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Transkript:

Technische Universität Dresden Fakultät Bauingenieurwesen Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen Jürgen Kellermann Seit Errichtung der Staustufen bei Straubing/Donau und Plattling/Isar in der Mitte der 1990er Jahre ist eine kontinuierliche Eintiefung der Donausohle zu beobachten. Besonders deutlich wird dies am oberstromigen Rand des Untersuchungsgebiets bei Straubing, bei dem davon angenommen werden muss, dass seit Stauerrichtung keine relevanten Geschiebeeinträge mehr stattgefunden haben. Aber auch unterstrom der Isarmündung, die etwa in der Mitte der Untersuchungsstrecke liegt, sind Sohleintiefungen zu beobachten. Diese treten zeitverzögert in Folge des Staustufenbaus bei Plattling auf, da die verbleibende frei fließende Strecke der Isar von ca. 10 km zwischen der Staustufe bei Plattling und der Isarmündung in die Donau bei Geschiebereservoir darstellt, das durch Geschiebezugaben bei Plattling teilweise wieder gefüllt wird. Block 3 Saal 3 Ziele der diesem Beitrag zugrunde liegenden Untersuchungen waren die Schaffung einer Grundlage für die Beurteilung des Systemverhaltens sowie die Abschätzung der für eine dynamische Sicherung der Sohle erforderlichen Geschiebezugabemengen bei Straubing und an der Isarmündung. Um Simulationen mit 20 synthetisch erzeugten hydrologischen Ganglinien über 25 Jahre zu ermöglichen, wurde ein eindimensionales Feststofftransportmodell eingesetzt. Dadurch konnte der Einfluss unterschiedlicher Ganglinien auf die Simulationsergebnisse untersucht sowie die Grenzen verschiedener Auswertemethoden aufgezeigt werden. 1 Einführung Die deutsche Donau ist heute auf ca. 220 km schiffbar ausgebaut. U.a. zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit wurden bereits seit den 1920er Jahren Staustufen errichtet. Als letzte ging die Staustufe Straubing (1995) in Betrieb. Parallel dazu erfolgte der Ausbau der Unteren Isar, der seinen Abschluss mit dem Bau der Staustufe Pielweichs bei Plattling (1994) fand. In der Donau verblieb der Bereich zwischen Straubing und Vilshofen (Abbildung 1) freifließend. Die Staustufen bei Straubing und Plattling beeinflussen die Morphologie der Donau grund-

218 Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen legend, da durch den ausbleibenden Geschiebeeintrag die Sohle der Donau von einem leichten Anlandungsregime in ein Erosionsregime wechselte. Abbildung 1: Übersicht über das Projektgebiet Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Spannweiten der Ergebnisse aus Berechnungen mit 20 künstlich generierten hydrologischen Ganglinien bei unterschiedlichen Auswertemethoden gezeigt werden. Hierbei kommen ausschließlich Zeitreihenbetrachtungen zum Tragen. Es wurde bewusst auf räumliche Mittelungen verzichtet, um Effekte, die an einzelnen Querschnitten auftreten können, bzw. Bereiche unterschiedlicher physikalischer Prozesse nicht zu vermischen. 2 Mathematische Modellierung Das eingesetzte eindimensionale Feststofftransportmodell wurde mit rund 700 Querprofilen betrieben. Das Verfahren (HEC-6T) wurde um die für die Donau entwickelte Geschiebetransportformel (Söhngen et al., 1996) erweitert. Die morphologische Kalibrierung des Modells erfolgte unter Nutzung von Naturdaten, wie Änderungen der Sohlhöhen und Wasserspiegel, Geschiebetransport- Abfluss-Relationen sowie abgeleiteten Größen, wie der Jahresgeschiebefracht (Kellermann, 2012).

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 50 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft 219 3 Vorgehensweise Mit dem eingesetzten Modell wurden Berechnungen zum IST-Zustand mit und ohne Geschiebeeintrag (natürlich oder anthropogen) an den Rändern bei Straubing und an der Isarmündung durchgeführt. Dabei kamen 20 künstlich generierte hydrologische Ganglinien (Plate, 1989) über jeweils 25 Jahre zum Einsatz. Zur Berücksichtigung von Unterhaltungsmaßnahmen wurde die Fahrrinne einmal jährlich auf einer Tiefe von 2 m unter dem Regulierungsniedrigwasserstand (RNW) hergestellt. Um morphologisch bedingte Wasserspiegeländerungen zu berücksichtigen, wurde dieser Referenzwasserspiegel in Anlehnung an die praktische Vorgehensweise nach jeweils 5 Jahren aktualisiert. Für den Geschiebeeintrag standen Geschiebetransport-Abfluss-Relationen zur Verfügung, die aus Geschiebetransportmessungen gewonnen wurden. Block 3 Saal 3 4 Wasserspiegelentwicklungen an Hand des RNW Ein integrales Kriterium zur Bewertung morphologischer Prozesse ist die Betrachtung der Wasserspiegelveränderungen. Abbildung 2 zeigt berechnete Veränderungen des RNW nach 25 Jahren, die sich aus den Simulationen mit den ausgewählten 20 Ganglinien ergeben. Abbildung 2: rechnerische Veränderungen des Regulierungsniedrigwasserstands für 20 unterschiedliche synthetische Abflussganglinien nach 25 Jahren Simulationszeit Insbesondere um den Bereich der Isarmündung zeigt sich eine deutliche Spreizung der Wasserspiegeldifferenzen, die sich auf Grund geringer Gefälle weit nach oberstrom auswirken. Der Grund für die Spreizung liegt in der Betrachtung zweier diskreter Wasserspiegel zu Beginn und am Ende der Berechnungen. Unterschiedliche rechnerische Geschiebeeinträge an der Isarmündung als Folge un-

220 Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen terschiedlicher Abflussereignisse kurz vor Ende der Berechnungen führen zu teilweise erhöhtem bzw. niedrigerem Wasserspiegel am Ende der Berechnungen. In den übrigen Bereichen zeigt die Strecke eine Erhöhung der Wasserspiegel um ca. 0,1 m. Dies entspricht in etwa der Kompensation der natürlichen Erosion, die die Sohle bis zum Anfangszustand der Berechnungen (2005) beinhaltet. Die lokale Eintiefung der Sohle an der Isarmündung spiegelt die Absenkung des Isarschüttkegels dar, der auf Grund seiner Dynamik zu Beginn der Berechnungen ein gegenüber dem zeitlichen Mittel relativ großes Volumen hat. Somit wird deutlich, dass die Wasserspiegeldifferenz, die aus der Berechnung mit einer Ganglinie resultiert, für die Interpretation alleine nicht geeignet ist. 5 Sohlhöhenentwicklungen Ein Beispiel für die Entwicklung der Sohlhöhen unter Berücksichtigung von Geschiebezugaben wird exemplarisch in Abbildung 3 für eine einzelne hydrologische Zeitreihe dargestellt. Hierbei werden die einzelnen Berechnungsergebnisse an ausgewählten Querschnitten über die Zeit dargestellt. Abbildung 3: Ganglinie der Sohlhöhenentwicklungen an ausgewählten Querschnitten Da natürliche Fließgewässer Sohlhöhenschwankungen unterworfen sind, ist eine Unterscheidung zwischen natürlicher Sohldynamik und Trends erforderlich. Die zeitliche Entwicklung bei Mariaposching zeigt zunächst eine Eintiefung, später eine Auflandung. An der Isarmündung tritt zu Beginn eine relativ starke Eintiefung gefolgt von kurzen Anlandungsphasen auf. Langfristig sind jedoch keine wesentlichen Sohlhöhenänderungen zu erkennen. Zur Beurteilung der Sohlstabilität ist zu definieren, in welchem Umfang kurzfristige Sohlhöhendifferenzen akzeptiert werden können. Je nach Betrachtungszeitraum können sich unterschiedliche Interpretationen ergeben. So zeigt der Zeitraum 0-15 Jahre für Mari-

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 50 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft 221 aposching eine Eintiefungstendenz, die über einen Zeitraum von 0-25 Jahren nicht mehr erkennbar ist. 5.1 Einfache statistische Betrachtungen Die o.g. Darstellung ist für die große Anzahl von Varianten und Querschnitten sehr unübersichtlich und lässt keine direkte Aussage über die Sohlstabilität zu. Die Auswertung einer Zeitreihe an jedem Querschnitt hinsichtlich zeitlich gemittelter Sohleintiefungen und deren Minimal- und Maximalausschläge in einer Abflussganglinie zeigt Abbildung 4 im Längsschnitt. Hier wird die Bandbreite möglicher Sohlhöhenänderungen, die im Verlauf einer Berechnung auftreten können, aufgezeigt. Neben diesen Extremwerten zeigt die Standardabweichung die Dynamik eines Systems auf. Block 3 Saal 3 Abbildung 4: Längsschnitte minimaler, mittlerer und maximaler Sohlhöhenänderungen

222 Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen Abbildung 5: Längsschnitte der mittleren Sohlhöhenänderungen mit und ohne Geschiebezugaben Abbildung 5 zeigt die zeitlich gemittelten Sohlhöhenänderungen aller simulierten Ganglinien im Vergleich. Hier ist in weiten Bereichen eine große Übereinstimmung zu beobachten. Lediglich am oberstromigen Rand bei Straubing und unterstrom der Isarmündung ist die Variationsbreite durch die Geschiebezugabe (oben, vorherige Seite) größer. Sie erklären die Spreizung der Wasserspiegel in Abbildung 2. Die Ergebnisse der Berechnungen ohne Geschiebeeinträge (Abbildung 5, unten) zeigen unterstrom der Isarmündung im Vergleich zur übrigen Strecke relativ große Unterschiede in den mittleren Sohlhöhen. Es ist davon auszugehen, dass die Sohlentwicklung nach 25 Jahren noch keinen stabilen Zustand erreicht hat. 5.2 Regressionsanalyse

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 50 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft 223 Abbildung 6: Längsschnitte der Parameter Steigung und Y-Achsenabschnitt der Regressionsgeraden aus Sohlhöhenänderungen bei Berechnungen mit Geschiebezugabe Die oben getroffenen Aussagen zu zeitlich gemittelten Sohlhöhen erlauben keine Aussage hinsichtlich Tendenzen oder dem Erreichen eines dynamischen Gleichgewichts. In einem ersten Schritt wurden deshalb die jeweiligen Ganglinien der diskreten Sohlhöhenänderungen an jedem Ort einer linearen Regressionsanalyse unterzogen. Das Ergebnis der Regressionsgeraden ist für die Parameter Steigung, der ein Maß für langfristige Entwicklungen ist, und Y- Achsenabschnitt an jedem Querschnitt in Abbildung 6 dargestellt. So stehen große Werte für den Y-Achsenabschnitt für schnelle Sohlreaktionen am Anfang, welche durch vorausgegangene Entwicklungen beeinflusst werden. Die ermittelten Steigungen (Abbildung 6, oben, vorherige Seite) zeigen für den betrachteten Zeitraum auf nennenswerte in der Sohllagenentwicklung hin. In Bezug auf die Sohllagen am Ende der Berechnungen werden die absoluten Veränderungen der Sohllagen jedoch durch den Y-Achsenabschnitt deutlich beeinflusst. Dies kann durch die zu Beginn der Rechnungen vorhandene Erosionssohle bedingt sein. Insofern können positive Steigungen der Regressionsgeraden, neben der Interpretation zu einer Anlandungstendenz, auch als Entwicklung zu einer dynamischen Gleichgewichtssohle verstanden werden. Block 3 Saal 3

224 Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen Abbildung 7: Längsschnitte der Parameter Steigung und Y-Achsenabstand der Regressionsgeraden aus Sohlhöhenänderungen bei Berechnungen ohne Geschiebezugabe Die Ergebnisse der Berechnungen ohne Geschiebeeinträge sind in Abbildung 7 dargestellt. Besonders auffällig sind die Unterschiede zu Abbildung 7 im Bereich der Isarmündung, da hier die Sohle einen Trend zu einer Eintiefung hat. Deutlich wird dies durch negative Werte in der Steigung und im Y- Achsenabschnitt. Unterstrom von Straubing sind die Fluktuationen in beiden Werten geringer als bei den Berechnungen mit Geschiebezugabe. Hier ist eine, wenn auch relativ schwache, Tendenz zu einer Sohleintiefung zu beobachten. Es kann daraus geschlossen werden, dass sich Simulationen mit einer eindeutigen Tendenz der Sohlhöhenänderungen in einer linearen Regressionsanalyse zeigen. Abbildung 8 zeigt den Zusammenhang zwischen Y-Achsenabschnitt und Steigung der Regressionsgeraden für beide Fälle. Dabei bildet jeder Punkt des Diagramms ein Querprofil ab. Generell ist zu beobachten, dass im Fall mit Geschiebezugabe mehr Werte mit positiven Steigungen und negativen Y-Achsenabschnitten gibt. Im Falle der Berechnungen ohne Geschiebezugabe zeigen sich im Gegensatz mehr Werte im Bereich kleiner negativer Steigungen bei gleichzeitigen negativen Y-Achsenabschnitten. Dies bestätigt die oben gemachten Aussagen und spiegelt das Ziel der Geschiebebewirtschaftung wider.

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 50 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft 225 Abbildung 8: Abhängigkeit des Y-Achsenabschnitts von der Steigung der Regressionsgeraden 5.3 Gleitendes Mittel in Zeitrichtung Um die noch unscharfen Aussagen der Regressionsanalyse zu verbessern, wurden die Sohlhöhenänderungen als gleitendes Mittel über die Zeitreihe an jedem Querschnitt ermittelt und exemplarisch für zwei Querschnitte in Abbildung 9 dargestellt. Um Sohlreaktionen aus einzelnen Hochwasserereignissen weitgehend auszuschließen, wurde das gleitende Mittel zunächst über zwei Jahre gebildet. Im Bild oben ist der Fall mit Geschiebeeinträgen dargestellt. Auch bei einem in Bezug auf einzelne Hochwasserereignisse relativ langen Mittelungszeitraum ist deutlich zu erkennen, dass es weiterhin zu Fluktuationen im Bereich von ca. ±0,2 m kommt. Besonders ist zu bemerken, dass die so für einen Zeitpunkt ermittelten Sohlhöhenänderungen zwischen den Ganglinien deutliche Unterschiede aufweisen können. Somit ist die Interpretation der Ergebnisse bei dem genannten Mittelungszeitraum von der hydrologischen Vorgeschichte abhängig. Vergleichbares gilt für Mariaposching, wobei teilweise das zeitliche Verhalten eine andere Charakteristik aufweist. Für den Fall der Berechnungen ohne Geschiebeeinträge (Abbildung 9, unten) zeigen die Werte bei Osterhofen deutlich größere Ausschläge. Während in der Anfangszeit für beide Fälle ähnliche Ergebnisse auftreten, ändert sich das Gesamtverhalten ohne Geschiebezugabe im Verlauf der Berechnungen zu einsetzender Erosion. Dies lässt sich jedoch nicht für jede Ganglinie explizit feststellen. Mariaposching zeigt wie Osterhofen zu Beginn ein ähnliches Verhalten wie im Fall mit Geschiebeeintrag. Hier treten nennenswerte Unterschiede erst nach einiger Zeit auf. Beide Querschnitte liegen einige Kilometer unterstrom der Stelle des Geschiebeeintrags, so dass zeitliche Verzögerungen nachvollziehbar sind. Block 3 Saal 3

226 Einfluss von hydrologischen Ganglinien auf Berechnungsergebnisse eines eindimensionalen Feststofftransportmodells an der Donau zwischen Straubing und Hofkirchen Abbildung 9: gleitendes Mittel über 2 Jahre der Sohlhöhenänderungen mit und ohne Geschiebeeintrag Erste Berechnungen zeigen, dass auch bei einem Mittelungszeitraum von 5 Jahren noch Differenzen in den Sohlhöhen bei Geschiebezugabe von ca. 0,2 bis 0,3 m, ohne Geschiebezugabe bis ca. 0,4 m an den gezeigten Querschnitten auftreten können. Um zu generellen Aussagen hinsichtlich Erosionstendenzen zu kommen, wurden aus den jeweils 20 Ganglinien Mittelwerte gebildet und als breite Linie in Abbildung 9 dargestellt. Im Falle der Berechnungen mit Geschiebeeintrag ist für Osterhofen zunächst ein Anstieg der Sohle zu beobachten, der sich langfristig um eine Sohlhöhenänderung um 0,0 m stabilisiert. Bei Mariaposching bleiben die Sohlhöhen im Vergleich auf niedrigerem Niveau stabil. Lediglich nach 10 Jahren Simulationszeit setzt eine Sohleintiefung ein, die sich gegen Ende der Berechnungen wieder auf das ursprüngliche Niveau hebt. Im Falle ohne Geschiebeeintrag setzen in beiden Querschnitten Erosionen ein, die bei Osterhofen am Ende der Berechnungen noch anhalten.

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 50 37. Dresdner Wasserbaukolloquium 2014 Simulationsverfahren und Modelle für Wasserbau und Wasserwirtschaft 227 6 Fazit und Ausblick Für die morphologische Modellierung ist die Methodik der Auswertung von wesentlicher Bedeutung. Berechnungen mit lediglich einer hydrologischen Ganglinie können zu Fehlinterpretationen führen. Das gilt besonders, wenn in der Auswertung ausschließlich zeitlich diskrete Zustände betrachtet werden. Das Beispiel der Donau zeigt, dass die Aussageschärfe durch die Auswertungen mehrerer Ganglinien deutlich erhöht wird. Insbesondere zeitliche Glättungen und Mittelungen über mehrere Ganglinien sind hierfür wesentlich. Die vorliegenden Betrachtungen sind bezüglich der Aufgabenstellung noch nicht abgeschlossen. Hierzu muss eine größere Anzahl von Querschnitten bewertet werden. Eine weitere Analyse z.b. hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit von Sohlhöhenänderungen analog Ensemble-Modellierungen ist wünschenswert. Block 3 Saal 3 7 Literatur Plate, E.: Generierung von gleichzeitigen Abflussganglinien für Donau und Isar (unveröffentlicht), Universität Karlsruhe, Institut für Hydrologie und Wasserwirtschaft, Karlsruhe, 1989 Söhngen, B. (1996), Kellermann, J.: 1D-morphodynamische Modellierung großer Flußstrecken, 36. Wasserbauliches Kolloquium, Technische Hochschule Darmstadt, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, Darmstadt, 17.-18.10.1996 Kellermann, J. (2012): EU-Studie Donauausbau Straubing-Vilshofen, Aufbau und Kalibrierung des 1D-FTM, Bericht BAW-Nr. A39530210127-03, BAW, Karlsruhe 2012 Autor: BOR Jürgen Kellermann Bundesanstalt für Wasserbau Kußmaulstraße 17 76187 Karlsruhe Tel.: +49 721 9726 3540 E-Mail: juergen.kellermann@baw.de