Entwurf eines Gesetzes zur effektiveren Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht Nulltoleranz bei Steuerverkürzung



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Transkript:

Gesetzesantrag des Landes Hessen Entwurf eines Gesetzes zur effektiveren Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht Nulltoleranz bei Steuerverkürzung A. Problem und Ziel Die meisten Deutschen zahlen Steuern. Einige Einzelpersonen und Großkonzerne umgehen aber ihre Steuerpflicht zum Teil illegal, aber auch legal. Sie nutzen jede Möglichkeit, um so wenig Steuern zu zahlen wie irgend möglich. Die einen verstecken ihr Vermögen auf Schwarzgeldkonten, die anderen weisen ihre Gewinne in Steueroasen aus und ihre Verluste in Deutschland. Das ist respektlos gegenüber dem ehrlichen Steuerzahler. Ziel des Gesetzentwurfes ist die effektivere Bekämpfung dieser Tatbestände. In Fällen, in denen Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben über im Ausland befindliches Vermögen von Steuerpflichtigen erfolgt, ist oftmals die Aufklärung und Verfolgung der Steuerverkürzung für die Finanzbehörden schwierig oder gar unmöglich. Dies gilt insbesondere für Länder, die Auskünfte in Steuersachen verweigern und die Finanzbehörden anderer Länder damit an der Ermittlung unbekannter Sachverhalte hindern. Die geltende Festsetzungsverjährung von 10 Jahren führt dazu, dass bei Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug infolge der schwierigen und zeitaufwendigen Aufklärungsmöglichkeiten für die Finanzbehörden Steuerhinterzieher den Erfolg der unrechtmäßigen Steuerverkürzung behalten können, wenn sie die Fristen ausgesessen haben. Das gleiche gilt für die Verfolgungsverjährung bei Steuerstraftaten mit Auslandsbezug. Auch hier bleiben Steuerstraftaten infolge Fristablaufs oftmals ungesühnt. B. Lösung Durch eine Anzeigepflicht können Steuergestaltungen frühzeitig erkannt werden. Die Finanzverwaltung kann damit auch legale, jedoch unerwünschte Gestaltungen früher als bisher erkennen und entsprechende Maßnahmen auf Verwaltungsebene ergreifen oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art anregen. Gegenwärtig erfährt die Finanzverwaltung von Steuergestaltungen erst lange nach deren Umsetzung und der eingetretenen Minderung der Steuereinnahmen. Durch Aufhebung des 371 AO entfällt künftig die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung. Dies dient nicht nur der Steuergerechtigkeit und erhöht ganz erheblich die Abschreckungswirkung. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die nach 370 der Abgabenordnung (AO) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird. Nach geltendem Recht verzichtet der deutsche Staat allerdings auf eine Bestrafung, soweit der Täter der Finanzbehörde vor der Entdeckung der Steuerhinterziehung von sich aus nachträglich die 1

zutreffenden Besteuerungsgrundlagen mitteilt und die verkürzten Steuern entrichtet. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben gelehrt, dass die Regelung des 371 AO keinen Rückgang der Steuerhinterziehung bewirkt, sondern letztlich nur den Täter vor Bestrafung bewahrt. Dies verletzt zunehmend das Rechtsempfinden der steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürger, zumal Täter selbst in Fällen langjähriger und gravierender Steuerverkürzung bei Selbstanzeige straffrei werden. Durch die Aufhebung der Festsetzungsfrist bei schweren Fällen der Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug kann verhindert werden, dass Steuerpflichtige den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Hinterziehung auch nach Ablauf der bisherigen Festsetzungsfrist von 10 Jahren behalten können. Für alle Fälle einer Steuerhinterziehung wird die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung auf zehn Jahre festgelegt. Als Fristbeginn für die Strafverfolgungsverjährung von Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug wird die Abgabe einer richtigen und vollständigen Steuererklärung festgelegt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht soll in die Lage versetzt werden, gegen Banken einzuschreiten, bei denen Steuerstraftaten gehäuft auftreten. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Bundesanstalt ein Katalog von Maßnahmen bis hin zum Entzug der Erlaubnis an die Hand gegeben. C. Alternativen Beibehaltung der unbefriedigenden Gesetzeslage. D. Finanzielle Auswirkungen und Bürokratiekosten Der Vollzug ist mit den vorhandenen Ressourcen zu bewältigen. Von der Umsetzung des Gesetzentwurfs sind Steuermehreinnahmen in nicht bezifferbarer Höhe zu erwarten. E. Weitere Kosten Keine. 2

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten Vom Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung der Abgabenordnung Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. nach 138 wird folgender neuer 138a eingefügt: " 138a Anzeigepflichtige Steuergestaltungen (1) Steuergestaltungen im Sinne des Absatzes 2 sind anzeigepflichtig. (2) Eine Steuergestaltung liegt vor, wenn a) ein Wirtschaftsgut in der deutschen und einer anderen Steuerrechtsordnung berücksichtigt wird, b) die gleichen Einkünfte mehreren Steuerpflichtigen zugeordnet werden, oder die gleichen Einkünfte eines Steuerpflichtigen mehreren Betriebsstätten zugeordnet werden, c) die Steuersubjekteigenschaft einer Körperschaft oder Personenvereinigung in der deutschen und einer anderen Steuerrechtsordnung unterschiedlich beurteilt wird,. d) eine Körperschaft oder Personenvereinigung in der deutschen und einer anderen Steuerrechtsordnung als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, e) Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Deutschland und den anderen Vertragsstaat unterschiedlich ausgelegt und angewendet werden, f) Zahlungen in der deutschen und einer anderen Steuerrechtsordnung unterschiedlich eingeordnet werden, oder 3

g) dieselben Aufwendungen oder Steuerabzüge in der deutschen und einer anderen Steuerrechtsordnung berücksichtigt werden können und dadurch deutsche Ertragsteuern einschließlich der im Abzugsweg erhobenen Steuern vermieden, die Entstehung solcher Steueransprüche in spätere Besteuerungszeiträume verschoben oder solche Ansprüche auf Steuererstattung oder Steueranrechnung begründet werden. (3) Anzeigepflichtig ist, wer eine Steuergestaltung im Sinne des Absatzes 2 unter Darstellung oder Beschreibung der damit verbundenen Steuervorteile im Rahmen einer Geschäftsbeziehung anbietet oder empfiehlt (Vermarkter). Bedient sich der Vermarkter eines Dritten, sind beide anzeigepflichtig. (4) Anzeigepflichtiges Ereignis ist das erstmalige Angebot einer Steuergestaltung im Sinne des Absatzes 2 oder dessen erstmalige Empfehlung. (5) Von der Anzeigepflicht ist befreit, wer nachweisen kann, dass sein durch Vermarktung und damit in Zusammenhang stehender Beratung erzielter Umsatz im vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder bei Beginn der Vermarktungstätigkeit im laufenden Wirtschaftsjahr voraussichtlich 250.000 Euro nicht übersteigt. Im Fall des Absatzes 3 Satz 2 ist auf die Verhältnisse des Vermarkters abzustellen. (6) Die Anzeige ist dem Bundeszentralamt für Steuern bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Kalendermonats, in dem das anzeigepflichtige Ereignis eingetreten ist, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln. In der Anzeige ist für jede anzeigepflichtige Steuergestaltung anzugeben: a) eine vollständige Beschreibung und das Ziel der Gestaltung, b) der erzielbare Steuervorteil und c) die betroffenen Rechtsvorschriften. Die Anzeigepflicht umfasst in den ersten zwei Jahren nach dem anzeigepflichtigen Ereignis monatliche Meldungen bis zum zehnten Tag des Folgemonats an das Bundeszentralamt für Steuern über die Anzahl der Personen, die die angebotenen oder empfohlenen Steuergestaltungen erworben haben (Vermarktungsfälle). Nach Ablauf dieses Zeitraums kann das Bundeszentralamt für Steuern den Anzeigepflichtigen zu weiteren Mitteilungen über die Vermarktungsfälle auffordern. Im Übrigen hat der Anzeigepflichtige auf Anforderung durch das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb einer Frist von einem Monat sämtliche für das Verständnis der Gestaltung sachdienlichen Unterlagen und Dokumente vorzulegen. 4

(7) Das Bundeszentralamt für Steuern weist jeder gemeldeten Steuergestaltung eine Registriernummer zu und teilt diese dem Anzeigepflichtigen mit. Der Vermarkter hat den Steuerpflichtigen oder einen weiteren Vermarkter innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Mitteilung über die Registriernummer zu informieren und im Fall des Steuerpflichtigen ihn auf die Verpflichtung zur Angabe der Registriernummer gegenüber der zuständigen Finanzbehörde hinzuweisen. Bei einer bereits registrierten Steuergestaltung, deren Registriernummer dem Vermarkter bekannt ist, sind die Pflichten nach Satz 2 im Zeitpunkt des Angebots oder der Empfehlung zu erfüllen. (8) Steuerpflichtige, die eine anzeigepflichtige Steuergestaltung nutzen, haben in der Steuererklärung, einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, einem Antrag auf Entlastung von im Abzugsweg erhobenen Steuern oder einem Antrag im Vorauszahlungsverfahren die Registriernummer anzugeben. Sie ist in der Steuer- oder Feststellungserklärung des Kalenderjahres anzugeben, in dem mit der Umsetzung der Steuergestaltung begonnen wurde. Bei einem Antrag auf Steuerentlastung oder im Vorauszahlungsverfahren ist sie in dem Antrag anzugeben, der auf die Verwirklichung des Steuervorteils gerichtet ist. (9) Durch Rechtsverordnung kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates die Durchführung des Verfahrens sowie die Form und den Inhalt der Anzeige bestimmen." 2. 371 wird gestrichen. 3. 171 wird wie folgt geändert: a) An Absatz 7 wird folgender Satz 2 neu angefügt: Bei schweren Fällen der Steuerhinterziehung läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, sofern Steuern verkürzt wurden, indem über steuerlich erhebliche Tatsachen mit Auslandsbezug unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerliche erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wurden. b) In Absatz 9 wird die Angabe, 371 gestrichen. 4. 376 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt neu gefasst: (1) Die Verjährungsfrist für Fälle der Steuerhinterziehung ( 370) beträgt zehn Jahre. b) Als neuer Absatz 3 wird angefügt: (3) Die Frist für die Strafverfolgungsverjährung von Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug beginnt mit der Abgabe einer richtigen und vollständigen Steuererklärung. 5

5. 378 wird wie folgt geändert: a) Absatz 3 Satz 2 wird gestrichen. b) Folgende Absätze 4 und 5 werden neu angefügt: (4) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird für einen Täter nur dann eine Geldbuße nicht festgesetzt, soweit er die zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. (5) Wird die in 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird für einen Dritten, der die in 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder diese unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, eine Geldbuße nicht festgesetzt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz4 entsprechend. 6. Nach 379 wird folgender als neuer 379 a eingefügt: " 379 a Steuergefährdung bei Steuergestaltungen (1) Ordnungswidrig handelt, wer als anzeigepflichtige Person nach 138a 1. die Anzeige bei dem Bundeszentralamt für Steuern nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht abgibt, 2. der Aufforderung des Bundeszentralamtes für Steuern nach 138a Abs. 6 Satz 4 nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommt, oder 3. die Mitteilung der Registriernummer gegenüber dem Steuerpflichtigen unterlässt. (2) In den Fällen der Verletzung der Anzeigepflichten nach 138a kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. Die Geldbuße muss den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, ist es tatangemessen zu erhöhen. Bei verspäteter Anzeige beträgt die Geldbuße bis zu fünfhundert Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung." 6

Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung Das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung (EGAO) in der Fassung vom 14.12.1976, zuletzt geändert durch Art. 12 G v. 26.6.2013 / 1809, wird wie folgt geändert: 1. An 7 Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Die 138a und 379a der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom (BGBl. I S. [einsetzen Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes]) sind erstmals auf Vermarktungen nach dem 31. Dezember 2014 anzuwenden." 2. In 23 wird als Satz 2 neu angefügt: 376 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom (BGBl. I S. [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes]) gilt für alle bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen. Artikel 3 Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen Das Gesetz über das Kreditwesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 310), wird wie folgt geändert: 1. 8 Abs. 2 wird wie folgt geändert: Es wird der folgende neue Satz 2 eingefügt: In Fälle des 35 Absatz 2 Nummer 7 und 8 teilen die Finanzbehörden die nach 30 Abgabenordnung geschützten Verhältnisse des Instituts oder Dritter mit, soweit dies zur Durchführung eines Verfahrens nach 35, 36 erforderlich ist." 2. 35 Absatz 2 wird wie folgt geändert: a) Am Ende der Nummer 6 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt. b) Es werden folgende neue Nummern 7 und 8 eingefügt: "7. durch vertretungsberechtigte Organe des Instituts oder sonstige Personen, die für das Institut verantwortlich handeln, nachhaltig Steuerstraftaten im Sinne des 370 AO begangen wurden oder diese an derartigen Straftaten teilgenommen oder Dritte zu deren Steuerstraftaten angestiftet oder Dritten Beihilfe geleistet haben und das Institut diese strafbaren Handlungen begünstigt hat oder im Rahmen der Geschäftsorganisation über kein 7

angemessenes Risikomanagement beziehungsweise nicht über Verfahren und Grundsätze verfügt, die der Verhinderung von derartigen strafbaren Handlungen dienen, 8. das Institut seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Abgabenordnung, insbesondere nach den 93 Absatz 1, 97, 138 Absatz 2 und 200 Absatz 1 wiederholt nicht nachkommt. 3. 36 wird wie folgt geändert: a) In der Überschrift werden nach den Worten "Abberufung von Mitgliedern des Verwaltungs- und Aufsichtsorgans" ein Komma und die Worte "aufsichtsrechtliche Maßnahmen bei Steuerstraftaten" eingefügt. b) In Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe " 35 Abs. 2 Nr. 3, 4 und 6" durch die Angabe " 35 Abs. 2 Nr. 3, 4, 6 und 7" ersetzt. c) Nach Absatz 3 wird folgender neuer Absatz 4 eingefügt: "(4) Wurden in einem abgrenzbaren Teil eines Instituts wie zum Beispiel einem Tochterunternehmen, einem Geschäftsbereich oder einer Zweigstelle im In- oder Ausland in einer Vielzahl von Fällen Steuerstraftaten im Sinne des 369 der Abgabenordnung begangen, kann die Bundesanstalt die Schließung dieses Teils oder die Abberufung der für diesen Teil verantwortlichen Personen anordnen. Artikel 4 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. 8

Begründung A. Allgemeiner Teil Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Sie schädigt das Steueraufkommen und damit das Gemeinwesen. Es ist deshalb Aufgabe des Staates, für eine wirksame Bekämpfung von Steuerhinterziehung Sorge zu tragen. Zudem gehen dem Staat erhebliche Steuereinnahmen verloren, weil legale, aber unerwünschte Steuergestaltungen oftmals über Ländergrenzen hinweg praktiziert werden. Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel mit mehreren Maßnahmen sowohl ungewünschte Steuergestaltung als auch Steuerhinterziehung besser bekämpfen zu können. Unerwünschte Steuergestaltung soll durch eine Anzeigepflicht frühzeitiger erkannt und bekämpft werden können. Die Finanzverwaltung kann damit auch legale, jedoch unerwünschte Gestaltungen früher als bisher erkennen und entsprechende Maßnahmen auf Verwaltungsebene ergreifen oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art anregen. Von besonderer Bedeutung sind internationale Steuergestaltungen, die vor dem Hintergrund ständig globalisierender Wirtschaftsbeziehungen dramatisch ansteigen. Die weitaus überwiegende Zahl dieser Gestaltungen dürfte zwar legal sein, jedoch in vielen Fällen dem Sinn und Zweck der Steuergesetze der betroffenen Staaten nicht entsprechen oder sogar zuwiderlaufen. Bei Steuerstraftaten soll die strafbefreiende Selbstanzeige abgeschafft und damit die Abschreckungswirkung erhöht und die strafrechtliche Verfolgung durch eine Angleichung der Verjährungsfristen verbessert werden Bei Steuerstraftaten mit Auslandsbezug der Beginn der Verjährungsfrist erst mit der Abgabe einer korrekten Steuererklärung einsetzen und der wirtschaftliche Vorteil von Steuerhinterziehung in diesen Fällen besser abschöpft werden können. In Fällen, in denen Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben über im Ausland befindliches Vermögen von Steuerpflichtigen erfolgt, ist oftmals die Aufklärung und Verfolgung der Steuerverkürzung für die Finanzbehörden schwierig oder gar unmöglich. Dies gilt insbesondere für Länder, die Auskünfte in Steuersachen verweigern und die Finanzbehörden anderer Länder damit an der Ermittlung unbekannter Sachverhalte hindern. Die geltende Festsetzungsverjährung von 10 Jahren führt dazu, dass bei Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug infolge der schwierigen und zeitaufwendigen Aufklärungsmöglichkeiten für die Finanzbehörden Steuerhinterzieher den Erfolg der unrechtmäßigen Steuerverkürzung behalten können, wenn sie die Fristen ausgesessen haben. Das gleiche gilt für die Verfolgungsverjährung bei Steuerstraftaten mit Auslandsbezug. Auch hier bleiben Steuerstraftaten infolge Fristablaufs oftmals ungesühnt. Zudem sollen Banken, die Steuerstraftaten aktiv fördern, als Institut zur Rechenschaft gezogen werden können. Es hat sich gezeigt, dass teilweise in Banken Steuersparmodelle auch über den gesetzlich erlaubten Rahmen hinaus angeboten bzw. die Kunden bei solchen Modellen unterstützt werden. Das Spektrum der Aktivitäten ist vielfältig und reicht bis zur Entwicklung komplizierter Modelle zur Steuerumgehung mit Auslandsbezug. In vielen Fällen ist der Tatbestand der Anstiftung bzw. Beihilfe zu Steuerstraftaten durch die Mitarbeiter erfüllt. 9

Gehen diese Aktivitäten über Einzelfälle hinaus, genügt es nicht mehr, die individuellen Mitarbeiter zur Rechenschaft zu ziehen. In diesem Fall sind Maßnahmen gegen das Institut selbst angezeigt, um der Begehung von Steuerstraftaten für die Zukunft vorzubeugen. Aufgrund der weitreichenden Wirkungen von Steuerstraftaten ist eine Rechtsfolgenregelung allein im Steuerrecht nicht ausreichend. Es ist daher angezeigt, auch das Kreditwesengesetz entsprechend zu ergänzen. B. Besonderer Teil Zu Artikel 1 Änderung der Abgabenordnung Zu 1.: 138a AO Allgemein Notwendigkeit einer Anzeigepflicht Die Einführung einer gesetzlichen Anzeigepflicht für Steuergestaltungen dient dem gleichmäßigen Steuervollzug. Die Finanzverwaltung kann damit auch legale, jedoch unerwünschte Gestaltungen früher als bisher erkennen und entsprechende Maßnahmen auf Verwaltungsebene ergreifen oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art anregen. Dies dient der Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung struktureller Erhebungsdefizite aufgrund nicht abgestimmter Steuerrechtsordnungen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass aufgrund der üblichen Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens von mindestens sechs Monaten und der dem Gesetzgebungsverfahren normalerweise vorausgehenden verwaltungsinternen Prüfungen, die mindestens drei Monate in Anspruch nehmen dürften, der Gesetzgeber also frühestens neun Monate nach Anzeige einer legalen, aber unerwünschten Steuergestaltung wirksam reagieren kann. Bis dahin sind der Finanzverwaltung die Hände gebunden. Von besonderer Bedeutung sind internationale Steuergestaltungen, die vor dem Hintergrund einer sich ständig mehr globalisierenden und liberalisierenden Weltwirtschaft dramatisch ansteigen. Die weitaus überwiegende Zahl dieser Gestaltungen dürfte zwar legal sein, jedoch in vielen Fällen dem Sinn und Zweck der Steuergesetze der betroffenen Staaten nicht entsprechen oder sogar zuwiderlaufen, worauf bisherige Erkenntnisse schließen lassen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (BT-Drucksache 16/5377): "Folge der hohen Steuerbelastung ist, dass international operierende Unternehmen durch Gestaltungen dafür sorgen, dass ein erheblicher Teil der in Deutschland erwirtschafteten Gewinne nicht hier, sondern in anderen Ländern mit niedrigeren Steuersätzen versteuert werden. Unternehmen nutzen also die Vorteile des Standortes Deutschland, entziehen 10

sich aber häufig durch Gewinnverlagerungen der Besteuerung. Nach einer aktuellen Studie des DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung besteht bei Kapitalund Personengesellschaften zwischen den in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nachgewiesenen Gewinnen und den steuerlich erfassten positiven Gewinnen eine Besteuerungslücke von 100 Mrd. (Wochenbericht 5/2007). Die errechnete Besteuerungslücke und die hohen steuerlichen Verluste führen das DIW zu der Schlussfolgerung: Dies deutet auf Steuervergünstigungen und Gestaltungsmöglichkeiten hin, mit denen die Unternehmen ihre steuerpflichtigen Gewinne herunter rechnen oder ins Ausland verlagern ". Adressaten der Anzeigepflicht Die Anzeigepflicht zielt auf die Vermarkter von Steuergestaltungen und nicht auf die Steuerpflichtigen, die diese Gestaltungen nutzen. Nach den Erfahrungen anderer Staaten soll nämlich die "Angebotsseite" des großen Beratungsmarktes statt der "Nachfrageseite" (also der Steuerpflichtigen) zur Erfüllung der Informationspflichten herangezogen werden. Diese Inanspruchnahme ist auch gerechtfertigt, weil die "Modellentwickler" in ihrer Eigenschaft als Berater und/oder Vermarkter im gleichen Maß und ggf. sogar noch mehr als der Steuerpflichtige zur Steuervermeidung beitragen. Die Anzeigepflicht führt nicht dazu, dass pauschal jede Steuergestaltung erfasst wird. Sie wird vielmehr auf große Vermarkter und bestimmte Gestaltungen mit besonderer steuerlicher Bedeutung eingeschränkt. Früherkennung Durch die Anzeigepflicht können Steuergestaltungen frühzeitig erkannt werden. Gegenwärtig erfährt die Finanzverwaltung von Steuergestaltungen erst lange nach deren Umsetzung und der eingetretenen Minderung der Steuereinnahmen. Bei der erstmaligen Steuerfestsetzung erkennt die Finanzbehörde üblicherweise die Gestaltung in ihren steuerlichen Auswirkungen noch nicht. Das geschieht regelmäßig erst durch eine nach Jahren stattfindende Betriebsprüfung, der jedoch nur bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen unterliegen. Die neue Anzeigepflicht setzt demgegenüber präventiv schon im Zeitpunkt des Angebotes an die Steuerpflichtigen ein. Dadurch werden Steuerpflichtige frühzeitig problembewusst und müssen sich überlegen, ob sie sich mit einer Gestaltung in eine rechtliche Grauzone begeben wollen. Auswertung der angezeigten Steuergestaltungen Nach Prüfung und Auswertung der gemeldeten Steuergestaltungen durch das Bundeszentralamt für Steuern wird das Prüfergebnis in geeigneten Fällen dem BMF mitgeteilt. Das BMF wird die Länder zeitnah über diese Gestaltungen unterrichten und mit diesen erörtern, ob und ggf. welcher Handlungsbedarf besteht. Zu entscheiden ist insbesondere, ob eine Reaktion im Verwaltungsweg möglich ist oder der Gesetzgeber handeln muss. Im Übrigen können sich die örtlichen Finanzbehörden durch die Angabe der Registriernummer über die konkrete Steuergestaltung beim Bundeszentralamt für Steuern informieren und in Missbrauchsfällen unverzüglich handeln. 11

Internationales Umfeld Mit der Einführung einer Meldepflicht folgt Deutschland einem internationalen Trend, der von den angelsächsischen Ländern in Gang gesetzt wurde, wie Großbritannien, USA und Kanada. Auch andere Länder tragen sich mit solchen Überlegungen. Von Vertretern der USA und Großbritannien wird berichtet, dass diese Maßnahmen effektiv und effizient seien und die Entwicklung von Steuergestaltungen wirksam bekämpfen könnten. Diese Maßnahmen könnten aber nicht die Ermittlungen von Amts wegen durch die Steuerverwaltung ersetzen; insoweit seien sie lediglich notwendige Maßnahmen begleitender Natur. Wirkung der Anzeige Mit der Anzeige sind keine rechtlichen Wirkungen gegenüber dem Steuerpflichtigen verbunden. Die Anzeige setzt die Finanzverwaltung lediglich in die Lage, eine mögliche Rechtswidrigkeit von Gestaltungen frühzeitig zu erkennen bzw. bei legalen, aber aus Sicht des Staates unerwünschten Gestaltungen den Gesetzgeber entsprechend zu informieren. Eine gegenüber dem Anbieter bestehende Pflicht der Finanzverwaltung, sich zur Rechtmäßigkeit der Steuergestaltungen zu äußern, ist mit dem Anzeigeverfahren nicht verbunden. Im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 97, 67 [83 f]) zur effektiven Wahrung der Gewaltenteilung ist es nämlich von Verfassung wegen ausgeschlossen, dass die Verwaltung durch Untätigbleiben nach Anzeige einer Steuergestaltung den Gesetzgeber binden würde (z.b. bei langfristig angelegten Modellen wie Erbbauzinsfonds-Modellen mit über 30 Jahren Vertragslaufzeit). Zulässige Grundrechtseingriffe Als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist die Anzeigepflicht durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Sie dient in erster Linie der frühzeitigen Information des Staates über Steuerschlupflöcher. Die entsprechenden Kenntnisse liegen in der Hand der Anbieter von Steuergestaltungsmodellen, die um dieser wichtigen Information willen auf die Weitergabe ihrer Kenntnisse an den Staat verpflichtet werden. Die Regelung istgeeignet, erforderlich und im Hinblick auf die Bedeutung des verfolgten Ziels auch angemessen. Der Einsatz der Registriernummer ist zudem geboten, um einen effizienten und auch gleichheitsgerechten Umgang der Verwaltung mit den einzelnen Modellen zu gewährleisten. Soweit die Anzeigepflicht zur frühzeitigen Aufklärung und Bekämpfung dieser Modelle beiträgt, ist sie um der Gewährleistung einer leistungsfähigkeitsgerechten Besteuerung willen geboten und verhältnismäßig. Selbst wenn die Finanzbehörde zufälligerweise in Einzelfällen entsprechende Informationen hätte, würde diese Information keinen Überblick über die Auswirkung solcher Steuergestaltungen auf die nationalen Steuereinnahmen geben. Zu diesem Zweck ist ein systematisches Anzeigeverfahren unumgänglich. Ohne deren Mithilfe wäre es unmöglich, an solche Informationen zu gelangen. Zur Erreichung des verfolgten Ziels, frühzeitig Informationen über 12

Steuergestaltungen zu erhalten, um für Erhebungsgleichheit und leistungsgerechte Besteuerung zu sorgen, ist die Anzeigepflicht in der vorliegenden Form geeignet und geht nicht über das hinaus, was hierzu notwendig ist. Insoweit kann auf die sog. Promotorenhaftung in Großbritannienhingewiesen werden, die über den hier vorgeschlagenen Anwendungsbereich insoweit hinausgeht, als auch sogenannte Selbstentwickler von Steuergestaltungsmodellen einbezogen werden. Die "deutsche" Anzeigepflicht zielt demgegenüber zur Zeit nur auf den kleinen Kreis hochspezialisierter und umsatzstarker Fremdentwickler ab, von denen zum frühesten Zeitpunkt die Informationen, die anderswo in diesem Stadium nicht verfügbar sind, abgerufen werden. Diese Informationen beschränken sich auf das absolute Minimum, das für das angestrebte Ziel der Erhebungsgleichheit und leistungsgerechten Besteuerung notwendig ist. Vgl. im übrigen oben zu "Zulässige Grundrechtseingriffe". Gesetzgebungskompetenz Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Änderung der Abgabenordnung ergibt sich aus Artikel 108 Abs. 5 Satz 1 und 2, wonach das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren durch Bundesgesetz geregelt wird. Dieses Bundesgesetz bedarf insoweit der Zustimmung des Bundesrates. Soweit es sich um das von dem BZSt anzuwendende Verfahren handelt, bedarf das Bundesgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates. Zu (1): Diese Vorschrift ist die Grundlage für die Anzeigepflicht. Eine Beurteilung der Steuergestaltungen ist mit dem Anzeigeverfahren nicht verbunden. Aus dem Nichttätigwerden der Finanzbehörde im Hinblick auf die Steuergestaltungen kann nicht geschlossen werden, dass diese Gestaltungen gebilligt wurden; denn Schweigen gilt nach allgemeinen Grundsätzen nicht als Zustimmung. Anzeigepflichtige oder andere an der Gestaltung Beteiligte können weder eine Stellungnahme der Verwaltung verlangen, noch aus dem Ausbleiben einer Stellungnahme Rückschlüsse auf eine Billigung ihrer Gestaltung ziehen. Das Anzeigeverfahren dient allein der möglichst frühzeitigen Unterrichtung über sämtliche in 138 Abs. 2 AO aufgeführten Steuergestaltungen. Ob, wann und in welcher Weise und Reichweite Verwaltung und Gesetzgeber anhand der Informationen Maßnahmen ergreifen, steht in deren pflichtgemäßem Ermessen und wird nicht durch das Anzeigeverfahren determiniert. Im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 97, 67 [83 f]) wäre es von Verfassung wegen ausgeschlossen, dass die Verwaltung durch Untätigbleiben nach Anzeige einer Steuergestaltung den Gesetzgeber binden würde (z.b. bei langfristig angelegten Modellen wie Erbbauzinsfonds- Modellen über 30 Jahre Vertragslaufzeit). Zu (2): Die Anzeigepflicht gilt für Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuern einschließlich der Vorauszahlungen und der im Abzugsweg erhobenen Steuern, insbesondere die Kapitalertragsteuer, die Lohnsteuer und die Abzugssteuern nach 50a EStG. Dabei ist es unerheblich, ob die Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht im Rahmen der beschränkten oder unbeschränkten 13

Steuerpflicht besteht oder ob die Steuerersparnis auch in der ausländischen Rechtsordnung anfällt. Steuerarbitrage Anzeigepflichtige Steuergestaltungen sind solche, die im Zusammenhang mit Steuerarbitrage mit der Folge stehen, dass es zu einer Nichtbesteuerung (sog. weiße Einkünfte), einem Steueraufschub oder einer Steueranrechnung bzw. - erstattung kommen kann. Internationale Steuerarbitrage entsteht, wenn dieselbe Transaktion in zwei oder mehr Steuerrechtsordnungen einer unterschiedlichen Besteuerung unterworfen werden. Diese Situation kann von dem Steuerpflichtigen zu einer ganzen oder teilweisen Nichtbesteuerung genutzt werden ein Vorteil, der bei Durchführung dieser Transaktion in nur einer Steuerrechtsordnung nicht bestehen würde. Notwendigkeit der Kontrolle von Steuerarbitrage Steuerarbitrage kann zu unvernünftigen unternehmerischen Entscheidungen führen oder zu ungerechtfertigten Benachteiligungen von Personen in vergleichbarer Lage. Sie kann aber auch zulässigerweise die Möglichkeiten nutzen, die sich aus dem fairen Steuerwettbewerb der Staaten ergeben. Insoweit sind Steuerarbitragen erst dann problematisch, wenn aus rein steuerlichen Gründen die unterschiedlichen steuerlichen Regelungen der verschiedenen Steuerrechtsordnungen zu einer Nichtbesteuerung oder substanziellen Steuerfreistellung genutzt werden, während vergleichbare Gestaltungen in nur einem Land einer normalen Besteuerung unterworfen werden. Dieser Situation der Nichtbesteuerung muss dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet werden, wie der Aufgabe, eine Doppel-/Mehrfachbesteuerung zu vermeiden. Extreme Auffassungen von interessierter Seite, wonach doppelte Nichtbesteuerungen hinzunehmen seien, sind aus den genannten Gründen abzulehnen. Steuerpolitische Reaktion auf Steuerarbitrage Inwieweit auf Steuerarbitrage steuerpolitisch reagiert werden soll, hängt von dem Gewicht ab, das den verschiedenen Faktoren beigelegt wird, z.b. Herstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, Aufkommenswirksamkeit der Steuergestaltung usw. Deswegen ist noch einmal hervorzuheben, dass die Anzeige von Steuergestaltungen nicht zwingend zu einer Reaktion von Gesetzgebung und Verwaltung führt. Zu den Ziffern a) bis g): a) beschreibt die Fälle der doppelten Zurechnung von Wirtschaftsgütern. b) umfasst die Fälle der doppelten Zuordnung von Einkünften zum einen zwischen verschiedenen Steuerpflichtigen (meist bei Konzernunternehmen) und zum anderen zwischen verschiedenen Betriebsstätten eines Steuerpflichtigen. 14

c) und f) greifen Gestaltungen mit hybriden Gesellschaftsformen auf (z.b. Personengesellschaften, die - wie das sog. Check-the-Box-Verfahren in den USA - nach Wahl auch als Körperschaften besteuert werden können) und mit hybriden Finanzierungsformen (Instrumente, die gleichermaßen Elemente der Eigen- und Fremdfinanzierung in sich tragen). d) betrifft sog. doppelansässige Gesellschaften (Gründung in einer Rechtsordnung, Geschäftsleitung in einer anderen Rechtsordnung - wobei sie nach beiden Rechtsordnungen unbeschränkt steuerpflichtig sind). e) und g) zielen auf die doppelte Nichtbesteuerung (sog. weiße Einkünfte) durch unterschiedliche Auslegung der DBA in den Anwenderstaaten oder durch Ausnutzung unterschiedlicher nationaler Gesetze. Durch diese Steuergestaltungen müssen Steuern auf dem Gebiet der Einkommenund Körperschaftsteuern einschließlich der im Abzugsweg erhobenen Steuern vermieden, die Entstehung solcher Steueransprüche in spätere Besteuerungszeiträume verschoben oder solche Ansprüche auf Steuererstattung oder Steueranrechnung begründet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Steuervorteile, die sich allein aus den unterschiedlichen Steuersätzen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und nicht aus dem Ausnutzen von nicht aufeinander abgestimmten Steuerrechtsordnungen ergeben, nicht berücksichtigt werden dürfen. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH, wonach "ein etwaiger Steuervorteil.in Form einer geringen steuerlichen Belastung in dem Mitgliedstaat, in dem sie (eigene Ergänzung: die Steuerpflichtigen) ansässig sind, einem anderen Mitgliedstaat nicht das Recht (eigene Ergänzung: gibt), die in seinem Gebiet ansässigen Empfänger der Dienstleistungen steuerlich ungünstiger zu behandeln (EuGH, Urteil v. 26. Oktober 1999, Rs. C- 294/97, Tz. 44 - sog. Eurowings-Urteil). Zu (3): Die Verpflichtung zur Anzeige von Steuergestaltungen obliegt dem Vermarkter. Es handelt sich insbesondere um Angehörige der steuerberatenden Berufe, Rechtsanwälte oder auch Banken, Investmentgesellschaften und sonstige Berater, die die Gestaltungen zum Zweck der Vermarktung für ihre Kunden/Mandanten entwerfen. Auf die Steuerpflicht desjenigen, dem die Steuergestaltung angeboten oder empfohlen wird, kommt es nicht an, da sich die Gestaltung im Rahmen der Steuerpflicht, z.b. einer nahe stehenden Person, auswirken kann. Vermarkter stehen mit ihren Kunden bzw. Arbeitgebern in einer Geschäftsbeziehung und beziehen für ihre Beratungsleistungen ein Entgelt (Gebühr, Honorar, Lohn) oder einen anderen wirtschaftlichen Vorteil. Damit scheiden Personen aus, die Beratungsempfehlungen in Fachzeitschriften oder Vorträgen geben; dasselbe gilt auch für solche Personen, die Empfehlungen mündlich weitergeben. 15

Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich sowohl auf den inländischen als auch auf den ausländischen Vermarkter. Operiert der Vermarkter z.b. vom Ausland mit Hilfe eines im Inland ansässigen Dritten, haben regelmäßig sowohl der Vermarkter als auch der inländische Dritte die Anzeigepflicht zu erfüllen. Zu (4): Absatz 4 betrifft die Präzisierung des anzeigeauslösenden Ereignisses. Das Angebot oder die Empfehlung zur Übernahme einer Steuergestaltung gegenüber einem Steuerpflichtigen löst die Anzeigepflicht des Vermarkters aus. Zu (5): Die Anzeigepflicht trifft nur große Vermarkter, weil hier von einem hohen Steuerausfallrisiko auszugehen ist. Die Größe wird am Umsatz gemessen, die der Vermarkter aus dem Geschäft der Vermarktung von Steuergestaltungen einschließlich der damit zusammenhängenden Beratung pro Wirtschaftsjahr erzielt. Vermarkter mit einem Umsatz aus der Vermarktung von Steuergestaltungen von weniger als 250.000 werden deshalb von der Anzeigepflicht nicht erfasst. Zu (6): Die Anzeige ist bis zum 10. Tag nach dem Ende des Monats, in den das anzeigepflichtige Ereignis fällt, abzugeben. Sie ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz - voraussichtlich ab 2009 auf elektronischem Weg an das Bundeszentralamt für Steuern zu richten. Der Anzeigepflichtige hat die Steuergestaltung und das verfolgte Ziel abstrakt, aber für das Verständnis umfassend zu beschreiben. Darüber hinaus ist die Zahl der Erwerber der angebotenen oder empfohlenen Steuergestaltung innerhalb der ersten beiden Jahre seit Eintritt des anzeigepflichtigen Ereignisses anzugeben. Ab dem dritten Jahr besteht eine Anzeigepflicht nur dann, wenn das Bundeszentralamt für Steuern zu entsprechenden Meldungen aufgefordert hat. Zusätzlich sind auf Anforderung alle sachdienlichen Unterlagen vorzulegen, die zum Verständnis der Gestaltung beitragen können. Auskunftsverweigerungsrechte bestimmter Berufsgruppen nach 102 AO sind nicht berührt. Es wird nicht verlangt, die persönlichen Verhältnisse der Kunden zu offenbaren. Zu (7): Zur Registrierung und für das weitere Verfahren weist das Bundeszentralamt für Steuern jeder Steuergestaltung eine Registriernummer zu und teilt sie dem Vermarkter mit. Der Vermarkter ist wiederum verpflichtet, sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dem Kunden (Steuerpflichtiger oder weiterer Vermarkter) mitzuteilen und im Fall des Steuerpflichtigen ihn auf dessen Verpflichtung zur Angabe der Registriernummer hinzuweisen. Bei bereits registrierten Steuergestaltungen, deren Registriernummer dem Vermarkter bekannt ist, hat er diese Pflichten bereits im Zeitpunkt der Vermarktung dem Kunden (Steuerpflichtigen) mitzuteilen. Dieses Verfahren ist notwendig, um der Finanzverwaltung einen Überblick über die Verbreitung und Auswirkung der Steuergestaltungen zu verschaffen. 16

Zu (8): Aus den oben genannten Gründen hat der Steuerpflichtige, der eine anzeigepflichtige Steuergestaltung nutzt, die Registriernummer in seiner Steuererklärung (bzw. Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, Antrag auf Entlastung von im Abzugsweg erhobenen Steuern oder Antrag im Vorauszahlungsverfahren) anzugeben. Dieser Aufwand ist gering und damit zumutbar. Zu (9): Die Regelung enthält die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz. Zu 2.: 371 AO zu 371 allgemein: Durch Aufhebung des 371 AO entfällt künftig die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung. Dies dient nicht nur der Steuergerechtigkeit und erhöht ganz erheblich die Abschreckungswirkung. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die nach 370 der Abgabenordnung (AO) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird. Nach geltendem Recht verzichtet der deutsche Staat allerdings auf eine Bestrafung, soweit der Täter der Finanzbehörde vor der Entdeckung der Steuerhinterziehung von sich aus nachträglich die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen mitteilt und die verkürzten Steuern entrichtet. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben gelehrt, dass die Regelung des 371 AO keinen Rückgang der Steuerhinterziehung bewirkt, sondern letztlich nur den Täter vor Bestrafung bewahrt. Dies verletzt zunehmend das Rechtsempfinden der steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürger, zumal Täter selbst in Fällen langjähriger und gravierender Steuerverkürzung bei Selbstanzeige straffrei werden. Bei der Erhebung seiner Einnahmen ist der Staat regelmäßig auf die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Diesbezügliche Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten sind in der Abgabenordnung ( 140 ff. AO) geregelt. Führen unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen zu nicht gerechtfertigten Steuervorteilen, handelt der Steuerpflichtige ordnungswidrig ( 378AO Leichtfertige Steuerverkürzung), bei Vorsatz begeht er eine Straftat ( 371 AO Steuerhinterziehung). Teilt der Täter der Finanzbehörde vor der Entdeckung der Tat freiwillig die richtigen Besteuerungsgrundlagen mit und zahlt fristgerecht die sich daraus ergebende Steuerforderung, wird er nach 371 AO (Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung) straffrei; im Fall der Ordnungswidrigkeit wird nach 378 Absatz 3 AO kein Bußgeld festgesetzt. Die Freiwilligkeit des berichtigenden Handelns des Steuerpflichtigen ist nicht über eine Generalklausel geregelt. Stattdessen beschreibt 371 Absatz 2 AO objektivierend die Situationen, in denen der Gesetzgeber eine Unfreiwilligkeit der Selbstanzeige vermutet. Dabei gibt es im Fall des 371 Absatz 1 AO mehr Ausschlussgründe als im Fall des 371 Absatz 4 AO und auch des 378 Absatz 3 17

AO, in denen lediglich die Bekanntgabe eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat die Wirksamkeit der Anzeige ausschließt. Die Selbstanzeige im Steuerrecht beinhaltet allein die nachträgliche Erfüllung der ursprünglichen steuerlichen Pflichten und wirkt selbst hinsichtlich einer nur teilweisen Berichtigung der Angaben durch den Täter. Inwieweit dies maßgeblich zu der vielzitierten Wertung der Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt beigetragen hat, kann letztlich offen bleiben, zumal inzwischen sogar die Schweizerische Bankiervereinigung dieser Einordnung vehement widerspricht. Wer aber die Straffreiheit bei Selbstanzeige noch immer als gesetzlichen Anreiz zur Rückkehr aus der Steuerkriminalität verteidigt, verschließt die Augen vor der Realität, die die Vertreter der beratenden Berufe, der Banken sowie der Finanz- und der Strafverfolgungsbehörden seit Jahrzehnten erleben. Sowohl die Begehung einer Steuerhinterziehung als auch ihre Selbstanzeige sind letztlich abhängig von der individuellen Einschätzung des Entdeckungsrisikos durch den Steuerpflichtigen. Dies belegen derzeit die Selbstanzeigen im Zuge des Ankaufs von Daten über mutmaßliche Steuerstraftäter durch die Länder. Insofern ist die Selbstanzeige als Instrument zur Wiederherstellung der Steuerehrlichkeit auch überholt und nicht verbesserungsfähig. Wer beispielsweise die Straffreiheit bei Selbstanzeige von der Zahlung höherer Hinterziehungszinsen abhängig machen will, verkennt, dass dies eben nicht zu den Voraussetzungen des 371 AO gehört. Eine Erhöhung der Hinterziehungszinsen nach 235 AO würde letztlich nur den finanziellen Anreiz zur Fortsetzung einer Steuerhinterziehung verstärken. Umgekehrt zeigte die geringe Resonanz auf das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (StraBEG), dass selbst günstigere Bedingungen als die der Selbstanzeige nach 371 AO keinen hinreichenden Grund zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit darstellen, wenn der Täter die Entdeckung seiner Steuerhinterziehung nicht fürchtet. Die Befürworter der Selbstanzeige betonen deshalb das fiskalische Interesse an zusätzlichen Steuereinnahmen, hinter das sie den staatlichen Strafanspruch zurückstellen. Dies ist das neuerliche Eingeständnis einer vermeintlichen Hilflosigkeit des Staates, das ursprünglich zur Einführung der Selbstanzeige im Steuerrecht führte. Hielte der Gesetzgeber an der strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht fest, würde er signalisieren, dass sich der Staat auch künftig damit begnügt, hinterzogene Steuern verspätet zu erhalten. Mit einer entschlossenen Bekämpfung der Steuerkriminalität auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, wie sie die Fraktionen der CDU/CSU und SPD Ende 2008 von der Bundesregierung gemeinsam forderten (Bundestagsdrucksache 16/11389), ist dieser generelle Verzicht auf den Strafanspruch des Staates unvereinbar. Im Steuerstrafverfahren werden dagegen die Tatumstände wie Höhe und Dauer einer Steuerhinterziehung im Einzelfall angemessen gewürdigt. Dies gilt auch für eine mögliche Mitwirkung des Täters im Rahmen der Ermittlungen, so dass eine Strafverfolgung keineswegs zwingend zu dauerhaften Einnahmeausfällen des Staates führt. Im Interesse der Steuergerechtigkeit darf die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung allerdings keine Einzelmaßnahme bleiben. Deutschland muss die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der Finanzbehörden zur eigenständigen Ermittlung steuerlich relevanter Tatsachen im Inund Ausland zeitnah entscheidend verbessern und dadurch auch das Entdeckungsrisiko für die Steuerstraftäter spürbar erhöhen. Mit der Streichung des 371 AO entfällt nur die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung. Eine weitergehende Abschaffung auch der Selbstanzeige bei leichtfertiger Steuerverkürzung wäre in Hinblick auf 153 AO problematisch. 18

Erkennt ein Steuerpflichtiger erst nach Abgabe einer Steuererklärung deren Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit, ist er nach dieser Regelung zur unverzüglichen Anzeige und Richtigstellung verpflichtet. Bei ersatzloser Streichung des geltenden 378 Absatz 3 AO müsste in diesen Fällen immer ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Dies würde nicht nur das Besteuerungsverfahren erschweren, sondern könnte Steuerpflichtige sogar von der Berichtigung nach 153 AO abhalten, was wiederum den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen würde. Die finanziellen Auswirkungen der Rechtsänderungen sind von den flankierend zu ergreifenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung abhängig. Eine Regierung, die die Steuerkriminalität ernsthaft bekämpft, initiiert sogar über den Stichtag für den Wegfall des 371 AO hinaus Selbstanzeigen, die nicht nur einmalig, sondern nachhaltig zu dringend benötigten Mehreinnahmen der Gebietskörperschaften führen. Abs 1 bis 3 Die Absätze 1 bis 3 regeln die Wirkung einer Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung, durch die der bereits entstandene Strafanspruch wieder beseitigt wird. Sie werden ersatzlos gestrichen. Abweichend davon betrifft Absatz 4 die Wirkung einer Fremdanzeige. Erkennt ein Steuerpflichtiger erst nachträglich die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer Steuererklärung, ist er nach 153 AO zur Anzeige verpflichtet. Erstattet er diese Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß, schließt dies nach 371 Absatz 4 AO die Strafverfolgung eines Dritten aus, der selbst ebenfalls zur Anzeige verpflichtet war, sie aber vorsätzlich unterließ und damit Steuerhinterziehung beging. Die Straffreiheit des Dritten tritt in diesen Fällen also ohne eigenes Handeln ein. Im Rahmen der Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige ist die Regelung nicht mehr zu rechtfertigen. Absatz 4 wird daher ebenfalls gestrichen. Zu 3.: 171 AO a) Absatz 7 In Fällen, in denen die Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben über im Ausland befindliches Vermögen von Steuerpflichtigen erfolgt, ist oftmals die Aufklärung und Verfolgung der Steuerstraftat für die Finanzbehörden schwierig oder gar unmöglich. Dies gilt insbesondere für Länder, die Auskünfte in Steuersachen verweigern und die Finanzbehörden anderer Länder damit an der Ermittlung unbekannter Sachverhalte hindern. Aber gerade in diese Länder wurden erhebliche, bisher nicht deklarierte Vermögen gebracht, um die Steuern zu verkürzen. Die bisher geltende Festsetzungsfrist von zehn Jahren bei schwerer Steuerhinterziehung führt deshalb in vielen Fällen dazu, dass eine Festsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig ist. Dies führt zu erheblichen Steuerverlusten und belohnt Steuerhinterzieher, die die Fristen ausgesessen haben und auch auf Steueramnestieangebote vergangener Jahre nicht eingegangen sind. Gerade der ehrliche Steuerzahler hat kein Verständnis, dass Steuerhinterzieher mit erheblicher krimineller Energie, die seit vielen Jahren systematisch und in großem Ausmaß Steuern verkürzt haben, infolge des Ablaufs der Festsetzungsfrist den Vorteil aus der Steuerhinterziehung genießen können. Die Ablaufhemmung soll auf besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung beschränkt werden, weil die mit der Steuerverkürzung mit Auslandsbezug 19

verbundene Sachverhaltensaufklärung und Steuerfestsetzung nicht erheblichen Aufwand für die Finanzbehörden bedeuten. b) Absatz 9 Redaktionelle Änderung. Folgewirkung der Streichung des bisherigen 371 AO. Zu 4.: 376 Zu Buchstabe a): Der neue Absatz 1 ändert die Verjährungsfrist. Nach 169 Absatz 2 Satz 2 AO beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen wurde. Unter Berücksichtigung der An- und Ablaufhemmungen nach den 170 und 171 AO können hinterzogene Steuern im Einzelfall auch noch nach mehr als zehn Jahren festgesetzt und erhoben werden. Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 enthielt die Abgabenordnung für die Steuerhinterziehung nach 370 AO keine eigenständige Regelung zur Verfolgungsverjährung. Es galten die allgemeinen Regelungen des Strafgesetzbuches mit der Folge einer grundsätzlich fünf- jährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB. Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde für Taten im Sinne des 370 Absatz 3 AO (Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall) eine von 78 StGB abweichende Sonderregelung in 376 Absatz 1 AO geschaffen. In diesen Fällen besteht eine grundsätzliche Parallelität zwischen Steuerfestsetzungsverjährung und steuerstrafrechtlicher Verfolgungsverjährung. Die strafrechtliche Ahndung bei Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen kann sich so auf einen längeren Zeitraum erstrecken, das Strafrisiko für den Hinterzieher steigt. Dadurch kann Steuerhinterziehung wirkungsvoller bekämpft werden. Handelt es sich hingegen nicht um eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall, besteht nach wie vor eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung, die in der Regel zehn Jahre beträgt, und der Strafverfolgungsverjährung, die bei einer Steuerhinterziehung im Sinne des 370 Absatz 1 AO fünf Jahre beträgt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Fülle der seit dem Jahre 2010 aufgedeckten Steuerhinterziehungsfälle im Zusammenhang mit ausländischen Vermögensanlagen sollten alle Steuerstraftaten möglichst (gleich) lang strafrechtlich geahndet werden können. Denn besonders in diesen Fällen ist die Diskrepanz zwischen der regulären Steuerfestsetzungsfrist von zehn Jahren und der Strafverfolgungsverjährung von fünf Jahren bei Steuerhinterziehungen im Sinne des 370 Absatz 1 AO wenn keines der in 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis Nummer 5 AO ausdrücklich aufgeführten Regelbeispiele erfüllt ist mit Blick auf den Un- rechtsgehalt unsachgemäß und erschwert die strafrechtliche Ahndung. Überdies führt das Auseinanderfallen der Steuerfestsetzungsverjährung und der Strafverfolgungsverjährung auch in Selbstanzeigefällen zu Verwerfungen, da sich eine wirksame Berichtigungserklärung nach 371 Absatz 1 AO zwar auf alle strafrechtlich nicht verjährten Zeiträume beziehen muss, die Steuern aber für alle nicht festsetzungsverjährten Besteuerungszeiträume nachträglich festgesetzt werden müssen und ohne entsprechende Berichtigungserklärung für diese Jahre häufig nicht mehr sachgerecht ermittelt werden können. Das läuft im Ergebnis auch der Intention des 371 AO in der Fassung durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz 2011 zuwider: Die Straffreiheit sollte ausdrücklich daran geknüpft werden, dass ein 20