Lösungsskizze Klausur Nr. 1

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Transkript:

Übung im Strafrecht für AnfängerInnen (SoSe 2014) Juristische Fakultät der Universität Freiburg Institut für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht Prof. Dr. Roland Hefendehl und Mitarbeiter/innen Lösungsskizze Klausur Nr. 1 Tatkomplex 1: Vergifteter Käse Strafbarkeit des E A. Strafbarkeit des E wegen Totschlags an S gemäß 212 I, 25 I Alt. 2 (-); Opfer S könnte als unvorsätzliches Werkzeug gegen sich selbst eingesetzt worden sein, E hat jedoch keine überlegene Wissensposition, weiß selbst nichts von der Vergiftung des Käses und wollte die S durch dessen Zubereitung und Auftischen in keinerlei Gefahr bringen. B. Strafbarkeit des E wegen fahrlässiger Tötung der S gemäß 222 (-); E musste nicht daran zweifeln, dass es sich bei der Käsekreation um ein aufrichtiges Geschenk des T anlässlich seiner baldigen Firmenübernahme handelte. Im Auftischen des Käses liegt keine Sorgfaltspflichtverletzung. Strafbarkeit des T A. Totschlag an S gemäß 212 I, 25 I Alt. 2 Keine unmittelbare Tötung der S durch T, der Tod trat erst auf zweifache Vermittlung ein: E bereitet den vergifteten Käse für S zu, welche dann wiederum selbst davon isst. Möglicherweise kann dem T sowohl das Verhalten des E wie auch der S über 25 I Alt. 2 StGB zugerechnet werden: a) S als vorsatzloses Werkzeug gegen sich selbst (+): nach dem Plan des T sollte gerade der gutgläubige Konsument des Käses sterben. b) Einsatz des E als unvorsätzliches Werkzeug: (P) Tatherrschaft? Macht sich T hier den Irrtum des E bewusst zunutze? Dagegen spricht: Weitergabe des Käses von E an S entsprach nicht dem ursprünglichen Plan des T, der den Käse allein an E adressierte. Dafür spricht aber: Allein T weiß um die Vergiftung des Käses und erfasst die Zusammenhänge. Er setzt mit dem Käse ein Tatmittel ein, welches als Genussmittel regelmäßig gemeinschaftlich verzehrt wird und insofern eine breite Streuwirkung aufweist. Seiner bloßen Hoffnung, diese durch den Hinweis auf der Karte einschränken zu können, kommt keine tatbestandliche Relevanz zu. Das exklusive Wissen um die Gefährlichkeit des in die räumliche Sphäre des E verbrachten Tatmittels, verbunden mit der bei solchen Genussmitteln stets bestehenden Möglichkeit einer Weitergabe an weitere Personen des Haushalts, ist ausreichend für die Annahme einer zurechenbaren Verursachung der Tatbestandsverwirklichung durch eine tatbeherrschende Steuerung des E. c) Die Handlungen von E und S können T über 25 I Alt. 2 jeweils zugerechnet werden. (P) Handelte T hinsichtlich der Tötung der S vorsätzlich? Ursprünglich wollte T den E und nicht die S töten. Andererseits entsprach es genau seinem Tatplan, dass diejenige Person stirbt, die den manipulierten Käse verzehrt (Individualisierung des Opfers durch das Tatmittel). Aberratio ictus? Error in persona? Vorliegend scheint eine genaue Zuordnung zu einer dieser beiden ohnehin nicht tatbestandlichen Kategorien entbehrlich. Es geht schlicht um subjektive Zurechnungs- und Konkretisierungsfragen: Hier ist entscheidend, dass die sich realisierende Streuwirkung eine gerade typische Folge darstellt, wenn man vergiftete Lebensmittel in einen Haushalt bringt. T wusste um das Zusammenleben von E und S und war sich keinesfalls sicher, dass nur E von dem Käse essen würde. Da er dennoch an diesem Tatplan festhielt, das erkannte Risiko also eher hinnahm als auf die Handlung zu verzichten, ist von einem bedingten Vorsatz hinsichtlich der Tötung der S auszugehen.

III. Rechtswidrigkeit, Schuld (+) IV. Ergebnis Strafbarkeit (+) B. Versuchter Totschlag an E gem. 212 I, 25 I Alt. 2, 22, 23 I I. Vorprüfung II. Tatentschluss (+), T wollte ursprünglich den E töten. Zwar ließe sich anführen, dass T nur eine Person töten wollte, so dass sein Vorsatz durch den Tod der S verbraucht sein könne. Jedoch ist auch diesbezüglich an der typischen Folge des Abstellens des Käses anzusetzen, die gerade eine Tötung mehrerer Personen wahrscheinlich macht. Kein Verbrauch Konstellation des Doppelvorsatzes. (+), er besaß ferner Vorsatz hinsichtlich der Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft mit E als gutgläubigem Werkzeug gegen sich selbst. III. Unmittelbares Ansetzen Der Zeitpunkt des Versuchsbeginns ist im Rahmen der mittelbaren Täterschaft problematisch: 1. Gesamtlösung: kommt auf das unmittelbare Ansetzen des Werkzeuges selbst an E hat nicht zur selbstschädigenden Handlung angesetzt und machte keine Anstalten, den Käse zu verspeisen, daher (-) 2. Einzellösung: entscheidend ist die Einwirkungshandlung des Hintermannes eine solche ließe sich vorliegend wohl schon in der Ablage des Käses vor der Wohnung des E sehen, da T dadurch und durch die beigefügte Karte, wonach der E diese Käsekreation unbedingt probieren müsse, auf das Verhalten des E einwirkte, daher (+) 3. Modifizierte Einzellösung: Versuch des Hintermannes beginnt, sobald er den Tatmittler aus seinem Machtbereich entlassen hat und dieser nach der Vorstellung des Hintermannes von der Tat unmittelbar zur Tat ansetzt Indem T den Käse vor die Wohnung legte und sich entfernte, gab er das Geschehen aus der Hand. Dabei rechnete er damit, E würde aus Neugier rasch nach Entdeckung des Geschenkes vom Käse kosten. Nach Vorstellung des T waren die Rechtsgüter des E mit Ansichnahme des Käses unmittelbar gefährdet, daher (+) 4. Nach der Rechtsprechung sollen für den hier vorliegenden Sonderfall des Einsatzes des gutgläubigen Opfers als Werkzeug gegen sich selbst noch einmal vom allgemeinen Streitstand um den Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft abweichende Regeln gelten. Es sei entscheidend darauf abzustellen, ob der Hintermann nach seiner Vorstellung das Erscheinen des Opfers im Wirkungskreis des Tatmittels und dessen unbewusste Mitwirkung als gewiss ansehe oder lediglich für möglich erachte (BGHSt 43, 181 f.). T erkennt, dass E mit der Annahme des Käses direkt in den Wirkungskreis des Tatmittels gerät und rechnet auch damit, dass dieser alsbald davon kosten werde, daher (+) 5. Streitentscheid: Lediglich Gesamtlösung kommt nicht zu einem Versuchsbeginn. Gegen diese spricht aber, dass der Hintermann bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen des Werkzeugs alles seinerseits zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dann erscheint es aber in jedem Fall sachwidrig, den Versuchsbeginn von der Zufälligkeit abhängig zu machen, dass es noch zum unmittelbaren Ansetzen des Tatmittlers kommt. Unmittelbares Ansetzen (+) IV. Rechtswidrigkeit, Schuld (+) V. Ergebnis Strafbarkeit (+) BearbeiterInnen, welche die Konstellation von vornherein als unmittelbare Täterschaft bewerten (nach Rspr. wohl vertretbar) und weder den (dann überflüssigen) Streit um den Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft in obiger Form austragen noch die gesonderte Formel des BGH für den Versuchsbeginn in diesen Fällen anführen, sollten zumindest das unmittelbare Ansetzen problematisiert haben und hierbei insbesondere mit den Kriterien Rechtsgutsgefährdung, Aus-der-Hand-Geben des Geschehens, keine Notwendigkeit wesentlicher Zwischenakte zwischen dem Ablegen des Käses und der selbstschädigenden Handlung durch E argumentieren. - 2 -

Strafbarkeit des A A. Anstiftung zum versuchten Totschlag an E gem. 212 I, 22, 23 I, 26 1. Teilnahmefähige Haupttat (+), da versuchter Totschlag des T an E (s.o.). 2. Bestimmen (+); ursächliches Hervorrufen des Tatentschlusses bei T, dem es vor Zusage der Belohnung nicht in den Sinn gekommen wäre, den E umzubringen. 1. Vorsatz hinsichtlich der Haupttat (+); A überließ zwar die gesamte Tatausführung dem T und hatte keine Kenntnis von Zeit und Ort der Tatbegehung. Jedoch muss sich der Anstiftervorsatz nicht auf alle Einzelheiten der Tat beziehen. Bei Tötungsdelikt ist allein die Individualisierung des Opfers maßgebend. A umfasst die Tat in ihrer grundsätzlichen Angriffsrichtung und Unrechtsdimension. 2. Vorsatz hinsichtlich der Bestimmungshandlung (+) III. Rechtswidrigkeit, Schuld (+) IV. Ergebnis: Strafbarkeit (+) B. Anstiftung zum Totschlag an S gem. 212 I, 26 1. Teilnahmefähige Haupttat (+), da Totschlag des T an S (s.o.) 2. Bestimmen (+) Erst die Willensbeeinflussung durch A ließ T überhaupt über eine Tötung des E nachdenken. In der Intention, in jedem Fall den E zu treffen, entschied er sich dabei für einen Tatplan, welcher wie von ihm erkannt und letztlich in Kauf genommen (zum Vorsatzproblem siehe oben) auch die S gefährdete. Der geistige Kontakt zwischen A und T war insofern auch ursächlich für den Vorsatz des T gegenüber S. (P) Vorsatz hinsichtlich der Haupttat? A wollte allein, dass E stirbt. Auch wenn er dem T die Modalitäten der Tötung des E gänzlich überließ, individualisierte er im Gespräch mit T den E eindeutig als das anvisierte Opfer. A konnte nicht damit rechnen, dass T einen auch die S unmittelbar gefährdenden Tatplan entwickeln würde und hätte dies auch niemals gebilligt. Der eingetretene Tod der S übersteigt somit die Haftung des A im Rahmen seines Anstiftervorsatzes Exzess. Strafbarkeit (-) C. Fahrlässige Tötung der S gem. 222 I. Kausale Herbeiführung des Todes der S (+) II. Objektive Fahrlässigkeit (P) Sorgfaltspflichtverletzung und Zurechnung Dafür spricht: In Konstellationen, in denen die Ausführung der Tötungshandlung gänzlich dem Täter überlassen und nicht näher konkretisiert wird, liegt es nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass durch einen Anschlag auch Personen, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem anvisierten Opfer befinden, gleichfalls gefährdet werden könnten; bestimmender Einfluss des A auf T und die unterbliebene Vergewisserung, dass bei Ausführung der Tat zumindest keine Gefahr für Dritte entsteht. - 3 -

Dagegen spricht: Tötung der S beruht eher auf einem selbstständigen neuen Willensentschluss des T, zwecks Tötung des E ein Tatmittel mit gefährlicher Streuwirkung einzusetzen. T nahm die Tatgestaltung in die eigenen Hände. Strafbarkeit (+/-) Gesamtergebnis und Konkurrenzen Tatkomplex 1 I. E bleibt straffrei. II. T hat sich des Totschlags an S gemäß 212, 25 I Alt. 2 StGB und des versuchten Totschlags an E gemäß 212, 25 I Alt. 2, 22, 23 I StGB strafbar gemacht. Die beiden Delikte stehen aufgrund nur einer Tathandlung des T in Idealkonkurrenz. III. A ist strafbar wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag an E gemäß 212, 22, 23 I, 26 StGB, gegebenenfalls in Tateinheit ( 52 StGB) mit der fahrlässigen Tötung an S gemäß 222 StGB. Tatkomplex 2: Ärger auf dem Parkplatz Strafbarkeit des A A. Totschlag an B gemäß 212 I durch den Schlag gegen den Oberkörper (P) Ausschluss des Zurechnungszusammenhanges infolge atypischen Kausalverlaufes? (-); ein auf offener Straße von der Seite ausgeführter tätlicher Angriff auf eine offensichtlich unvorbereitete Person birgt stets die Gefahr, dass diese einen Sturz nicht auffangen kann und unkontrolliert mit dem Kopf auf den Asphalt schlägt. Dass es dabei auch zu einem tödlichen Verlauf kommen kann, liegt angesichts der Empfindlichkeit des Kopfes und der großen Gefahr von Hirnblutungen nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit. (-); im Zeitpunkt des Schlages hielt A den Eintritt des Todes des B weder für möglich, noch hätte er einen solchen in Kauf genommen. Es handelt sich eindeutig um einen unglücklichen Unfall. Strafbarkeit (-) B. Gefährliche Körperverletzung gemäß 223, 224 I Nr. 5 durch den Schlag gegen den Oberkörper des B 1. Grundtatbestand (+) 2. Qualifikationsmerkmal des 224 I Nr. 5: (P) Anforderungen an lebensgefährdende Behandlung? 1. Eine Ansicht verlangt konkrete Lebensgefährdung die durch den Schlag eingetretene Verletzung am Oberkörper war für sich genommen nicht lebensgefährlich, daher (-) 2. Nach der Gegenmeinung genügt, dass die Verletzungshandlung nach den konkreten Umständen objektiv generell geeignet war, das Leben des Opfers zu gefährden unvermittelter Schlag gegen eine arglose Person birgt Gefahr eines unkontrollierten Sturzes mit hartem Aufprall des Kopfes, daher (+) 3. Streitentscheid: Hohe Strafdrohung erfordert restriktive Auslegung der Qualifikationsmerkmale; gerade vorliegender Fall zeigt, dass bei Ausreichen einer nur generellen Eignung und einer abstrakten Lebensgefährlichkeit nahezu jede Körperverletzungshandlung bei entsprechend unglücklichem Verlauf als lebensgefährlich einzustufen wäre. Eine lebensgefährdende Behandlung ist daher schon objektiv abzulehnen (a.a. genauso gut vertretbar). (+), Vorsatz bzgl. des Grundtatbestandes. Wer 224 I Nr. 5 objektiv bejaht hat, muss sich an dieser Stelle zur subjektiven Tatseite äußern und diese wohl ablehnen: A war von sämtlichen Folgen seines Schlages völlig überrascht und hätte mit einem derartigen - 4 -

Verlauf niemals gerechnet; er war sich der Umstände, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit ergab, nicht bewusst. III. Rechtswidrigkeit 1. Notwehr nach 32 StGB (-), es fehlt bereits an einem Angriff auf ein Rechtsgut des A (maßgeblich ist ex-post Perspektive eines objektiven Beobachters): B wollte den Wagen des A weder stehlen noch beschädigen, sondern lediglich seine Katze hervorlocken. 2. Rechtfertigender Notstand gemäß 34 bzw. Festnahmerecht gemäß 127 StPO ebenfalls jeweils (-) IV. Erlaubnistatbestandsirrtum A ging zum Zeitpunkt des Schlages subjektiv davon aus, B mache sich an seinem PKW zu schaffen, um ihn zu stehlen oder zu beschädigen Situation des ETI? 1. Hypothetische Rechtfertigungsprüfung: Auf Grundlage des irrigen Vorstellungsbildes des A könnte der Schlag durch Notwehr gemäß 32 gerechtfertigt gewesen sein. a) Notwehrlage (+), gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff des B auf das Eigentum des A. b) Notwehrhandlung: geeignet (+); (P) Erforderlichkeit: relativ mildeste Mittel? Grds. (+), da B auf die zunächst erfolgte verbale Ansprache nicht reagiert und A sich als (vermeintlicher) Verteidiger nicht auf ein zwar milderes, aber auch mit ungewissem Ausgang verbundenes bloßes Festhalten des B einlassen muss. Aber: ändert sich Bewertung durch eingetretenen Tod des B? Dieser wäre in keinem Fall erforderlich gewesen jedoch: Im Rahmen des Erforderlichen liegen auch ungewollte Auswirkungen einer Notwehrhandlung, wenn sie typische, adäquate Folge einer zur Abwehr notwendigen Handlung sind. War die Verteidigungshandlung also an sich erforderlich, so steht es einer 32 II StGB genügenden Verteidigung nicht entgegen, dass durch sie eine ungewollt schwere Auswirkung erwächst (vgl. BGHSt 27, 313 ff.); normativ geboten (+) c) Subjektives Rechtfertigungselement (+) d) Hätte die Wahrnehmung des A zugetroffen, wäre seine Handlung gemäß 32 StGB gerechtfertigt gewesen ein ETI liegt vor. 2. Rechtliche Würdigung des ETI V. Ergebnis Strafbarkeit (-) a) Vorsatztheorie: Vorsatz umfasst Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale und Kenntnis der Sozialschädlichkeit des Verhaltens Mangels Unrechtsbewusstseins handelte A demnach ohne Vorsatz. b) Strenge Schuldtheorie: Unrechtsbewusstsein ist allein Bestandteil der Schuld, so dass dessen Fehlen auch nur im Rahmen der Schuld relevant sein könne Anwendung von 17: A wäre wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu bestrafen, wenn er den Irrtum hätte vermeiden können. c) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen: Einzelne Rechtfertigungsvoraussetzungen stellen negative Tatbestandsmerkmale dar, deren Nichtbestehen vom Vorsatz umfasst werden müssen diesbezüglicher Irrtum im Rahmen eines ETI führt zum Ausschluss des Vorsatzes über 16. d) Eingeschränkte Schuldtheorie: Von 16 sind nur die Umstände bzgl. der konkreten Tatbeschreibung in den einzelnen Deliktsvorschriften erfasst. Da aber der Wille des im ETI Handelnden ebenso wenig auf einen Erfolgsunwert gerichtet ist wie beim Tatbestandsirrtum, möchte sie den ETI dem Tatbestandsirrtum gleichstellen und wendet in diesen Fällen 16 StGB analog an A begeht im vorliegenden Fall kein vorsätzliches Unrecht. e) rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie: verneint die vorsatzausschließende Wirkung des ETI. Der Tatbestandsvorsatz als Verhaltensform bleibe bestehen, es entfällt angesichts des verminderten Schuldgrades beim Täter der Vorsatzschuldvorwurf, der aber wiederum als Voraussetzung für eine Bestrafung aus einem Vorsatzdelikt angesehen wird ETI wird lediglich in seinen Rechtsfolgen unter 16 subsumiert: keine Vorsatzbestrafung des A. f) Streitentscheid: Lediglich die strenge Schuldtheorie käme bei Annahme einer Vermeidbarkeit des Irrtums zu einer Bestrafung des A aus 223. Gegen diese ist allerdings anzuführen, dass sie dem Umstand nicht gerecht wird, dass der Täter beim ETI nicht wie beim Verbotsirrtum über die Wertungen des Rechts irrt. Vielmehr ist der Täter hier an sich rechtstreu und kommt nur deswegen mit dem Recht in Konflikt, weil er falsche Vorstellungen über einen konkreten Sachverhalt hat. Eine Entscheidung zwischen den verbleibenden Theorien kann hier offenbleiben, da sie hinsichtlich der Strafbarkeit zu dem gleichen Ergebnis führen. A kann nicht wegen vorsätzlicher Körperverletzung bestraft werden. In Betracht kommt allenfalls eine fahrlässige Begehung. - 5 -

C. Fahrlässige Tötung des B gemäß 222 I. Eintritt des Todes und kausale Herbeiführung durch A (+) II. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung (P) Woran ist beim Fahrlässigkeitsvorwurf hier anzuknüpfen? Vorhersehbarkeit des Geschehensablaufes, d.h. Eintritt des Todes des B infolge des Schlages, oder Verkennung der Rechtfertigungssituation? entscheidend: Die möglicherweise fahrlässigen schweren Folgen, die gerechtfertigt gewesen wären (s.o.), dürfen nicht auf diesem Umweg wieder Strafrechtsrelevanz entfalten. Daher erste Frage: Wurde die Existenz einer rechtfertigenden Situation fahrlässig angenommen? Dafür spricht: Es ließe sich anführen, die Handlung des A sei insofern übereilt gewesen, als er sich womöglich durch eine weitere Ansprache des B oder ein längeres abwartendes Beobachten des Geschehens von dessen Harmlosigkeit hätte überzeugen können. Dagegen spricht: Eine Person, die sich an einem Abend in unmittelbarer Nähe eines fremden Wagens aufhält, länger dort verweilt und auch auf eine eindeutige Aufforderung hin keine Anstalten macht, sich zu entfernen, kann als Person aufgefasst werden, die einen Diebstahl oder eine Sachbeschädigung begehen will. Dass die Motivation der an einem fremden Wagen erblickten Person sich in der Suche eines unter dem Auto befindlichen Tieres erschöpft, liegt nach allgemeiner Lebenserfahrung eher fern, zumal B laut Sachverhalt auch keine begleitenden Lockrufe abgibt, die in solchen Fällen üblich sind und A die Absicht des B erschlossen hätten. Strafbarkeit (-) (a.a. vertretbar) D. Fahrlässige Körperverletzung an B gemäß 229 I. Eintritt des Körperverletzungserfolges und kausale Herbeiführung durch A (+) II. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung (-); irrtümliche Annahme eines Angriffs durch B beruht nicht auf Fahrlässigkeit (s.o.). Strafbarkeit (-) (a.a. vertretbar) Gesamtergebnis und Konkurrenzen Tatkomplex 2 A bleibt straffrei. - 6 -