabe, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, die durch Bildungsangebote ihre Schreib- und Lesekompetenzen verbessern könnten. Unternehmen erhalten durch eigene oder externe Alphabetisierungs- und Grundbildungsangebote die Möglichkeit, geringqualifizierte Arbeitnehmer fortzubilden, sie so auf Veränderungen der Arbeitswelt, insbesondere auf eine stärkere Digitalisierung, vorzubereiten und damit einem Fachkräftemangel vorzubeugen. Darüber hinaus ist es erforderlich, dem funktionalen Analphabetismus präventiv zu begegnen sowie eine möglichst breite Öffentlichkeit und die zentralen politischen und gesellschaftlichen Akteure für das Problem zu sensibilisieren und zum Handeln zu motivieren. Der Begriff der Grundbildung soll Kompetenzen in den Grunddimensionen kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe bezeichnen, darunter: Rechenfähigkeit (Numeracy), Grundfähigkeiten im IT-Bereich, Gesundheitsbildung, Finanzielle Grundbildung, Soziale Grundkompetenzen. Grundbildung orientiert sich somit an der Anwendungspraxis von Schriftsprachlichkeit im beruflichen und gesellschaftlichen Alltag, wobei die Vermittlung von Alltagskompetenzen immer auch in der Verbesserung sinnverstehenden Lesens und Schreibens mündet. Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung stellt für Erwerbstätige eine mittlerweile vielfach erprobte Möglichkeit nachhaltiger Verbesserung der Grundkompetenzen dar. 2

II. Gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern Die Nationale Dekade wird von Bund und Ländern in vertrauensvoller Zusammenarbeit gemeinsam verantwortet. Die föderale Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ist die Richtschnur für die Zusammenarbeit. Bund und Länder werden in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen geeignete Maßnahmen und Initiativen ergreifen. Die Federführung innerhalb der Bundesregierung trägt das BMBF, das mit weiteren fachlich einzubeziehenden Bundesressorts eng zusammenarbeitet. Die Länderbeteiligung wird über den Arbeitskreis Weiterbildung der Kultusministerkonferenz organisiert. III. Die Partner der Nationalen Dekade Im Rahmen der Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung" wird ein Bündnis von Bund und Ländern sowie gesellschaftlicher Gruppen als Partner zur Förderung der Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener in Deutschland geschlossen. Die Partner erklären ihre Bereitschaft, an der Gestaltung und Zielerreichung der Nationalen Dekade mit zu wirken. Auch neue Partner sind eingeladen, die Nationale Dekade mit zu gestalten. Die Partner wirken zusammen, um dem gesamtgesellschaftlichen Problem des funktionalen Analphabetismus mit einem breiten Bündnis zu begegnen. Sie verpflichten sich, innerhalb ihrer jeweiligen Organisationen sowie in der Öffentlichkeit für die Dekadeziele zu werben. Bund, Länder und Partner arbeiten bei der Ausgestaltung der Nationalen Dekade in einem Kuratorium und in einer jährlichen Dekadetagung auf der Grundlage eines zu erarbeitenden Arbeitsprogramms zusammen. Das Arbeitsprogramm orientiert sich an den Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen der Dekade. Die Koordinierungsstelle Dekade für Alphabetisierung legt den Entwurf des Arbeitsprogramms vor, über den sich Bund und Länder abstimmen. Das Kuratorium, in dem Bund, Länder und die Dekadepartner vertreten sind, berät das Arbeitsprogramm. Der Wissenschaftliche Beirat nimmt an den Sitzungen des Kuratoriums teil. Bund und Länder beschließen in der Folge das Arbeitsprogramm, das regelmäßig fortgeschrieben wird. In einer Dekadetagung kommen die Mitglieder des Kuratoriums und weitere Partner zusammen. Während der Dekadetagung wird die Umsetzung des Arbeitsprogramms beraten. Zur Bearbeitung der thematischen Schwerpunkte des Arbeitsprogramms können Arbeitsgruppen mit Vertretern der Partner und Kompetenznetzwerke mit externen Experten eingerichtet sowie Fachveranstaltungen organisiert werden. In diese Aktivitäten werden neue Partner der Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung einbezogen, insbesondere aus den Bereichen Arbeit, Wirtschaft und Soziales, Familie, Jugend und Schule, Gesundheit, Sport und Kultur. 3

Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates werden vom Bund in Abstimmung mit den Ländern berufen. Er trägt mit seiner wissenschaftlichen Expertise zur Gestaltung der Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung bei und berät die Gremien. Die Koordinierungsstelle Dekade für Alphabetisierung wird vom BMBF eingerichtet und übernimmt die Geschäftsführung der Dekade. Sie arbeitet mit den Koordinierungsstellen der Länder zusammen. IV. Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen Bund und Länder stimmen mit ihren Dekadepartnern in folgenden Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen überein, die gemeinsam sowie innerhalb der jeweiligen Institutionen und Organisationen verfolgt werden sollen: 1. Kompetenzen verbessern: Angestrebt wird, dass sich die Lese- und Schreibkompetenzen sowie das Grundbildungsniveau Erwachsener in Deutschland durch erhöhte Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen nachhaltig verbessern. Die leo.- Level-One Studie von 2011 hat ergeben, dass 14 Prozent der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren als funktionale Analphabeten gelten müssen, das sind hochgerechnet 7,5 Millionen Erwachsene. Die Anstrengungen zur Alphabetisierung und Grundbildung beziehen sich zunächst auf Erwachsene mit Deutsch als Muttersprache, die laut der Leo-Studie 58 Prozent der Betroffenen ausmachen, sowie auf länger in Deutschland lebende Migrantinnen und Migranten. Auf mittlere Sicht sollen auch Geflüchtete adressiert werden. Hier wird im Laufe der Dekade die Entwicklung geeigneter didaktischer Methoden und Materialien angestrebt, die ab einem bestimmten Sprachniveau für alle Teilnehmenden gleichermaßen eingesetzt werden können. 4 2. Öffentlichkeitsarbeit verstärken: Ein zentrales Ziel der gemeinsamen Aktivitäten ist, die allgemeine Öffentlichkeit ebenso wie das unmittelbare Umfeld Betroffener noch stärker für die Bedeutung und Notwendigkeit von Alphabetisierung und Grundbildung zu sensibilisieren, das teilweise noch vorhandene Tabu aufzubrechen und gegen Vorurteile anzugehen. Dies ist Voraussetzung dafür, sowohl die Bereitschaft von Verwandten, Freunden und Kollegen für eine Unterstützung Betroffener als auch deren Motivation für eine Teilnahme an Lernangeboten zu erhöhen. Dazu gehört, das Problem grundsätzlich überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, die Situation Betroffener anzuerkennen und sich für Verbesserungen einzusetzen. Hier muss in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ein Umdenken einsetzen, zum Beispiel in Behörden, in Unternehmen, in Vereinen. In der Dekade sollen gemeinsam unterschiedliche Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit sowie der wirksamen Ansprache Betroffener eingesetzt werden, um dieses Umdenken voranzubringen. Hierbei ist die Einbeziehung prominenter "Botschafter" besonders hilfreich. Die Möglichkeiten für einen ersten Kontakt und eine erste Beratung für Betroffene und ihr Umfeld sollen verbessert und neue Zugangswege identifiziert werden. Ein gemeinsames Internetportal www.alphadekade.de soll als Plattform für Information und Erfahrungsaustausch fungieren.

3. Forschung ausbauen: Die Dekadepartner stimmen darin überein, die Forschungslage zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener insgesamt verbessern zu wollen. Dabei geht es insbesondere um folgende Themen: - Ursachen und Verbreitung des funktionalen Analphabetismus innerhalb einzelner Bevölkerungsgruppen - die Prävention von funktionalem Analphabetismus - die Lernhemmnisse, Lernmotivation, lernfördernde Maßnahmen und Erreichbarkeit von funktionalen Analphabeten - die jeweils geeignete Didaktik in den Lernangeboten je nach Zielgruppe - geeignete Didaktik für gemeinsame Lernangebote für Menschen mit der Erstund Zweitsprache Deutsch - die Evaluierung der Lernangebote - die Erforschung der Wirksamkeit einzelner Projekterfahrungen für eine breite Umsetzung vor Ort. 4. Lernangebote erweitern: Gemeinsames Ziel ist es, neue Lernangebote zu entwickeln und bewährte Ansätze aus bisherigen Förderschwerpunkten zu verbreiten. Die Dekadepartner streben gemeinsam an, konkrete Lernangebote für unterschiedliche Zielgruppen in Verbindung mit anderen Grundbildungsbereichen (zum Beispiel zu den Themen Finanzen, Gesundheit, Politik etc.) zu entwickeln und auszubauen sowie dafür geeignete Formen der Ansprache einzusetzen. Die Initiativen und Maßnahmen guter Praxis zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener aus bisherigen Förderschwerpunkten sollen weitergeführt und in die Breite getragen werden. Als Schwerpunkt dieser Lernangebote bietet sich nach den bisherigen Erfahrungen und Ergebnissen zum einen die arbeitsplatzorientierte Grundbildung an. Zum anderen sollen informelle und niederschwellige Lernangebote sowie Formen des selbstorganisierten Lernens, insbesondere auch unter Nutzung neuer digitaler Instrumente verstärkt einbezogen werden. Darüber hinaus sollen auch Konzepte zur Evaluation und zur Lernerfolgskontrolle entwickelt sowie weitere Unterrichtsmaterialien ausgearbeitet und verbreitet werden. 5 5. Personal von Weiterbildungsanbietern professionalisieren: Die Dekadepartner stimmen darin überein, dass als Voraussetzung für die angestrebte hohe Qualität der Lernangebote eine entsprechend gute Qualifizierung des Bildungspersonals erforderlich ist. Die Qualifizierung des in der Alphabetisierung und Grundbildung von Erwachsenen tätigen Lehrpersonals bezüglich erwachsenengerechter Lehr-und Lernmittel und neuer Ansätze der Didaktik und Methodik soll deshalb ausgebaut werden. Dabei soll die Ausrichtung an Mindeststandards geprüft werden. Die Umsetzung von Lernangeboten soll sich noch stärker als bisher an konkreten Bedarfslagen erwachsener funktionaler Analphabeten orientieren. Dazu sind Dozentinnen und Dozenten/Kursleitende zu qualifizieren. Insbesondere geht es um einen verbesserten Umgang mit heterogenen Lerngruppen sowie eine verstärkte Binnendifferenzierung im Unterricht. Der Ausbau der Qualifizierung von Lehrkräften soll durch Forschungsergebnisse sowie den Austausch von Best-Practice-Beispielen begleitet und unterstützt werden. Darüber hinaus sollen Alphabetisierungs- und Grundbildungsthemen verstärkt

in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften an Schulen sowie in der Jugendund Erwachsenenbildung berücksichtigt werden. Bezogen auf die Lehrerausund Fortbildung werden entsprechende Details in Gesprächen in und zwischen den KMK-Gremien geregelt. 6. Strukturen aufbauen, weiterentwickeln und verbreiten: Die Umsetzung der bisherigen "Nationale Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung" hat ergeben, dass nur dann nachhaltige Wirkungen für die Alphabetisierung und Grundbildung erzielt werden, wenn an vorhandene Strukturen angeknüpft und passende Strukturen (weiter)entwickelt werden. Dabei geht es insbesondere um: - die Verankerung der Alphabetisierung und Grundbildung als Querschnittsthema öffentlicher Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen in einem ressortübergreifend abgestimmten Vorgehen, - die Aufnahme der Themen Alphabetisierung und Grundbildung als Querschnittsziele in Förderprogramme anderer Politikbereiche unter Berücksichtigung originärer Zuständigkeiten, - Maßnahmen zur Verbreitung des Angebots von Grundbildungszentren der Länder und Stärkung von (regionalen) Netzwerken zur Alphabetisierung und Grundbildung, - den Ausbau der aufsuchenden Alphabetisierung als Teil der Alphabetisierungsangebote, - die Aufnahme der Alphabetisierung und Grundbildung in die kontinuierlichen Programme der Weiterbildungseinrichtungen, - die Nutzung der Beratungs- und Begutachtungskompetenz der Bundesagentur für Arbeit zur Identifikation von Literalitäts- und Grundbildungsdefiziten, - die verstärkte Nutzung der Verzahnung der vorgelagerten Alphabetisierung mit dem Erwerb von Grundkompetenzen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung entsprechend der Gesetzesänderung im SGB III ab 1.8.2016 (AWStG), - die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Thematik der Alphabetisierung und Grundbildung von Geflüchteten, beispielsweise durch die Verzahnung bestehender Angebote der Alphabetisierung und Grundbildung mit Angeboten für Geflüchtete. In Betracht kommen dazu auch gemeinsame Kurse, Lernstandserhebungen und die Qualifizierung von Lehrkräften (siehe Punkt IV.1.), - die Gesamtbetrachtung der Alphabetisierung im Lebenslauf. 7. Wirksamkeit erfassen: Zur Mitte der Dekade soll durch eine gemeinsame Einschätzung der Partner der Dekade auf der Basis eines Monitorings der Erfolg der Vorgehensweise ermittelt werden. 6

V. Inkrafttreten Das Bündnis für die Nationale Dekade tritt nach Verabschiedung anlässlich der ersten gemeinsamen Dekadetagung am 28./29.11.2016 in Kraft. 7