Zu den vorgeschlagenen Regelungen im Einzelnen: Zu 1 des Entwurfs (Begriff):



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Transkript:

Centrale für Mediation Gustav-Heinemann-Ufer 58 D-50968 Köln Postfach 511026 D-50946 Köln Telefon (0221) 93738-821 Fax (0221) 93738-926 www.centrale-fuer-mediation.de cfm@mediate.de Köln, im Juni 2007 Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP über die Einführung eines niedersächsischen Mediations- und Gütestellengesetzes sowie zur Änderung anderer Gesetze Stand 11.04.2007 Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP im niedersächsischen Landtag verfolgt das Ziel, die Streitkultur in Deutschland zu verbessern und die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern. Diese Ziele verdienen grundsätzlich uneingeschränkte Unterstützung. Man mag darüber streiten, ob es zur Erreichung der genannten Ziele notwendig ist, ein eigenes Mediationsgesetz zu verabschieden. Die damit einhergehende staatliche Regulierung der Profession führt unvermeidlich zu Einbußen bei der kreativen Fortentwicklung dieser Methode der Konfliklösung. Immerhin sind gesetzgeberische Maßnahmen dazu geeignet, die Verbreitung konsensualer Streitbeilegungsverfahren zu fördern. Erfahrungen in benachbarten europäischen Ländern wie Österreich, Spanien, Frankreich, Liechtenstein und Finnland scheinen zu belegen, dass die Einführung von Mediationsgesetzen die Akzeptanz dieses Konfliktbeilegungsverfahrens verbessert. Bedenken erregt allerdings der Umstand, dass hier eine Regelung auf Landesebene, allein für das Land Niedersachsen getroffen werden soll. Wenn die Mediation schon einer gesetzlichen Regelung zugeführt wird, dann wäre eine bundeseinheitliche Regelung wünschenswert. Das Land Niedersachsen selbst könnte den Anstoß für eine bundeseinheitliche Regelung geben, indem es eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen und sich mit anderen Bundesländern abstimmen würde. Die Konferenz der Landesjustizminister könnte mit diesem Projekt befasst werden und ein gemeinsames Mandat für eine Gesetzesinitiative erteilen.

Zu den vorgeschlagenen Regelungen im Einzelnen: Zu 1 des Entwurfs (Begriff): Die in 1 des Gesetzentwurfs enthaltene Definition der Mediation bedarf der Präzisierung: Insbesondere sollte klargestellt werden, dass der Mediatorin oder dem Mediator keinerlei Entscheidungsbefugnis zukommt. Dies ist der zentrale Unterschied zwischen der Mediation einerseits und der gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Auseinandersetzung andererseits. Er gehört in die Definition der Mediation. Darüber hinaus sollte auf den Hinweis verzichtet werden, dass an dem Konflikt "zwei oder mehrere sich streitende Parteien" beteiligt sein können. Es erscheint selbstverständlich, dass die Mediation mehr als zwei Parteien umfassen kann. Insofern besteht keinerlei Klarstellungsbedarf. Umgekehrt legt die Erwähnung möglicher Pluralität auf Seiten der Parteien, nicht aber auf Seiten des Mediators, den Schluss nahe, dass eine Mediation nicht von mehr als einer Mediatorin oder einem Mediator durchgeführt werden kann. Damit würde die sogenannte Co- Mediation ausgeschlossen. Dies ist sicher nicht gewollt. Vorschlag für eine Neuformulierung des 1: "Mediation ist eine Form der autonomen Konfliktregelung, bei der die beteiligten Parteien mit Hilfe eines fachlich ausgebildeten allparteilichen Dritten ohne Entscheidungsbefugnis (Mediatorin oder Mediator) eine einvernehmliche Lösung anstreben". Zu 2 des Entwurfs (Anerkennung als Mediatorin oder Mediator): Die Einführung einer Liste von (staatlich) anerkannten Mediatorinnen und Mediatoren ist grundsätzlich zu begrüßen. Dem Grundgedanken der Mediation als autonomes Konfliktregelungsverfahren hätte es allerdings besser entsprochen, eine solche Liste von den Mediationsverbänden im Wege verbandsübergreifender Zusammenarbeit erstellen und verwalten - 2 -

zu lassen. Allerdings bestehen berechtigte Zweifel, ob die Verbände einer solchen Aufgabe gewachsen gewesen wären. Deshalb erscheint der Vorstoß des niedersächsischen Gesetzgebers konsequent und richtig. Bedenken bestehen insofern, als die Bezeichnung als "staatlich anerkannte Mediatorin" oder "staatlich anerkannter Mediator" keinerlei Hinweis darauf enthält, dass sich die staatliche Anerkennung nur auf das Bundesland Niedersachsen bezieht. Die Bezeichnung weckt im Gegenteil den Eindruck, als gelte die staatliche Anerkennung im gesamten Bundesgebiet. Dies ist jedoch nicht der Fall und sollte vom niedersächsischen Gesetzgeber auch entsprechend klargestellt werden. Nach dem Entwurf ist fraglich, ob auch Richtermediatoren staatlich anerkannt im Sinne des Gesetzesentwurfs sein können. Dagegen spricht, dass sie keinen ständigen Berufssitz im Sinne von 3 Nr.4 in Niedersachsen haben und der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Richtermediatoren, wie es der Gesetzesentwurf nach 3 Nr. 3 i.v.m. 9 verlangt, wohl überflüssig wäre. Für etwaige Schadensfälle hätte die Anstellungskörperschaft über Art. 34 GG aufzukommen. Zu 3 des Entwurfs (persönliche Voraussetzungen): Gemäß 3 Abs. 1 wird eine natürliche Person als Mediatorin oder als Mediator anerkannt, wenn sie fachlich qualifiziert ist (Nr. 1), Mediation als dauerhafte Tätigkeit ausübt (Nr. 2), eine Haftpflichtversicherung nach 9 abgeschlossen hat (Nr. 3) und ihren ständigen Berufssitz in Niedersachsen hat (Nr. 4). Es ist selbstverständlich, dass staatlich anerkannte Mediatorinnen und Mediatoren über eine fachliche Qualifikation verfügen und Mediation als dauerhafte Tätigkeit ausüben müssen. Auf das Erfordernis einer Haftpflichtversicherung wird noch unten bei 9 des Gesetzentwurfs einzugehen sein. Der Hauptkritikpunkt an 3 betrifft dessen Abs. 1 Nr. 4, also das Erfordernis, einen ständigen Berufssitz in Niedersachsen zu unterhalten. Der niedersächsische Gesetzgeber will sich offenbar ausschließlich an Mediatorinnen und Mediatoren wenden, die ihren Berufssitz in Niedersachsen haben. Von dort aus können sie dann als "staatlich anerkannte Mediatorin" oder "staatlich - 3 -

anerkannter Mediator" bundesweit tätig werden. Wie bereits herausgestellt, sind die zitierten Bezeichnungen irreführend, weil sie eine bundesweite Anerkennung vortäuschen, wo lediglich eine landesweite Anerkennung ausgesprochen worden ist. Vor allem aber ist die Verleihung der vielversprechenden Bezeichnung als staatlich anerkannter Mediator bedenklich, wenn sie ausschließlich Landeskindern, also Mediatoren mit Sitz in Niedersachsen, vorbehalten bleibt. Im Grunde wird dadurch Mediatoren aus dem Bundesland Niedersachsen ein Wettbewerbsvorteil verschafft. Dafür ist ein rechtfertigender Grund nicht ersichtlich. Zu 4 des Entwurfs (fachliche Qualifikation): 4 verlangt von Mediatorinnen und Mediatoren, dass sie über ein abgeschlossenes Studium, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine vergleichbare Qualifikation verfügen und erfolgreich eine entsprechende Mediationsausbildung nach 5 des Gesetzentwurfs abgeschlossen haben. Diese Regelung dient der Sicherung der fachlichen Qualifikation der Mediatoren und ist als solche zu begrüßen. Es ist auch richtig, wenn der Gesetzentwurf die Ausbildung zum Mediator als Zusatzausbildung konzipiert, die an eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung in einer Grundprofession anknüpft. Die Voraussetzung eines abgeschlossenen Studiums oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung gewährleistet nicht nur, dass die Mediatoren über einen Kanon von Grundfertigkeiten verfügen, sondern stellt darüber hinaus sicher, dass sie auch über eine gewisse persönliche Reife und Lebenserfahrung verfügen. Auch wegen dieser Effekte ist die Regelung des 4 des Gesetzentwurfs zu begrüßen. Zu 5 des Entwurfs (Ausbildungsstandards) Die Definition von Ausbildungsstandards im Sinne von Mindeststandards ist einer der Kernpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfs. Grundsätzlich ist die Absicht des niedersächsischen Gesetzgebers, Mindeststandards für die Anerkennung als Mediatorin oder Mediator zu definieren, zu begrüßen. In den Einzelheiten vermag der Vorschlag jedoch nicht zu überzeugen: - 4 -

1. Ausbildungsinhalt 5 Abs. 2 zählt unter Ziff. 1 bis 7 die wesentlichen Inhalte der Mediationsausbildung auf. Bedenken erregt zunächst die Ziff. 5, wonach die Ausbildung "Grundzüge rechtlicher Bestimmungen (Grundzüge des materiellen Zivil- und Verwaltungsrechts, des Verfahrensrechts, vertragstypische Gestaltungsformen, typische rechtsgewährende Normen)" zu umfassen hat. Damit erweckt die Vorschrift den Eindruck, als sei es möglich, interessierten Personen, die über keinerlei juristische Kenntnisse verfügen, die für eine rechtliche Würdigung eines Konflikts im Kontext eines Mediationsverfahrens notwendigen Rechtskenntnisse im Rahmen einer Mediationsausbildung zu vermitteln. In der Realität ist jedoch genau dies nicht möglich; die juristischen Fragen sind viel zu umfangreich und komplex, als dass sie im Rahmen einer Mediationsausbildung sinnvoll vermittelt werden könnten. Zwar spielen in nahezu sämtlichen etablierten Ausbildungsgängen rechtliche Bestimmungen durchaus eine Rolle, doch niemand erhebt den Anspruch, im Rahmen der Mediationsausbildung nebenbei auch die Inhalte eines juristischen Grundstudiums zu vermitteln. Was eine Mediationsausbildung allenfalls leisten kann, ist die Sensibilisierung der Ausbildungsteilnehmer für die Rolle des Rechts in der Mediation. Dieser Ausbildungsinhalt ist jedoch das Thema des 5 Abs. 2 Nr. 6 des Gesetzentwurfs. Der Versuch, eine Art abgekürzte Juristenausbildung in die Mediationsausbildung zu integrieren, hat zudem zur Folge, dass die Mediationsausbildung viel zu justizlastig gerät. Wie sich aus der Anrechnungsregel des 5 Abs. 3 S. 3 Gesetzentwurf ergibt, soll der Jura- Anteil an der Mediationsausbildung etwa 1/3 (40 von 120 Zeitstunden) betragen. Damit wird die Bedeutung rechtlicher Inhalte für die spezifische Mediationsausbildung immens überbewertet. 2. Ausbildungsumfang In 5 Abs. 3 wird der Mindestumfang der Mediationsausbildung auf 150 Zeitstunden festgesetzt, aufgeteilt in 120 allgemeine Seminarstunden und 30 Supervisionsstunden. Diese Regelung ist überzogen und wirft die Frage auf, ob hier nicht Qualität durch Quantität ersetzt werden soll. Der Ausbildungsmarkt in Deutschland ist außerordentlich uneinheitlich. Etliche - 5 -

Anbieter offerieren Mediationsausbildungen im Umfang von deutlich mehr als 200 Stunden. Auf der anderen Seite haben sich Ausbildungen etabliert, die mit deutlich weniger Stunden auskommen. Zu den Anbietern kürzerer Mediationsausbildungen gehören u.a. die Deutsche AnwaltAkademie, das Centrum für Verhandlungen und Mediation an der Universität München und die Centrale für Mediation in Köln, die jeweils 90 Stunden anbieten. Nichts spricht dafür, dass die Qualität der kürzeren Ausbildungsgänge hinter den Ergebnissen der langwierigen Mediationsausbildungen zurückbleibt. Das Niveau der Absolventen hängt weniger davon ab, wie viele Stunden sie in der jeweiligen Ausbildung zugebracht haben, als vielmehr von der Kompetenz und den didaktischen Fähigkeiten der Referenten, der möglichst homogenen Zusammensetzung des Teilnehmerkreises, der Definition anspruchsvoller Zulassungsvoraussetzungen und der Bildung fester Ausbildungsgruppen im Gegensatz zu einer Reihe von Veranstaltungen mit wechselnder Zusammensetzung des Teilnehmerfeldes. Im Großen und Ganzen wird man sagen können, dass die Ausbildung umso effektiver ist, je anspruchsvoller die Grundqualifikation der Teilnehmer ist und je hochkarätiger das Referententeam zusammengesetzt ist. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass gerade die genannten Ausbildungsgänge den Anforderungen der Rechtsanwalts- Kammern an eine geeignete Ausbildung im Sinne von 7a BORA stets genügen. Da es im Rahmen des Gesetzes lediglich um die Festlegung von Mindeststandards gehen kann, sollte der Gesetzgeber im Übrigen auf eine Regulierung durch den Markt vertrauen. Im Zweifel wissen die Ausbildungsabsolventen/Mediatoren am besten selbst, ob und in welchen Bereichen Defizite bestehen, so dass sie eine individuelle, speziell für ihre persönlichen Bedürfnisse passende Fortbildungsmöglichkeit wählen können. 3. Anrechnung Die oben bereits angesprochene Anrechnungsregel des 5 Abs. 3 S. 3 privilegiert Personen mit der Befähigung zum Richteramt gemäß 5 Abs. 1 DRiG. Angehörige dieses Personenkreises müssen nicht 120 Seminarstunden absolvieren, sondern lediglich 80 Seminarstunden. Dieses "Juristenprivileg" erscheint angesichts des Charakters der Mediation als einer interdisziplinären Methode problematisch. Handelt es sich um eine Querschnittsmethode, die Inhalte verschiedener Disziplinen miteinander verbindet, so erscheint es problematisch, eine einzige Berufsgruppe im Hinblick auf vermutete "Vorkenntnisse" zu privilegieren. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird ausdrücklich - 6 -

betont, die Mediationsausbildung müsse die "rechtlichen und psycho-sozialen Grundlagen" der Mediation vermitteln. Im Grunde könnten Psychologen und Sozialwissenschaftler mit dem gleichen Recht wie Juristen eine Reduktion der Seminarstunden verlangen, denn was die Juristen ihnen an Rechtskenntnissen voraushaben, das haben beispielsweise Psychologen den Juristen an Kenntnissen im Bereich Psychologie voraus. Um eine Ungleichbehandlung der Angehörigen verschiedener Grundprofessionen zu vermeiden, sollte die Anrechnungsregel des 5 Abs. 3 S. 3 gestrichen werden. Im Gegenzug ist die Mindestzahl der Stunden zu reduzieren. 80 Stunden für Seminare sollten im Sinne eines Mindeststandards generell ausreichend sein. Mit gut qualifizierten Teilnehmern aus entsprechenden Grundprofessionen und einem hochkarätigen Referententeam lassen sich in diesem Rahmen hervorragende Ergebnisse erzielen. 4. Ausbildungseinrichtungen und personen Gemäß 5 Abs. 2 S. 1 des Gesetzentwurfs ist die Ausbildung bei einer Einrichtung zu absolvieren, die eine qualifizierte Ausbildung sicherstellt. Diese Voraussetzungen sollen regelmäßig erfüllt sein, wenn die Ausbildung durch Personen erfolgt, die als Mediatoren staatlich anerkannt sind, mindestens fünf Jahre praktische Berufserfahrung haben, ausreichende Mediationspraxis besitzen und über qualifizierte Lehrerfahrung in der interdisziplinären Fort- und Weiterbildung verfügen. Die Verweisung des 5 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs auf die staatliche Anerkennung als Mediator gemäß 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfs hat zur praktischen Konsequenz, dass nur Personen, die in Niedersachsen als Mediatoren anerkannt sind, als Ausbilder in Betracht kommen. Eine solche Beschränkung des Ausbilderkreises ist jedoch durch nichts gerechtfertigt. Außerhalb Niedersachsens angesiedelten Moderatoren muss es möglich bleiben, im Rahmen der Ausbildung tätig zu werden. Die Verweisung des 5 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs auf die staatliche Anerkennung gemäß 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfs erscheint auch insofern wenig durchdacht, als diejenigen Einrichtungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits durch einen der im Deutschen Forum für Mediation organisierten Verbände als Ausbildungseinrichtung anerkannt waren, ausweislich der Gesetzesbegründung als - 7 -

Ausbildungseinrichtungen anzuerkennen sind. Die etablierten Ausbildungseinrichtungen der Verbände arbeiten jedoch nicht ausschließlich und wohl nicht einmal vorwiegend mit Referenten aus dem Bundesland Niedersachsen. Zu 6 (Pflichten gegenüber den Parteien): 6 Abs. 1 S. 2 des Gesetzentwurfs verpflichtet Mediatorinnen und Mediatoren dazu, die Parteien vor Beginn des Verfahrens über ihre Unabhängigkeit aufzuklären. Diese Formulierung ist unglücklich. Gemeint ist wohl, dass die Mediatorin oder der Mediator die Parteien über Umstände aufklären muss, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit erwecken können. Es muss nicht bloß gewährleistet werden, dass keine parteilichen Mediatoren tätig werden, sondern es muss bereits der böse Schein vermieden werden, einer Mediatorin oder einem Mediator könnte es an der erforderlichen Unabhängigkeit ermangeln. Der niedersächsische Gesetzgeber sollte sich an der Formulierung des 1036 Abs. 1 ZPO orientieren, der das Parallelproblem im Schiedsverfahrensrecht regelt. Danach gilt folgendes: "Eine Person, der ein Schiedsrichteramt angetragen wird, hat alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können. Ein Schiedsrichter ist auch nach seiner Bestellung bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens verpflichtet, solche Umstände den Parteien unverzüglich offen zu legen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat." 6 Abs. 2 des Gesetzentwurfs enthält einen Katalog von Inkompatibilitätsgründen. Diese Regelung schießt insofern über das Ziel hinaus, als sie Mediatorinnen und Mediatoren, bei denen die genannten Gründe vorliegen, generell und zwingend von der Mediation ausschließt. Dies ist unangemessen, wenn die Parteien den Inkompatibilitätsgrund kennen und der Mediatorin oder dem Mediator gleichwohl ihren Konflikt anvertrauen wollen. So schließt 6 Abs. 2 Nr. 2, 3 des Gesetzentwurfs Ehegatten und Verwandte weitgehend vom Mediationsamt aus. Bei Konflikten innerhalb von Familien kann es aber durchaus dem Interesse der Parteien entsprechen, auch den Mediator aus dem Kreis der Familienangehörigen zu wählen. Sofern alle wissen, worauf sie sich einlassen, bestehen hiergegen keine Bedenken. - 8 -

Unangemessen ist auch 6 Abs. 2 Nr. 6 des Gesetzentwurfs, nach dem eine Mediatorin oder ein Mediator nicht tätig werden darf in Angelegenheiten einer Person, bei der sie oder er oder ein Mitglied ihrer Sozietät gegen Entgelt Beschäftigter, als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig ist. Würde diese Regelung Gesetz wäre es das Ende der innerbetrieblichen Mediation durch Konfliktmanager, die bei dem jeweiligen Unternehmen beschäftig sind. Auch die Schulmediation durch Lehrer oder vom Schulamt beschäftigte Mediatoren wäre wohl nicht mehr möglich. Diese Konsequenzen sind sicher nicht gewollt, doch zeigt dies lediglich, dass 6 Abs. 2 Nr. 6 so nicht Gesetz werden darf. Zu 8 des Entwurfs (Verschwiegenheit): 8 des Gesetzentwurfs gibt Mediatorinnen und Mediatoren eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit über sämtliche Umstände auf, die ihr oder ihm im Rahmen der Mediation bekannt geworden sind. Diese Regelung zielt auf 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, der gesetzliche Verschwiegenheitspflichten um prozessuale Zeugnisverweigerungsrechte ergänzt. Vor allem aber wäre zu prüfen, ob es daneben einer Verschwiegenheitspflicht zu Lasten der Mediationsparteien bedürfte. Sollen die im Mediationsverfahren bekannt gewordenen Sachverhalte sowie Informationen über die Kompromissbereitschaft der einen oder anderen Partei aus nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten herausgehalten werden, bedarf es entsprechender Instrumente gegenüber den späteren Prozessparteien. Zu 9 des Entwurfs (Haftpflichtversicherung): 9 des Gesetzentwurfs verpflichtet staatlich anerkannte Mediatorinnen und Mediatoren dazu, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Tätigkeit ergebenden Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer der Anerkennung aufrecht zu erhalten. Die Mindestversicherungssumme soll ausweislich des 9 des Gesetzentwurfs 250.000 Euro pro Versicherungsfall und maximal 1 Millionen Euro pro Versicherungsjahr betragen. Der Gesetzgeber hat sich hierbei an der für Rechtsanwälte geltenden Regelung des 51 BRAO orientiert. - 9 -

Gegen die Einführung einer Haftpflichtversicherung für Mediatoren bestehen grundsätzliche Bedenken. Auf der einen Seite ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Einführung von Berufshaftpflichtversicherungen regelmäßig zu einer gewisse Seriositätskontrolle und zur Gleichstellung mit anderen Berufsgruppe beitragen können, auf der anderen Seite rechtfertigen letztgenannte Gründe die Einführung einer Berufshaftpflichtversicherung nicht, solange der Regelungsbedarf dafür nicht erkennbar ist. Einschlägige Haftungsfälle sind nicht bekannt und auch dürfte das Haftungsrisiko von Mediatoren und Mediatorinnen deutlich geringer einzustufen sein als etwa das der zum Vergleich herangezogenen Berufsgruppe der Rechtsanwälte. Die Verpflichtung zum Abschluss einer Vermögenspflichtversicherung mit einem ganz erheblichen Deckungslimit legt Mediatorinnen und Mediatoren eine schwerwiegende wirtschaftliche Last auf. Die Mediation befindet sich in Deutschland immer noch in der Entwicklungsphase. Vielen Mediatorinnen und Mediatoren gelingt es nicht, mit Hilfe dieser Tätigkeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Vielmehr erzielen sie einen Großteil ihrer Einkünfte im Rahmen ihrer Grundprofession, etwa als Psychologen, Rechtsanwalt oder Betriebswirt. Sofern die Mediation somit nolens volens im Nebenamt ausgeübt wird, mag es völlig vernünftig sein, auf eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zu verzichten oder jedenfalls eine solche mit einem deutlich niedrigeren Deckungslimit abzuschließen. Diese Möglichkeit wird nebenberuflich tätigen Mediatoren durch 9 des Gesetzentwurfs versperrt, mögen sich auch Versicherungspolicen für nebenberufliche Tätigkeiten etablieren. De facto werden Mediatorinnen und Mediatoren, die nicht bereits über ihre Grundprofession über eine umfassende Berufshaftpflicht verfügen, mit einer Zusatzabgabe in Höhe der Versicherungsprämie belegt. Dies wird die Entwicklung der Mediation in Deutschland nicht fördern, sondern hemmen. Soweit Mediatorinnen und Mediatoren mit gutgehenden Praxen ein erhöhtes Haftungsrisiko laufen, werden diese die nötige Vermögensschadenhaftpflichtversicherung freiwillig abschließen. Für sie bedarf es keines staatlichen Zwangs. Fehlen von Übergangsbestimmungen Abschließend bleibt zu kritisieren, dass der Gesetzentwurf in seinem 21 zwar eine Übergangsvorschrift für bestehende Gütestellen enthält, nicht jedoch eine Übergangsvorschrift für Mediatorinnen und Mediatoren. Offenbar soll es so sein, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die Bezeichnung als "staatlich anerkannte Mediatorin" oder "staatlich anerkannter - 10 -

Mediator" vergeben werden kann, während die übrigen Mediatorinnen und Mediatoren ohne entsprechende Bezeichnung ihren Beruf weiterhin ausüben können. Sofern diese Rechtsfolge bezweckt ist, mag man auf Übergangsregelungen verzichten. Im Hinblick darauf, dass wenn überhaupt nur wenige Ausbildungsgänge die Anforderungen der in 5 des Entwurfs formulierten Standards bis dato uneingeschränkt erfüllen (erwähnt seien hier nur das Erfordernis einer mündlichen Prüfung nach 5 Abs.5 S.2 oder der Ausbildungsinhalt Grundzüge rechtlicher Bestimmungen ) wird eine Übergangsregelung für Mediatoren empfohlen, die bereits über eine abgeschlossene Ausbildung verfügen. Köln, im Juni 2007 Centrale für Mediation Rechtsanwältin Dr. Karen Engler - 11 -

Verteiler: - Niedersächsisches Justizministerium - Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen im Landtag Niedersachsen - CDU-Fraktion im Landtag Niedersachsen - FDP-Fraktion im Landtag Niedersachsen - Arbeitsgemeinschaft Mediation im Deutschen Anwaltverein - Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familienmediation e.v. - Bundesverband Mediation e.v. - Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeit e.v. - Deutsche Gesellschaft für Mediation e.v. - Deutsche Gesellschaft für Mediation in der Wirtschaft e.v. - Europäisches Institut für Confliktmanagement e.v. - Europa-Universität-Viadrina Master-Studiengang Mediation - FernUniversität Hagen Weiterbildendes Studium Mediation - Förderverein für Mediation im öffentlichen Bereich e.v. - 12 -