Herbert Giersch Stiftung Frankfurt/M., 26. Mai 2014 16. Wirtschaftspolitisches Symposium: Schwierige Weichenstellungen Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB Prof. Dr. Stefan Kooths Prognose-Zentrum und Büro Berlin 1 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Geldpolitik: Überlastet Quelle: F.A.Z., 26. Oktober 2011, p. 11 2 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Geldpolitischer Aufgabenzuschnitt Tinbergen-Regel» Ein Ziel, ein Instrument, ein Träger Generisches Ziel» Tauschmittelbereitstellung ( Geldwertstabilität ) Moderne Ziele» Konjunkturglättung (Arbeitslosigkeit)» Wettbewerbsfähigkeit (Wechselkurs)» Staatsfinanzierung/Monetisierung von Staatsschulden (Inflation)» Finanzmarktstabilisierung (Risikoprämien, LoLR) Zielkonflikte 3 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Monetäre Krisen- und Konjunkturtheorie Massive Kapitalstockverzerrung als realwirtschaftlicher Hintergrund von Finanzkrisen» Ursache: Systematische Fehlinvestitionen» Nicht-monetärer Natur (aber monetären Ursprungs)» Krisen als schmerzhafter Bereinigungsprozess» Monetäre Manöver verschärfen das Problem Exzessive Fristentransformation» Ausweichen der Investoren vor finalem Kapitalmarkttest» Risikoverlagerung in die Bankbilanzen» Gefahr der Überinvestition» Fehldiagnose Illiquidität 4 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Spanien: Wert des (marktfähigen) Kapitalstocks? 4000 3500 3000 Bn. Euro Net fixed capital formation (rhs) Net capital stock (2005 prices) Bn. Euro No level shift 500 450 400 350 2500 300 2000 250 1500 200 1000 150 100 500 50 0 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 0 Source: AMECO Database. 5 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Spanien: Produktionspotenzial ohne Kapitalstockkorrektur? 1200 1000 Bn. Euro Percentage points Positive contributions to potential growth 4 3 2 800 1 0 600 400 2006-2008 output gap nowcast/forecast: -0.9 to -1.3 % -1-2 -3 200 0 Output gap Potential output Gross domestic product at 2005 market prices 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Source: European Commision, AMECO and CIRCA databases. -4-5 -6 6 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Konzeption/Instrument der Geldpolitik Zinssteuerung» Zins: Zentrales Preisverhältnis im Kapitalismus Zukunftsgüter vs. Gegenwartsgüter (IS-Koordination) Zeitpräferenzrate» Taylor-Referenzmaß: Kapitalstock- und Potenzialproblematik via Auslastungsschätzung» Instabilität der Geldnachfrage? (Geldnachfrager sind unerreichbar für Geldanbieter) Geldmengensteuerung» Verstetigung» Jede Geldmenge ist optimal 7 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Referenz für die Zinspolitik der EZB 10 Percent Short term interest rate Taylor rate 8 6 4 2 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015-2 -4 Annual data. Source: ECB, European Commission, IfW calculations. 8 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Aktive Konjunkturstabilisierung und Krisenbekämpfung Zinsverzerrungen als Auslöser von Schwankungen Kapitalstock- und Produktionsstruktureffekte» Überzogenes Aggregationsdenken» Produktionsstruktur vs. Nachfragevektor Europäische Arbeitslosigkeit kein konjunkturelles Problem Niedrigzinspolitik als Antwort auf Kapitalstockkrisen? 9 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Außenwertorientierte Geldpolitik Geldpolitik als Ersatz für Strukturreformen und Relativpreisanpassungen Szenarien» Abwertungswettlauf ( Währungskrieg )» Permissive Weltzentralbankenunion (Überschuldungsproblematik als globales Phönomen) Ergebnis: Ökonomisches Chaos 10 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Staatsfinanzierung/Monetisierung von Staatsschulden Formal unterbunden, aber: Welche Regeln gelten noch? Indirekt via Geschäftsbanken (Refinanzierungsgeschäfte) Ohne Kreditwürdigkeitsprüfung durch Kapitalmärkte keine Budgetrestriktion für Staaten Monetisierung ist keine Finanzierung Entschuldung mit geringsten (weil versteckten) politischen Kosten aber: Möglichkeit eines monetären Fukushima Wahrscheinlichstes Szenario? 11 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Finanzmarktstabilisierung (1/2) Kreditausfälle bedrohen Zahlungssysteme» Kreditbasiertes Geld droht mit faulen Krediten unterzugehen» Produktive Liquidationslösung wird blockiert» Zombie-Unternehmen bleiben am Markt Stresstests und Kreditvergabekontrolle» Wissen über Kreditwürdigkeit an zentraler Stelle?» Risikoschätzung auf der Basis von Vergangenheitsmaßen (ohne Informationsgehalt in Krisensituationen)» Einheitliche Bewertungsmodelle (Herdenverhalten)» De-facto Garantie für zukünftige Bail-outs Gefahr des regulatorischen Overkills 12 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Finanzmarktstabilisierung (2/2) Zentralbank als selbstreferentieller Lender of Last Resort» Hohe Kollateralanforderungen bei Zentralbankgeschäften» Kursstabilisierung durch die Zentralbank (OMT u.ä. )? Ausfallsichere Staatspapiere» Antikapitalistisches Ruhekissen für Anleger» Vermögen wird seiner volkswirtschaftlichen Funktion entkernt Retablierung des Haftungsprinzips (Risikokanäle durch die Bankbilanzen)» CoCo-Bonds (Nichtbankensektor als Risikoträger)» Beschränkung der Fristentransformation» 100-Prozent-Banking und verstetigte Zentralbankgeldschöpfung 13 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Epochenbetrachtung Entwicklung des Geldwesens» Häufige monetäre Umwälzungen» aber jenseits des Radars der hochfrequenten Konjunkturbeobachtung» Keine Tendenz zu einem steady-state Globales Geldsystem» Kennzeichen Kreditdeckung Teilreservesystem Staatliche, zumeist unabhängige Zentralbanken» Kurze Periode (43 Jahre)» Keineswegs normal oder natürlich» Krisenanfälligkeit Systemfrage vs. Kurs der operativen Geldpolitik 14 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
Reprivatisierung der Geldproduktion? http://www.libinst.ch/?i=das-ungeahnte-potenzial http://www.libinst.ch/?i=das-ungeahnte-potenzial 15 KOOTHS: Geldpolitik Mandat und Möglichkeiten der EZB
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