Ambulante Behandlung suchtkranker Menschen Die vergessene Mehrheit zwischen niedergelassenen Ärzten und Suchthilfe 14. Juni 2003
Teilpopulationen und Interventionstypen in der Versorgung von Menschen mit Alkoholproblemen nach G. Wienberg
Alkoholkonsum in den letzten 12 Monaten Bundesstudie 1998
Patienten mit Alkoholproblemen in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern In Arztpraxen ca. 17% In Allgemeinkrankenhäuser ca. 20% Innerhalb der letzten Zu einem früheren Innere Medizin Chirurgie 12 Monaten 12% Zeitpunkt 5,3% 20,7% 16,0%
Alter in Jahren Zweiklassenmodell der unterschiedlichen Lebenserwartung der Bevölkerung 100 50 25 Normalbevölkerung Suchtkranke Integrierte Darstellung
Missbrauch Abhängigkeit Psychische Fixierung Körperliche und psychische Entzugssymptomatik Schädlicher Gebrauch Alkoholtoxische Organschädigung
Substanzmissbrauch A. Ein unangepasster Substanzmissbrauch mit klinischen bedeutsamen Beeinträchtigungen, mit mindestens einem der folgenden Kriterien in den letzten 12 Monaten: 1. Wiederholter Substanzgebrauch, mit der Folge des Versagens bei Verpflichtungen bei Arbeit, Schule oder zu Hause 2. Wiederholter Substanzmissbrauch in Situationen, mit der Folge der körperlichen Gefährdung (z.b. Straßenverkehr) 3. Wiederholte Probleme mit dem Gesetz als folge des Substanzgebrauch 4. Fortgesetzter Substanzgebrauch trotz ständiger oder wiederholter sozialer Probleme als folge des Substanzkonsums (z.b. Ehekonflikte) B. Die Symptome haben nie die Kriterien der Substanzabhängigkeit erfüllt
Kriterien für Abhängigkeit nach ICD - 10 Nachweis einer Toleranzentwicklung ( gesteigerte Drogenaufnahme bei gleicher Wirkung ) Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums ( unzureichende Kontrolle ) Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren ( Suchtverlangen ) Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums ( Einengung des Verhaltens auf den Substanzkonsums ) Anhaltender Substanzkonsum trotz eindeutig schädlicher Folgen im körperlichen, psychischen oder sozialen Bereich
Entzugssyndrom 1. Somatische (vegetative) Parameter 2. Neurologische Parameter 3. Psychische Parameter
1. Somatische (vegetative) Parameter - Hoher Blutdruck - Tachykardie - Magen Darm Motilitätsstörungen - Schweißausbruch / Schwitzen
2. Neurologische Parameter - Mydriasis - Tremor - Hyperreflexie - Koordinationsstörungen - Krampfanfälle
3. Psychische Parameter - Psychomotorische Unruhe - Insomnie - Denkstörungen - Orientierungsstörungen - Erhöhte Suggestibilität - Wahnvorstellungen - Halluzinationen - Bewusstseinsstörungen / Delir
Alkoholkonsumptionsmuster nach Trinkmengen 1. Abstinenz- risikoarmer Konsum 3. Gefährlicher Konsum Männer 0 30 g reinen Alkohol / Tag Frauen 0 20 g reinen Alkohol / Tag Männer 60 120 g reinen Alkohol / Tag Frauen 40-80 g reinen Alkohol / Tag 2. Riskanter Konsum 4. Hochriskanter Konsum Männer 30 60 g reinen Alkohol / Tag Frauen 20 40 g reinen Alkohol / Tag Männer über120 g reinen Alkohol / Tag Frauen über 80 g reinen Alkohol / Tag
Durch Umrechnung des Alkoholgehaltes der tägliche konsumierten Getränke in Gramm Reinalkohol und Vergleich mit den geltenden Grenzwerten kann eingeschätzt werden, ob der Alkoholkonsum eines Patienten gefährlich ist.
Manifeste alkoholtoxische Organschäden 1. Hepatose 2. Pankreatitis ( akut bzw chronische exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz 3. chronische Gastritis 4. alkoholtoxische Polyneuropathie ( sensibel, motorisch - mit Myatrophie -, autonom) 5. Hirnorganische Schädigung ( z.b. Wernicke Encephalopathie Hirnatrophie) 6. den Alkoholkonsum begleitende hirnorganische Anfälle 7. Alkoholpsychosen und Korsakoff Syndrom 8. endokrine Störungen (Nebennieren- Keimdrüsenschädigung) 9. Kardiale Schädigungen ( Kardiomyopathie, Rhythmusstörungen, Alkohol assoziierte Hypertonie ) 10. Blutbildschädigung ( Thrombocytopenie, hämolytische Anämie Zieve Syndrom) 11.Gestationsstörungen ( Alkohol assoziierte Embryopathie )
Alkoholassoziierte Komorbilität Symptomatik - Krankheit Angst Depression Borderlinestörung Anpassungs- und Beziehungsstörung Antisoziale Persönlichkeitsstörung Affektive Störung Suizidalität Fachgebiet Psychotherapie Psychatrie / Psychotherapie Psychotherapie Psychotherapie Psychatrie / Psychotherapie Psychatrie Psychatrie Hyperkinetisches Herzsyndrom Holyday Heart Syndrom Innere Medizin Innere Medizin Schädelhirntrauma Frakturen Distorsionen Hämatome Offene Wunden Unfallchirurgie / Neurologie Unfallchirurgie Unfallchirurgie Unfallchirurgie Unfallchirurgie
Alkoholkonsum Bewusst gewohnheitsmäßig unreflektiert Entgegen der bewussten Entscheidung Appetit auf einen Drink bei festlichen Gelegenheiten Craving Kontrollverlust Angst vor dem Entzug
Bei Ärzten und Pflegepersonal herrschen die Vorurteile, dass Suchtpatienten vorsätzlich und völlig freiwillig ihr Leben zerstören und es somit eigentlich nicht verdient haben im Krankenhaus versorgt zu werden. Schließlich müssten sie ja nur aufhören ihre Suchtmittel einzunehmen M-P Krankenschwester, 6. 10. 2001 Alkoholismus ist eine gesellschaftlich und biologisch (möglicherweise auch genetisch) bedingte Krankheit mit behandlungsbedürftigem hirnorganischem Korrelat- unabhängig von der jeweils individuellen Mitverantwortung für den Krankheitsverlauf
Substanzmissbrauch A. Ein unangepasster Substanzmissbrauch mit klinischen bedeutsamen Beeinträchtigungen, mit mindestens einem der folgenden Kriterien in den letzten 12 Monaten: 1. Wiederholter Substanzgebrauch, mit der Folge des Versagens bei Verpflichtungen bei Arbeit, Schule oder zu Hause 2. Wiederholter Substanzmissbrauch in Situationen, mit der Folge der körperlichen Gefährdung (z.b. Straßenverkehr) 3. Wiederholte Probleme mit dem Gesetz als folge des Substanzgebrauch 4. Fortgesetzter Substanzgebrauch trotz ständiger oder wiederholter sozialer Probleme als folge des Substanzkonsums (z.b. Ehekonflikte) B. Die Symptome haben nie die Kriterien der Substanzabhängigkeit erfüllt
Kriterien für Abhängigkeit nach ICD - 10 Nachweis einer Toleranzentwicklung ( gesteigerte Drogenaufnahme bei gleicher Wirkung ) Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums ( unzureichende Kontrolle ) Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren ( Suchtverlangen ) Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums ( Einengung des Verhaltens auf den Substanzkonsums ) Anhaltender Substanzkonsum trotz eindeutig schädlicher Folgen im körperlichen, psychischen oder sozialen Bereich
Patient mit Alkoholproblemen - Spricht den Therapeuten nicht von sich aus auf seinen Alkoholkonsum an - Lehnt Diagnose Alkoholismus ab / Verweigert Alkoholabstinenz - Verleugnet Alkoholmissbrauch / Bagatellisiert Alkoholkonsum - Rationalisiert Alkoholtrinken - Projiziert schädliche Folgen des Alkoholkonsum auf Andere / Verschiebung - Große Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit - Fehlender Realitätssinn - Schwere Abgrenzbarkeit gegenüber der Umgebung - Vereinnahmung / Polarisierung und Pauschalisierung - Autarkie - Abhängigkeitskonflikt
Patientenbezogene Vorteile Nachteile Bilanzierung des Drogenkonsums und Abstinenz Drogenkonsum Vorteile - Entspannung - Lockerung im sozialen Rahmen - Anregung - Kreativitätssteigerung - Soziale Anerkennung Nachteile - Entgleisung - Minderung der geistigen Funktion - Gefahren im Straßenverkehr - Fehler im beruflichen Bereich - Konflikte, Aggressionen, Katerzustände, verlorene Zeit
Patientenbezogene Vorteile Nachteile Bilanzierung des Drogenkonsums und Abstinenz Abstinenz Vorteile - Keine sozialen Komplikationen - Klaren Kopf - Schäden kommen zum Stillstand - Körper regeneriert sich - Sozialer Aufbau ist möglich - Keine Schuld- und Schamgefühle Nachteile - Veränderungsstreß - Keine Feiern mehr möglich - Erklärungsbedürftigkeit der Abstinenz
Watzlawick - Axiome I. Man kann nicht Nichtkommunizieren Ich möchte in Ruhe gelassen werden Der geniert sich aber. Ist wohl betrunken
Watzlawick - Axiome II. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt, derart, dass Letzterer den Ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist. Prosit
Watzlawick - Axiome III. Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt Ich trinke, weil ich mit meiner Frau Probleme habe. Ich komme mit meinem Mann nicht aus, weil er trinkt
Watzlawick - Axiome IV. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Ungleichheit beruht. Geliebt, geraucht, gesoffen, jetzt alles vom Doktor hoffen. Ich bin am Ende, mir zittern schon die Hände.
Watzlawick - Axiome Double Bind Paradoxe Kommunikation Ein Gläschen in Ehren, kann niemand verwehren. NEIN DANKE!
Hierarchie der Therapieziele nach Körkel 1988 7. Abstinenz in Zufriedenheit 6. Abstinenz 5. Streckung abstinenter Phasen 4. Minderung von (polyvalenten) Konsumphasen 3. Minderung von riskanten Konsummustern 2. Behandlung von Begleiterkrankungen 1. Überleben und Minderung vitaler Risken
Auftragskontext des Patienten Versicherung Sie sind krank, aber Sie müssen mitarbeiten. Partner Werde nüchtern, aber bleibe wie du bist. Arbeitgeber Arbeiten sie weiter, aber trinken Sie nicht mehr. Eltern Sei ein guter Sohn, aber du schaffst es nicht ohne uns. Therapeut Ich helfe Ihnen. Aber erst müssen sie abstinent sein, dann kann ich Ihnen helfen, abstinent zu bleiben. Patient Ich will abstinent sein, muß aber trinken. Kinder Sei wieder ein Vater, aber lass uns endlich in Ruhe. Öffentlichkeit Er soll sich helfen lassen, aber er soll was unternehmen.
Auftragskontext des Therapeuten Eltern Patient / Klient Angehörige Geh deinen Weg, aber sei so wie wir. Kollegen Sei ein guter Kollege, aber nicht besser als wir. Wissenschaft Handle rational, aber wir brauchen mehr Forschung. Ich will nicht mehr trinken, ich will mich aber nicht ändern. Therapeut Ich will heilen, sehe aber Rückfälle. Machen Sie unsere(n) Liebe(n) wieder gesund, aber lassen Sie Ihn so wie er ist Institutionen Bei uns denk man so: Für Anregungen sind wir dankbar, aber was das ist bestimmen wir. Partner Sei erfolgreich und sei für mich da. Kassen Leisten Sie beste Qualität, aber kosten soll es nicht mehr. Träger Die Betten müssen voll sein, aber Ihr müsst aufnehmen können
Fünf Prinzipen der motivierenden Gesprächsführung Prinzip 1: Empathie ausdrücken Akzeptanz erleichtert Veränderung, Aktives Zuhören ist unentbehrlich Prinzip 2: Diskrepanzen entwickeln Das Bewußtsein über Konsequenzen des Verhalten ist wichtig. Eine Diskrepanz zwischen dem derzeitigem Verhalten und wichtigen Zielen fördert die Veränderungsbereitschaft. Der Klient sollte die Argumente zur Veränderung selbst liefern.
Prinzip 3: Beweisführungen vermeiden Beweisführungen sind kontraproduktiv. Vorwürfe erzeugen Abwehr. Widerstand ist ein Signal, die Strategie zu ändern. Etikettierungen sind unnötig. Prinzip 4: Den Widerstand aufnehmen Impulse des Klienten können positiv genutzt werden. Wahrnehmungen können umgelenkt werden. Neuen Sichtweisen werden vorgestellt, nicht vorgeschrieben. Klienten sind kompetente Ratgeber bei der Lösung von Problemen.
Prinzip 5: Selbstwirksamkeit fördern Der Glaube an die Möglichkeit, sich zu verändern zu können, ist eine wichtige Motivationsquelle. Der Klient ist für die Entscheidung zu Veränderung und ihrer Durchführung verantwortlich. Das große Angebot an alternativen Behandlungsmethoden macht Mut.
Sechs Stadien der Veränderung Dauerhafter Ausstieg Rückfall Absichtslosigkeit Aufrechterhaltung Absichtsbildung Handlung Vorbereitung
Stadien der Veränderung nach dem Transtheoretischen Modell Absichtslosigkeit Absichtsbildung Vorbereitung Handlung Aufrechterhaltung
Absichtslosigkeit: Lassen Sie Zweifel aufkommen erhöhen sie bei Ihrem Klienten die Wahrnehmung von Problemen und Risiken in Bezug auf sein derzeitiges Verhalten Absichtsbildung: Irritieren Sie das Gleichgewicht zwischen dem Wunsch nach Veränderung und dem Wunsch alles bei alten zu lassen. Arbeiten Sie Veränderungsgründe und Risiken der Beibehaltung des Suchtverhaltens heraus. Stärken Sie das Selbstvertrauen im Hinblick auf eine Veränderung des derzeitigen Verhaltens.
Vorbereitung: Helfen Sie dem Klienten, sich für den besten Weg bei der Suche nach Veränderung zu entscheiden. Handlung: Helfen Sie dem Klienten, geeignete Schritte in Richtung Veränderung zu unternehmen. Aufrechterhaltung: Helfen Sie dem Klienten, geeignete Strategien zu entwickeln und einzusetzen, um Rückfällen vorzubeugen.
Kognitive Umstrukturierung ICH BIN EINSAMM nach Schneider 1996 - Keiner Besucht mich. Wer würde sich über meinen Besuch freuen? - Keiner schreibt mir. Wer freut sich über ein paar Zeilen von mir? - Keiner hört mir zu. Wer würde sich freuen, wenn ich ihm zuhören würde? - Keiner fährt mit mir in den Urlaub. Wen könnte ich mit in den Urlaub nehmen? - Keiner will meine Hilfe. Von wem würde ich Hilfe annehmen? - Keiner hat eine Aufgabe für mich. Was würde mir Spaß machen? - Keiner fragt mich um Rat. Wen versuche ich zu verstehen? - Keiner vermisst mich. An wen denke ich? - Keiner nimmt mich in den Arm. Wem vertraue ich mich an? - Keiner lacht mich an. Wem schenke ich mein Lachen?
Strukturmodell der Versorgung von Menschen mit Alkoholproblemen in Deutschland nach G. Wienberg
Rolle des Hausarztes in der medizinischen Versorgung Alkoholkranker Suchtfachklinik Nervenarzt / Psychiater / Psychotherapeut Suchtberatungsstelle Therapeut Akutklinik Hausarzt Casemanager Selbsthilfegruppe Betriebsarzt Psychiatrische Klinik Patient Familientherapie
Danke für Ihre Aufmerksamkeit