1090/2009 Inhalt Herausgegeben vom aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e. V. Heilsbachstraße 16 53123 Bonn Internet: http://www.aid.de E-Mail: aid@aid.de mit Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Text: Dr. Theo Niederauer, München; Friedrich Beyer, Kempten; alles überarbeitet von Gerd Krewer, Meerbusch Redaktion: Dipl.-Oecotroph. Gabriele Kaufmann, aid Bilder: Titel: HaiLight Fotografie, Düsseldorf; www.oekolandbau.de/ BLE, Bonn; Georg Oleschinski (GO), Euskirchen; Frank Maurer (FM), LV Milch NRW, Krefeld; Milchindustrie-Verband e.v. (MIV), Berlin; Stockbyte, Food Matters, Cucinare; übrige Peter Meyer, aid Grafik: Welzel + Hardt GmbH Herseler Straße 7-9 50389 Wesseling Druck: Moeker Merkur Druck GmbH & Co. KG Raderberger Straße 216 224 50968 Köln Nachdruck auch auszugsweise sowie Weitergabe mit Zusätzen, Aufdrucken oder Aufklebern nur mit Genehmigung des aid gestattet. 11., überarbeitete Auflage ISBN 978-3-8308-0823-7 Geschichte... 4 Markt und Verbrauch... 5 Käse in der Ernährung... 6 Käseherstellung... 7 Dicklegen der Milch...8 Der Käsereivorgang....10 Labkäse (Hartkäse, Schnittkäse, halbfeste Schnittkäse und Weichkäse)...10 Der Reifevorgang...11 Frischkäse...13 Sauermilchkäse...13 Pasta-Filata-Käse....14 Verbraucherschutz.... 14 Begriffsbestimmungen...14 Anforderungen an die Herstellung von Käse....15 Kennzeichnungs vorschriften... 17 Gütezeichen für Markenkäse....19 Warenkunde Käse... 21 Hartkäse...21 Schnittkäse...23/26 Schaubild Käseherstellung....24 Halbfeste Schnittkäse...27 Weichkäse....29 Frischkäse........................................31 Frischkäsezubereitungen...33 Molkenkäse und Molkeneiweißkäse...33 Pasta-Filata-Käse...34 Sauermilchkäse...34 Kochkäse....35 Schmelzkäse und Schmelzkäsezubereitungen...36 Verpackung... 37 Käselagerung im Haushalt... 38 Geografische Herkunftsbezeichnung.... 40 Nährwerttabelle... 41 Alphabetisches Käseverzeichnis... 42 aid-medien... 43
Geschichte Käse gibt es, seit Säugetiere, vor allem Kühe, Schafe und Ziegen, von den Menschen als Haustiere zur Milch- und Fleischerzeugung gehalten werden und die Völker gelernt haben, aus der Milch verschiedene Produkte herzustellen. Am Tempelfries von Ur, der Hauptstadt der Sumerer zwischen Euphrat und Tigris, befinden sich die ältesten bildlichen Darstellungen von Menschen, die Tiere melken und Käse herstellen. Das war bereits vor rund 6000 Jahren. Auch aus dem alten Ägypten (um 3000 v. Chr.) und aus Indien (um 2000 v. Chr.) gibt es Hinweise auf eine frühe Milchwirtschaft. Ebenfalls belegt ist die Tatsache, dass Milch und Käse von verschiedenen Völkern als Opfer gaben für die Götter genutzt wurden. Käse konnte gut auf den langen Jagd- und Eroberungszügen der Griechen, Römer und Germanen mitgeführt werden. Homer bespielsweise berichtet schon 800 v. Chr. darüber. Eine erstaunliche Fertigkeit in der Käsegewinnung haben die Römer entwickelt. Sie kannten bereits gesalzene, ungesalzene, harte und weiche Käse. Im letzten Jahrhundert des Imperium Romanum betrieben die Römer mit Käse einen schwunghaften Handel, unter anderem auch mit den Germanen. Plinius erzählt aus der Zeit um Christi Geburt von einem großen Käse mit dem Zeichen des etruskischen Mondes. Vielleicht war das der erste Markenkäse. Kaiser Diokletian hatte um 300 n. Chr. bereits eine Höchstpreisordnung mit Qualitätsnormen für weichen Frischkäse aufgestellt. 4
Im Mittelalter pflegten besonders die Klöster die Käseherstellung. So lobte beispielsweise Karl der Große den guten Käse der Mönche von St. Gallen. Der Verpflegungszettel des Klosters Werden an der Ruhr weist im Jahr 1063 jedem Bruder wöchentlich 1/2 bis 1 Kilogramm Käse zu. 1325 erhielten zwei Männer in drei Monaten 105 Käse, dazu Brot und Wein. An den Erz bischof von Köln mussten täglich zwei Rundkäse geliefert werden. Überhaupt brachte das späte Mittelalter mit dem Anwachsen der Städte der Käserei einen gewaltigen Aufschwung. Denn Käse war gut vom Land in die Stadt zu transportieren. Er verdarb nicht. Der eigentliche Durchbruch zur industriellen Milch- und Käsereiwirtschaft vollzog sich Ende des 19. Jahrhunderts bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Erfindung der Milchzentrifuge, der Entwicklung von Wärmebehandlungsverfahren und der Züchtung der Kühe auf höhere Milchleistungen. Unser deutsches Wort Käse stammt vom lateinischen caseus ab, ebenso wie das englische cheese und das holländische Kaas. Das französische fromage und das italienische formaggio stammen von dem lateinischen Begriff coagulum formatum ab, was geformtes Gerinnsel bedeutet. In den nordischen Ländern heißt der Käse ost und in den slawischen Ländern sir bzw. syr. Markt und Verbrauch In den letzten Jahrzehnten haben die Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland immer mehr Käse verzehrt. Entfielen 1950 auf jeden Bundesbürger im Durchschnitt 5,2 Kilogramm Käse, so waren es 1970 bereits doppelt so viel und 37 Jahre später in 2007 sogar 22,2 Kilogramm. Nur in Griechenland und Frankreich wird noch mehr Käse gegessen. Die mit Abstand beliebteste Käsegruppe ist bei uns der Frischkäse, zu der auch Quark zählt. Es folgen Schnittkäse, Hartkäse, Weichkäse, Schmelzkäse, Sauermilchkäse und Kochkäse. Deutschland ist übrigens das Land mit der größten Käseproduktion innerhalb der Europäischen Union (EU). Mit einer Herstellung von 2.201.752 Tonnen im Jahr 2007 produzierten die deutschen Käsereien mehr als ein Viertel des gesamten Käses in der EU das heißt sogar mehr als die klassischen Käseländer wie zum Beispiel Frankreich, Italien oder die Niederlande. Besondere Beliebtheit erfährt in den letzten Jahren der so genannte Pasta-Filata-Käse, zu dem vor allem Mozzarella oder auch Provolone gehören. Hier hat sich allein die Herstellung in Deutschland seit dem Jahr 2000 bis 2007 um 170 Prozent gesteigert, und zwar von 81.151 Tonnen auf 219.873 Tonnen. 5
Stockbyte Käse in der Ernährung Käse wird aus dickgelegter Milch hergestellt. Alle wichtigen Bestandteile der Milch sind also in konzentrierter Form im Käse enthalten. Lediglich der Milchzucker (Laktose) ist in gereiftem Käse so gut wie nicht mehr vorhanden, da dieser den Milchsäurebakterienkulturen als Grundlage für die Bildung von Milchsäure sowie Geschmack- und Aromastoffen dient und mit zunehmender Käsereifung immer weiter abgebaut wird. Das Milcheiweiß besitzt aufgrund seines Reichtums an lebenswichtigen Aminosäuren (Eiweißbausteine) eine hohe biologische Wertigkeit. Der Haupteiweißstoff im Käse ist dabei das Kasein. Die so genannten Molkenproteine (Protein = Eiweiß) kommen wie der Name schon sagt in der Molke vor, die als flüssiges Nebenprodukt bei der Käseherstellung entsteht. Eine charakteristische Eigenschaft des Milchfettes ist unter anderem ein relativ hoher Gehalt an niederen und mittelkettigen Fettsäuren. Das bedingt einen niedrigen Schmelzpunkt und die gute Verdaulichkeit. Im Milchfett sind außerdem die fettlöslichen Vitamine enthalten, vor allem das Vitamin A und dessen Vorstufe Betakarotin. Daneben ist das Fett Träger der Aromastoffe, die den für die Milch und Milchprodukte typischen Geschmack ausmachen. Als Fettbegleitstoffe sind Phosphatide, wie zum Beispiel Lezithin und Cholesterin zu nennen. Vor allem die Phosphatide sind für den Fettstoffwechsel wichtig, ihr Gehalt in Käse ist vom Fettgehalt abhängig. Kohlenhydrate in Form von Laktose (Milchzucker) kommen in gereiften Käsen aus den oben genannten Gründen praktisch nicht mehr vor. Ein Teil der Laktose läuft mit der Molke ab, der im Käse verbleibende Laktoseanteil wird während der Reifungsvorgänge nahezu vollständig abgebaut. In nennenswerten Mengen findet Laktose sich daher lediglich im Frischkäse, so dass die gereiften Käsesorten unter Umständen auch für Verbraucher geeignet sein können, die unter Laktoseintoleranz leiden. Unter den Mineralstoffen im Käse kommt dem Kalzium eine überragende Bedeutung zu. Kalzium ist vor allem wichtig für einen stabilen 6
Knochenbau, gesunde Zähne, die Blutgerinnung sowie bestimmte Muskel- und Nervenfunk tionen. Ohne Milch und Milchprodukte ist eine ausreichende Versorgung mit Kalzium nur sehr schwer zu erreichen. Daneben ist auch der Gehalt an Phosphor, Kalium und Magnesium nennenswert. Phosphor muss über die Nahrung in Form von Phosphaten aufgenommen werden und spielt unter anderem eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel und beim Aufbau der Zellwände. Zudem trägt Phosphor zur Regulierung des Säure-Basen-Haushaltes bei. Kalium ist beispielsweise wichtig für den Wasserhaushalt der Zellen und die Weiterleitung von Nervenimpulsen. Magnesium dient vor allem den Muskel- und Nervenfunktionen sowie als Katalysator im gesamten Stoffwechsel. Bei den Spurenelementen ist der Zinkgehalt von Käse hervorzuheben. Zink ist unter anderem für die Zellteilung und ein intaktes Immunsystem nötig. Auch zur Jodversorgung können einige Käsesorten beitragen. Von den Vitaminen ist insbesondere das Vitamin A und dessen Vorstufe Betakarotin hervorzuheben, die in größeren Mengen enthalten sind und für die Funktionsfähigkeit des Sehapparates sorgen. Ferner enthält Käse weitere fettlösliche Vitamine sowie einige Vitamine der B-Gruppe, besonders Vitamin B 2 und B 12. Beide sind wichtig für die Haut und die Nervenfunktion. Käseherstellung Käse wird in Europa hauptsächlich aus Kuhmilch hergestellt in geringerer Menge auch aus Schafs- oder Ziegenmilch, in einigen Landesteilen auch aus Büffelmilch. Prinzipiell könnte aber die Milch aller Säugetiere zu Käse verarbeitet werden. Nach der deutschen Käseverordnung sind Käse frische oder in verschiedenen Graden der Reife befindliche Erzeugnisse, die aus dickgelegter Käsereimilch hergestellt sind. Nach dieser Definition können Käse also grundsätzlich in die beiden Arten frische oder gereifte Käse eingeteilt werden. Als frisch werden dabei Käsesorten bezeichnet, die unmittelbar nach ihrer Herstellung, also ohne jegliche Reifung, verzehrsfertig sind. Die gereiften Käse müssen dagegen von der Produktion bis zum Zeitpunkt des Verzehrs unterschiedlich lange Reifezeiten aufweisen, die zum Teil sogar gesetzlich vorgeschrieben sind. Kochsalz (Natriumchlorid) enthalten die verschiedenen Käsesorten in unterschiedlichen Mengen. Nur Frischkäse enthält kein Kochsalz, es sein denn, es ist ausdrücklich in der Zutatenliste ausgewiesen. Dies ist beispielsweise für kochsalzsensible Verbraucher wichtig zu wissen. Produktionsschritt Molkeabscheidung (MIV) 7
Das Prinzip der Käseherstellung beruht auf einem Vorgang, den jeder selbst beobachten kann, wenn Milch sauer wird und gerinnt. Denn dann scheidet sich zunehmend die dickliche Käsemasse von der dünnflüssigen, wässrigen Molke ab. So einfach das zunächst aussehen mag: Die Käse herstellung in den Käsereien ist kompliziert und verlangt sehr viel Erfahrung und Sorgfalt. Die Welt kennt fast genauso viele Herstellungsverfahren wie Käsesorten. Man schätzt heute, dass es weltweit mindestens 4000 Sorten gibt. Die genaue Zahl ist nicht belegt. Die Käseherstellung beginnt immer mit der Prüfung des Rohstoffes Milch auf ihren Frischezustand und ihre Käsereitauglichkeit. Regelmäßige Untersuchungen der Milch auf Fettgehalt, Eiweiß, bakteriologische Beschaffenheit, somatische Zellen (Gehalt an Körperzellen der Kuh) und den Gefrierpunkt (Nachweis von Fremdwasser) sind durch die Milch-Güteverordnung ohnehin schon gesetzlich vorgeschrieben. Für manche Käsesorten, wie zum Beispiel den Allgäuer Emmentaler, sind darüber hinaus noch weitere Kriterien maßgeblich wie das Verbot der Fütterung bestimmter Pflanzen oder Silagen bei den milchgebenden Kühen. Wird die Milch für einwandfrei und käsereitauglich befunden, erfolgt die Reinigung meist mithilfe der Zentrifuge. Nach der anschließenden Einstellung des Fettgehaltes, der je nach der gewünschten Käsesorte unterschiedlich ist, wird die Milch einer Wärmebehandlung meist Pasteurisierung zur Abtötung unerwünschter Mikroorganismen unterzogen. Nach dem Wegfall der deutschen Milchverordnung zum 1.1.2006 tritt nun eine EU-Gesetzgebung in Kraft, die grundsätzlich Lebensmittel verbietet, die nicht sicher sind. Infolgedessen sind nun auch andere Verfahren zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit bzw. Wärmebehandlung der Milch erlaubt wie das Hochdruck- oder Ultraschallverfahren sowie die Mikrofiltration. Danach wird die Milch bis zur Weiterverarbeitung zwischengelagert. Eine Ausnahme bilden Rohmilchkäse, bei denen die Milch nicht über 40 Grad Celsius erwärmt werden darf. Grundsätzlich gilt: Je weniger die Milch Belastungen durch Hitze oder mechanische Einwirkungen ausgesetzt ist, umso positiver wirkt sich das auf ihre Käsereitauglichkeit aus. Dicklegen der Milch Das Dicklegen der Milch ist die Grundlage der Käseherstellung und beruht auf der Gerinnung und dem Ausfällen des Milcheiweißes. Von diesem Eiweiß, den wesentlichen Anteil hat hier das so genannte Kasein, scheidet sich dabei als Nebenprodukt der Käseherstellung die Molke ab. Lab wird zur Milch gegeben, damit sie dickgelegt wird ( BLE, Bonn/Foto: Dominic Menzler) 8