Research Institute of Organic Agriculture Forschungsinstitut für biologischen Landbau Institut de recherche de l agriculture biologique Feed no Food (zu) viele Hochleistungskühe in CH-Ställen Dr. Christophe Notz(christophe.notz@fibl.org)
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Oder doch lieber geländetaugliche Allrounder? 3
Lauter Schlagzeilen 4
Kraftfutter und Milchleistung Schweiz. Bauernverband 2011 5
+ 8% - 34% + 67% + 23% + 36% 6
Einführung national Kraftfuttereinsatz CH 2011: 1.88 Mio Tonnen 1 Kraftfutterimporte CH 2011: 64% 1 ; 1.2 Mio Tonnen 1 (inkl. veredelte Importprodukte), davon 290`000 t Soja 3 85 % der Eiweissträger importiert 3 Kraftfuttereinsatz CH Bio 2010: 49`000 Tonnen, davon 17`941 t Eiweissträger 2 Kraftfutterimport CH-BIO 2010: 80%, 38`914 t, davon 9`360 t Soja 2 Ca. 40 % des Biosojas verfüttert an Rindvieh 2 1 Quelle BLW Entwicklung Kraftfutterverbrauch 2 Dierauer, H. 2011. Import von Bio Soja aus dem nahen Ausland. Interner Bericht für Bio Suisse 3 VSF 2012 7
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Landwirtschaftliche Nutzfläche Schweiz Landwirtschaftliche Nutzfläche % 30 0 Grasland Ackerland 70 Wiederkäuer haben eine natürliche, für den Menschen sonst nicht nutzbare Futtergrundlage, Schweine & Hühner konkurrieren um die limitierte Ackerfläche 9
Einführung global Sojaproblematik: Regenwaldabholzung, GVO, etc. 1/3 der weltweiten Getreideproduktion wird zur Tierernährung benötigt. 1 2008/9 der Weizeneinsatz in der Tierfütterung stieg um 23% v.a.in Europa 2 58% oder 639 Mio Tonnen der weltweiten Maisernte für Tierfutter, 273 Mio Tonnen oder 25% für Agrotreibstoffe 2 1 Steinfeld et al., 2006 2 FAO (2008). Crop prospects and Food Situation 2008 10
Verteilung der weltweiten Flächen rund 2/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind Grünland weltweite Agrarfläche (in Milliarden ha) Dauer-Grünland 1.166; 24% Ackerfläche für Nutztiere 0.389; 8% 3.378; 68% Ackerland & Dauerkulturen für Menschen Wiederkäuer haben eine natürliche, für den Menschen sonst nicht nutzbare Futtergrundlage, Schweine & Hühner konkurrieren um die limitierte Ackerfläche 11
Umwandlung von Kraftfutter in Milchprodukte 1 kg Kraftfutter (0.9 kg Weizen, 0.1 kg Soja) -> 2 kg Milch 1.740 kg Wasser 0.100 kg Milchzucker 0.066 kg Eiweiss (Käse) 0.080 kg Fett (Butter) 12
Kraftfuttereinsatz Situationsvergleich D und CH In der CH setzen die konventionellen Betriebe nur in etwa die KF-Menge ein wie in BW die Biobetriebe Kraftfuttereinsatz auf CH-Biobetrieben auf 10% der TS-Ration (entspricht ca. 650 kg / Kuh u. Jahr) limitiert; für Biobetriebe in D sind es dagegen 40% (entspricht ca. 2600 kg) Quelle: CH ges: Erdin, 2011; BW ges: Rinderreport 2011; CH Bio Schätzung; BW bio: Öko-Rinderreport 2004; Demeter D und CH: Daten aus Umfrage 13
Feed no Food (FNF) Projekt Projektziel: Kraftfutter-Reduzierung bei gleichbleibender oder verbesserter Herdengesundheit 3 Untersuchungsjahre Jahr 0 = Vorprojektjahr (Nov. 2008 Okt. 2009) Jahr 1 = Übergangsjahr zur KF-Reduzierung (Nov. 2009 Okt. 2010) Jahr 2 = Untersuchungsjahr KF-Reduzierung (Nov. 2010 Okt. 2011) 73 Betriebe (alle bio, überwiegend in CH, 5 in Süd-D), davon 69 in Verlaufsauswertungen (4 ohne vollständige Jahr-0-MLP-Daten) Betriebsgruppen mit verschieden gesetzten Zielen Gruppe 1 = Ziel der KF-Reduktion möglichst auf 0 Gruppe 2 = Ziel der KF-Reduktion auf ca. 5% der TS-Ration Gruppe 3 = Ziel KF-Menge beizubehalten, «Kontrollgruppe» Gruppe 4 = Gesundheitsverbesserung, Beibehaltung der KF-Freiheit KF = Kraftfutter 14
Ausgangssituation der teilnehmenden Betriebe (Vorprojektjahr 0) n Betriebe Kühe/ Betrieb Tages-ML (kg) Jahres-ML (305-Tage) LN KF (kg / Kuh u. Jahr) Gruppe 1 10 18.4 17.4 5300 3.7 278.0 (4.3%) Gruppe 2 34 22.8 19.5 5950 3.7 369.7 (5.7%) Gruppe 3 16 23.0 21.4 6530 3.6 594.9 (9.2%) Gruppe 4 9 20.5 16.5 5030 3.6 16.6 1 (0.3%) alle Betriebe 69 21.9 19.3 5890 3.6 362.6 (5.6%) 1 Diese Betriebe haben sich als kraftfutterfrei angemeldet, haben aber Weizenkleie gefüttert, die laut Bio Suisse-Definition Kraftfutter ist. (% KF an TS-Ration berechnet auf Grundlage 6500kg TS Gesamtration) 15
Vorgehen im FNF-Projekt MLP-Daten: Monatliche Aufbereitung und Kommentierung hinsichtlich Gesundheit und Fütterung, auf Bericht jeweils incl. der Entwicklung über die letzteren 11 MLP-Wägungen Vierteljährliche Betriebsbesuche Beurteilung aller Kühe hinsichtlich Körperkondition (BCS) und Lahmheiten Erfassung Behandlungsdaten Erfassung der aktuellen KF-Mengen auf Tierebene und einmal pro Jahr der gesamt verfütterten Menge KF Erfassung Grundfutterqualitäten und Fütterungsmanagement Gemeinsames Gespräch zwischen Landwirt(in) und FNF-Projektmitarbeiter(in) zur aktuellen Fütterung- und Gesundheitssituation, Diskussion über Einzeltiere Einmal pro Jahr Rückblick auf Jahres-Fütterungs- und Gesundheitssituation (anhand von Betriebsauswertungen) und Zielsetzungen für kommendes Jahr 16
Resultate der Betriebsentwicklungen 17
Kraftfuttermenge in kg pro Kuh und Jahr Entwicklung der durchschnittlichen Kraftfuttermenge (kg pro Kuh und Jahr) 800 700 *** J0>J2 ** J0>J2 n.s. n.s. - 9% *** J0>J2 600 500-24% - 24% 400 300-70% Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 200 100-100% Gruppe 1 (n=10) Gruppe 2 (n=34) Gruppe 3 (n=16) Gruppe 4 (n=9) alle Betriebe (n=69) Dargestellt sind Mittelwerte und Standardabweichungen 18
Welche Veränderungen standen mit der Kraftfutterreduktion im Zusammenhang? Eine Kraftfutterreduktion (von Jahr 0 zu Jahr 2) stand im Zusammenhang mit einem tendenziellen Anstieg der Energiemangel anzeigenden Eiweisswerte < 3.1% in den ersten 100 Laktationstagen (r = -0.236, p = 0.051) einer signifikanten Abnahme des Anteils FEQ<1.1 innerhalb der ersten 100 Laktationstage, was auf eine Abnahme des Acidose-Risikos hindeutet (r = 0.439, p < 0.001) einer tendenziellen Abnahme der durchschnittlichen Tagesmilchleistung (r = 0.202, p = 0.095) 19
Wie hat sich die Milchleistung verändert? 20
durchscnittliche Tagesmilchleistung in kg Entwicklung der durchschnittlichen Tagesmilchleistung (in kg) 30.0 Tendenz J0>J2 n.s. n.s. n.s. n.s. 25.0 20.0 15.0 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 10.0 5.0.0 Gruppe 1 (n=10) Gruppe 2 (n=34) Gruppe 3 (n=16) Gruppe 4 (n=9) alle Betriebe (n=69) Ausserdem keine signifikanten Veränderungen bei Fett- und Eiweissgehalten insgesamt und in den Gruppen Dargestellt sind Mittelwerte und Standardabweichungen 21
Zusammenhang KF-Reduktion und Tages-Milchleistungsentwicklung 22
Entwicklung der durchschnittlichen Tagesmilchleistung In Berechnungen (multifaktorielle Modelle) mit verschiedenen Fütterungs- und Managementeinflüssen ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Milchleistung und Kraftfutter. Die Veränderung des betrieblichen Kraftfuttereinsatzes steht mit der Veränderung der betrieblichen Milchleistung nicht in signifikantem Zusammenhang. 23
Wie hat sich die Gesundheit verändert? Gemessen an Zwischenkalbezeit, Zellzahlen (SCS) und schulmedizinischen Behandlungshäufigkeiten 24
Zwischenkalbezeit (in Tagen) Entwicklung der durchschnittlichen Zwischenkalbezeit (ZKZ, in Tagen) Dargestellt sind Mittelwerte und Standardabweichungen 450 n.s. * J0>J2 n.s. n.s. n.s. 400 391 393 388 350 300 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 250 200 Gruppe 1 (n=9) Gruppe 2 (n=33) Gruppe 3 (n=16) Gruppe 4 (n=9) alle Betriebe (n=67) 25
Was beeinflusst die Zwischenkalbezeit? Faktor P Effekte auf die ZKZ Jahr 0.568 - Rasse 0.055 - Stall 0.370 - Silofrei 0.885 - Weide (Standw., Umtriebsw., Portionenw.) 0.110 - Weidezeit (1/4, 2/4, 3/4, 4/4 pro Tag) 0.085 - Maisfütterung 0.366 - Anteil OAF 0.871 - Mittlere LN 0.941 - Mittlere Tagesmilchleistung 0.109 - Mittleres EKA 0.305 - BCS Differenz (aus ¼-jährlichen Werten in 365 d) 0.010 je grösser die Differenz, desto länger die ZKZ KF pro Kuh und Jahr 0.018 je mehr KF, desto länger die ZKZ Jahr * KF pro Kuh und Jahr 0.334 - General Linear Model mit Messwiederholungen über 3 FNF-Jahre, FiBL-Bestandsbetreuer als zufälliger Effekt Eine grössere BCS-Differenz zeigte sich wiederholt in verschiedenen Auswertungen im Zusammenhang mit einer längeren ZKZ und auch mit mehr FBK-Behandlungen (Selle, 2012; Holinger, 2012; Spengler, 2010) 26
Research Institute of Organic Agriculture Forschungsinstitut für biologischen Landbau
Behandlungsinzidenzen gesamt (pro Kuh und Jahr) Entwicklung der schulmedizinischen Behandlungshäufigkeiten pro Kuh u. Jahr dargestellt sind Mediane und 25-75% Quartile 1.8 1.6 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. 1.4 1.2 1.0 0.8 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 0.6 0.4 0.2 0.0 Gruppe 1 (n=10) Gruppe 2 (n=34) Gruppe 3 (n=16) Gruppe 4 (n=9) alle Betriebe (n=69) 28
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Viele Betriebe, die sich eine KF-Reduzierung vorgenommen hatten, haben dies auch erreicht Reduktion des Kraftfuttereinsatzes war möglich ohne negative Effekte auf die Gesundheit (langfristige Entwicklung wird in Nachfolgeprojekt weiter untersucht) Das betrieblich eingesetzte KF stand in signifikantem Zusammenhang mit der Milchleistung. Die im Rahmen des Projektes verzeichneten Kraftfutterveränderungen standen jedoch nicht in signifikantem Zusammenhang mit veränderten Milchleistungen Wahrscheinlich hat die Bestandesbetreuung im Projekt und somit die höhere Aufmerksamkeit der Landwirte im Bereich Fütterung und Gesundheit zu einem gezielteren Einsatz der Futtermittel geführt, was den Milchleistungsrückgang durch weniger KF-Einsatz teils aufgehoben hat Der Kuhtyp spielt eine Rolle, denn auf Betrieben mit einer guten Standortangepasstheit des Kuhtyps treten weniger Fruchtbarkeitsprobleme auf Mit wenig KF gefütterte Kühe, mit niedrigerer Milchleistung, neigen zu einer kürzeren ZKZ, geringerem Acidose-Risiko 29
Kleines Rechenspiel Im Projekt wurden insgesamt 109 t KF eingespart im Vergleich Jahr 2 zu Jahr 0, was einem Einsparpotential von 24% entspricht Faustzahl: mit 750 g eines ausgeglichenen Milchvieh-Kraftfutters (Weizen und Soja) kann man einen Menschen einen Tag lang ernähren 109 000 / 0.75 / 365 = rund 400 Man kann somit mit dieser Menge KF, die alleine auf der begrenzten Anzahl von 73 Projektbetrieben eingespart wurde, 400 Menschen ein Jahr lang ernähren! In der CH: KF für Milchvieh 34% von 1.75 Mio T = 595`000 Tonnen, 24% davon sind 142`800 Tonnen. 142`800 Tonnen/0.75/365 * 1000 = rund 520`000 Portionen eines ausgeglichenen Milchvieh-KF Wenn alle Milchviehbetriebe in der CH einen Viertel weniger KF einsetzen würden, könnten 520`000 Menschen ein Jahr davon leben 30
Danke für die Aufmerksamkeit! Wir danken den teilnehmenden Landwirten und dem Fond für Nachhaltigkeit für die Finanzierung!