Alkoholmißbrauch eine erhöhte Gefahr für Menschen mit geistiger Behinderung in ambulanten Wohnsettings? Stefan Meir St. Lukas-Klinik Stiftung Liebenau
Mein Hintergrund Arbeit in der psychiatrischen Institutsambulanz der St. Lukas-Klinik ggmbh, einer Tochter der Stiftung Liebenau. Arbeit mit Menschen aus dem klassischen Heimmillieu Arbeit mit den in ambulante Betreuungssettings ausgegliederten Bewohnern, die über die niedergelassenen Kollegen nicht genügend versorgt werden können. Beschränkte Sicht auf die Schwierigen.
Besonderheit intellektuell behinderter Menschen Verzögerte emotionale Entwicklung: Kindliches Erleben und Fühlen, Offenheit. Beziehungsdynamik entsprechend. Erhöhte Suggestibilität: Das will ich auch Reduzierte Impulskontrolle: Spontan und direkt Handeln aus der aktuellen Emotion Geringere Fähigkeit zur Selbststrukturierung Geringere Fähigkeit zur Selbstbeschäftigung Geringere Handlungskompetenz: weniger Skripts, weniger Reflexion, weniger Kontrolle
Typisierung klassische Wohngruppe Mehr Mitbewohner Fixe zeitliche Strukturen entsprechend der organisatorischen Vorgaben der Institution Tagesstruktur und fixe Freizeitangebote Weniger Rückzugsraum Weniger betreuungsfreie Zeit Abgrenzung / Teilnahme möglich, keine Eigeninitiative nötig. Ernährung und Gesundheitssorge werden über die Betreuer organisiert und getragen.
Typisierung ambulant betreutes Weniger Mitbewohner Mehr Rückzugsraum Wohnen Weniger Strukturvorgaben (räumlich, personell, zeitlich, organisatorisch) Eigeninitiative erforderlich Keine spezifischen Freizeitangebote Keine Begleitung und Kontrolle in der Freizeit Ernährung und Gesundheitssorge müssen in Teilen selbst organisiert werden
Risiko im ambulant betreuten Wohnsetting: Isolation / Vereinsamung Fehlernährung Übergewicht Reduzierte Gesundheitssorge Verwahrlosung Verschuldung Alkoholexzesse
Probleme im neuen Wohnsetting: Umzug erfordert neue Kompetenzen der Alltagsbewältigung. Eigene Kompetenzen sind notwendig. Eigene Interessen müssen entwickelt und Möglichkeiten zur Umsetzung gefunden werden. Eigene Gestaltung der freien Zeit muss entwickelt werden. Das Leben der Anderen dient als Modell. Restriktion des Heimes fällt weg. Suchtmittelkonsum fällt nur als Exzess oder aufgrund von Langzeitfolgen auf.
Problemskizze Selbstversorgung Großes Angebot an Konsummitteln Versprechungen der Werbung Keine Unterteilung z.b. Nahrungs- vs. Genuss- vs. Suchtmittel Keine klaren Bezeichnungen (Menge, Schadstoffe, Schädlichkeit) Gesundes ist oft teuer und schmeckt langweilig Alkohol als billiges Konsummittel
Problemskizze Unterhaltung Die Bewohner haben weniger Ansprache Geringere Auswahl an Interaktionspartnern Unter der Woche keine spezifischen Freizeitangebote nach Feierabend ist nix los Freier Zugang zu Fernsehen, Läden, Kneipen Starke Reize sind attraktiv z.b. Alkoholkonsum um etwas zu erleben
Problemskizze Frustration Die Bewohner haben weniger Begleitung: Mehr unbegleiteten Kontakt untereinander Weniger Kontaktpersonen verfügbar Geringe Sozialkompetenz Geringe Konfliktlösungskompetenz Keine Schlichter Höheres Konfliktpotential Alkoholkonsum, um etwas zu vergessen
Prävention: Neues Setting Selbstständiges Leben lernen durch Coaching - In der Selbstversorgung - In der Freizeitgestaltung - In der Selbststrukturierung - In der Selbstbeschäftigung Aufbau sozialer Kompetenzen Erarbeitung von Konfliktlösungskompetenz Anleitung im Umgang mit Alkohol
Anleitung im Umgang mit Alkohol Was ist Alkohol? Was ist wo drin? Und wie viel? Wie wirkt Alkohol? Was macht es mit einem? Euphorisierung vs. Depression / Geringer vs. starker Konsum Aufklärung über Gefahren: Ausbleibende Schutzreaktion, Lähmung der Atmung, Vergiftung, Gesundheitsschäden.
Beispiele Training für Freizeitgestaltung: Was ist wann, wo? Wie komme ich hin? Wer kommt mit? Wie finde ich Freunde? Was tun, wenn mir langweilig ist? Was tun, damit mir nicht langweilig wird? Soziales Kompetenztraining Konfliktlösungstraining