Heinz Fassmann Universität Wien
Vorbemerkung Welche Realitäten einer von Migration geprägten Gesellschaft sind für die Raumentwicklung relevant? Bei dieser Frage geht es um das Zusammenbinden von zwei Bereichen, die bisher nie oder nur selten gekoppelt wurden: Migration/Integration und Raumentwicklung
Demographische Entwicklungen Wachstum der Bevölkerung 1961 hatte dieses Land 7,07 Mio. Einwohner, 50 Jahre später waren es bereits 8,36 Mio. In 20 Jahren wird Österreich 9 Mio. Einwohner zählen, in 40 Jahr en 9,5 Mio. und bei einer höheren Fertilität, einem Mehr an Zuwanderung und einer nochmals steigenden Lebenserwartung erreicht Österreich Mitte der 2030er vielleicht sogar die 10 Mio. Grenze. Das ÖREK plädiert für ein Wachstum qualitätsorientiert bewältigen und schlägt dazu im Detail eine Reihe von Aufgabenbereichen vor
Bevölkerungsrückgang und Alterung Bevölkerungsrückgang und Alterung bildet einen zweiten wesentlichen Faktor der gegenwärtigen und zukünftigen Raumentwicklung. Rückgang und Alterungsprozesse hängen auf der lokalen Ebene zusammen, denn Abwanderung verschärft Alterung maßgeblich. Auch in diesem Feld macht das ÖREK Vorschläge zur Sicherung der lokalen und regionalen Daseinsvorsorge.
Bevölkerungszunahme durch Zuwanderung Der Ausländeranteil beträgt im Jahr 2009 (Stichtag 1.1. 2010) rund 10,7%, 895.000 Personen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft. Dazu kommen rund 400.000 eingebürgerte Personen und weitere 200.000 die zwar in Österreich zur Welt gekommen sind, deren beide Elternteile aber aus dem Ausland stammen. In Summe 1,5 Millionen Personen mit einem selbst erlebten oder indirekten Migrationshintergrund in Österreich oder 18% der Gesamtbevölkerung.
Regionale Verteilung
Herkunftsgebiete Die am stärksten vertretene Herkunftsgruppe im Bestand waren am Stichtag 1.1.2010 die Deutschen, dann die Serben, Montenegrinern und Kosovaren und an dritter Stelle die Türken. An vierter Stelle folgen Zuwanderer aus Bosnien und Herzegowina, dann Kroatien, Rumänien, Polen, Tschechien, Ungarn und Italien. Auf Platz 11 rangieren Russen, dann Slowakei, Mazedonien, Slowenien und Schweiz.
Qualifikation Zuwanderung ist keine Gastarbeiterwanderung mehr und das zeigt sich auch aufgrund der höchsten abgeschlossenen Bildung 2009 : Rund 17% der Zuwanderer hatten einen tertiären Abschluss, bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund waren es nur knapp 14%. Aber: während nur sehr wenige Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei über einen Hochschulabschluss verfügten, wiesen Personen aus anderen EU Staaten inkl. der Schweiz (29%) sowie Zuwanderer aus sonstigen Staaten (34%) besonders hohe Akademikeranteile auf.
Altersstruktur 75% der Zuzüge sind zwisch en 15 und 45 Jahre alt. Es gibt keinen retirement peak weder bei den Zuzügen, noch bei den Wegzügen. Die pre labor force comp onent ist schwach ausgeprägt.
Weitere sozioökonomische Befunde bei Zuwanderer aus dem ehem. Jugoslawien und Türkei Erwerbsquote niedrig, besonders bei Frauen; Hohe Geburtenhäufigkeit (TFR Türkinnen: 2,41) Arbeitslosenquote hoch; Familiennachzug bringt Erste Generation wieder zurück ; Höheres Armutsrisiko.
Herausforderungen und Raumentwicklung Das ÖREK spricht Maßnahmen an: Entwickelt kommunale oder regionale Integrationsleitbilder; Implementiert ein Diversitätsmanagement; Setzt Maßnahmen einer nachholenden oder begleitenden Integration inklusive Sprachförderung und zwar dort, wo die lokale oder regionale Ebene Kompetenz besitzt; Entwickelt einen qualitätsvollen öffentlichen Frei und Erholungsraum zur Begegnung der Menschen; Betreibt ein aktives Quartiers und Besiedlungsmanagement, um ethnische Konzentrationsprozesse zu vermeiden; Errichtet spezifische Wohnbauprojekte.
Schlusswort Das Dogma Österreich ist kein Einwanderungsland gerät ins Wanken (RWR Card); Chance auf Neubesinnung und Umkehr der Relation: Wie müssen Standortbedingungen entwickelt werden, damit ein Standort attraktiv für eine Zuwanderung ist? Raumentwicklung, als steuerndes Element, inkludiert eine aktive Zuwanderung und ist nicht Reparaturinstanz für Integrationsprobleme!