Handreichung Kinderschutz



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Transkript:

Kapitel 8 relevante Gesetzestexte und Begriffsbestimmung Bei der Verarbeitung von Daten sind grundsätzlich datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten. Die allgemeinen Bestimmungen zum sind im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie im Sächsischen gesetz (SächsDSG) dargelegt. Darüber hinaus gibt es für die einzelnen Berufsgruppen meist spezielle vorschriften, die zu beachten sind. Generell gelten für öffentliche bzw. nicht öffentliche Stellen folgende gesetze: Öffentliche Stellen nichtöffentliche Stellen - Sächsisches gesetz - Bundesdatenschutzgesetz - (für Bundesbehörden: Bundesdatenschutzgesetz) - regelungen in - regelungen in Fachgesetzen den Fachgesetzen - Sozialgesetzbuch I und X Datenerhebung, Datenspeicherung, Datenübermittlung, Datennutzung -Überblick über einige wichtige Gesetzestexte- 1. KINDER- UND JUGENDHILFE Der seitens des Jugendamtes einzuhaltende geht aus dem SGB I (Allgemeiner Teil), SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) hervor. Diese Gesetze gelten für das Jugendamt als Sozialleistungsträger als vorrangig gegenüber den allgemeinen bestimmungen. Sozialgesetzbuch I 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I Dritter Abschnitt, Erster Titel: Sozialgeheimnis (1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten ( 67 Abs. 1 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. ( ) Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren. (2) Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches zulässig. (3) Soweit eine Übermittlung nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateien und automatisiert erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Sozialdaten. (4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich. Seite 64

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet oder genutzt werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet oder genutzt werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können. Sozialgesetzbuch VIII 61-68 SGB VIII Viertes Kapitel: Schutz von Sozialdaten 61 SGB VIII Anwendungsbereich (1) Für den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung, Verarbeitung und Nutzung in der Jugendhilfe gelten 35 des Ersten Buches, 67 bis 85a des Zehnten Buches sowie die nachfolgenden Vorschriften. Sie gelten für alle Stellen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, soweit sie Aufgaben nach diesem Buch wahrnehmen. Für die Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Buch durch kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. (2) Für den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung, Verarbeitung und Nutzung im Rahmen der Tätigkeit des Jugendamts als Amtspfleger, Amtsvormund, Beistand und Gegenvormund gilt nur 68. (3) Für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten durch das Jugendamt bei der Mitwirkung im Jugendstrafverfahren gelten die Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes. (4) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so ist sicherzustellen, dass der Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung, Verarbeitung und Nutzung in entsprechender Weise gewährleistet ist. 62 SGB VIII Datenerhebung (1) Sozialdaten dürfen nur erhoben werden, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. (2) Sozialdaten sind beim Betroffenen zu erheben. Er ist über die Rechtsgrundlage der Erhebung sowie die Zweckbestimmungen der Erhebung und Verwendung aufzuklären, soweit diese nicht offenkundig sind. (3) Ohne Mitwirkung des Betroffenen dürfen Sozialdaten nur erhoben werden, wenn 1. eine gesetzliche Bestimmung dies vorschreibt oder erlaubt oder 2. ihre Erhebung beim Betroffenen nicht möglich ist oder die jeweilige Aufgabe ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen erfordert, die Kenntnis der Daten aber erforderlich ist für a) die Feststellung der Voraussetzungen oder für die Erfüllung einer Leistung nach diesem Buch oder b) die Feststellung der Voraussetzungen für die Erstattung einer Leistung nach 50 des Zehnten Buches oder c) die Wahrnehmung einer Aufgabe nach den 42 bis 48a und nach 52 oder d)die Erfüllung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung nach 8a oder Seite 65

3. die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden oder 4. die Erhebung bei dem Betroffenen den Zugang zur Hilfe ernsthaft gefährden würde. (4) Ist der Betroffene nicht zugleich Leistungsberechtigter oder sonst an der Leistung beteiligt, so dürfen die Daten auch beim Leistungsberechtigten oder einer anderen Person, die sonst an der Leistung beteiligt ist, erhoben werden, wenn die Kenntnis der Daten für die Gewährung einer Leistung nach diesem Buch notwendig ist. Satz 1 gilt bei der Erfüllung anderer Aufgaben im Sinne des 2 Abs. 3 entsprechend. Zur Erhebung von Daten wird grundsätzlich das Einverständnis des Betroffenen benötigt. Ohne eine Mitwirkung ist eine Datenerhebung nur zulässig, wenn es dafür eine Grundlage in der jeweils anzuwendenden datenschutzrechtlichen Vorschrift gibt. Die Erhebung von Daten bei Dritten im Zusammenhang mit der Wahrung des staatlichen Wächteramtes ist nur durch das Jugendamt ( 62 Abs. 3 SGB X) sowie durch Polizei und Staatsanwaltschaft möglich. 63 SGB VIII Datenspeicherung (1) Sozialdaten dürfen in Akten und auf sonstigen Datenträgern gespeichert werden, soweit dies für die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. (2) Daten, die zur Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe erhoben worden sind, dürfen in Akten oder auf sonstigen Datenträgern nur zusammengeführt werden, wenn und solange dies wegen eines unmittelbaren Sachzusammenhangs erforderlich ist. Daten, die zu Leistungszwecken im Sinne des 2 Abs. 2 und Daten, die für andere Aufgaben im Sinne des 2 Abs. 3 erhoben worden sind, dürfen nur zusammengeführt werden, soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. 64 SGB VIII - Datenübermittlung und nutzung (1) Sozialdaten dürfen zu dem Zweck übermittelt oder genutzt werden, zu dem sie erhoben worden sind. (2) Eine Übermittlung für die Erfüllung von Aufgaben nach 69 des Zehnten Buches ist abweichend von Absatz 1 nur zulässig, soweit dadurch der Erfolg einer zu gewährenden Leistung nicht in Frage gestellt wird. (2a) Vor einer Übermittlung an eine Fachkraft, die der verantwortlichen Stelle nicht angehört, sind die Sozialdaten zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, soweit die Aufgabenerfüllung dies zulässt. (3) Sozialdaten dürfen beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke der Planung im Sinne des 80 gespeichert oder genutzt werden; sie sind unverzüglich zu anonymisieren. 65 SGB VIII - Besonderer Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe (1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben werden 1. mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder Seite 66

2. dem Vormundschafts- oder dem Familiengericht zur Erfüllung der Aufgaben nach 8a Abs. 3, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte, oder 3. dem Mitarbeiter, der aufgrund eines Wechsels der Fallzuständigkeit im Jugendamt oder eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung oder Erbringung der Leistung verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sind und die Daten für eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos notwendig sind, oder 4. an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung des Gefährdungsrisikos nach 8a hinzugezogen werden; 64 Abs. 2a bleibt unberührt, oder 5. unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in 203 Abs. 1 oder 3 des Strafgesetzbuches genannten Personen dazu befugt wäre. Sozialgesetzbuch X 67 85a SGB X Kapitel 2: Schutz von Sozialdaten Erster Abschnitt Begriffsbestimmungen 67 SGB X Zweiter Abschnitt Datenerhebung, -verarbeitung und nutzung 67a - 78 Dritter Abschnitt Organisatorische Vorkehrungen zum Schutz der Sozialdaten, besondere Datenverarbeitungsarten 78a 80 Vierter Abschnitt Rechte des Betroffenen, beauftragte und Schlussvorschriften 81 85a Sächsisches Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz (SächsKiSchG) 5 SächsKiSchG Datenübermittlung bei Kindeswohlgefährdung Werden ( )einer Person, die mit der Ausbildung, Erziehung oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen innerhalb von Diensten oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Behindertenhilfe betraut ist, gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt und reichen die eigenen fachlichen Hilfen nicht aus, die Gefährdung abzuwenden, sollen die vorgenannten Personen bei dem gesetzlichen Vertreter auf die Inanspruchnahme von Hilfen des Jugendamtes hinwirken. Ist ein Tätigwerden zur Abwehr der Gefährdung dringend erforderlich und ist der gesetzliche Vertreter nicht in der Lage oder nicht bereit, hieran mitzuwirken, sind die in Satz 1 genannten Personen befugt, dem Jugendamt die vorliegenden Erkenntnisse mitzuteilen; hierauf ist der gesetzliche Vertreter vorab hinzuweisen, es sei denn, dadurch würde der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen gefährdet. ( ) Seite 67

2. FACHKRÄFTE AUSSERHALB DER KINDER- UND JUGENDHILFE Strafgesetzbuch (StGB) 34 StGB - Rechtfertigender Notstand Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Der rechtfertigende Notstand kann nur herangezogen werden, wenn das schädigende Ereignis bereits begonnen hat bzw. dieses unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Hinsichtlich des körperlichen bzw. seelischen Zustandes entstehen beim Opfer mit vorhersehbarer Wahrscheinlichkeit weitere Schädigungen. Dies ist besonders bei Taten mit Wiederholungsgefahr relevant, z.b. sexueller Missbrauch, körperliche Züchtigungen als Erziehungsmittel, starke Vernachlässigung mit Gefahr des Verhungerns oder Verdurstens. 203 StGB Verletzung von Privatgeheimnissen (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, 2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung, 3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordnetem Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-,Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft, 4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist. 4a.Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, 5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder 6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) ( ) (2a) ( ) (3) ( ) (4) Die Absätze 1 und 3 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart. (5) Handelt der Träger gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Seite 68

3. BERUFSGEHEIMNISTRÄGER Mit dem Bundeskinderschutzgesetz wurde eine Befugnisnorm für Berufsgeheimnisträger (z.b. Ärzte oder Psychologen) geschaffen, die Klarheit hinsichtlich der Weitergabe von Informationen an das Jugendamt gibt. Das schützt einerseits die enge Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient und schlägt andererseits die Brücke zum Jugendamt. Bundeskinderschutzgesetz, Art. 1 (KKG) 4 KKG - Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung (1) Werden 1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, 2. Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung, 3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -beratern sowie 4. Beraterinnen oder Beratern für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde o- der Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist, 5. Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, 6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagoginnen oder -pädagogen oder 7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt ( ) (2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren. (3) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen. Seite 69

4. FACHKRÄFTE IN SCHULEN Schulgesetz (SchulG) Freistaat Sachsen 35b Zusammenarbeit Die Schulen arbeiten mit den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und mit außerschulischen Einrichtungen, insbesondere Betrieben, Vereinen, Kirchen, Kunst- und Musikschulen und Einrichtungen der Weiterbildung, sowie mit Partnerschulen im In- und Ausland zusammen. 50a Abs. 1 - Informationsbefugnis (1) Die Schule soll das zuständige Jugendamt unterrichten, wenn auch nach Anhörung der Eltern tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Wohl eines Schülers ernsthaft gefährdet oder beeinträchtigt ist. Falls einem Lehrer begründete Anhaltspunkte auf eine ernsthafte Gefährdung eines Schülers vorliegen, muss er darüber die Schulleitung informieren. Diese beruft ein Elterngespräch ein, weist auf die Anhaltspunkte hin und fordert die Eltern ggf. auf, die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen. Sollte durch diese Maßnahme die Gefährdungssituation nicht abgewendet werden können oder ist durch die Information der Eltern der wirksame Schutz des Schülers in Frage gestellt, schaltet die Schulleitung direkt das Jugendamt ein. Bezüglich einer Anzeigepflicht bei der Polizei oder einer anderen zuständigen Stelle (s. 158 Strafprozessordnung, StPO) anlässlich eines Verdachts auf Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung gibt es keine gesetzlichen Bestimmungen. Gemäß 138 Strafgesetzbuch (StGB) sind nur bestimmte schwere Verbrechen, wie zum Beispiel Menschenhandel oder Mord anzuzeigen, falls die Ausführung noch abgewendet werden kann. Eventuelle Körperverletzungsdelikte fallen jedoch nicht darunter. Bundeskinderschutzgesetz 4 KKG - Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung (1) Werden 1. 5. ( ) 6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagoginnen oder -pädagogen oder 7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt ( ) (2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren. (2) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, Seite 70

so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen. Begriffserklärung Sozialdaten Nach 67 SGB X sind Sozialdaten alle Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Neben persönlichen Angaben wie dem Namen, der Anschrift, dem Geburtsdatum, dem Geschlecht, der Religion, dem Familienstand, der Kinderzahl und der Nationalität, zählen auch Angaben zu Krankheiten, behandelnde Ärzte/-innen, stationäre Maßnahmen, Schwangerschaften, Einkommen, Beruf und Arbeitgeber, Charaktereigenschaften, Überzeugungen und mögliche Ordnungswidrigkeiten als auch Straftaten zu den Sozialdaten. Prognosen, Diagnosen und Bewertungen gelten ebenfalls als Sozialdaten, da sie die Identifizierung bzw. Charakterisierung von Personen ermöglichen. Anvertraute Daten In Hinblick auf die Datenübermittlung unterscheidet man zwischen anvertrauten Daten und sonstigen Sozialdaten. Die anvertrauten Informationen stehen unter einem besonderen. Dazu zählen beispielsweise auch Beobachtungen während eines Hausbesuches. Anonymisierung von Daten Nach 67 Abs. 8 SGB X handelt es sich bei einer Anonymisierung um die Veränderung der Sozialdaten, so dass Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. Pseudonymisierung von Daten Nach 67 Abs. 8a SGB X spricht man von Pseudonymisierung sofern der Name oder andere Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen ersetzt werden, um die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren. Daten und Identifikationsmerkmale sind getrennt, besitzen einen Code und können nur durch eine Codierung zusammengeführt werden. Seite 71

Transparenzgebot Das Transparenzgebot gilt als zentraler Grundsatz für den. Es betrifft alle Bereich der Datenerhebung und deren Verarbeitung, und gilt unabhängig von den gesetzlich Aufklärungs- und Auskunftspflichten. Gesetzlich normiert und insbesondere für die Wirksamkeit der Frühen Hilfen von zentraler Bedeutung ist der Grundsatz, dass die Weitergabe von Informationen nur mit Einwilligung der Person erfolgen darf, der die Informationen erteilt hat. Dieses ausdrückliche Einwilligungsgebot zur Informationsweitergabe ist besonders im sensiblen Bereich der frühen Hilfen sehr wichtig, der auf dem Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu den Eltern und der Vermittlung von Beratung, Information und Hilfe basiert. In Situationen, in denen die Betroffenen die Informationsweitergabe nicht erlauben aber die Lage des Kindes für so bedrohlich bewertet bzw. ein zeitnahes Einschreiten weiterführender Stellen als notwendig erachtet wird, sind über die Kinder- und Jugendhilfe hinaus, alle Berufsgeheimnisträger (Ärzten, Hebammen, Schwangerenberatungsstellen, Frühförderstellen, etc.) durch das Bundeskinderschutzgesetz ( 4, Abs. 3 KKG) befugt, das Jugendamt zu informieren und die notwendigen Informationen zu übermitteln. Auch wenn diese Informationsweitergabe gegen den Willen des Sorgeberechtigten erfolgt, ist die rechtliche und fachliche Beachtung des Transparenzgebotes Vielleicht gegen den Willen des Betroffenen, aber nicht ohne dessen Wissen notwendig. Dieses Vorgehen signalisiert Transparenz, Verlässlichkeit und belastet die bestehende Hilfebeziehung nicht noch zusätzlich durch ein Agieren hinter dem Rücken der Beteiligten. 5 Hilfreich für die Begründung für das Hinzuziehen weiterführender Stellen ist häufig, dass der Helfer die derzeitige Situation nicht mehr verantworten kann, dessen persönliche Grenzen erreicht sind und er sich große Sorgen um das Wohl des Kindes macht. Lediglich in den Ausnahmefällen, in denen der wirksame Schutz des Kindes in Frage gestellt wird, darf per Gesetz die Einschaltung des Jugendamtes auch ohne Information der Eltern erfolgen. Diese Konstellation ist vor allem dann der Fall, wenn die Situation zu akut und eilbedürftig erscheint, um vorher noch einmal mit den Sorgeberechtigten zu sprechen bzw. dass Kind dadurch noch mehr gefährdet werden könnte. 5 Nationales Zentrum frühe Hilfen: bei Frühen Hilfen, 2013 Seite 72