26 Fachbeiträge ImPULSE P RAxIS dfür ER PERSONALARBEIT d IE Busse und Bahnen als Werbeträger Der Autor im Personalmarketing AlexAnDer klepel m.a. kommunikations- und medienwissenschaften sowie politik, Associate bei der strategieberatung CnC Communications & network Consulting AG, münchen abgefahren,
27 pragmatisch und günstig Geeignete mitarbeiter zu finden, ist heute für jeden Arbeitgeber eine Herausforderung. Besonders Personalverantwortliche aus kleinen Unternehmen in Nischenmärkten mit geringem Bekanntheitsgrad tun sich dabei schwer. das gilt erst recht, wenn ihr Unternehmensstandort abseits der metropolregionen liegt. Im Wettbewerb um qualifizierte mitarbeiter müssen sie stärker als die imageträchtigen Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen. die Ansprache potenzieller Talente muss dabei gezielt und doch gleichzeitig breitenwirksam sein. Werbung auf Bussen und Straßenbahnen ist eine bislang wenig bekannte Alternative zur klassischen Stellenanzeige. Unternehmen, die mit diesem Instrument experimentieren, sind vom Erfolg überrascht.
28 Fachbeiträge PRAx ImPULSE IS dfür ER PERSONALARBEIT d IE das Unternehmen Hansgrohe SE aus Schiltach im Schwarzwald wächst kontinuierlich und gehört mit weltweit mehr als 3 400 Mitarbeitern an zehn internationalen Produktionsstandorten zu den Global Playern der Bad- und Sanitärbranche. Dass man sich trotz aller Erfolge besonders in der Nachwuchsrekrutierung nicht ausruhen darf und Standortfaktoren bei Berufsentscheidungen immer wichtiger werden, weiß Christian Joos, Ausbilder der Sparte Elektro bei Hansgrohe, nur zu gut: Im Zuge des demografischen Wandels nehmen die Bewerberzahlen auch in unserer Region stetig ab. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, um auch zukünftig erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können. Joos beschreibt damit eine Realität, die viele ambitionierte Mittelständler in Deutschland teilen. Besonders die Schul- und Studienabgänger locken große Namen, Großstadtflair oder internationale Perspektiven. Dagegen haben es kleinere Unternehmen in abgelegenen Regionen oder weniger gefragten Ballungsräumen oftmals schwer. Hier müssen Verantwortliche für das Personalmarketing kreativ sein und mitunter die klassischen Wege verlassen, um dennoch Akzente zu setzen. Gleichzeitig stehen sie vor der Frage, wie und wo sie möglichst viele potenzielle Bewerber erreichen können. Die Antwort lautet: im Straßen- und Schienenverkehr. Ein Großteil der mobilen Bevölkerung nutzt täglich den öffentlichen Personen- und Nahverkehr (ÖPNV), darunter zahlreiche Schüler, Studierende und Berufspendler, die mit kreativer Bus- oder Straßenbahnwerbung punktgenau angesprochen werden können. Die gemessen am Tausender-Kontakt- Preis* kostengünstige und mindestens so reichweitenstarke Alternative beziehungsweise Ergänzung zu TV-, Radio- oder Anzeigenkampagnen hat auch Hansgrohe im Sommer dieses Jahres erkannt. Seither setzt das Unternehmen für seine Nachwuchskampagne Erfrischende Karriere Motive der eigenen Auszubildenden im Regionalverkehr ein. Großflächig repräsentieren sie ihren Arbeitgeber auf dem Triebwagen des für die Landkreise Ortenau und Schwarzwald-Baar wichtigsten Regionalshuttle. Sehr viele Schülerinnen und Schüler nutzen die Ortenau S-Bahn, um zur Schule zu gelangen. Da lag es natürlich nahe, uns diesen Weg der Werbung zu erschließen. schülerverkehr im Fokus Einen ähnlichen Ansatz verfolgte die im nur 50 Kilometer von Schiltach entfernten Lahr ansässige Herrenknecht AG. Der Hersteller von Tunnelvortriebsmaschinen unterstützte mit einer 18-monatigen Buskampagne seine Suche nach Auszubildenden. Die Außengestaltung eines Busses im Einzugsgebiet Lahr mit dem Claim Steig bei uns ein wurde hierbei ebenfalls gezielt im Schülerverkehr eingesetzt. Die Kampagne ist eine gute Ergänzung zu Standardmaßnahmen wie Schul- und Messebesuchen, erklärt Olaf Strick, Head of Corporate HR and Legal Department der Herrenknecht AG. Wir sind positiv überrascht, dass unsere Buswerbung zu einer stärkeren Resonanz geführt hat als Anzeigen in den Printmedien, sagt Strick. Diese werden in aller Regel schnell überblättert oder nur von jenen wahrgenommen, die aktiv auf Jobsuche sind und vielleicht schon ein konkretes Unternehmen ins Auge gefasst haben. Hingegen begegnet man als Verkehrsteilnehmer Werbung auf Bussen und Bahnen tagtäglich wiederholt in unterschiedlichen Situationen, was manchmal erst die entscheidende Initialzündung für berufliche (Neu-)Orientierung gibt. In Karlsruhe ist es schwierig, Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu finden, da hier viele IT-Unternehmen mit zum Teil sehr ähnlichen Tätigkeiten ansässig sind, Wir wollten etwas nichtalltägliches machen, sagt olaf strick von der Herrenknecht AG. Achtzehn monate lang warb Herrenknecht mit dem Claim steig bei uns ein um Auszubildende.
29 bestätigt Ramona Schurr, Marketing Communications Managerin der Preisvergleichsplattform billiger.de. Um aus der Masse herauszustechen, ging das Unternehmen vor Ort mit einer auffälligen Straßenbahnkampagne auf Typensuche. Der zusammen mit einer Werbeagentur entwickelte Eyecatcher sollte vor allem eine junge, sehr gemischte Zielgruppe ansprechen und aktivieren. Wichtig hierbei war, dass mit dem Motiv neben dem Hinweis auf Vakanzen möglichst auch ein Gefühl für das Unternehmen selbst, das Arbeitsklima und die Mitarbeiterkultur vermittelt werden sollte. Dass das gar nicht so einfach ist, wissen auch Christine Götz, Head of Marketing, und Antje Hohmann, Head of Human Resources, von der Ulmer Internet-Logistikfirma Transporeon. Natürlich ist die Message, die man auf einem Bus unterbringen kann, beschränkt. Man muss sie grafisch so auf den Punkt bringen, dass sie schnell und einfach nachvollziehbar ist. Neben Eventsponsorings und Social-Media-Aktivitäten rundet bereits seit 2010 eine Buskampagne das HR-Instrumentarium ab, die dem Unternehmen vor allem Bekanntheit und das Interesse von zunehmend benötigten IT-Fachkräften aus der Region um Ulm sichern soll. Die Idee der Buswerbung schwirrte im Kopf eines Marketing- Mitarbeiters, gemeinsam im Team wurde diese dann konkretisiert. Man stelle sich vor, man sitzt im Bus und überlegt: Wo will ich beruflich überhaupt hin? Welche Firmen gibt es hier, und welche suchen Mitarbeiter? Und dann ruft der Busfahrer: Next stop: Deine Karriere bei Transporeon! Gute WerBunG BrAuCHt know-how Griffige Slogans, kreative Designs und die richtige Platzierung sind entscheidende Erfolgsfaktoren in der Gestaltung mobiler Werbeträger, bestätigt Mathias Wolfgang Keim, Geschäftsführer der Stuttgarter KWS Verkehrs mittelwerbung GmbH, einem Spezial an bieter, der bundesweit mit Verkehrsbetrie ben zusammenarbeitet und deren Werbeflä chen vermittelt. Der Unternehmer beobach tet seit zwei Jahren einen Anstieg der Buchun gen von Werbeflächen zur gezielten Mitarbeitersuche. Bisher wurden Busse und Bahnen hauptsächlich für Produkt- oder Eventwerbung genutzt. Doch immer mehr Personalverantwortliche entdecken unsere Werbeform für sich und experimentieren mit den verschiedenen Möglichkeiten, die sie bietet. Von kleineren Plakaten an den Einstiegstüren über größere Rand- und Heckflächenbeklebungen bis hin zu auffälligen Ganzgestaltungen der Fahrzeuge gibt es viele Varianten. Auch der Innenraum, wo die Verweildauer der Verkehrsteilnehmer wesentlich länger ist, lässt sich mit Plakaten oder Bildschirmwerbeschleifen im sogenannten Fahrgast-TV nutzen. Besonders effektiv sind crossmediale Ansätze, bei denen Social Media Recruiting und Verkehrsmittelwerbung über die Einbindung von URLs oder QR-Codes kombiniert werden und so einen schnellen Zugriff auf Stellenausschreibungen im Internet ermöglichen. Die Werbebotschaft auf einem Bus muss man auf den punkt bringen, sagt Antje Hohmann, Hr-managerin bei der ulmer internet-logistikfirma transporeon. ihr Claim: next stop: Your.Job@transporeon.
30 Fachbeiträge PRAx ImPULSE IS dfür ER PERSONALARBEIT d IE Aus Sicht von Mathias Wolfgang Keim bietet die Verkehrsmittelwerbung zahlreiche Vorzüge: Sie ist entgegen mancher Vorstellung sehr schnell und unkompliziert umsetzbar. Der Aufwand für die Kunden ist gering, denn neben der technischen Umsetzung übernehmen wir die Koordinierung zwischen Verkehrsbetrieben und den Werbekunden beziehungsweise deren Kreativschmiede, helfen bei der Gestaltungsoptimierung, sorgen für die entsprechenden Fahrzeuge und planen deren Einsatz im Liniennetz, sodass eine optimale Ansprache der Zielgruppen möglich ist. Die Kosten sind dabei vom gewählten Werbeformat, der Anzahl der Fahrzeuge und den regionalen Konditionen des jeweiligen Verkehrsbetriebs abhängig. In der Tendenz ist Verkehrsmittelwerbung wesentlich günstiger als andere Werbeformen. Für etwa den gleichen Preis einer einmaligen Werbeseite im Magazin Der Spiegel kann man beispielsweise eine gestaltete Straßenbahn ein Jahr lang fahren lassen, erklärt Keim. resonanz und erfolg Zu den entwickelten Kampagnenideen erhielten alle Unternehmen sowohl intern von stolzen Mitarbeitern als auch von externen Dritten durchweg sehr positives Feedback. Letztlich muss sich jedoch jede Recruiting-Maßnahme an konkreten Bewerberzahlen messen lassen. Auch hier fällt das Echo überwiegend gut aus. Wie bei Herrenknecht hat man auch bei Transporeon sehr gute Erfahrungen gemacht. Gerade bei Bewerbungsgesprächen mit Jobkandidaten kommt immer wieder der Bus zur Sprache, und auch die Mitarbeiter stoßen, wenn sie Freunden, Bekannten oder Fremden in Ulm von Transporeon erzählen, immer wieder auf die Reaktion: Ach, Ihr seid die mit der Buswerbung. Klar, den Bus sehe ich immer herumfahren, freut sich Christine Götz. Auch Hansgrohe fühlt sich durch die allgemein sehr guten Resonanzen in seiner Maßnahme bestätigt. Die Köpfe der Werbekampagne, die Models aus dem Unternehmen, würden in ihrem Umfeld häufig darauf angesprochen, beobachtet Christian Joos. Ob sich der Anteil der Bewerbungen aus dem Einzugsgebiet dadurch erhöht hat, soll noch ausgewertet werden. Ramona Schurr von billiger.de äußert sich dagegen etwas verhalten in Bezug auf das Rekrutierungsziel. Insgesamt seien Look & Feel der Kampagne zwar sehr gut angekommen. Direkt auf sie berufen und sich daraufhin gemeldet hätten sich seit dem zweiten Quartal 2012 jedoch nur sieben Bewerber. Betrachtet man Verkehrsmittelwerbung als rein imagefördernde Marketing-Maßnahme, ist es für uns als national agierendes Unternehmen natürlich nicht falsch, die Bekanntheit auch im lokalen Umfeld zu pushen. Primäres Ziel für uns war jedoch, potenzielle Jobkandidaten anzusprechen. Hier werden wir noch mit gezielten, aber leider teureren Maßnahmen nachsetzen müssen. Um einzelne, spezifische Stellen zu besetzen, werden Unternehmen um Personalagenturen nicht umhinkommen. Um ein breites Publikum auf weniger spezifische Stellen aufmerksam zu machen, ist Bus- und Straßenbahnwerbung dagegen hervorragend geeignet. Anmerkung * Wikipedia liefert uns folgende Definition: eine Kennzahl aus der Mediapla nung, die angibt, welcher Geldbetrag bei einer Werbemaßnahme (etwa für Fernsehspots, Online-Werbung oder Printwerbung) eingesetzt werden muss, um 1 000 Personen einer Zielgruppe per Sichtkontakt (im Radio Hörkontakt) zu erreichen. regionalshuttle mit motiven der Auszubildenden des sanitärspezialisten Hansgrohe in schiltach im schwarzwald (links), billiger.de auf der suche nach Charakterköpfen in karlsruhe (rechts).