Ausfallsbürgschaft Hypo Alpe Adria Ein Sommernachts-Traum Sonderpensions-Begrenzung



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Transkript:

FACHZEITSCHRIFT FÜR WIRTSCHAFTSRECHT JULI 2014 07 www.ecolex.at 581 668 Rsp-Nr 235 267 Ausfallsbürgschaft Hypo Alpe Adria Ein Sommernachts-Traum Sonderpensions-Begrenzung Rechtsanwälte Arbeitnehmer-Eigenschaft Schwarz-Weiß-Marken Schutzumfang VRUG Außergeschäftsraum-Verträge Filesharing-Klagen Erfolgsgerichtsstand EU-Grundrechte Kompetenzkonflikt OGH VfGH

Beihilfenrechtliches zur Landeshaftung für Verbindlichkeiten der Hypo-Alpe-Adria Bank International AG und Hypo-Alpe-Adria Bank AG Die Ausfallshaftung des Landes Kärnten für Verbindlichkeiten der beiden Hypo-Banken war bis 2007 abzuschaffen. In der Übergangszeit 2003 2007 eingegangene Haftungen waren bis längstens 2017 zu befristen. Neue Haftungsübernahmen in dieser Übergangsphase waren, nach der im Folgenden begründeten Auffassung, nur im Fall eines rechtlichen Zusammenhangs zu älteren Haftungen (Rahmenvereinbarungen, Umschuldungen) zulässig. Entgegen der Novelle zum Kärntner Landesholding-Gesetz im Jahr 2004 war die Übernahme von Haftungen für gänzlich neue Verbindlichkeiten in dieser Übergangsphase rechtswidrig. Solche Haftungen unterliegen dem EU-rechtlichen Durchführungsverbot und können nicht gerichtlich gegen das Land Kärnten durchgesetzt werden. A. Chronologie 1. Gem 5 Abs 2 Kärntner Landesholding-Gesetz (im Folgenden: K-LHG) in seiner Stammfassung aus 1991 1 ) haftete das Land im Zuge der Einbringung des Bankgeschäfts der Kärntner Landes- und Hypothekenbank in eine AG für alle zum Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister bestehenden Verbindlichkeiten. Darüber hinaus hielt das Land für alle zukünftigen Verbindlichkeiten der Aktiengesell- STEFAN GRILLER Univ.-Prof. Dr. Stefan Griller lehrt Verfassungs-, Verwaltungs- und Europarecht an der Universität Salzburg. 1) Gesetz v 13. 12. 1990 über die Einbringung des bankgeschäftlichen Unternehmens der Kärntner Landes- und Hypothekenbank in eine Aktiengesellschaft und die wesentlichen Bestimmungen über den Bestand der Kärntner Landes- und Hypothekenbank Holding (Kärntner Landesholding-Gesetz) LGBl für Kärnten 1991/37. HYPO-BANK-BEIHILFE ecolex 2014 589

590 ecolex 2014 schaft die Ausfallsbürgschaft gemäß 1356 ABGB im Falle einer Zahlungsunfähigkeit derselben gemäß 5 Abs 3 aufrecht. 2 ) 2. In einer E vom März 2002 3 ) untersagte die Europäische Kommission der Bundesrepublik Deutschland die Fortführung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, was insb für die Landesbanken und Gemeindesparkassen von Bedeutung war. Die Kommission goss dadurch, zum Abschluss eines 1999 eingeleiteten Beihilfeverfahrens, eine Vereinbarung mit der deutschen Bundesregierung in die Form einer Entscheidung. Deren Kern besteht darin, dass die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast zu einer normalen wirtschaftlichen Eigentümerbeziehung gemäß marktwirtschaftlichen Grundsätzen umzugestalten ist. 4 ) 3. Als Übergangsregelung legte die Kommission Folgendes fest: Verbindlichkeiten, die am 18. 7. 2001, dem Tag der Annahme der Empfehlung der Kommission vom 8. 5. 2001 durch Ihre Behörden, bestehen, sind bis zum Ende ihrer Laufzeit von Gewährträgerhaftung gedeckt. Die vorliegende Entscheidung legt eine Übergangszeit fest, die bis zum 18. 7. 2005 dauert und während der das System von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung in seiner gegenwärtigen Form aufrechterhalten bleiben kann. Mit Ende dieser Übergangszeit wird jede bis dahin bestehende und nach dem 18. 7. 2001 begründete Verbindlichkeit weiterhin von Gewährträgerhaftung gedeckt sein unter der Bedingung, dass ihre Laufzeit nicht über den 31. 12. 2015 hinausgeht. In der E stellt die Kommission klar, dass Verbindlichkeiten über den 18. 7. 2005 hinaus aus Gründen des Gläubigerschutzes (...) aufrechterhalten (gegrandfathered) 5 ) werden können. Darauf wird zurückzukommen sein. 4. Unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens gegen Deutschland leitete die Kommission gegen Österreich wie auch einige andere Mitgliedstaaten 2002 ein Aufsichtsverfahren mit dem Ziel ein, die Ausfallshaftung von Bund, Ländern und Gemeinden gegenüber Kreditinstituten als beihilfenrechtswidrig abzuschaffen. 6 ) Die Kommission qualifizierte diese Ausfallshaftungen als bestehende und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen. In einer Vereinbarung aus dem Jahr 2003 mit dem Wettbewerbskommissar beugte sich der österr Finanzminister dieser Auffassung und sagte die Abschaffung bis Ende 2004 zu. Die Kommission dokumentierte diese Vereinbarung in einem (formlosen) Schreiben. Als Übergangsregelung war demnach Folgendes vereinbart: Am 2. April 2003 bestehende Verbindlichkeiten sind bis zum Ende ihrer Laufzeit durch die Ausfallshaftung gedeckt. Die Übergangszeit läuft bis zum 1. April 2007. Während dieser Frist kann die Ausfallshaftung für neu eingegangene Verbindlichkeiten aufrechterhalten bleiben, sofern die Laufzeit dieser Verbindlichkeiten nicht über den 30. September 2017 hinausgeht. 7 ) Ferner heißt es: Österreich wird der Kommission bis 31. Oktober 2003 die Entwürfe der Vorschläge für die Verabschiedung der notwendigen rechtlichen Maßnahmen zur Abschaffung der Ausfallshaftung zu Gunsten der Landeshypothekenbanken und Sparkassen übermitteln (...). Alle notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden spätestens am 30. September 2004 endgültig verabschiedet. Jede Nicht-Einhaltung dieser Entscheidung seitens öffentlich-rechtlicher Körperschaften und der betroffenen Kreditinstitute hat die Rechtsfolge, dass das [dieses Wort ist zu streichen, Anm SG] in der Ausfallshaftung enthaltene Beihilfelemente mit Wirkung ab 1. 10. 2004 als Neubeihilfe behandelt werden. 8 ) Im Amtsblatt wurde ein Hinweis auf dieses Schreiben unter der Rubrik Genehmigung staatlicher Beihilfen (...) bzw Vorhaben, gegen die von der Kommission keine Einwände erhoben werden kundgemacht. 9 ) Dies ist zweifellos ein Fehler. 10 )Da die Kommission die Ausfallshaftung als bestehende Beihilfe eingestuft hat, und auch nach dem Inhalt der Vereinbarung hätte der Hinweis unter der Rubrik Vom Mitgliedstaat angenommene zweckdienliche Maßnahmen erfolgen müssen. 5. Durch eine Novelle zum K-LHG im Jahr 2004 11 ) wurde die Ausfallshaftung in 5 Abs 2 folgendermaßen geändert: (...) Für alle ab dem 3. Ap- 2) 5 Abs 3 enthielt einerseits einige Bedingungen, vor allem Einschauund Informationsrechte, zum anderen ein einseitiges Kündigungsrecht des Landes für die Ausfallsbürgschaft. 3) E 10/2000 v 27. 3. 2002, C (2002) 1286 Deutschland, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. Zur Geschichte dieser Entscheidung und ihrem Kompromisscharakter statt vieler Seikel, Wie die Europäische Kommission Liberalisierung durchsetzt: Der Konflikt um das öffentlich-rechtliche Bankenwesen in Deutschland, MPIfG discussion paper, No 11/16, http://hdl.handle.net/10419/51553 (abgefragt im Mai 2014). 4) E 10/2000 v 27. 3. 2002, 7. Einen wesentlichen Hintergrund des Verfahrens und der Entscheidung bildete das parallel laufende Gerichtsverfahren über die Eingliederung der Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen in die Westdeutsche Landesbank Girozentrale (das WestLB-Verfahren) vgl Rs T-228/99 und T-233/99, Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB), Slg 2003, II-435. Zwar hob das Gericht die Beihilfenentscheidung der Kommission wegen eines Fehlers auf, bestätigte aber den private inverstor test als maßgeblich für Kapitalzuweisungen des Staates (auch) an öffentliche Banken. Auch wenn es nicht um Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ging, war damit doch klar, dass auch diese dem gleichen Test zu unterziehen sind (und ihn niemals bestehen würden). Das dürfte wesentlich für die Kompromissbereitschaft der BReg gewesen sein, die in E 10/2000 v 27. 3. 2002 zum Ausdruck kommt. Daher wurde die Frage auch nicht vor dem EuGH ausgetragen. 5) E 10/2000 v 27. 3. 2002, 2 (siehe auch 10). 6) Dazu Th. Jaeger, Staatliche Ausfallshaftungen für Kreditinstitute als gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfen, ÖBA 2005, 104. 7) E 8/2002 v 30. 4. 2003, C (2003) 1329 fin Österreich, Ausfallshaftung des Bundes, der Länder und der Gemeinden in Österreich für bestimmte Kreditinstitute (Landeshypothekenbanken und Sparkassen) 4. 8) E 8/2002 v 30. 4. 2003, 3. 9) ABl C 2003/175, 8 (24. 7. 2003). Dort findet sich auch ein Hinweis auf die Onlineveröffentlichung, damals http://europa.eu.int/comm/ secretariat_general/sgb/state_aids; heute findet sich der Volltext des Schreibens unter http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/case_ details.cfm?proc_code=3_e 8_2002 (abgefragt im Mai 2014). 10) Auf die haftungsrechtlichen Konsequenzen dieses Fehlers gemeinsam mit der unklaren Formulierung der Übergangsbestimmung wird hier nicht näher eingegangen. Ganz ausgeschlossen erscheint es nicht, dass ein Gläubiger, der auf die Zulässigkeit der Landeshaftung auch für gänzlich neue Verbindlichkeiten bis 2007 vertraut hat, sein Begehren aber gerichtlich nicht durchsetzen kann, einen Haftungsanspruch gegen die Kommission (nunmehr Art 340 AEUV) geltend macht. 11) G v 22. 4. 2004, mit dem das Kärntner Landesholding-Gesetz geändert wird, KLGBl 2004/27, kundgemacht am 28. 5. 2004.

ril 2003 bis zum 1. April 2007 entstandenen Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft und ihrer Gesamtrechtsnachfolger haftet das Land Kärnten (...) nur insoweit als Ausfallsbürge gemäß 1356 ABGB, als die Laufzeit der Verbindlichkeiten nicht über den 30. September 2017 hinausgeht. Für nach dem 1. April 2007 entstehende Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft und ihrer Gesamtrechtsnachfolger übernimmt das Land Kärnten keine Bürgschaften, Garantien oder sonstige Haftungen mehr (...). 6. In der Folge wurde die Hypo-Alpe-Adria Bank AG umstrukturiert, die Bank dabei in Hypo-Alpe- Adria Bank International AG umbenannt. Das Inlandsgeschäft wurde auf eine im Alleineigentum stehende Tochter abgespalten, welche die Firma der Mutter übernahm und somit als Hypo-Alpe-Adria Bank AG agiert. 12 ) Zwischen Ende 2004 und 2006 stiegen die Verbindlichkeiten der Hypo-Alpe-Adria Bank International AG mit Haftungen des Landes von 10,8 Mrd Euro auf 24,7 Mrd Euro, bevor sie wieder sanken. 13 ) 7. Nach Abschluss mehrerer Anteilsverkäufe und Kapitalerhöhungen ab 2006 hielten schließlich im Jahr 2008 die BayernLB 67,08%, die Grazer Wechselseitige AG 20,48%, die KLH-Gruppe/Kärntner Landesholding 12,42% und die HYPO Mitarbeiter- Privatstiftung 0,02% an der Hypo-Alpe-Adria Bank International AG. Die vier Anteilseigner verkauften Ende 2009 sämtliche Anteile an der in schwere Not geratenen Bank zum symbolischen Preis von je E 1, (somit insgesamt um E 4, ) an die Republik Österreich. 14 ) 8. Im Sommer 2014 ist ein Gesetzespaket mit dem Hauptziel des geordneten Portfolioabbaus im Rahmen einer Abbaugesellschaft für die Hypo-Alpe-Adria Bank International AG in Vorbereitung. 15 ) Im Zuge dessen sollen per Gesetz bzw durch eine auf Grund des Gesetzes zu erlassende Verordnung ein Teil der Verbindlichkeiten der Bank und gleichzeitig auch die bezüglichen Sicherheiten einschließlich Haftungen für solche Verbindlichkeiten erlöschen. 16 ) Darunter würde auch die jeweils bezügliche Ausfallshaftung des Landes Kärnten fallen. B. Rechtsfragen und Beurteilung 1. Die wichtigste Rechtsfrage ist, wie die Formulierung im Schreiben der Kommission bezüglich der Übergangsfrist vom 3. 4. 2003 bis zum 1. 4. 2007 zu verstehen ist, wonach die Ausfallshaftung für neu eingegangene Verbindlichkeiten aufrechterhalten bleiben 17 ) kann. Heißt dies, dass gänzlich neue Verbindlichkeiten unter die (unbegrenzte) Ausfallshaftung kommen können, oder heißt das, dass die neuen Verbindlichkeiten einen rechtlichen Zusammenhang mit den vor dem 3. 4. 2003 bestandenen Verbindlichkeiten aufweisen müssen also etwa: neue Verbindlichkeiten zur Inanspruchnahme von vor dem 3. 4. 2003 abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen oder Umschuldungen von älteren Verbindlichkeiten? Für die erste Lesart spricht die Formulierung neu eingegangene Verbindlichkeiten, für die zweite Lesart die Anforderung, dass die Ausfallshaftung aufrechterhalten bleiben kann nicht etwa: auf neue Verbindlichkeiten erstreckt oder für neue Verbindlichkeiten gelten kann. Auf den ersten Blick sind beide Interpretationen vertretbar, bei unbefangener Betrachtung mag die erste mehr für sich haben. Es sollte, so könnte man meinen, als einzige Änderung bis 2007 die Pflicht greifen, die Haftung für neue Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit bis höchstens 2017 zu begrenzen. Sorgfältigere Betrachtung ergibt ein anderes Bild. 2. Für die zweite Lesart, also die Notwendigkeit eines rechtlichen Zusammenhangs zwischen neuen, aber ebenfalls geschützten Verbindlichkeiten und vor dem 3. 4. 2003 bestehenden Verbindlichkeiten, spricht zunächst folgende teleologische Interpretation. Der Schutz des Vertrauens, der bei solchen Übergangsbestimmungen im Zentrum steht, gilt zum einen und in unserem Zusammenhang besonders für die Gläubiger der Bank. Dieser Gesichtspunkt kommt im Schreiben der Kommission an die Republik Österreich nicht vor, wohl aber in der Entscheidung betreffend die Bundesrepublik Deutschland, nach deren Muster auch die Lösung für Österreich gestaltet wurde. In der Deutschland betreffenden Entscheidung weist die Kommission ausdrücklich darauf hin, dass die Verlängerung der staatlichen Haftung dem Gläubigerschutz dient. 18 ) Gleiches gilt zweifellos auch für Österreich. Für die Gläubiger bzw genauer gesagt für potenzielle zukünftige Gläubiger war spätestens mit 24. 7. 2003, dem Datum der Kundmachung des Schreibens der Kommission im Amtsblatt, erkennbar, dass neue Ausfallshaftungen grundsätzlich rechtswidrig sind und Ausfallshaftungen nur noch aufrechterhalten bleiben durften. Bei dieser Formulierung konnte kein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer 19 ) annehmen, dass gänzlich neue Verbindlichkeiten geschützt wären. Mindestens hätte dies bei der Kommission geklärt werden müssen. Dies spricht dafür, dass unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes keine Schutzwürdigkeit für gänz- 12) Kärntner Landeszeitung, 28. 10. 2004, 5. 13) Bericht des Rechnungshofs, Haftungen des Landes Kärnten für HYPO ALPE-ADRIA-BANK INTERNATIONAL AG und HYPO ALPE-ADRIA-BANK AG, Bund 2014/2, 175. 14) Genauer, einschließlich der beihilfenrechtlichen Abwicklung dieser Transaktion: https://www.bmf.gv.at/topthemen/antworten_hypo. html#heading_2_warum_wurde_die_hypo_alpe_adria_2007_an _die_bayern_landesbank_verkauft_ (abgefragt im Mai 2014). 15) Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau- Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (HBI-Bundesholdinggesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (AB- BAG-Gesetz) und das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG (Haa- SanG) erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden, 178 BlgNR 25. GP (Zitat S 3 der Folgenabschätzung). 16) 3 HaaSanG. 17) Hervorhebungen durch den Verfasser. 18) Vgl oben A.3. 19) Rs C-182/03 und C-217/03, Forum 187 ASBL, Slg 2006, I-5479 Rz 147, um einen einschlägigen beihilfenrechtlichen Fall aus der reichen Rsp des EuGH zu zitieren. ecolex 2014 591

592 ecolex 2014 lich neue Verbindlichkeiten besteht, die nach dem 24. 7. 2003 eingegangen wurden. 20 ) 3. Weiterer Vertrauensschutzberechtigter ist der Beihilfenempfänger, in unserem Fall die Hypo- Alpe-Adria Bank International AG und die Hypo- Alpe-Adria Bank AG. Außer Streit steht bzw sei die Schutzwürdigkeit des ordnungsgemäßen Übergangs zu einem neuen Geschäftsmodell gestellt, welches von Haftungen der öffentlichen Hand frei ist. Jedoch wäre in der ersten Lesart, darüber weit hinausgehend, das Vertrauen geschützt, ein als rechtswidrig erkanntes Geschäftsmodell fortsetzen und für gänzlich neue Verbindlichkeiten und nicht nur für die ordnungsgemäße Abwicklung bestehender Verbindlichkeiten bzw den schrittweisen Abbau dieses Geschäftsmodells nutzen zu dürfen. Diese Lesart ist zum einen unverhältnismäßig: Sie würde das Eingehen neuer Verbindlichkeiten für einen Zeitraum von beinahe vier Jahren sowie Laufzeiten solcher neuer Verbindlichkeiten von bis zu 14 Jahren (30. 9. 2017) gestatten, wofür kein guter Grund ersichtlich ist. Zum anderen kommt Vertrauensschutz nach der Judikatur des EuGH grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Hingegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine konkreten Zusicherungen gegeben hat. (...) Ist ferner ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Gemeinschaftsmaßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf den genannten Grundsatz berufen. (...) 21 ) Spätestens mit Kenntnis des Schreibens der Kommission v 30. 4. 2004 konnte ein Vertrauen auf die Anwendbarkeit der Ausfallshaftung auf gänzlich neue Verbindlichkeiten nicht mehr bestehen. 4. Die erste Lesart, wonach bis zum Ende der Übergangsfrist auch gänzlich neue Verbindlichkeiten zulässig wären, steht ferner nicht nur zum allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes, sondern auch zu seiner Ausformung im hier einschlägigen Art 108 Abs 2 AEUV (2003: Art 88 EGV) im Gegensatz. Danach muss die Kommission, wenn sie die Rechtswidrigkeit einer Beihilfe erkennt, dem Staat die Pflicht auferlegen, sie binnen einer bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten. Freilich kommt der Kommission diesbezüglich weites Ermessen zu, wie der EuGH regelmäßig und auch in Beihilfeangelegenheiten betont. Im Wesentlichen beschränkt sich der Gerichtshof bei der Kontrolle komplexer wirtschaftlicher Beurteilungen durch die Kommission auf die Prüfung, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten wurden und der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde sowie ob kein offensichtlicher Fehler bei der Würdigung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen. 22 ) Genau im letzten Punkt liegt jedoch der Schlüssel für die Lösung unserer Frage. Es dürfte jenseits sämtlicher Ermessensgrenzen liegen, unter dem Titel von Übergangsbestimmungen zum Abbau eines als unvereinbar mit dem Binnenmarkt erkannten Beihilfenprogramms das Eingehen von gänzlich neuen Verpflichtungen in unbegrenzter Höhe über einen Zeitraum von beinahe vier Jahren und mit einer Laufzeit von bis zu 14 Jahren (30. 9. 2017) unangreifbar zu machen. 5. Dieser Gedanke ist wie folgt zu präzisieren: Im Fall des K-LHG handelt es sich um ein Beihilfenprogramm, also um eine generelle, auf eine unbegrenzte Anzahl von Fällen anwendbare Regel. Wird es unter Berufung auf die Einigung mit der Kommission auf gänzlich neue Verbindlichkeiten angewendet, die noch dazu, wie im Fall der Hypo-Alpe-Adria International Bank AG, der Änderung (Internationalisierung) des bisherigen Geschäftsmodells und quantitativen Vervielfachung des bisherigen Volumens dienen, läuft die erste Lesart auf die zeitlich befristete Genehmigung einer neuen Beihilfe hinaus, deren Rechtswidrigkeit jedoch gleichzeitig festgestellt wird. Dies überschreitet mit einiger Sicherheit die Befugnisse der Kommission im Aufsichtsverfahren. Eine Interpretation, die zu einem solchen Ergebnis führt, würde das Schreiben der Kommission rechtswidrig machen und ist daher unvertretbar. Ein solcher Ermessensmissbrauch kann der Kommission nicht ohne besondere Hinweise unterstellt werden. Wie noch zu zeigen ist, ist das auch nicht nötig: Das Ergebnis kann durch eine primärrechtskonforme Interpretation des Kommissionsschreibens vermieden werden. 6. Das Argument einer verschleierten Genehmigung mag auf den ersten Blick überzogen erscheinen. Denn immerhin bleibt das Ziel einer Abschaffung unstrittig und das alte Programm weiter bestehen wenngleich konkret durch die geänderte Formulierung des Jahres 2004, also wesentlich umgestaltet. 23 ) Jedoch ist die Parallele zur Gedankenführung des Gerichtshofs hinsichtlich der sog Vorwirkung von Richtlinien augenfällig. Demnach sind die Mitgliedstaaten zwar nicht verpflichtet, die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie vor Ablauf der dafür vorgesehenen Frist zu erlassen, doch ergibt sich aus Artikel 10 Absatz 2 EG [heute: Art 4 Abs 3 UAbs 3 AEUV] in Verbindung mit Artikel 249 Absatz 3 EG und aus der Richtlinie selbst, dass sie während dieser Frist den Erlass von Vorschriften unterlassen müssen, die geeignet sind, die Erreichung des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich 20) Hilfsweise aber mit schlechteren Gründen wäre als Datum für das Ende des Gläubigerschutzes der Zeitpunkt der Anpassung der Rechtsgrundlagen, spätestens jedoch der 30. 9. 2004 anzunehmen, weil die Anpassung längstens bis zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen hatte. In unserem Zusammenhang wäre das einschlägige Datum somit der 28. 5. 2004, das Datum der Kundmachung der Novelle zum K-LHG. 21) Rs C-182/03 und C-217/03, Forum 187 ASBL, Slg 2006, I-5479 Rz 147. 22) Ständige Judikatur; statt vieler etwa Rs C-328/99 und C-399/00, SIM 2 Multimedia SpA, Slg 2003, I-4035 Rz 39. 23) Deshalb wäre es zu kurz gegriffen, die allfällige Beurteilung als Neubeihilfe durch den Hinweis auf die Judikatur abzuwenden, dass dies bei nicht geänderten Rechtsvorschriften nicht in Betracht kommt: etwa C-44/93, Namur-Les assurances du crédit, Slg 1994, I-3829 Rz 28. Die Lage ist hier komplexer: Es liegt ein wesentlich geändertes Programm vor, das wegen Fehlens der Worte aufrechterhalten bleiben mit den von der Kommission gesetzten Bedingungen nicht genau übereinstimmt und sich daher den klassischen Kategorien Altbeihilfe versus Neubeihilfe nicht eindeutig zuordnen lässt.

in Frage zu stellen. 24 ) Dieser Gedanke ist auf die Abschaffung einer Beihilfenregelung direkt übertragbar: Es wäre insb mit dem Loyalitätsgebot des Art 10 EGV (heute: Art 4 Abs 3 AEUV) unvereinbar, innerhalb der Übergangsfrist durch drastische Ausweitung der Beihilfe die Abschaffung mit Ablauf der Übergangszeit geradezu zu konterkarieren. Genau dies dürfte im Fall Hypo-Alpe-Adria Bank International AG stattgefunden haben. Denn die drastische Geschäftsausweitung bis 2007 mit Laufzeiten bis 2017 hat, wirtschaftlich betrachtet, weitgehend den gleichen Effekt, den nach 2007 abgeschlossene neue Verbindlichkeiten auch gehabt hätten, sofern das Laufzeitende mit 2017 beachtet worden wäre. Anders gewendet kann man die gewählte Vorgangsweise auch als rechtsmissbräuchliche Umgehung des Übergangsszenarios bezeichnen. 7. Ferner würde die in Rede stehende Deckung für alles, was auf der Grundlage eines Beihilfenprogramms wie des K-LHG passieren könnte, eine Gleichheitswidrigkeit gegenüber allfälligen Einzelhaftungen bewirken. Solche sind durch die Übergangsbestimmungen zweifellos ebenfalls erfasst. Bestehende Haftungen für einzelne Geschäfte einer Bank wobei alle Banken und Sparkassen Österreichs, nicht nur die Hypo-Alpe-Adria-Gesellschaften als Vergleichsfälle gelten könnten zweifellos nicht durch beliebige Haftungen für beliebige neue Verbindlichkeiten ersetzt oder ergänzt werden. Denn solche Haftungen sind durch dieselbe Formulierung reguliert und dürfen eben bloß für neu eingegangene Verbindlichkeiten aufrechterhalten bleiben. Für einzelne Haftungsvorgänge ist diese Formulierung nicht ambivalent, sondern einigermaßen eindeutig: Es muss eine Verbindung zu einer bestehenden Verpflichtung bestehen. Aus Gleichheitsgründen muss das auch für Beihilfenprogramme wie das K-LHG gelten. Sowohl die Gläubiger von Einzelgeschäften als auch Kreditinstitute, denen solche Haftungen gewährt wurden, wären sonst benachteiligt. 8. All diese Überlegungen sprechen dagegen, dass gänzlich neue Verbindlichkeiten innerhalb der Übergangsfrist, also Verbindlichkeiten, die nach dem 3. 4. 2003 bzw dem Tag nach Ablauf der Kundmachung des Schreibens der Kommission, also nach dem 24. 7. 2003 eingegangen wurden, in den Genuss der Ausfallshaftung kommen können. Geschützt sind vielmehr nur solche neuen Verbindlichkeiten, die in einem rechtlichen Zusammenhang zu älteren Verbindlichkeiten stehen, sodass insofern die Ausfallshaftung aufrechterhalten wird. Dies gilt etwa und insb für neue Verbindlichkeiten auf der Grundlage von älteren Rahmenvereinbarungen oder für Umschuldungen älterer Verbindlichkeiten. 9. Während dem Schreiben der Kommission die eben skizzierte Rechtslage, wenn auch erst nach genauerer Analyse, einigermaßen deutlich entnommen werden kann, 25 ) gilt das nicht für die im Jahr 2004 verabschiedete Novelle des K-LHG. Nach dem nunmehrigen 5 Abs 2 dieses Gesetzes haftet das Land Kärnten nämlich für alle ab dem 3. April 2003 bis zum 1. April 2007 entstandenen Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft und ihrer Gesamtrechtsnachfolger unter der einzigen Bedingung, dass die Laufzeit nicht über den 30. 9. 2017 hinausgeht. 26 ) Die wichtige Wortfolge aufrechterhalten bleiben, welche die rechtliche Verbindung zu bereits vorher bestehenden Verbindlichkeiten verlangt, fehlt im Gesetz. 10. Dies hat zur Folge, dass der überschießende Teil des Gesetzes, soweit er nämlich gänzlich neue Verbindlichkeiten schützen und in den Genuss der Ausfallshaftung kommen lassen will, als verbotene neue Beihilfe zu qualifizieren ist. Dies hat die Kommission in ihrem Schreiben deutlich gemacht: Jede Nicht-Einhaltung dieser Entscheidung seitens öffentlich-rechtlicher Körperschaften und der betroffenen Kreditinstitute hat die Rechtsfolge, dass (...) in der Ausfallshaftung enthaltene Beihilfeelemente mit Wirkung ab 1. 10. 2004 als Neubeihilfe behandelt werden. 27 ) 11. Für neue Beihilfen, und damit für den überschießenden, sich auch auf gänzlich neue Verpflichtungen erstreckenden Teil des Kärntner Gesetzes gilt gem Art 108 Abs 3 letzter Satz AEUV (2003: Art 88 EGV) ein Durchführungsverbot. Dieses ist unmittelbar anwendbar und muss von den nationalen Gerichten in einem Rechtsstreit beachtet werden. In unserem Fall heißt dies, dass die Ausfallshaftung nicht wirksam geltend gemacht werden kann. 28 ) 12. Diese Rechtsfolge könnte auf den ersten Blick mit dem Argument in Zweifel gezogen werden, dass das Durchführungsverbot grundsätzlich zwar gegen den Beihilfenempfänger, das ist in unserem Fall die Bank, nicht aber gegenüber Dritten geltend gemacht werden kann. Bei einer Ausfallshaftung würde ein solcher Standpunkt das Durchführungsverbot jedoch völlig wirkungslos machen. Die begünstigende Wirkung der Haftung tritt dadurch ein, dass sich der Gläubiger auf das Einstehen des Landes für die Bank verlassen kann, sofern diese die Verbindlichkeit nicht mehr bedienen kann. Für die Bank wirkt die Begünstigung vor allem im Zeitpunkt des Eingehens der Verbindlichkeit, später spielt sie eine völlig untergeordnete Rolle. Könnte sich der Gläubiger (anders als die Bank) später auf die Haftung berufen, würde dies das Durchführungsverbot für die Bank im Kern 24) Statt vieler etwa C-138/05, Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie, Slg 2006, I-8367 Rz 42 mwn. 25) Etwas anders stellt sich die Lage für die an Deutschland gerichtete Entscheidung (oben A.3) dar. Die dort gewählte Formulierung unterscheidet sich von jener im Schreiben an Österreich und scheint tatsächlich jede neue Verbindlichkeit in der Übergangsfrist abzudecken. Ob der Wendung in seiner gegenwärtigen Form gemeinsam mit dem Konzept des grandfathering auch eine inhaltlich beschränkende Komponente ähnlich der hier für Österreich vertretenen Position entnommen werden kann, sei hier ebenso dahingestellt wie eine detaillierte Rechtmäßigkeitsprüfung der Entscheidung. 26) Vgl oben A.5. 27) Vgl oben A.4. Zum Thema Altbeihilfe versus Neubeihilfe siehe auch oben FN 23. Diese Rechtsfolge wäre besonders unterstrichen aber nicht davon abhängig, sollte sich herausstellen, dass die Republik Österreich den Entwurf der Novelle 2004 zum K-LHG nicht, wie an der zitierten Stelle verlangt, bis spätestens 31. 10. 2003 der Kommission mitgeteilt haben sollte. Das hätte dieser nämlich die Möglichkeit genommen, die abweichende Textierung zu beurteilen. 28) So die strsp; vgl etwa C-354/90, FNCE, Slg 1991, I-5505 Rz 12 f; T-301/02, AEM SpA, Slg 2009, II-1757 Rz 165. Zu den Konsequenzen im Einzelnen aus der Literatur etwa Eilmansberger/Herzig/Jaeger/ Thyri, Materielles Europarecht 3 (2012) 351 f mwn. ecolex 2014 593

594 ecolex 2014 unwirksam machen. Die Europäische Kommission geht daher zutreffend davon aus, dass die Rechtswidrigkeit von Garantien grundsätzlich auch gegenüber dem Kreditgeber und nicht nur gegenüber dem Kreditnehmer wirkt. 29 ) 13. Das Durchführungsverbot gilt ferner ungeachtet des nach 2006 eingetretenen Eigentümerwechsels einschließlich der Übernahme der Hypo- Alpe-Adria Bank International AG durch die Republik Österreich im Jahr 2009. Dies wäre nur dann anders, wenn nachweisbar wäre, dass das Beihilfenelement in unserem Fall: jenes der Ausfallshaftung zu Marktpreisen bewertet und in den Kaufpreis einbezogen wurde. 30 ) Andernfalls greifen die Folgen der Rechtswidrigkeit, soweit nämlich der tatsächliche Nutzen des mit der Beihilfe verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt. Wie schon erwähnt muss dies im Fall von Ausfallshaftungen auch und insb für die Gläubiger gelten. 14. Durch das 2014 vorbereitete Sanierungspaket 31 ) würde ua ein Teil der Landeshaftungen für die Verbindlichkeiten der Hypo-Alpe-Adria Bank International AG erlöschen. Im Bereich der Überlappung zwischen dem hier vertretenen und skizzierten 32 ) beihilfenrechtlichen Durchführungsverbot und diesem Erlöschen entstünde durch diese Regelungen kein zusätzliches europarechtliches Problem. Auf die zahlreichen anderen Verfassungsund Europarechtsprobleme des Vorhabens wird hier nicht eingegangen. C. Resümee 1. Die weitaus besseren Gründe sprechen dafür, dass gänzlich neue Verbindlichkeiten, welche die Hypo- Alpe-Adria Bank International AG oder die Hypo- Alpe-Adria Bank AG nach dem 3. 4. 2003 bzw auch dies erscheint vertretbar dem Tag nach Ablauf der Kundmachung des Schreibens der Kommission, also nach dem 24. 7. 2003 eingegangen sind, nicht mehr in den Genuss der Ausfallshaftung nach dem K-LHG kommen können. Denn eine solche Ausfallshaftung wäre wie eine unzulässige neue Beihilfe zu behandeln. Durch die Übergangsbestimmungen sind auf der Grundlage des Schreibens der Europäischen Kommission vielmehr nur solche neuen Verbindlichkeiten geschützt, die in einem rechtlichen Zusammenhang zu älteren Verbindlichkeiten stehen, sodass insofern die Ausfallshaftung aufrechterhalten wird. Dies gilt etwa und insb für neue Verbindlichkeiten auf der Grundlage von älteren Rahmenvereinbarungen oder für Umschuldungen älterer Verbindlichkeiten. 2. Für gänzlich neue Verbindlichkeiten gilt gem Art 108 Abs 3 letzter Satz AEUV (2003: Art 88 EGV) ein Durchführungsverbot. Dieses ist unmittelbar anwendbar und muss von den nationalen Gerichten in einem Rechtsstreit beachtet werden. In unserem Fall heißt dies, dass die Ausfallshaftung nicht wirksam gegen das Land Kärnten geltend gemacht werden kann, und zwar weder von den beiden Banken noch von ihren Gläubigern. 3. Auf dem Boden der hier vertretenen Auffassung könnte die vom Durchführungsverbot erfasste Ausfallshaftung des Landes Kärnten für viele der seit 2003 entstandenen Verbindlichkeiten der Hypo- Alpe-Adria Bank International AG und der Hypo- Alpe-Adria Bank AG auch im Falle einer Insolvenz dieser Banken nicht erfolgreich geltend gemacht werden. Insoweit würde sich das Szenario einer möglichen Folgeinsolvenz des Landes und der daran anknüpfenden Konsequenzen ganz anders darstellen als für die alternative Durchsetzbarkeit der Ausfallshaftung im vollen Umfang. 29) Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Art 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften, ABl C-2008/155, 10, 12. 30) Vgl allgemein etwa C-214/07, Kommission/Frankreich, Slg 2008, I-8357 Rz 58. 31) Vgl oben A.8. Nur ein Teil davon erscheint durch den Beschluss C (2013) 5648 final v 3. 9. 2013 der Kommission zur Genehmigung der Umstrukturierungsbeihilfe Österreichs für die Hypo Group Alpe Adria gedeckt. 32) Vgl oben B.11.