Restmüllentsorgung. Kurzbericht

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Transkript:

Restmüllentsorgung Tirol Kurzbericht

2 IMPRESSUM Auftraggeber: Amt der Tiroler Landesregierung Eduard-Wallnöfer-Platz 3 6020 Innsbruck Auftragnehmer: Institut für Umwelttechnik Universität Innsbruck, Baufakultät Technikerstraße 13 6020 Innsbruck Vorstand: Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Rauch Projektteam: Dipl.-Ing. Christian Müller Dipl.-Ing. Sara De Toffol Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Becker Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Rauch Druck: Eigendruck, Institut für Umwelttechnik, Baufakultät Innsbruck

3 Inhaltsverzeichis 1. Hintergrund, Zielsetzung und Konzept...6 2. Szenarien... 8 2.1. Szenario Status Quo...8 2.2. Szenario Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck...8 2.3. Szenario Dezentrale MBA s...9 2.4. Szenario Zentrale MVA im Raum Wörgl...10 2.5. Szenario Fremdbehandlung - Reine Verbringung aus Tirol...11 3. Rechtliche Grundlagen...12 4. Abfallmengenanalyse, Massenströme und Deponielaufzeiten... 14 4.1. Abfallmengenanalyse...14 4.2. Massenströme bei Implementierung des Restmüllsplittingkonzeptes...15 4.3. Massenströme beim Szenario Zentrale Müllverbrennungsanlage...17 4.4. Verbleibende Deponielaufzeiten der bestehenden Tiroler Massenabfalldeponien...18 5. Mechanisch - biologische Abfallbehandlung... 20 5.1. Grundlagen der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlung...20 5.2. Verfahren zur biologischen Behandlung von Restabfällen...22 5.3. Szenario Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck...22 5.4. Szenario Dezentrale MBA s...23 5.5. Emissionen und Kosten...24 6. Thermische Abfallbehandlung... 25 6.1. Grundlagen der thermischen Abfallbehandlung...25 6.2. Technologien der thermischen Abfallbehandlung...25 6.3. Rauchgasreinigung...26 6.4. Emissionen und Kosten...27 7. Abfallverbringung aus Tirol... 28 7.1. Möglichkeiten für eine Verbringung unbehandelter Siedlungsabfälle aus Tirol...28 7.2. Möglichkeiten für eine Verbringung vorbehandelter Abfälle zur thermischen Behandlung (Verwertung) außerhalb Tirols...29 8. Deponierung von Abfällen... 31 8.1. Szenario Status Quo...31 8.2. Deponieeigenschaften von Schlacke aus MVA s und Rotterückständen aus MBA s...33

4 9. Transportkonzepte... 35 9.1. Umladestationen...35 9.2. Umladeprozess...36 9.3. Umladekosten...36 9.4. Abfallströme auf Straße und Schiene...36 9.5. Transportkosten, Verkehrsbelastung bei den Umladestationen und erforderliche LKW-Transportkilometer...39 10. Klärschlammentsorgung...40 10.1. Einleitung...40 10.2. Entsorgung von Klärschlamm...40 11. Variantenvergleich und Nutzwertanalyse... 43 11.1. Luftemissionen...43 11.2. Dauer und Aufwand der Nachsorge auf den Deponien...49 11.3. Beeinträchtigung der natürlichen Gewässer...49 11.4. Energiebilanz...49 11.5. Flächenbedarf der Abfallbehandlungsanlagen...49 11.6. Beeinträchtigung der Bevölkerung...50 11.7. Spezifische Abfallbehandlungskosten...50 11.8. Entsorgungssicherheit...51 11.9. Realisierungsproblematik...52 11.10. Nutzwertanalyse...52 12. Abschließende Empfehlungen... 55 12.1. Grundsätzliche Handlungsoptionen...55 12.2. Handlungsoptionen bis 2008...56 12.3. Empfehlung der zukünftigen Restmüllentsorgungsstrategie...59 12.4. Anregungen zur weiteren Vorgangsweise...60 13. Literaturverzeichnis...61

5 Abkürzungsverzeichnis AT 4... Atmungsaktivität nach 4 Tagen, meist in [mg O 2 /g TS] AO-TS... anorganischer Anteil der Trockensubstanz BRAM... BRennstoff Aus Müll, heizwertreiche MBA-Fraktion BSB 5... Biologischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen CSB... Chemischer Sauerstoffbedarf DVO... Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996 EW60... Einwohnergleichwert für Kläranlagedimensionierung FS... Feuchtsubstanz GB 21... Gasbildung im Gärtest nach 21 Tagen, meist in [NL/kg TS] GS 21... Gasspendensumme im Inkubationsversuch nach 21 Tagen KA... Kläranlage KS... Klärschlamm Ho... oberer Heizwert (Brennwert) Hu....unterer Heizwert (Heizwert) MBA... Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage MVA... Müllverbrennungsanlage OTS... Organische Trockensubstanz RGR... Rauchgasreinigung von MVA s RRS... Rottereststoffe, Deponierückstände von MBA s RTO....Regenerativ Thermische Oxidation (Abluftreinigungsverf.) TOC... gesamter organisch gebundener Kohlenstoff (Total Organic Carbon) TS... Trockensubstanz UTD... Untertagedeponie ZWS... Zirkulierende Wirbelschicht (Verbrennungstechn.)

6 1. Hintergrund, Zielsetzung und Konzept Zur Zeit werden in Tirol nicht verwertbare Abfälle bzw. keiner Verwertung zugeführte Abfälle aus Haushalten und Betrieben größtenteils unbehandelt deponiert. Während dabei Bodenaushubmaterialien und inerte Abfälle wie z.b. Bauschutt auf Bodenaushub- oder Baurestmassendeponien abgelagert werden, gelangen Rest -und Sperrmüll aus Haushalten und betriebliche Abfälle, die nicht auf den beiden genannten Deponietypen abgelagert werden dürfen, auf 6 Tiroler Massenabfalldeponien zur Endablagerung. Da eine Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle eine Reihe ökologischer Probleme mit sich bringt wie z.b. stark belastete Sickerwässer, Deponiegasemissionen mit hoher Treibhausrelevanz und einen großen jährlichen Bedarf an Deponievolumen, wurde im Jahre 1996 auf Grundlage des österreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes die Deponieverordnung BGBl. 164/1996 erlassen, die unter anderem strenge Anforderungen an die für eine Deponierung vorgesehenen Abfälle eingeführt hat. Für einen Großteil der derzeit auf Tirols Massenabfalldeponien zur Ablagerung gelangenden Abfälle wird als Folge der Bestimmungen der Deponieverordnung mit Ende 2008, d.h. nach Ablauf vorhandener Übergangsfristen, eine unbehandelte Deponierung nicht mehr zulässig sein. Um die Tiroler Abfallwirtschaft an die geltende Rechtslage anzupassen, bestehen nun die folgenden prinzipiellen Möglichkeiten: - Errichtung von eigenen Abfallbehandlungsanlagen in Tirol, - Verbringung der Abfälle zum Zweck der Behandlung aus Tirol - Kombination aus Behandlung in Tirol und Verbringung Ziel dieser Studie ist die Beurteilung unterschiedlicher Szenarien der Restmüllentsorgung als Hilfestellung für die politische Entscheidung in dieser Frage. Gemäß Auftragserteilung ist die Bearbeitung auf die folgenden fünf Szenarien (detaillierte Beschreibung s.u.) beschränkt: 1. Szenario Status Quo 2. Zentrale Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA) für ganz Tirol im Raum Innsbruck 3. Dezentrale MBA s 4. Zentrale Müllverbrennungsanlage (MVA) im Raum Wörgl 5. Fremdbehandlung: Ausschreibung der Behandlung des Tiroler Restmülls Die konkrete Bearbeitung der Fragestellung gliedert sich in folgende Teilbereiche, die im Endbericht der Studie in insgesamt neun Hauptkapiteln dargestellt werden. Erhebung und Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen: Es wird eine Sichtung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen der Europäischen Union, des Bundes und des Landes Tirol durchgeführt und Auswirkungen auf die Szenarien aufgezeigt. Analyse der Auswirkungen der Szenarien in technischer, ökonomischer und ökologischer Hinsicht: Ausgehend von der Tiroler Abfallstatistik werden für die verschiedenen Szenarien die erforderlichen Kapazitäten für Abfallbehandlungsanlagen und Transport ermittelt, sowie allenfalls erforderliche Exportmengen. In weiterer Folge fokussiert sich die Untersuchung auf die

7 Abschätzung der bei den einzelnen Szenarien zu erwartenden Emissionen, Kosten und Auswirkungen auf den Deponiebetrieb. Untersuchung der Klärschlammproblematik: Vor dem Hintergrund der diskutierten Restmüllentsorgungsszenarien sollen die verschiedenen Möglichkeiten für eine Verwertung bzw. Entsorgung des Tiroler Klärschlamms aufgezeigt und in Ihrer Auswirkung analysiert werden. Zusammenfassende Bewertung der Szenarien: Die untersuchten Szenarien werden einem systematischen Vergleich unterzogen. Resultat der Bewertung ist eine Reihung der Handlungsoptionen aus sozialer, ökonomischer und ökologischer Sicht.

8 2. Szenarien Die Untersuchung der Problematik der Restmüllentsorgung erfolgte anhand von fünf bereits vorgängig im Auftrag festgelegten Szenarien. Eine Ausarbeitung von potentiellen, davon abweichenden Entsorgungsmöglichkeiten war daher nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Darüber hinaus konnte für eine Reihe von Bewertungen (besonders hinsichtlich der Transportlogistik) nicht mit fiktiven Standorten (wie z.b. zentrale Anlage im Raum Innsbruck ) das Auslangen gefunden werden. Vielmehr musste in solchen Fällen (in Abstimmung mit dem Auftraggeber) ein konkreter Anlagenstandort angenommen werden. Es soll jedoch an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Wahl der in dieser Studie angenommenen Standorte keine ausdrückliche Standortempfehlung darstellt. Prinzipiell sind jeweils auch andere Standorte denkbar, die vor Umsetzung einer Lösung ausführlich geprüft werden müssten. 2.1. Szenario Status Quo Hierbei soll aufgezeigt werden, welche Probleme mit dem bestehenden System der Restmüllentsorgung verbunden sind. Aufgrund der geltenden Gesetzeslage handelt es sich bei diesem Szenario allerdings um keine gangbare Handlungsalternative, sondern es soll vielmehr dazu dienen, die Notwendigkeit einer Vorbehandlung von Abfällen vor der Deponierung begreiflich zu machen. 2.2. Szenario Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck Beim Szenario Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck wird davon ausgegangen, dass eine zentrale Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage errichtet wird, in der sämtliche Tiroler Abfälle, die als Input für MBA s geeignet sind, behandelt werden. Des weiteren wird angenommen, dass sowohl die heizwertreiche, in der MBA abgetrennte Fraktion als auch Sperrmüll und betriebliche Abfälle, die direkt thermisch behandelt (bzw. verwertet) werden müssen, zur thermischen Behandlung aus Tirol verbracht werden müssen (via Kuftstein). Als Standort für die zentrale MBA wurde hier die Deponie Ahrental angenommen. Da bei Errichtung der MBA bis 2006 entsprechend den Abschätzungen der verbleibenden Deponielaufzeiten das genehmigte Deponievolumen im Ahrental bis mindestens 2050 ausreichen würde (unter der Voraussetzung, dass ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der MBA nur noch die Rotterückstände aus der MBA und die betrieblichen, direkt ablagerbaren Abfälle (~6.000 t/a) in Tirol deponiert werden), wird bei diesem Szenario von der Annahme ausgegangen, dass zukünftig nur noch die Deponie Ahrental als Massenabfalldeponie weiter betrieben wird. Aufgrund der geringen Abfallmengen, der besonderen geographischen Lage und Nähe zur MVA Kempten wird darüber hinaus angenommen, dass Teile des Bezirkes Reutte ihre Abfälle weiterhin direkt zur MVA nach Kempten exportieren.

9 MBA MVA Deponie Kufstein Kitzbühel Verbringung aus Tirol Reutte Kufstein ULS Wörgl Jochberg Reutte Roppen Ötztal Bhf. ULS Hall i.t. Innsbruck ULS Pill ULS Schwaz Landeck Deponie Ahrental ULS Innsbruck-Land Landeck Imst Sölden Osttirol Lienz ULS Abb. 1:Vereinfachtes Konzept der Variante Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck 2.3. Szenario Dezentrale MBA s Bei diesem Szenario wird davon ausgegangen, dass die mechanisch-biologische Behandlung der hierfür geeigneten Abfälle dezentral erfolgt, und zwar an den folgenden Standorten: - Deponie Roppen - Deponie Ahrental - Deponie Lavant - Kufstein (Erweiterung der bestehenden Anlage) Die genannten Standorte sind aufgrund der Lage bei bestehenden Deponien, der Entfernung zu dicht besiedelten Gebieten und der bereits vorhandenen Infrastruktur prinzipiell für die Errichtung von MBA s geeignet und wurden deshalb als Standorte ausgewählt, es gilt jedoch die eingangs angeführte Anmerkung bezüglich Standortwahl. Weiters wird bei diesem Szenario davon ausgegangen, dass auch die Deponierung der Rotterückstände aus den MBA s und der ohne Vorbehandlung ablagerbaren betrieblichen Abfälle dezentral bei den Deponien Roppen II, Ahrental, Lavant und Wörgl-Riederberg erfolgt. Die heizwertreichen, in der MBA zum Zweck der thermischen Behandlung abgetrennten Fraktionen, nicht verwerteter Sperrmüll und betriebliche Abfälle, die nicht als Eingangsfraktion für die MBA geeignet sind, werden bei diesem Szenario (analog zur Variante Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck ) aus Tirol zur thermischen Behandlung (bzw. Verwertung) verbracht.

10 MBA MVA Deponie Kufstein Kitzbühel Verbringung aus Tirol Reutte Kufstein ULS Wörgl Jochberg Reutte Roppen ULS Ötztal Bhf. Hall i.t. Innsbruck ULS Pill ULS Schwaz Landeck Deponie Ahrental Landeck ULS Imst Innsbruck-Land Sölden Osttirol Lienz ULS Abb. 2:Vereinfachtes Konzept der Variante Dezentrale MBA s 2.4. Szenario Zentrale MVA im Raum Wörgl Bei diesem Szenario werden sämtliche Tiroler Abfälle, die derzeit auf Massenabfalldeponien abgelagert werden und zukünftig nicht mehr unbehandelt deponiert werden dürfen, in einer zentralen Tiroler Müllverbrennungsanlage thermisch behandelt. Es wird davon ausgegangen, dass im Fall der Errichtung einer Tiroler Müllverbrennungsanlage auch die Abfälle des Bezirkes Reutte, die derzeit zur MVA Kempten exportiert werden, in der Tiroler Anlage mitbehandelt werden. Als Standort für die MVA wurde der Raum Wörgl/Kundl angenommen, da sich dieser Standort bereits im Rahmen einer anderen Studie (Ecoling-Studie [6]) als aus energietechnischer Sicht und aufgrund der guten Verkehrserschließung gut geeigneter Standort herauskristallisiert hat siehe aber Vorbemerkung hinsichtlich Standortwahl. Aufgrund der durch die thermische Behandlung stark reduzierten Menge der zu deponierenden Reststoffe wurde (wie bei der Variante Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck ) angenommen, dass ab der Inbetriebnahme der MVA die Schlacke der Müllverbrennungsanlage nur im Ahrental deponiert wird. Eine aufkommensäquivalente Rückverteilung der Schlacke zu sämtlichen bestehenden Deponien erscheint, insbesondere aufgrund der großen Entfernung zu den Deponien Lavant und Roppen II, weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht zielführend. Die ebenfalls bei der thermischen Abfallbehandlung anfallenden Flugaschen und Rauchgasreinigungsprodukte werden zu einer Untertagedeponie außerhalb Tirols verbracht.

11 MBA MVA Deponie Reutte Kufstein ULS Wörgl Kufstein Kitzbühel Verbringung aus Tirol Reutte Landeck Roppen ULS Ötztal Bhf. Innsbruck-Land Hall i.t. Innsbruck ULS Deponie Ahrental Pill Schwaz Jochberg ULS Landeck Imst Sölden Osttirol Lienz ULS Abb. 3: Vereinfachtes Konzept der Variante Zentrale MVA im Raum Wörgl 2.5. Szenario Fremdbehandlung - Reine Verbringung aus Tirol Bei diesem Szenario werden sämtliche Tiroler Abfälle, die zukünftig nicht mehr ohne Vorbehandlung deponiert werden dürfen, zum Zweck der thermischen Behandlung (bzw. ggf. thermischen Verwertung) aus Tirol verbracht. Es wird für das Transportkonzept davon ausgegangen, dass die Verbrennungsrückstände (Schlacke) nicht zur Deponierung nach Tirol zurücktransportiert werden, da - der Rücktransport der Schlacke zusätzliche Kosten und Emissionen hervorrufen würde und - z.b. in Deutschland große Teile der Schlacke zu günstigen Preisen stofflich verwertet werden, z.b. im Straßenbau, wodurch durch eine Rücknahme der Schlacke vom auswärtigen MVA - Betreiber kein bedeutender Nachlass des Abfallübernahmepreises (nur ~ 10 /t Abfall) erzielt werden könnte. Außerdem wäre es einer der Hauptvorteile dieser Variante, dass de facto sämtliche Massenabfalldeponien in Tirol außer Betrieb genommen werden könnten, zumindest, solange in Tirol keine autonome Abfallbehandlungslösung angestrebt wird. Bei diesem Szenario ist v.a. zu prüfen, ob eine reine Ausschreibung des Restmülls zur Behandlung außerhalb Tirols Aussicht auf Erfolg hat. Dabei sollen insbesondere freie Behandlungskapazitäten in anderen Bundesländern oder in anderen europäischen Staaten, rechtliche Rahmenbedingungen und Transportkosten in die Überlegungen miteinbezogen werden.

12 3. Rechtliche Grundlagen Die rechtliche Grundlage der zukünftige Tiroler Restmüllentsorgung bilden die österreichische Deponieverordnung, das neue Abfallwirtschaftsgesetz AWG 2002, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen und das Bundesvergabegesetz 2002. Die Deponieverordnung enthält unter anderem zahlreiche Anforderungen, die Abfälle zukünftig als Voraussetzung für deren Zulassung zur Deponierung erfüllen müssen; die wesentlichste Bestimmung in diesem Zusammenhang ist das Verbot der Deponierung von Abfällen, deren Gehalt an organischem Kohlenstoff (TOC) 5% überschreitet. Diese Bestimmung führt dazu, dass ein Großteil der derzeit unbehandelt auf Tirols Massenabfalldeponien abgelagerten Abfälle zukünftig behandelt werden muss. Eine Unterschreitung der genannten Begrenzung des Gehalts an organischem Kohlenstoff (TOC) ist bei Siedlungsabfällen nur durch eine thermische Abfallbehandlung möglich. Die Deponieverordnung enthält allerdings eine wesentliche Ausnahme von der TOC - Begrenzung: so dürfen auch Abfälle deponiert werden, die mechanisch-biologisch vorbehandelt wurden, sofern der aus der Trockensubstanz bestimmte Verbrennungswert (oberer Heizwert) dieser Abfälle weniger als 6000 kj/kg beträgt. Das bedeutet, dass prinzipiell neben der reinen Müllverbrennung auch eine mechanisch-biologische Behandlung der Siedlungsabfälle zulässig ist. Die Begrenzung des Brennwertes von Deponierückständen aus MBA s (s.o.) führt aber dazu, dass im Zuge der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung ein großer Anteil von heizwertreichen Abfällen abgetrennt und jedenfalls thermisch verwertet bzw. thermisch behandelt werden muss. Neben diesen, für Abfälle aus Haushalten und vergleichbare betriebliche Abfälle wesentlichen Bestimmungen, enthält die Deponieverordnung u.a. auch Grenzwerte für die Gehalte bestimmter Schadstoffe in den abzulagernden Abfällen, auf die an dieser Stelle allerdings nicht im Detail eingegangen werden soll. Auf bestehenden Deponien sind die genannten Anforderungen an die abgelagerten Abfälle Österreichweit ab 01.01.2004 zu erfüllen; für Tirol wurde vom Landeshauptmann eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2008 erlassen. Eine Behandlung unbehandelter Abfälle ist mit einer Vielzahl von ökologischen und auch ökonomischen Problemen verbunden. Bereits im Jahr 1988 gab daher das Bundesministerium für Umwelt die Leitlinien zur Abfallwirtschaft heraus, welche eine Eindämmung der von Deponien ausgehenden Umweltgefahren mit Hilfe des sogenannten 3-Barrierensystems vorsahen: Barriere 1 Qualität der abzulagernden Abfälle (innere Sicherheit der Deponien): Die Qualität der Abfälle soll möglichst an die der natürlichen Erdkruste herankommen, d.h. die Abfälle sollen kein die Umwelt über die Medien Luft, Wasser und Boden beeinträchtigendes Emissionsverhalten aufweisen, dauerhaft schwer löslich und reaktionsträge sein.

13 Barriere 2 Deponiestandort (äußere Sicherheit): Auch unter ungünstigen Bedingungen freigesetzte Emissionen müssen aufgrund der Standorteigenschaften der Deponie derart beherrschbar sein, dass keine Gefährdung von Mensch und Umwelt eintritt. Im wesentlichen muss es der Standort ermöglichen, Schadstoffaustritte in den Untergrund frühzeitig zu erkennen, um durch entsprechende Gegenmaßnahmen eine Ausbreitung der Kontamination im Untergrund unterbinden zu können. Barriere 3 Deponietechnik und Kontrolle: Dieser Barriere lassen sich z.b. Maßnahmen wie die gezielte Fassung, Ableitung und Behandlung von Deponiesickerwasser und Deponiegas und die regelmäßige Entnahme und Analyse von Grundwasser- und Oberflächenwasserproben zur frühzeitigen Erkennung eines etwaigen Schadstoffeintrages zuordnen. Durch die Erlassung der Deponieverordnung im Jahre 1996 wurde dieses 3 - Barrierenkonzept großteils in geltendes Recht umgesetzt; eine Vorbehandlung von Abfällen dient also dem naturwissenschaftlich begründbaren Zweck, die Barriere 1 gegen einen Austrage von Schadstoffen in die natürliche Umwelt zu bilden. Aus diesem Grund ist mit einer Lockerung oder gar Aufhebung der Bestimmungen der Deponierverordnung nicht zu rechnen. Werden die erforderlichen Abfallbehandlungsanlagen nicht in Tirol errichtet, wird daher eine Verbringung von Abfällen aus Tirol unerlässlich sein. Insbesondere bei einer Verbringung ins Ausland sind die Bestimmungen der Verbringungsverordnung der EU zu beachten, die im Falle der Verbringung von Abfällen zum Zwecke der Beseitigung (im Gegensatz zu Verwertung) eine Genehmigungspflicht und auch die Möglichkeit der Erhebung von Einwänden gegen die Verbringung durch die Behörden in Österreich und am Bestimmungsort vorsieht. Aus dem österreichischen Bundesvergabegesetz 2002 geht klar hervor, dass sowohl im Falle einer Verbringung von Tiroler Abfällen zur Behandlung in bereits bestehenden Abfallbehandlungsanlagen als auch im Falle der Errichtung größerer Abfallbehandlungsanlagen in Tirol eine europaweite Ausschreibung der zu vergebenden Dienstleistungen (z.b. thermische Behandlung in bestehenden Betriebsanlagen) bzw. Bauleistungen notwendig sein wird.

14 4. Abfallmengenanalyse, Massenströme und Deponielaufzeiten In diesem Teil wird zunächst basierend auf den Statistiken der auf den einzelnen Tiroler Massenabfalldeponien im Jahr 2000 abgelagerten Abfälle aufgezeigt, welche Abfallmengen in Tirol zukünftig nicht mehr unbehandelt deponiert werden dürfen und welche Anteile dieser Abfallmengen für die verschiedenen möglichen Behandlungsweisen (MBA, MVA) prinzipiell geeignet sind. In weiterer Folge werden unter Verwendung vorliegender Erfahrungswerte für die Massenströme in mechanischbiologischen Abfallbehandlungsanlagen und thermischen Abfallbehandlungsanlagen die Massenströme abgeschätzt, mit denen bei einer Tirolweiten Implementierung des Restmüllsplittingkonzeptes bzw. bei reiner Verbrennung der zu behandelnden Tiroler Abfälle gerechnet werden kann. Den Abschluss von Teil 2 der gegenständigen Studie bilden Überlegungen zur Auswirkung einer zukünftigen Behandlung der Tiroler Restabfälle auf die Laufzeiten der Tiroler Massenabfalldeponien. Es soll bereits an dieser Stelle vermerkt werden, dass die Abfallmassenströme der unterschiedlichen Restmüllentsorgungsstrategien nicht exakt bestimmt werden können: Einerseits unterliegen die anfallenden Abfallmengen Schwankungen, deren Ursache beispielsweise im Zuwachs bzw. der Abnahme der Tiroler Bevölkerung bzw. der Nächtigungen im Tourismus liegen können; andererseits können auch Veränderungen beim System der getrennten Wertstoffsammlung zu einer Änderung der zu entsorgenden Restmüllmenge führen. Auch die Massenströme innerhalb der Abfallbehandlungsanlagen sind schwierig abzuschätzen; während Müllverbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle vielerorts in Betrieb sind und dementsprechend zahlreiche Erfahrungswerte zu den Mengen der Verbrennungsrückstände vorliegen, werden derzeit nur wenige Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlagen in einer Weise betrieben, die den Anforderungen der Deponieverordnung entspricht, weshalb Aussagen zu den Rückstandsmengen von MBA s mit größeren Unsicherheiten verbunden sind. 4.1. Abfallmengenanalyse Die Deponieverordnung enthält, wie bereits erwähnt, unter anderem zahlreiche Anforderungen, die Abfälle zukünftig als Voraussetzung für deren Zulassung zur Deponierung erfüllen müssen. Für einen Großteil der derzeit auf Tirols Massenabfalldeponien unbehandelt abgelagerten Abfälle wird eine Vorbehandlung vor der Deponierung notwendig sein, um den Anforderungen der Deponieverordnung entsprechen zu können. Auf bestehenden Massenabfalldeponien ist die Einhaltung der Anforderungen der DVO an die abzulagernden Abfälle ab 2004 erforderlich; darüber hinaus wurde vom Tiroler Landeshauptmann für die Tiroler Massenabfalldeponien per Verordnung eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2008 erlassen.

15 Die etwa 90 derzeit auf Tirols Massenabfalldeponien abgelagerten Abfälle wurden je nach den jeweils geeigneten Behandlungsverfahren für die einzelnen Abfallarten in 5 Gruppen eingeteilt: Hausmüll kann prinzipiell sowohl in MBA s als auch in MVA s behandelt werden, ebenso die in Tab. 1 ausgewiesenen betrieblichen Abfälle, geeignet für MBA. Ein geringer Anteil der Abfälle, nämlich die betrieblichen Abfälle für direkte Deponierung, kann über das Jahr 2008 hinaus unbehandelt deponiert werden. Bei den betrieblichen Abfällen für direkte Verbrennung handelt es sich z.b. um betriebliche Abfälle wie Kunststoffabfälle, für die aufgrund ihrer hohen Sortenreinheit und des hohen Heizwertes eine Behandlung in MBA s nicht zielführend ist und die daher direkt einer thermischen Behandlung (bzw. thermischen Verwertung) zuzuführen sind. Für die zu entsorgende Sperrmüllmenge kommt aufgrund des hohen Heizwertes und der geringen biologischen Abbaubarkeit nur eine direkte thermische Behandlung in Frage. Unter Berücksichtigung der Abfallmengen, die bereits jetzt in der MBA Kufstein behandelt werden bzw. die derzeit zur thermischen Behandlung nach Kempten exportiert werden (Teile des Bezirkes Reutte), ergibt sich das gesamte Tiroler Abfallpotential, welches die Grundlage für die Dimensionierung möglicher Abfallbehandlungsanlagen bildet, wie folgt: Deponiestatistik [t/a] MBA Kufstein [t/a] Summe Hausmüll 86.400 7.600 94.000 Sperrmüll 21.300 1000 22.300 Betriebliche Abfälle für direkte Deponierung 6.650 (-800 RRS) 5.850 Betriebliche Abfälle für direkte Verbrennung 33.150 33.150 Betriebliche Abfälle, geeignet für MBA 31.000 500 31.500 Summe Splittinglösungen 178.500 9.100 186.800 Exportmenge Reutte 3.000 Summe bei Müllverbrennung in Tirol 189.800 Tab. 1:Tiroler Abfallpotential (RSS bezeichnet eine Rottereststoffdeponie) 4.2. Massenströme bei Implementierung des Restmüllsplittingkonzeptes Beim Restmüllsplitting erfolgt zunächst in der mechanischen Stufe der MBA eine Trennung der Abfälle in jeweils eine heizwertreiche und arme Fraktion. Die heizwertreiche Fraktion wird direkt einer thermischen Behandlung bzw. energetischen Verwertung zugeführt. Die heizwertarme Fraktion, die sich durch einen hohen Gehalt an biologisch abbaubaren Stoffen auszeichnet, wird in der biologischen Stufe der MBA biologisch behandelt und im Anschluss daran deponiert, wobei vor der Deponierung eine Feinabsiebung bzw. Sichtung einer zweiten heizwertreichen Fraktion erforderlich ist.

16 Ziel der biologischen Behandlung ist es dabei - einerseits durch eine Reduktion des Wassergehaltes und den Abbau organischer Substanz die schlussendlich zu deponierenden Mengen zu reduzieren und - andererseits durch eine weitgehende Stabilisierung der organischen Substanz das Emissionspotential (Deponiegas, Sickerwasser) bei der Deponierung zu reduzieren. Dieses Verfahrenskonzept beinhaltet in der Regel auch eine magnetische Abtrennung von Fe-Metallen zur stofflichen Verwertung. Auf Grundlage des gesamten Tiroler Abfallpotentials (siehe Tab. 1) und von Erfahrungswerten für die anlageninternen Massenströme von MBA s, ergeben sich für den Fall einer Tirolweiten Umsetzung des Restmüllsplittingkonzeptes die in Abb. 4 dargestellten Massenströme: ~ 187 Zahlenangaben in 1000 t/a ~ 32 Restmüll ~ 94 betriebliche Abfälle für MBA ~ 55 ~ 6 MBA ~ 60-72 ~ 2-4 ~ 115-128 ~ 22-35 Stoffliche Verwertung thermische Behandlung/Verwertung MASSENABFALLDEPONIE ~ 28-40 Abb. 4:Abfallmassenströme beim Restmüllsplitting Wesentlich ist, dass im Zuge der mechanisch-biologischen Behandlung jedenfalls ein großer Anteil an heizwertreichen Abfällen abgetrennt und thermisch behandelt (verwertet) werden muss, damit die Brennwertbegrenzung der Deponieverordnung (Ho < 6000 kj/kg TS) durch das Deponiegut der MBA (Rotterückstände) eingehalten werden kann.

17 Gemäß Abb. 4 müssten die Tiroler MBA s insgesamt auf eine jährliche Durchsatzmenge von etwa 125.000 Tonnen dimensioniert werden; mehr als 100.000 Tonnen an heizwertreichen Abfällen müssten trotz des Einsatzes von MBA s einer thermischen Behandlung (bzw. thermischen Verwertung) zugeführt werden. 4.3. Massenströme beim Szenario Zentrale Müllverbrennungsanlage Auch für diese Variante wurde basierend auf dem Tiroler Abfallpotential (Tab. 1) und auf Grundlage von Erfahrungswerten für die Reststoffmengen bei konventionellen Müllverbrennungsanlagen eine Abschätzung der Massenströme vorgenommen: ~ 190 Zahlenangaben in 1.000 t/a ~ 184 ~ 6 MVA ~ 42-50 (Schlacke, Gips) ~ 5-9 (Asche, sonst. RGR-produkte) ~ 3-6 (Eisenschrott) Reststoffdeponie ~ 48-56 Untertagedeponie stoffliche Verwertung Abb. 5: Abfallmassenströme bei reiner Müllverbrennung

18 4.4. Verbleibende Deponielaufzeiten der bestehenden Tiroler Massenabfalldeponien Die möglichen verbleibenden Deponiebetriebszeiten ergeben sich aus den bei den Tiroler Massenabfalldeponien derzeit verfügbaren bzw. genehmigten freien Deponievolumina, den bei verschiedenen Szenarien in Tirol zur Deponierung gelangenden Abfallmengen und den möglichen Einbaudichten dieser Abfälle auf den Deponien. Von Bedeutung ist insbesondere auch, zu welchem Zeitpunkt die erforderlichen Abfallbehandlungsanlagen fertiggestellt werden, d.h. wie lange noch wie bisher unbehandelt deponiert wird. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die verbleibenden Deponielaufzeiten der Tiroler Massenabfalldeponien für verschiedene Restmüllentsorgungsszenarien: Status quo Zentrale MVA ab 2006 Splitting ab 2006 verfügbar genehmigt vefügbar genehmigt vefügbar genehmigt ~2010 ~2020 2047-2053 2114-2130 2055-2078 2134-2194 ohne Koop. Westkärnten 2053-2074 2128-2185 mit Koop. Westkärnten Zentrale MVA ab 2006 - nur Deponie Ahrental Splitting ab 2006, nur Deponie Ahrental vefügbar genehmigt vefügbar genehmigt 2020-2022 2044-2049 2022-2030 2051-2072 ohne Koop. Westkärnten Tab. 2:Verbleibende Deponielaufzeiten unterschiedlicher Restmüllentsorgungsszenarien Unter dem derzeit verfügbaren Deponievolumen wird in diesem Zusammenhang jenes Deponievolumen verstanden, welches bereits ausgebaut wurde und dementsprechend kurzfristig verfügbar ist. Das genehmigte Deponievolumen setzt sich aus dem verfügbaren (ausgebauten) Deponievolumen und jenem Volumen, welches darüber hinaus bereits genehmigt, aber noch nicht ausgebaut wurde, zusammen. Es lässt sich zusammenfassend feststellen, dass - bei Fortführung der Deponierung unbehandelter Restabfälle (Status Quo) die Kapazitäten der vorhandenen Tiroler Massenabfalldeponien in absehbarer Zeit (2010 2020) erschöpft wären, - sowohl die reine thermische Behandlung als auch die Implementierung des Restmüllsplittings zu wesentlich längeren möglichen Betriebszeiten der Deponien führen würde und - bei Inbetriebnahme der Abfallbehandlungsanlagen im Jahr 2006 die Betriebszeiten der Deponien unter Ansatz der derzeit verfügbaren Volumina um mehr als 40 Jahre gegenüber dem Status Quo verlängert werden könnten. Im Fall der Errichtung einer zentralen MBA bzw. einer zentralen MVA für ganz Tirol wäre aufgrund der vergleichsweise geringen jährlichen Deponieabfallmengen auch eine (zumindest vorübergehende) Außerbetriebnahme sämtlicher Massenabfalldeponien bis z.b. auf jene im Ahrental denkbar. Bei Ausnutzung des genehmigten freien Deponievolumens im Ahrental könnte bei einer Vorbehandlung der Tiroler Abfälle ab 2006 noch mehr als 40 Jahre ein Auslangen gefunden werden. In gleicher Weise ist es vorstellbar, zunächst die verfügbaren Kapazitäten der Deponie Ahrental auszuschöpfen, um anschließend die Deponie Wörgl-Riederberg wieder in

19 Betrieb zu nehmen und dort auf das noch verfügbare Deponievolumen zurückzugreifen. Allgemein lässt sich sagen, dass für die Errichtung der Tiroler Massenabfalldeponien verschiedene Finanzierungsmodelle umgesetzt wurden und im Fall einer vorzeitigen Außerbetriebnahme einzelner Deponien jedenfalls finanzielle Maßnahmen zu ergreifen wären, um die Rückzahlung offener Restbeträge und die erforderliche Deponienachsorge sicherzustellen. Die in diesem Kapitel vorgenommenen Schätzungen zu den verbleibenden möglichen Deponiebetriebszeiten basieren auf der Annahme, dass bei einer Umsetzung des Restmüllsplitting-Konzeptes die thermisch zu behandelnden (verwertenden) Fraktionen aus Tirol exportiert werden und die beim Verbrennungsprozess anfallenden Reststoffe nicht nach Tirol zurückimportiert werden.

20 5. Mechanisch - biologische Abfallbehandlung Die mechanisch-biologische Abfallbehandlung ist als alleiniges Verfahren nicht dazu geeignet, die Einhaltung der strengen Anforderungen der Deponieverordnung an zu deponierende Abfälle zu ermöglichen. Vielmehr ist eine Kombination mit thermischen Verfahren unerlässlich, wobei im Wesentlichen die Konzepte Trockenstabilisierung und Restmüllsplitting zur Umsetzung kommen können. Die im Rahmen der gegenständigen Studie durchgeführten Untersuchungen beschränken sich auf das Konzept des Restmüllsplittings, bei dem im Zuge der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung einerseits eine heizwertreiche Fraktion abgetrennt wird, die jedenfalls thermisch zu behandeln ist, und andererseits für die Rückstände der biologischen Behandlungsstufe eine Deponierung vorgesehen und unter bestimmten Voraussetzungen auch zulässig ist. 5.1. Grundlagen der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlung Prinzipiell lassen sich bei der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung 2 Konzepte unterscheiden, nämlich das Restmüllsplitting und die Trockenstabilisierung: Beim Trockenstabilatverfahren werden die Abfälle zunächst durch die in einer kurzen Rottephase (~ 1 Woche) freigesetzte Wärme getrocknet; anschließend werden inerte Materialien (Steine, Keramik, Glas, Metalle) mechanisch abgetrennt und weiter fraktioniert, um schließlich stofflich verwertet oder deponiert werden zu können; die nach Abtrennung der inerten Komponenten verbleibende Fraktion wird anschließend zu Pellets gepresst und muss thermisch behandelt bzw. verwertet werden. Das Trockenstabilatverfahren erscheint für eine Umsetzung in Tirol nicht geeignet, weil - Inerte Wertstoffe bereits sehr erfolgreich getrennt gesammelt werden und nur noch in geringen Prozentsätzen im Restmüll vorhanden sind und - durch die Trockenstabilisierung der Bedarf an externen Verbrennungskapazitäten nur unwesentlich reduziert wird. Die rein mechanische Abtrennung von Störstoffen und Inertstoffen bringt keine wesentliche Änderung der chemischen Zusammensetzung des thermisch zu behandelnden Materials mit sich, weshalb eine industrielle Mitverbrennung (z.b. in der Zementindustrie) der beim Trockenstabilatverfahren gewonnen Pellets fraglich ist. Die im Rahmen der gegenständigen Studie durchgeführten Untersuchungen beschränkten sich daher auf das Konzept des Restmüllsplittings: Beim Restmüllsplitting wird zunächst im Zuge einer mechanischen Aufbereitung der zugeführten Abfälle eine heizwertreiche Fraktion ausgeschleust, deren Energiegehalt thermisch verwertet werden soll. Die verbleibenden Abfälle werden einer biologischen Behandlung zugeführt, die primär das Ziel verfolgt, durch den mikrobiellen Abbau der verfügbaren organischen Substanzen im Abfall die Deponieeigenschaften der verbleibenden Rückstände gegenüber unbehandeltem Restmüll zu verbessern. Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von MBA s finden sich einerseits in der Deponieverordnung (Brennwertbegrenzung und Schadstoffbegrenzung der Deponierückstände aus MBA s) und andererseits in der Richtlinie für

21 die mechanisch-biologische Behandlung von Abfällen [1], die derzeit zwar noch keinen verbindlichen Charakter hat, die jedoch aller Voraussicht nach in absehbarer Zeit als Verordnung auf Grundlage des Abfallwirtschaftsgesetzes AWG 2002 erlassen wird: Die Entladung und Lagerung der Abfälle darf nur in geschlossenen Räumen vorgenommen werden, in denen der Luftdruck durch Absaugung kleiner als der Atmosphärendruck zu halten ist; vor der Behandlung sind die Abfälle einer Eingangskontrolle zu unterziehen. Die abgesaugte Abluft ist einer Abgasreinigung zuzuführen. Maschinen zur mechanischen Abfallbehandlung bzw. physikalischen Stofftrennung (z.b. Zerkleinerung, Siebung) sind zu kapseln. Ist eine völlig abgasdichte Ausführung der Aggregate nicht möglich, ist bei den Aggregaten ebenfalls die Luft abzusaugen und zu behandeln. Anstelle einer Reinigung können die abgesaugten Abluftströme auch als Zuluft für die biologische Behandlungsstufe herangezogen werden. Auch die biologische Behandlung der Abfälle hat in geschlossenen oder umhausten Systemen, in denen ein Luftunterdruck aufrechtzuerhalten ist, zu erfolgen. Unter bestimmten Voraussetzungen räumt die MBA-Richtlinie die Möglichkeit einer Nachrotte im Freien ohne Ablufterfassung und Behandlung ein, wovon jedoch abgesehen werden sollte, um die biologischen Abbauvorgänge in der kalten Jahreszeit nicht zu gefährden und Anrainerprotesten vorzubeugen. Neben den hier dargestellten Anforderungen der MBA-Richtlinie [1] an die Fassung der Abluftströme enthält die Richtlinie auch eine Reihe von Emissionsgrenzwerten (für eben diese Abluftströme) die umfangreiche Abluftreinigungsmaßnahmen erforderlich machen. Die Deponieverordnung verlangt als Voraussetzung für die Deponierung von Rotterückständen aus MBA s, dass - der aus der Trockensubstanz bestimmte Brennwert dieser Abfälle weniger als 6000 kj/kg TS beträgt und - die Abfälle die in der Deponieverordnung angeführten Grenzwerte für Schadstoffgesamtgehalte und Schadstoffgehalte im Eluat unterschreiten. Um den Brennwertgrenzwert einhalten zu können, wird im Anschluss an die biologische Behandlung eine weitere Abtrennung heizwertreicher Anteile (durch Feinsiebung oder Windsichtung) erforderlich sein. Die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte stellt hingegen kein Problem dar. Zusätzlich zu diesen Anforderungen führt die MBA-Richtlinie [1] weiterführende, durch die Rotterückstände einzuhaltende Stabilitätskriterien (Atmungsaktivität und Gasbildung) ein, da der Brennwert eines Abfalls keine Aussage zur biologischen Stabilität des Materials zulässt. Die Einhaltung dieser Stabilitätsparameter bedingt eine entsprechend lange biologische Behandlungsdauer: bei rein aerober Restmüllstabilisierung (reine Rotte) sollten 12-16 Wochen, bei Vorschaltung einer Vergärungsstufe 9-11 Wochen (~3 Wochen Vergärung + 6-8 Wochen Nachrotte) genügen, um die geforderten Stabilitätskriterien zu erfüllen.

22 5.2. Verfahren zur biologischen Behandlung von Restabfällen Prinzipiell kann zwischen rein aeroben Rotteverfahren und Verfahren, die eine anaerobe Vergärung der Abfälle mit einer nachgeschalteten Nachrotte kombinieren, unterschieden werden: Bei den rein aeroben Rotteverfahren wird die im Restmüll enthaltene organische (biologisch verfügbare) Substanz unter Luftzufuhr durch aerobe Mikroorganismen abgebaut bzw. in langfristig stabile organische Verbindungen (Huminstoffe) umgebaut. Bei den Verfahren, die eine anaerobe Vergärung der Abfälle mit einer nachgeschalteten Nachrotte kombinieren, wird hingegen in einer ersten Verfahrensstufe die organische Substanz ohne Luftzufuhr in einem geschlossen Vergärungsreaktor durch anaerobe Mikroorganismen umgewandelt, wobei im Gegensatz zur Rotte energetisch verwertbares Biogas freigesetzt wird. Anschließend muss das vergorene Material einer aeroben Nachrotte unterzogen werden. Diese Kombinationslösung erfordert in der Regel einen höheren Kapitalaufwand bei der Errichtung der Anlage; die zusätzlichen Kapitalkosten können aber fallweise durch die Stromerlöse aus der Biogasverstromung ausgeglichen werden. Aufgrund der geringeren erforderlichen Behandlungsdauer und somit auch des geringeren zu erwartenden Flächenbedarfs, der deutlich besseren Energiebilanz und der geringeren Luftemissionen wird für den Fall der Implementierung des Restmüllsplittings eine Lösung unter Einbezug einer Vergärungsstufe nach einem Trockenfermentationsverfahren empfohlen. Auch bei den derzeit in Deutschland in Planung bzw. im Bau befindlichen großen MBA s (Münster, Hannover, Lübeck, Pohlsche Heide) sollen die Abfälle durch Kombinationen von anaeroben und aeroben Verfahrensstufen stabilisiert werden, wobei ausschließlich Trockenvergärungsverfahren (im Gegensatz zu Nassvergärungsverfahren) zum Einsatz kommen sollen. 5.3. Szenario Zentrale MBA für ganz Tirol im Raum Innsbruck Im Rahmen der Abfallmengenanalyse wurde ein Massenstrom von ~125.000 t/a als geeignet für die Behandlung in MBA s eingestuft. Aufgrund der Vorteile eines Einbezugs von Anaerobstufen in das Anlagenkonzept (s.o), des Erfordernisses der Minimierung stark belasteter Rotteabluftmengen aus der Intensivrotte durch Umluftführung und Kapselung und aufgrund der Tatsache, dass für die Nachrottephase bei der genannten Anlagenkapazität das Tafelmietenverfahren aller Voraussicht nach ökonomischer ist als Tunnelrotten oder ähnliches wird für die zentrale MBA das auf der folgenden Seite dargestellte Anlagenkonzept empfohlen.

23 Restmüllanlieferung Zwischenlagerung (Bunker) Zerkleinerung (Hammermühle, Walzenzerkleinerer,..) Grobsiebung (Siebtrommel, Siebschnitt ~ 80mm) Siebüberlauf Siebüberlauf Fe-Metallabscheider Fe-Metallabscheidung, evtl. Nachzerkleinerung stoffliche Verwertung Trockenfermentation 2-3 Wochen Tunnelrotte, ~2 Wochen Nachrotte Tafelmiete, 4-6 Wochen Feinsiebung (Siebtrommel, Siebschnitt 20-30mm) thermische Behandlung/ thermische Verwertung DEPONIE Abb. 6:Empfohlenes Verfahrensschema für MBA-Großanlagen 5.4. Szenario Dezentrale MBA s Bei diesem Szenario wird von der Errichtung von 4 MBA s in Tirol ausgegangen: MBA Westtirol für die Bezirke Landeck und Imst: In dieser Anlage werden jene Abfälle behandelt, die derzeit auf den Deponien Roppen II und Sölden deponiert werden und als Eingangsfraktion für eine MBA geeignet sind. Diese Mechanisch- Biologische Abfallbehandlungsanlage müsste auf einen jährlichen Durchsatz von ~16.000 Tonnen ausgelegt werden. MBA Zentralraum Innsbruck: Hier soll der Restmüll und betriebliche, für die Behandlung in MBA s geeignete, Abfälle der Bezirke Innsbruck Stadt, Innsbruck Land und Schwaz behandelt werden. Die MBA im Innsbrucker Großraum wäre mit einer Jahreskapazität von ~ 75.000 Tonnen die mit Abstand größte Tiroler MBA.

24 MBA für die Bezirke Kufstein und Kitzbühel: Es bietet sich z.b. eine Erweiterung der bestehenden MBA in Kufstein an, um sämtliche für eine Behandlung in einer MBA geeigneten Abfälle der Bezirke Kufstein und Kitzbühel aufbereiten zu können. Anhand der Deponiestatistiken der Deponien Wörgl- Riederberg und Jochberg und der bereits jetzt in der MBA Kufstein behandelten Abfallmengen lässt dich die erforderliche Anlagenkapazität auf etwa 30.000 Tonnen/Jahr schätzen. MBA für Osttirol: Diese Anlage dient der Behandlung des Restmülls und bestimmter betrieblicher Abfälle des Bezirks Lienz; es gilt als wahrscheinlich, dass im Falle der Errichtung und des Betriebs einer MBA bei Lienz die bestehende Kooperation mit dem Abfallwirtschaftsverband Westkärnten fortgeführt wird. Werden nur Osttiroler Abfälle in der MBA behandelt, so wäre die Anlage auf einen Jahresdurchsatz von etwa 7.000 Tonnen zu dimensionieren, im Falle einer Mitbehandlung von Abfällen des Verbandes Westkärnten auf etwa 11.000 13.000 t/a. Anlage Einzugsgebiet Kapazität [t/a] MBA Westtirol Bezirke Landeck und Imst ~16.200 MBA Zentralraum IBK Bezirke Innsbruck, Innsbruck Land, Schwaz ~73.700 MBA Kufstein Kitzbühel Bezirke Kufstein und Kitzbühel ~28.800 MBA Osttirol (ohne Westk.) Bezirk Lienz ~ 6.800 Gesamtmenge Tirol ~125.500 MBA Osttirol (mit Westk.) Bezirke Lienz, Westkärnten ~11.000 13.000 Tab. 3: Anlagekapazitäten beim dezentralen Restmüllsplitting-Konzept Man erkennt, dass im Vergleich zur MBA im Großraum Innsbruck alle anderen MBA s deutlich geringere Jahresdurchsätze aufweisen würden. Aus diesem Grund wird nur für die MBA bei Innsbruck das gleiche Anlagenkonzept wie für die zentrale MBA für ganz Tirol empfohlen. Das für die anderen kleineren MBA s empfohlene Verfahrensschema weicht davon insofern ab, als die 2. Rottephase (Nachrotte) aufgrund des geringen Durchsatzes nicht nach dem Tafelmietenverfahren, sondern ebenfalls nach dem Tunnelrotteverfahren stattfindet. 5.5. Emissionen und Kosten Die Emissionen und Kosten der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung wurden im Rahmen der gegenständigen Studie natürlich ebenfalls ausführlich untersucht. Die Ergebnisse werden zusammenfassend im Zuge eines direkten Vergleichs mit den anderen Restmüllentsorgungsszenarien in Kapitel 11 dargestellt.

25 6. Thermische Abfallbehandlung 6.1. Grundlagen der thermischen Abfallbehandlung Eine thermische Behandlung von Restabfällen erfolgt unter den im folgenden beschriebenen Zielsetzungen: o Reduktion des zukünftig erforderlichen Deponievolumens auf etwa 1/7 des für die Deponierung unbehandelter Restabfälle benötigten Volumens. o Thermische Zerstörung organischer Schadstoffe. o Thermische Oxidation organischer, biologisch verfügbarer Materialien in einem gezielten überwachten Prozess; auf der Deponie würden diese organischen Materialien über Jahrzehnte bis Jahrhunderte hinweg durch Mikroorganismen um - bzw. abgebaut werden und auf diese Weise zu hohen Sickerwasserbelastungen und zur Bildung erheblicher Mengen treibhauswirksamer Deponiegase führen. o Fixierung von Schwermetallen in stofflichen Senken (Schlacke, Flugasche, Rauchgasreinigungsprodukte). Zur obertägigen Deponierung sollen nur noch die MVA - Schlacken gelangen, die aufgrund ihrer speziellen chemischen Zusammensetzung eine Auswaschung von Schwermetallen langfristig unterbinden. o Nutzung der beim Verbrennungsprozess freiwerdenden Energie (Strom, Fernwärme, Industriewärme). 6.2. Technologien der thermischen Abfallbehandlung Die Rostfeuerung ist das am häufigsten verwendete Verfahren zur thermischen Behandlung von unaufbereitetem Hausmüll und hausmüllähnlichen betrieblichen Abfällen. In Österreich kommt dieses Verfahren für die genannten Abfälle bisher konkurrenzlos zum Einsatz. Die Verbrennung der Abfälle erfolgt dabei auf einem Verbrennungsrost. Im Zuge der Abkühlung der Rauchgase im sogenannten Abhitzekessel wird Heißdampf gebildet, der z.b. durch den Antrieb einer Dampfturbine zur Umwandlung in elektrische Energie herangezogen werden kann; dabei ist jedoch eine Ausnutzung der bei der Abfallverbrennung freiwerdenden Energie nur in einem Ausmaß von etwa 20% möglich. Höhere energetische Wirkungsgrade von bis zu etwa 75% erzielt man mit Hilfe der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung. Dabei wird der Heißdampf zunächst zur Teilverstromung einer Entnahme-Kondensationsturbine zugeführt; je nach Bedarf der Wärmeverbraucher (Fernwärmenetz, Industriebetriebe) wird eine Teilmenge des Dampfes nach Teilentspannung in der Turbine entnommen und entweder direkt in das Heißdampfnetz eines Industriebetriebes eingespeist oder dessen Energiegehalt über eine Wärmetauschergruppe an ein Fernwärmenetz abgegeben. Wirbelschichtanlagen unterscheiden sich von Rostfeuerungsanlagen praktisch nur durch die Feuerraumgestaltung: die Abfälle werden nicht auf einem Verbrennungsrost, sondern in einer sogenannten Wirbelschicht (eine durch Luftzufuhr von unten in Schwebe gehaltene Sandschicht) thermisch behandelt, weshalb an die zugeführten Abfälle höhere Anforderungen gestellt werden als bei Rostfeuerungen. Bezüglich des

26 Heizwertes der eingebrachten Abfälle sind Wirbelschichtanlagen sehr flexibel und ermöglichen dadurch sowohl die Beschickung mit Klärschlamm als auch z.b. mit heizwertreichen Kunststoffabfällen. Bei Hausmüll müsste jedenfalls eine Vorsortierung zur Abscheidung von Störteilen, eine Zerkleinerung und die Abscheidung von Fe- Metallen vorgesehen werden. Der Einsatz von Wirbelschichtöfen würde sich daher primär bei Umsetzung des Restmüllsplittingkonzeptes zur thermischen Behandlung der heizwertreichen Fraktion aus den MBA s, des zu entsorgenden zerkleinerten Sperrmülls und der heizwertreichen (gegebenenfalls vorzerkleinerten) betrieblichen Abfälle (betriebliche Abfälle für direkte Verbrennung) anbieten. Neben der Rostfeuerung und der Wirbelschichtfeuerung wurden auch weitere alternative thermische Abfallbehandlungsverfahren entwickelt. Ein wesentlicher Vorteil dieser Verfahren (Schwel-Brenn-Verfahren, Thermoselect-Verfahren und RCP - Verfahren) ist die Tatsache, dass die Schlacke im schmelzflüssigen Zustand abgezogen wird und durch eine Abschreckung im Wasserbad verglast. Dadurch werden Schwermetalle und Salze glasartig und wasserunlöslich in die Schmelze eingebunden, wodurch das entstandene Granulat ohne Nachsorgeaufwand deponiert werden kann. Auch eine stoffliche Verwertung des Granulats, z.b. als Zuschlagstoff für Beton oder im Straßenbau, ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand als unproblematisch zu bezeichnen. Von Nachteil ist, dass bei den alternativen thermischen Verfahren der Anteil der möglichen externen Energieabgabe (Stromeinspeisung, Fernwärme) aufgrund des höheren energetischen Eigenbedarfs der Anlagen geringer ist als bei klassischen Rostfeuerungsanlagen. Darüber hinaus konnte bisher für die alternativen thermischen Verfahren der Nachweis eines längerfristigen Dauerbetriebes unter Volllast noch bei keiner großen Anlage erbracht werden. Aufgrund der vorliegenden langjährigen Praxiserfahrung zahlreicher Anlagen ist das Verfahren der thermischen Abfallbehandlung in Rostfeuerungsanlagen sicherlich die ausgereifteste Methode. Der Einsatz alternativer Verbrennungstechnologien ist daher nur dann überlegenswert, wenn eine gezielte stoffliche Verwertung eines Großteils der Reststoffe der Verbrennungsanlage angestrebt wird. 6.3. Rauchgasreinigung Die für Müllverbrennungsanlagen gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte sind im Vergleich zu den Grenzwerten für Industriebetriebe mit Abstand die strengsten. Hinzu kommt, dass die Behörde im Genehmigungsbescheid die Umsetzung des Standes der Technik vorzuschreiben hat, der teilweise (je nach Schadstoff verschieden) eine beachtliche Unterschreitung der gesetzlichen Grenzwerte ermöglicht. Die bescheidmäßigen Emissionsgrenzwerte sind also niedriger als die ohnehin strengen gesetzlichen Emissionsgrenzwerte. Der Anlagenbauer der MVA muss dem Bauherrn bzw. Betreiber der MVA Garantiewerte für die Emissionen zusichern, welche die bescheidmäßig aufgetragenen Emissionsgrenzwerte zumindest einhalten. Um diese Garantie abgeben zu können müssen die tatsächlichen Emissionsbetriebswerte der Anlage in aller Regel noch deutlich unter den Garantiewerten liegen.

27 Man kann also davon ausgehen, dass die Emissionsbetriebswerte von Müllverbrennungsanlagen durch den sehr weit entwickelten Stand der Rauchgasreinigungstechnik deutlich unter den gesetzlich geforderten Emissionsgrenzwerten liegen. 6.4. Emissionen und Kosten Die Emissionen und Kosten der thermischen Abfallbehandlung und die durch Ausnutzung der Müllverbrennungsenergie (Fernwärme, Dampfabgabe) substituierbaren Emissionen wurden im Rahmen der gegenständigen Studie natürlich ebenfalls ausführlich untersucht. Die Ergebnisse werden zusammenfassend im Zuge eines direkten Vergleichs mit den anderen Restmüllentsorgungsszenarien in Kapitel 11 dargestellt.