Ist-Zustand und die aktuellen Entwicklungen bei den stofflichen Regelungen im anlagenbezogenen Gewässerschutz

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Transkript:

Ist-Zustand und die aktuellen Entwicklungen bei den stofflichen Regelungen im anlagenbezogenen Gewässerschutz Prof. Dr.-Ing. Adolf Eisenträger, Umweltbundesamt, Abtl IV 2 Jürgen Seelisch, Umweltbundesamt, FG IV 2.4 1

Bisherige Regelungen (WHG, VwVwS) 19g WHG Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Abs. 5 Wassergefährdende Stoffe sind feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind, nachhaltig die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers nachteilig zu verändern. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erlässt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, in denen die wassergefährdenden Stoffe näher bestimmt und entsprechend ihrer Gefährlichkeit eingestuft werden. Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe - VwVwS Anhang 3 Anhang 4 Bestimmung und Einstufung wassergefährdender Stoffe auf der Grundlage von R-Sätzen Einstufung von Gemischen in Wassergefährdungsklassen 2

Bisherige Regelungen (VwVwS Anhang 3 - Stoffeinstufung) Die Wassergefährdungsklasse leitet sich aus den Gefahren-(R)-Sätzen des europäischen Gefahrstoffrechts ab. Die zentralen Gefahrenmerkmale sind die akute Toxizität gegenüber Nagetieren, die akute Ökotoxizität gegenüber Wasserorganismen, die biologische Abbaubarkeit sowie das Bioakkumulationspotenzial, die sich in bestimmten R-Sätzen widerspiegeln. Liegen Untersuchungen hierzu nicht vor, werden sogenannte Vorgabewerte vergeben. Zusätzliche gewässerrelevante R-Sätze werden in die Gesamtbewertung einbezogen. Alle relevanten R-Sätze erhalten eine Punktzahl. Die Punktsumme (unter Einschluss der Vorgabewerte) entscheidet über die WGK. 3

Bisherige Regelungen (Ableitung der WGK) Es gilt: Punktsumme 0 4: WGK 1 Punktsumme 5 8: WGK 2 Punktsumme > 9: WGK 3 nicht wassergefährdend (nwg): Punktsumme 0 Die Wasserlöslichkeit flüssiger Stoffe ist <10 mg/l. Die Wasserlöslichkeit fester Stoffe ist <100 mg/l. Es ist keine Prüfung bekannt, nach der die akute Toxizität an einer Fischart (96 h LC 50 ), einer Wasserflohart (48 h EC 50 ) oder die Hemmung des Algenwachstums (72 h EC 50 ) unterhalb der Löslichkeitsgrenze liegt. Valide Prüfungen an zwei der vorgenannten Organismen sind durchgeführt worden. Organische Flüssigkeiten müssen leicht biologisch abbaubar sein. 4

Problem: Stoffliche Regelungen im anlagenbezogenen Gewässerschutz Exkurs: CLP-Verordnung (GHS-Verordnung) Die europäische Gefahrstoffeinstufung in R-Sätze wurde durch das (UNO-) Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS) abgelöst. VERORDNUNG (EG) Nr. 1272/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 Konsequenzen Die derzeitige, auf der Einstufung und Kennzeichnung nach europäischem Chemikalienrecht beruhende WGK-Einstufung verliert ihre Grundlage, da die bisherigen R-Sätze durch die H-Statements nach GHS abgelöst werden. Die H-Statements beziehen sich auf dieselben Endpunkte wie das bisherige Einstufungssystem. Die Einstufungsgrenzen in beiden Systemen unterscheiden sich meist wenig. Durch die Umwandlungstabelle der CLP-Verordnung (Anhang VII) ist die Übersetzung vorgegeben. 5

Vergangenheit und Gegenwart (Einstufung als gewässergefährdend) Vergangenheit Gegenwart R-Satz 67/548/EWG Gefahrenhinweis VO (EG) Nr. 1272/2008 R 50 sehr giftig für Wasserorganismen H 400 sehr giftig für Wasserorganismen R 52 schädlich für Wasserorganismen -------- R 50/53 R 51/53 R 52/53 R 53 sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben schädlich für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben H 410 H 411 H 412 H 413 sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung kann für Wasserorganismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung 6

Vergangenheit und Gegenwart (Gesundheitsgefahren) Akute orale und dermale Toxizität Vergangenheit Gegenwart R-Satz 67/548/EWG Gefahrenhinweis VO (EG) Nr. 1272/2008 R 21 Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut. H 312 Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt. R 22 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken. H 302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken. R 24 Giftig bei Berührung mit der Haut. H 311 Giftig bei Hautkontakt. R 25 Giftig beim Verschlucken. H 301 Giftig bei Verschlucken. R 27 Sehr giftig bei Berührung mit der H 310 Lebensgefahr bei Hautkontakt. Haut. R 28 Sehr giftig beim Verschlucken. H 300 Lebensgefahr bei Verschlucken. Eine 1:1-Umstellung der Einstufungsgrundlage war leicht möglich! 7

Bisherige Regelungen (VAwS) Die Eignung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist von der zuständigen Behörde festzustellen, außer wenn sie andere, gleichwertige Anforderungen erfüllen. Die 16 Bundesländer regeln die Anforderungen in jeweils 16 Verordnungen über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS). Die Wassergefährdungsklassen (WGK) bestimmen gemeinsam mit dem Volumen der Anlage das Anforderungsniveau an die Anlage. Volumen/Masse WGK [m³/t] 1 2 3 < 0,1 A A A 0,1 bis 1 A A B 1 bis 10 A B C 10 bis 100 A C D 100 bis 1000 B D D mehr als 1000 C D D 8

Bisherige Regelungen (Kennzeichen) Schutz der Gewässer vor Leckagen und anderen (ungewollten) Stoffeinträgen aus (stationären) Anlagen wird gemäß dem Vorsorgeprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konsequent sichergestellt. Bei der WGK führt Nichtwissen zu höheren Anforderungen. Für nicht sicher bestimmte Stoffe gelten die Anforderungen der höchsten WGK 3. Die rechtlichen Bestimmungen sind sehr detailliert. 16 Bundesländer setzen das WHG unterschiedlich um, was zu Nachteilen für die Wirtschaft führt. 9

Grundgesetzänderung (28. August 2006) Grundgesetz (GG) Art. 72 (3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über: 5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); GG WHG Aufgrund dieser Zuständigkeitsänderung wird eine Bundes-VAwS möglich. VUmwS VwVWGK 10

Neues Wasserhaushaltsgesetz Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 Artikel 1 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz WHG) 62 Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (3) Wassergefährdende Stoffe sind feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. (4) Durch Rechtsverordnung können nähere Regelungen erlassen GG werden über 1. die Bestimmung der wassergefährdenden Stoffe und ihre Einstufung WHG entsprechend ihrer Gefährlichkeit sowie über eine hierbei erforderliche Mitwirkung des Umweltbundesamtes und anderer Stellen, Stoffbezogener Teil einer Anlagenverordnung VUmwS 2. Anforderungen an die Beschaffenheit von Anlagen VwVWGK Anlagenbezogener Teil einer Anlagenverordnung 11

Entwurf einer Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VUmwS) Kapitel 1 Zweck; Begriffsbestimmungen GG WHG VUmwS VwVWGK Kapitel 2 Kapitel 3 Einstufung von Stoffen, Gemischen/Zubereitungen, [Abfällen und Ersatzbaustoffen] Abschnitt 1 Abschnitt 2 Grundsätze; Einstufung und Dokumentation durch den Anlagenbetreiber Verfahren zur Einstufung; Kommission Bewertung wassergefährdender Stoffe Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Ermittlung der Wassergefährdungsklasse (WGK) Gefährdungsstufen Volumen in m 3 1 2 3 bzw. Masse in t 0,2 Stufe A Stufe A Stufe A > 0,2 1 Stufe A Stufe A Stufe B > 1 10 Stufe A Stufe B Stufe C > 10 100 Stufe A Stufe C Stufe C > 100 1 000 Stufe B Stufe C Stufe C > 1 000 Stufe C Stufe C Stufe C 12

Anwendungsbereich (VUmwS-Entwurf 3 Grundsätze) Es werden geregelt: 1. Stoffe im Sinne des Chemikaliengesetzes 2. Zubereitungen/Gemische im Sinne des Chemikaliengesetzes 3. Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes 4. Ersatzbaustoffe im Sinne der Ersatzbaustoffverordnung Aber auch andere Stoffe wie Silagesäfte, Kompost, biologische Kontaminanten, Futtermittel u.a. spezialgesetzlich geregelte Stoffe sind wassergefährdende Stoffe im Sinne des Gesetzes! Es bleibt bei 3 WGK und der Einstufung nicht wassergefährdend : WGK 3: stark wassergefährdend WGK 2: wassergefährdend WGK 1: schwach wassergefährdend Nicht eingestufte Stoffe gelten als stark wassergefährdend. 13

Gründe für die Beibehaltung der WGK Risikobezug bei Anlagensicherheit muss erhalten bleiben Substitutionsanreiz ginge verloren Es entfiele Motivation zur Datenvervollständigung Überwachung und logistische Maßnahmen sind nach WGK differenziert, selbst wenn technische Maßnahmen nicht differenziert sind Überzogene Anforderungen bei niedrigen WGK oder keine ausreichende Sicherheit bei WGK 3-Stoffen wäre die Folge Verschärfte Anforderungen in Schutzgebieten sonst kaum begründbar Differenzierung benötigt z.b. bei Löschwasserrückhaltung 14

Selbsteinstufung, Dokumentation, Überprüfung und Veröffentlichung der WGK (VUmwS-Entwurf 4 bis 9) Verantwortlich für die Einstufung ist der Anlagenbetreiber. Er muss eine Dokumentation erstellen und bei Einzelstoffen beim Umweltbundesamt einreichen. Der Anlagenbetreiber greift dabei auf Daten zurück, die ihm der Hersteller oder Importeur übermittelt, ggf. reicht der Hersteller selbst eine Dokumentation ein. Die Pflicht zur Einstufung entfällt, falls eine dokumentierte Einstufung zu diesem Stoff bereits vorliegt. Das Umweltbundesamt überprüft die Angaben auf Vollständigkeit und Plausibilität. Das Umweltbundesamt schlägt dem BMU die Einstufungen vor. Das BMU entscheidet und veröffentlicht die dokumentierten und geprüften Einstufungen regelmäßig im Bundesanzeiger. 10benennt die Kommission Bewertung wassergefährdender Stoffe (KBwS) als Beratungsgremium des BMU. 15

Ermächtigung für Verwaltungsvorschriften (VUmwS-Entwurf 4 und 5) 4 Selbsteinstufung Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erlässt allgemeine Verwaltungsvorschriften, in denen die maßgeblichen Kriterien für die Einstufung in Wassergefährdungsklassen oder als nicht wassergefährdend näher bestimmt werden. 5 Dokumentation Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erlässt allgemeine Verwaltungsvorschriften zu Form und Inhalt der Dokumentation. 16

Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Einstufung von wassergefährdenden Stoffen in Wassergefährdungsklassen zur Durchführung der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Verwaltungsvorschrift Wassergefährdungsklassen (VwVWGK) 1. Gegenstand 2. Einstufung von Stoffen, Gemischen/Zubereitungen, Abfällen und Ersatzbaustoffen als nicht wassergefährdend GG WHG VUmwS VwVWGK 3. Einstufung von Stoffen in Wassergefährdungsklassen 4. Inhalt und Form der Dokumentation von Stoffeinstufungen 5. Einstufung von Gemischen und Zubereitungen in Wassergefährdungsklassen 6. Dokumentation der Einstufung von Gemischen/Zubereitungen 7. Einstufung von Abfällen und Ersatzbaustoffen in Wassergefährdungsklassen 8. Übergangsregelung 17

Einstufung von Stoffen als nicht wassergefährdend (1) a) Die sich aufgrund der R-Sätze bzw. Gefahrenhinweisen ergebende Gesamtpunktzahl muss Null sein. b) Die Wasserlöslichkeit flüssiger Stoffe ist <10 mg/l. c) Die Wasserlöslichkeit fester Stoffe ist <100 mg/l. d) Es ist keine Prüfung bekannt, nach der die akute Toxizität an einer Fischart (96 h LC 50 ), einer Wasserflohart (48 h EC 50 ) oder die Hemmung des Algenwachstums (72 h EC 50 ) unterhalb der Löslichkeitsgrenze liegt. Valide Prüfungen an zwei der vorgenannten Organismen sind durchgeführt worden. e) Organische Flüssigkeiten müssen leicht biologisch abbaubar sein. VwVwS Anhang 3 Nr. 5 18

Einstufung von Stoffen als nicht wassergefährdend (2) NEU Unabhängig von den Anforderungen nach den Buchstaben a bis e sind organische Flüssigkeiten wassergefährdend, wenn sie unter Normalbedingungen eine Dichte 1000 kg/m³, einen Dampfdruck 0,3 kpa und eine Wasserlöslichkeit 1g/l Floater-Kriterien aufweisen. NEU Organische Feststoffe sind wassergefährdend, wenn sie biologisch nicht leicht abbaubar sind und ein erhöhtes Bioakkumulationspotential aufweisen (log P OW 4, es sei denn BCF < 500). Berücksichtigung der leichten Abbaubarkeit auch für Feststoffe 19

Einstufung von Gemischen/Zubereitungen als nicht wassergefährdend a) der Gehalt an Komponenten der WGK 1 ist geringer als 3 % Massenanteil, b) der WGK 2 ist geringer als 0,2 % Massenanteil, c) der WGK 3 ist geringer als 0,2 % Massenanteil, d) dem Gemisch/der Zubereitung wurden keine krebserzeugenden Komponenten gezielt zugesetzt, e) dem Gemisch/der Zubereitung wurden keine Komponenten der WGK 3 gezielt zugesetzt, f) dem Gemisch/der Zubereitung wurden keine Komponenten gezielt zugesetzt, deren wassergefährdende Eigenschaften nicht bekannt sind, und g) dem Gemisch/der Zubereitung wurden keine Dispergatoren bzw. Emulgatoren gezielt zugesetzt. VwVwS Nr. 2.2.2 NEU Ist bei einer Komponente der WGK 2 oder 3 wegen ihrer hohen aquatischen Toxizität gemäß der VO (EG) Nr. 1272/2008/EG Anhang I Nr. 4.1.3.5.5.5 ein M-Faktor zu berücksichtigen, ist der prozentuale Gehalt dieser Komponente mit diesem Faktor zu multiplizieren. Das sich daraus ergebende Produkt ist zur Ermittlung des Massenanteils im Sinne von b und c anzuwenden. Berücksichtigung von Multiplikationsfaktoren 20

Einstufung von Stoffen in Wassergefährdungsklassen Keine Veränderung lediglich Harmonisierung Die Wassergefährdungsklasse leitet sich aus den Gefahren-(R)-Sätzen oder den Gefahrenhinweisen des europäischen Gefahrstoffrechts ab. Die zentralen Gefahrenmerkmale sind die akute Toxizität gegenüber Nagetieren, die akute Ökotoxizität gegenüber Wasserorganismen, die biologische Abbaubarkeit sowie das Bioakkumulationspotenzial, die sich in bestimmten R-Sätzen oder den Gefahrenhinweisen widerspiegeln. Liegen Untersuchungen hierzu nicht vor, werden so genannte Vorgabewerte vergeben. Zusätzliche gewässerrelevante R-Sätze oder Gefahrenhinweise werden in die Gesamtbewertung einbezogen. Alle relevanten R-Sätze oder Gefahrenhinweise erhalten eine Punktzahl. Die Punktsumme (unter Einschluss der Vorgabewerte) entscheidet über die WGK. 21

Inhalt und Form der Dokumentation von Stoffeinstufungen Für die Einstufung eines Stoffes müssen folgende Angaben vollständig dokumentiert werden: Name und Anschrift des Betreibers chemisch eindeutige Stoffbezeichnung, CAS-Nummer, sowie soweit vorhanden EG-Nummer und Indexnummer, Multiplikationsfaktoren nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 Gefahrenhinweise nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 oder R-Sätze nach der EG- Richtlinie 67/548/EWG, zugeordnete Vorgabewerte bei nicht untersuchten Eigenschaften, Gesamtpunktzahl Vorschlag für die Einstufung in eine Wassergefährdungsklasse oder als nicht wassergefährdend. Zusätzliche Angabe für eine Einstufung als nicht wassergefährdend : Aggregatzustand, Dampfdruck, relative Dichte, Wasserlöslichkeit, Verteilungsverhalten (log Pow oder BCF), akute Toxizität gegenüber einer Nagetierart (oral oder dermal), Toxizität gegenüber zwei aquatischen Arten aus zwei verschiedenen Trophiestufen und biologische Abbaubarkeit. Dokumentation beim Umweltbundesamt 22

Einstufung von Gemischen und Zubereitungen in Wassergefährdungsklassen (1) Es gibt unverändert 3 Möglichkeiten die WGK einer Mischung zu bestimmen: (1) Aus den WGK der Mischungskomponenten Inhaltsstoffe Gemisch nwg WGK 1 WGK 2 WGK 3 WGK 1 < 3 % 3 % WGK 2 < 0,2 % < 5 % 5 % WGK 3 < 0,2 % nicht zugesetzt < 0,2 % < 3 % 3 % Nicht bekannte Stoffanteile müssen wie WGK 3 Komponenten gewertet werden! NEU Berücksichtigung von Multiplikationsfaktoren (M-Faktoren) Aquatisch hochtoxische Gemischbestandteile werden stärker berücksichtigt. 23

Einstufung von Gemischen und Zubereitungen in Wassergefährdungsklassen (2) (2) Berücksichtigung von Prüfdaten zur Toxizität oder zur Ökotoxizität am Gemisch (3) Einstufung von Sonderfällen durch die KBwS Gemischeinstufungen sind verpflichtend zu dokumentieren, aber nicht beim Umweltbundesamt einzureichen, sondern bei den für die Anlagenzulassung und überwachung zuständigen Landesbehörden im Rahmen der Zulassung der Anlage vorzulegen. 24

Fazit Die zukünftigen Regelungen werden weiterhin ein gefährdungsproportionales System beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen darstellen. Sie werden dem Besorgnisgrundsatz des Wasserrechts weiter Rechnung tragen. Sie werden das Recht für wassergefährdende Stoffe bundeseinheitlich gestalten. Dabei werden die Prinzipien des bisherigen Rechts fortgeführt. (Keine Umstufung aller bisher eingestuften Stoffe, außer auf Antrag! D.h. ein Nebeneinander von alten und neuen WGK stellt kein Problem dar.) Die VUmwS und die VwVWGK werden die Regeln der VAwS und der VwVwS zusammenführen und modernisieren diese im Hinblick auf neue Entwicklungen verwandter Rechtsbereiche. 25

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! adolf.eisentraeger@uba.de www.uba.de 26