Das Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber. Eine statistische Analyse

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Transkript:

Das Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber Eine statistische Analyse

Das Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber Eine statistische Analyse Stand: August 2014

Kopfzeile Seite 1 Inhalt 1 Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber... 2 2. Methode 3 Familienfreundliche Arbeitgeber in Deutschland?... 3 4 Familienfreundliche Arbeitgeber Fünf Handlungsfelder... 5 4.1 Unternehmens- und Führungskultur... 5 4.2 Strategie, Nachhaltigkeit und Kommunikation... 7 4.3 Kommunikation... 8 4.4 Arbeitsorganisation... 8 4.5 Unterstützungsangebote... 9 5. Zusammenfassung

Seite 2 Kopfzeile 1 Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber Durch Megatrends wie Globalisierung oder demographischen Wandel und den sich dadurch verstärkendem Fachkräftebedarf wächst der Handlungsbedarf der Arbeitgeber beständig. Die Vorteile einer familienfreundlichen und lebensphasenorientierten Personalpolitik werden immer offensichtlicher: Familienfreundlichkeit zieht qualifiziertes Personal an. Familienorientierte Unternehmenskultur bindet Fach- und Führungskräfte. Familienfreundlichkeit motiviert und steigert die Produktivität. Familienfreundliche Betriebe haben ein gutes Image. Viele Arbeitgeber haben den hohen Stellenwert der Vereinbarkeit von Familie und Beruf erkannt, suchen aber noch nach nachhaltigen strategischen Umsetzungsmöglichkeiten. Das Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber bietet hier konkrete Unterstützung. Das Prüfverfahren bietet eine objektive Bestandsaufnahme der Haltung des Arbeitgebers gegenüber dem Thema Familienfreundlichkeit sowie der Aktivitäten und Maßnahmen, die bereits durchgeführt werden. Ziel ist es, eine bewusste, zielorientierte familienfreundliche Zukunftsstrategie gemeinsam passgenau zu erarbeiten und festzulegen. Das besonders schlanke Verfahren richtet sich vor allem an mittelständische Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistungssektor sowie an Institutionen, Organisationen und Kommunen. Durch den günstigen Preis ist es auch für kleinere Firmen und Handwerksbetriebe erschwinglich. Da jedes Unternehmen im Kontext mit den Verhältnissen der Region in der es ansässig ist, agiert, hat die Bertelsmann Stiftung Kooperationspartner in vielen Regionen Deutschlands 1. Diese stehen in regelmäßigem Kontakt mit der Stiftung und unterstützen und beraten Arbeitgeber in ihrer Region zum Thema Familienfreundlichkeit und zum Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber. 2. Methode: Die Auswertung der Mitarbeiter und Arbeitgeberfragebögen umfasst die 64 Unternehmen und deren 12 464 Mitarbeiter, die seit dem Ende der Pilotphase bis einschließlich Juni 2014 mit dem Qualitätssiegel familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet worden sind. Da sich die Fragebögen im Laufe dieser Zeit teilweise weiterentwickelt haben, bestehen bei einigen Fragen Unterschiede in der Formulierung der Fragen. Die hier angegebenen Fragen entsprechen der aktuellsten Version. Die berechneten Werte und sowie Hoch bzw. Niedrig wurden durch Interpolierung berechnet. Die bei der alten Fragebogenversion verwendete 5er Skala, welche als Antwortmöglichkeit mittel oder neutral beinhaltete wurde gemittelt und proportional auf die anderen Kategorien gewichtet. Dieses erlaubt eine Vergleichbarkeit mit den neueren Versionen, die gegebenenfalls eine 4-er Skala benutzten, ohne die Gewichtung einzelner Kategorien zu beeinflussen. Generell war festzustellen, dass sowohl Arbeitgeber wie auch Mitarbeiter diese Ankreuzmöglichkeit nur selten genutzt haben. Diejenigen Fragen, die erst in der neuesten Version 1 Wachstumsregion Ems-Achse, Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, Lokales Bündnis für den Kreis Gütersloh, Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen, Regionalmarke Eifel, Industrie- und Handelskammer Erfurt

Kopfzeile Seite 3 verfügbar sind, umfassen nur 48 Unternehmen und 10 159 Mitarbeiter und sind mit dem Hinweis Neue Fragebogenversion gekennzeichnet. 3. Familienfreundliche Arbeitgeber in Deutschland Seit 2011 wird das Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber in Trägerschaft der Bertelsmann Stiftung deutschlandweit vergeben. Zuvor war es im Münsterland im Rahmen Abb. 1 des Projektes FAMM (Familie Arbeit Unternehmen ausgezeichnet mit dem Qualitätsiegel - nach Mitarbeitern Mittelstand im Münsterland) gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung entwickelt 19,8% worden. Nach einer erfolgreichen Pilotphase, in welcher 54 Unternehmen und Betriebe die Prüfungsphase durchliefen, wurden bereits drei Jahre später 64 weitere Unternehmen mit dem Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber 13,1% 55,6% ausgezeichnet. Die wachsende Bedeutung familienorientierter Unternehmenskultur wird durch stetiges Interesse an dem Prüfungsverfahren des Qualitätssiegels deutlich. Die 64 Unternehmen umfassen über 12000 Mitarbeitern und kommen aus ganz Deutschland. 11,5% 1 bis 50 51 bis 100 101 bis 250 über 250 Total: 75 Unternehmen Quelle: Bertelsmann Stiftung Neben seinem Herkunftsland Nordrhein-Westfalen sind in den letzten beiden Jahren in sechs weiteren Bundesländern Unternehmen auf ihre familienfreundlichen Unternehmenspolitiken geprüft und ausgezeichnet worden. In anderen Bundesländer laufen momentan zudem zahlreiche weitere Prüfungsfahren. Unterteilt man die Betriebe nach Mitarbeitern, wird deutlich, dass das Qualitätssiegel vor allem bei klein- und mittelständischen Unternehmen auf Interesse stößt. Von den 64 Unternehmen, die nach der Pilotphase ausgezeichnet wurden, beschäftigen 55,7 % weniger als 50 Mitarbeiter. Zählt man zudem jene Unternehmen des Mittelstandes mit weniger als 250 Mitarbeitern hinzu, betrachtet man bereits vierfünftel aller geprüften Unternehmen. Durch das Prüfverfahren des Qualitätssieges wird ganz klar, dass Familienfreundlichkeit ein aktuelles, akutes und prominentes Thema für Unternehmen ist. Denn in Zeiten des demographischen Wandels ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Wettbewerbsvorteil, den Unternehmen im Kampf um Fachkräfte nutzen können.

Seite 4 Kopfzeile Abb. 2 Unternehmen ausgezeichnet mit dem Qualitätsiegel - nach Wirtschaftszweig 32,8% 21,4% Verarbeitendes Gewerbe Handel Quelle: Bertelsmann Stiftung 10,0% 10,0% 12,9% 12,9% Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung Gesundheits, Veterinär- und Sozialwesen Erbringung von öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen Sonstiges Durch die statistische Auswertung lässt sich zudem feststellen, dass familienorientierte Unternehmenspolitiken von Unternehmen unabhängig ihres Wirtschaftszweiges verfolgt werden. Abbildung 2 verdeutlich, dass Unternehmen verschiedenster Branchen an dem Prüfverfahren teilgenommen haben und für ihre Familienfreundlichkeit innerhalb des Betriebs zertifiziert wurden. Die größte Kategorie ist Sonstiges mit 32,8 %. Sie umfasst eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen und zählt neben Betrieben im Bereich Erziehung und Unterricht (3 %), Unternehmen aus dem Kredit- und Versicherungsgewerbe (3 %) oder der Energie- und Wasserversorgung. Die größten Einzelgruppen sind der Bereich privater und öffentliche Dienstleistungen (22 %), Handel (13 %) sowie dem verarbeitendem Gewerbe (10 %) und dem Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen (10 %), in denen anteilig am meisten Unternehmen mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet wurden. Im Gegensatz zu diesen Brachen sind noch keine Prüfverfahren für Unternehmen aus dem ersten Produktionssektor abgeschlossen. In der Land- und Forstwirtschaft, dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden aber auch dem Gastgewerbe sowie der Fleischerei und Fischzucht sollen zukünftig Betriebe für das Qualitätssiegel gewonnen werden. Denn wie die Branchenvielfalt derjenigen Unternehmen, die bereits ausgezeichnet wurden, eindeutig betont, ist Familienfreundlichkeit branchenunabhängig ein unabdingbarer Wettbewerbsvorteil. Das Qualitätssiegel umfasst auch einen ausführlichen Mitarbeiterfragebogen. Befragt wurden insgesamt 12.464 Mitarbeiter, die aufgeteilt sind in 6177 Männer und 6558 Frauen. Mit Hinblick auf die Geschlechterverhältnisse gibt es daher ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis. Es beträgt 1,056 und impliziert eine geringfügig höhere Anzahl von Frauen, die bei den Betrieben beschäftigt sind.

Kopfzeile Seite 5 4 Familienfreundliche Arbeitgeber Fünf Handlungsfelder Die Familienfreundlichkeit von Unternehmen wird in fünf verschiedenen Handlungsfeldern gemessen: Unternehmens- und Führungskultur, Kommunikation, Unterstützungsangebote, Arbeitsorganisation sowie Strategie und Nachhaltigkeit. 4.1. Unternehmens- und Führungskultur Abb. 3 Arbeitgeber: Welchen Stellenwert hat Familienbewusstsein in ihrem Unternehmen? Das Handlungsfeld Unternehmensund Führungskultur spannt einen Großteil der Mitarbeiter und Arbeitgeberfragebögen ab, da die facettenreichen Fragen ein guter Indikator für die Familienfreundlichkeit in den Unternehmen darstellen. Aus der statistischen Auswertung ergibt sich direkt, dass sich 95,2% (Abb. 3) der befragten Arbeitgeber den Stellenwert von Familienbewusstsein als hoch ein einstufen und betonen die Bedeutung einer bewussten Führungskultur im Betrieb (96 %). So geben die Unternehmen beispielsweise nahezu einstimmig an, dass Führungskräfte gemeinsam mit Beschäftigen Lösungen suchen, wenn betriebliche Gründe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren. 4,8% Quelle: Bertelsmann Stiftung Diese positive Unternehmenskultur wird auch von den Mitarbeitern wahrgenommen. So spricht ein Großteil der Belegschaft ihrem Arbeitgeber eine Empfehlung aus (87,7 %) und bekundet seine Zufriedenheit mit ihrem momentanen Vorgesetzten und deren Führungsstil. Hoch Niedrig Mitarbeiter: Ich kann Bewerber/-innen meinen Arbeitgeber jederzeit empfehlen 12,3% 87,7% 95,2% Durch die ausführlichen Mitarbeiterfragebögen erlaubt das Qualitätssiegel allerdings auch diese Führungskultur und dessen Familienorientierung von einer anderen Perspektive zu betrachten und ermöglicht es, weitere Schlüsse über die Unternehmenskultur zu ziehen. Dieses ist ein Vorteil für den Arbeitgeber, der mögliche Missstände identifizieren und verbessern möchte, aber auch für die Mitarbeiter, denen ein repräsentatives Sprachrohr gegeben wird. Denn aus der statistischen Analyse wird deutlich, dass zwar eine positive Kultur in den meisten Unternehmen besteht und beispielsweise 95,3 % (Abb. 4) der Belegschaft versuchen, private Belange so zu organisieren, dass sie bei Engpässen im Betrieb einspringen können. Gleichzeitig betonen allerdings auch im Gegenzug 19,7 % der Mitarbeiter, dass die Gründe nicht nachvollziehbar sind, wenn in den Unternehmen auf familiäre Situationen nicht Rücksicht genommen werden kann. Die ausführliche Fragebogenarithmetik verdeutlicht, dass ein Mehr an Kommunikation bei diesem Thema erforderlich ist. Darüber hinaus zeigt sich, dass sich trotz des bestehenden unternehmerischen Engagements 19,2% der Belegschaft noch größere Unterstützung wünschen, um Beruf und Privatleben zu vereinbaren und eine größere Rücksichtnahme des Arbeitgebers, um das Wohlfühlgefühl im Betrieb zu erhöhen.

Seite 6 Kopfzeile Abb.4 Mitarbeiter: Ich bin bereit bei Engpässen im Betiieb meine privaten Belange möglichst so zu organisieren, dass ich einspringen kann. 95,3% Mitarbeiter: Der Arbeitgeber kann nicht immer auf meine familiäre Situation Rücksicht nehmen. Die Gründe dafür sind für mich in der Regel nachvollziehbar 80,3% Mitarbeiter: Die Rücksichtnahme meines Arbeitgebers auf mein Familien- und Privatleben trägt entscheidend dazu bei, dass ich mich im Betrieb wohl fühle 80,8% 4,7% 19,7% 19,2% Quelle: Bertelsmann Stiftung Insgesamt wird die Geben-Nehmen-Kultur innerhalb der Betriebe von beiden Seiten Arbeitgeber und Mitarbeiter - positiv wahrgenommen. Zwar zeigt sich auch hier eine tendenziell niedrigere Bewertung der Mitarbeiter, jedoch scheinen die familienorientierten Maßnahmen der Unternehmen Abb 5. Arbeitgeber: In ihrem Betrieb wird eine Geben-Nehmen-Kultur gelebt, bei der individuelle Interessen zum Wohle der Gesamtheit auch zurückgestellt werden ; 94% ; 78,7% Mitarbeiter: Bei uns im Betrieb wird eine Geben-und Nehmen-Kultur gelebt Arbeitgeber: Zwischen Beschäftigten mit und ohne Familienpflichten treten im Betrieb keine Spannungen auf ; 81,9% ; 89.1% Mitarbeiter: Zwischen Mitarbeitern mit und ohne Familienpflichten treten im Betrieb keine Spannungen auf Quelle: Bertelsmann Stiftung Neue Fragebogenversion anerkannt und geschätzt zu werden. Dieses hat nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern mit und ohne Familie, da Spannungen zwischen beiden Gruppen verringert werden können. Dieses scheint in den befragten Unternehmen der Fall zu sein, wie beide Statistiken in Abbildung 5 aufzeigen. Insgesamt wird durch die beidseitige Befragung von Mitarbeitern und Arbeitgebern deutlich, dass der internen Kommunikation beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine entscheidende Rolle zukommt. Sie zeigt, welchen Missständen oder sogar Fehlentwicklungen in Unternehmen verstärkt Bedeutung zu gesprochen werden muss. Auf der anderen Seite wird für die Arbeitgeber deutlich, wie sehr ihre Bemühungen einer familienorientierten Unternehmenspolitik von der Belegschaft wertgeschätzt werden.

Kopfzeile Seite 7 4.2. Strategie und Nachhaltigkeit Die strategische Bedeutung einer familienorientierten Unternehmenspolitik variiert zwischen den Betrieben. Die Datenauswertung lässt allerdings vermuten, dass eine Vielzahl von Unternehmen jedoch auch aus eigener Überzeugung - und nicht nur aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen - an dem Prüfungsverfahren des Siegels teilgenommen haben. Denn beispielsweise geben nur 46 % der Arbeitgeber an, die Leistungen ihrer Wettbewerber im Bereich Familie und Beruf zu kennen (Abb. 6), so dass Wettbewerbsvorteile nicht zwingend im Vordergrund stehen. Gleichzeitig erlaubt das Qualitätssiegel auch bei diesem Thema die Perspektive der Beschäftigten genauer zu beleuchten. Hierbei wird deutlich, dass die Mitarbeiter zu 26,2 % die Motivation ihres Arbeitgebers die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern darin begründet sehen, die Zufriedenheit von Mitarbeiter/-innen zu erhöhen (26%) oder aufgrund ihres sozialen Engagements (16%). Nichtsdestotrotz glauben knapp 50% der Mitarbeiter, dass auch strategische Gründe für das Engagement des Arbeitgebers entscheidend sind: Um für Bewerber attraktiv zu sein (19,1 %), um die Produktivität zu steigern (19,3 %) und auch Prestigegründe (11,4 %) halten die Mitarbeiter für entscheidende Beweggründe des Arbeitgebers, sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bemühen. Die Gegenüberstellung der beiden Statistiken verdeutlicht den hohen Stellenwert, den familienorientierte Unternehmenspolitik für Arbeitgeber hat und dass nicht nur strategische Gründe im Vordergrund des Engagements stehen. Auf der anderen Seite zeigt es das Potential des Themas Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Wettbewerbsvorteil und dieses ein mögliches Instrument ist, dem demographischen Wandel und dem einhergehenden Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Insgesamt scheinen die Mitarbeiter dieses Engagement wertzuschätzen, aber sehen auch strategische Ziele eher als Motivationsgründe. Abb 6 Arbeitgeber: Die Leistungen ihrer Wettbewerber im Bereich Familie und Beruf sind Ihnen bekannt Mitarbeiter: Ich denke, mein Arbeitgeber befasst sich mit dem Thema Familie und Beruf, um die Zufriedenheit von Mitarbeiter/-innen zu erhöhen aus sozialem Engagement heraus 1,6% 1,8% 4,9% 54,0% um die Produktivität zu steigern um für Bewerber attraktiv zu sein 11,4% 26,2% aus Prestigegründen 19,1% 46,0% 15,8% weil es gerade ein Modethema ist 19,3% aus mir unbekannten Gründen nicht wirklich Neue Fragebogenversion Quelle: Bertelsmann Stiftung.

Seite 8 Kopfzeile 4.3. Kommunikation Die strategische Bedeutung von Familienfreundlichkeit wird auch deutlich, wenn die verschiedenen Kommunikationswege der Unternehmen zu ihrem familienbewussten Engagement nach außen betrachtet werden: Durch verschiedene Medien, wie bspw. Presseberichte oder Stellenausschreibungen, ist es für 62,2 % der Betriebe ein wichtiges Kriterium, mit dem sie auf sich Aufmerksam machen. Auch wenn Familienfreundlichkeit ein wichtiger Punkt für die Unternehmen darstellt, sind die durchgesetzten Maßnahmen in vielen Fällen nicht unter Beteiligung der Mitarbeiter entstanden. Grundsätzliche Unterstützungsangebote, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern, werden von den Mitarbeitern also bereits wertgeschätzt. Da allerdings nur Abb 7 Arbeitgeber: Es werden Interviews bzw. Befragungen durchgeführt, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter/-innen und Verbesserungsvorschläge zu erkunden 42,5% 57,5% Quelle: Bertelsmann Stiftung. Arbeitgeber: Der Betrieb kommuniziert auf verschiedene Weise sein familienbewusstes Engagement nach außen (z.b. in Presseberichten, Stellenausschreibungen) 42,5 % der Betriebe ihre Mitarbeiter durch Interviews und Befragungen in diesen Prozess mit einbeziehen, wäre dieses ein weiteres mögliches Kommunikationsmedium, durch welches familienfreundliche Unternehmenspolitik auf die Wünsche der Mitarbeiter zugeschnitten werden können. Es ist vorstellbar, dass diese Form der Partizipation weitere positive Effekte auf die Geben- Nehmen-Kultur sowie die generelle Unternehmenskultur haben kann. 37,8% 62,2% Neue Fragebogenversion 4.4. Arbeitsorganisation Die Familienfreundlichkeit der Unternehmen lässt sich des Weiteren an den vielfältigen Arbeitszeitmodellen, die in den Betrieben angeboten werden, feststellen, siehe Abbildung 8. So bieten von den befragten Unternehmen beinahe alle (94,2 %) Teilzeitarbeit an. Gleitzeit/Jahresarbeitszeit gibt es in 72,1 % der Betriebe. In mehr als der Hälfte der Betriebe gibt es zudem die Möglichkeit, an einem mobilen Arbeitsort zu arbeiten bzw. unbezahlte Freistellungen in Anspruch zu nehmen. Aufgrund seiner großen Verbreitung wird im folgenden Teilzeit auch noch einmal aus der Mitarbeiterperspektive betrachtet. Deutlich wird nämlich hierbei, dass Teilzeit nicht immer einfach in Anspruch genommen werden kann. Von den Mitarbeitern merken 16,9 % und über die Hälfte der Führungskräfte an, dass es im Bedarfsfall nicht immer möglich ist, in Teilzeit zu arbeiten oder diese zu beantragen. Dies kann als Indikator dafür verstanden werden, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit wachsender Führungsverantwortung des Mitarbeiters vor neue Probleme gestellt wird. Auf der anderen Seite haben Unternehmen mit Schichtbetrieb teilgenommen, in denen Teilzeitarbeit generell schwierig und daher z.t. nicht möglich ist. In rund einem Fünftel der Unternehmen scheint es zudem problematisch, Teilzeit bei Bedarf zu erhöhen. Mit 20,9 % bemängelt zusätzlich eine ähnlich große Anzahl an Mitarbeitern, dass in Teilzeitbeschäftigung aus ihrer Sicht die Integration und Information von Mitarbeitern in Teilzeit einher geht.

Kopfzeile Seite 9 Abb 8. Arbeitgeber: Im Betrieb gibt es folgende Arbeitszeitmodelle unbezahlte Freistellungen 66,8% Vertrauensarbeitszeit 48,8% Langzeitkonten 30,8% Schichtarbeit 28,6% Mobiler Arbeitsort (z.b. alternierende Telearbeit/ Homeoffice) 56,1% Teilzeitarbeit 94,3% Gleitzeit/Jahresarbeitszeit 72,1% Quelle: Bertelsmann Stiftung. Neue Fragebogenversion 4.5. Unterstützungsangebote Die Betriebe beweisen vor allem auch durch den Umgang mit Auszeiten ihre familienorientierte: Rund ein Drittel der Belegschaft hat bereits Auszeiten für die Pflege von Angehörigen, Elternzeit oder Erkrankungen in Anspruch genommen. Diese Möglichkeit wird von den Unternehmen aktiv unterstützt und ein Großteil (87.7%) der Mitarbeiter/-innen testierte, dass durch diese Auszeiten keine Nachteile entstehen und die Unterstützung des Arbeitgebers für einen nahtlosen Wiedereinstieg sorgt. Abb 9 Arbeitgeber: Vor dem Eintreten in Elternzeit oder anderer Freistelleungsphasen werden die weiteren beruflichen Erwartungen der Mitarbeiter/-innen sowie Angebote zur Kontaktpflege besprochen 88,1% 11,9% Mitarbeiter: Auszeiten, z.b. Elternzeit, Pflegezeit oder Erkrankungen führen bei uns nicht zu Nachteilen. Man kann nahtlos wieder einsteigen, weil der Arbeitgeber in solchen Fällen unterstützt 12,3% 87,7% Auch die Geschäftsführungen von 88% der befragten Unternehmen Neue Fragebogenversion Quelle: Bertelsmann Stiftung. bestätigen die konkrete Kontaktpflege zu Mitarbeitern, die beispielsweise in Elternzeit eintreten. Dieses sind allerdings nicht die einzigen Unterstützungsangebote. So betonen 58,2 % der Arbeitgeber, dass sie ihren Mitarbeitern Informationen im Bereich Kinderbetreuung und Pflege zukommen lassen. Bei 89,6 % der Betriebe gibt es einen Ansprechpartner, der sich mit dem

Seite 10 Kopfzeile Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftigt und der das Vertrauen der Mitarbeiter genießt. 68.8 % der Unternehmen bieten Maßnahmen zur Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensphasen und der demographischen Entwicklung an. Abb.10 Arbeitgeber: Stellen Sie ihren Mitarbeiter/-innen Informationen zum Bereich Kinderbetreuung/Pflege zur Verfügung 58,2% Arbeitgeber: Es gibt Personen im Betrieb, die das Vertrauen der Mitarbeiter/-innen genießen und als Ansprechpartner/- innen für familienbezogene Themen fungieren (z.b. in der Personalabteilung, in der Mitarbeitervertretung) 89,4% Arbeitgeber: Sie bieten Maßnahmen zur Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensphasen und der demographischen Entwicklung an (z.b. Nachfolgeplanung, Wissenstransfer, Nachwuchsförderung, gezielte Förderung von Älteren) 68,8% 41,8% 31,1% 10,6% Quelle: Bertelsmann Stiftung Neue Fragebogenversion 5. Zusammenfassung Mitarbeiterorientierte Arbeitsbedingungen und Familienfreundlichkeit werden von allen teilnehmenden Arbeitgebern als wichtiger Erfolgsfaktor erkannt. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Kommunikation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, aber auch der Arbeitnehmer untereinander eine sehr hohe Bedeutung zukommt. Hierzu gehören sowohl die Abstimmung von Bedarf und Angebot von Maßnahmen als auch das Bekanntmachen von Gründen, weshalb manchen Wünschen nicht uneingeschränkt oder auch gar nicht nachgekommen werden kann. In so gut wie allen Betrieben ist erkennbar, dass bei Offenheit des Arbeitgebers für die privaten Belange der Arbeitnehmer, die Arbeitnehmer ihrerseits Verständnis für die Grenzen möglichen Entgegenkommens des Arbeitgebers haben und sie ihrerseits bereit sind, sich auch mit überdurchschnittlich hohem Engagement einzubringen.

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Kontakt Birgit Wintermann Project Manager Telefon 05241 81-81289 Mobil 0172-2649837 Fax 05241 81-681289 birgit.wintermann@bertelsmann-stiftung.de Ausarbeitung: Ingomar Krohn www.bertelsmann-stiftung.de