IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice



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IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice 1 EXTENDED ABSTRACT IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice Matthias Trier, Technische Universität Berlin Dpmt. of Systems Analysis and IT (FR6-7) E-Mail: trier@sysedv.cs.tu-berlin.de Das Organisationskonzept der Communities of Practice (CoP) bietet den Unternehmen die Möglichkeit, parallel zur bestehenden Aufbaustruktur eine zweite virtuelle und netzwerkartige Organisationsform einzusetzen. Diese zusätzliche Kommunikationsstruktur unterstützt dabei insbesondere die Wissensarbeit, also z.b. die Diffusion von Problemlösungskompetenz, Innovationen und Expertise. Dabei bilden sich Gruppierungen von Mitarbeitern um spezielle Themen, Fragen oder Probleme, die meist von einem zentralen Verantwortlichen geleitet werden. Der Koordinator einer Community ist dabei im weitesten Sinne ein Manager, der gezielt in die Gruppe eingreift, um die inhaltliche Arbeit damit zu fördern. Dieser koordinierende 'Manager' fungiert dabei als Unterstützung (Facilitator) und übernimmt außerdem die Rolle der operativen Steuerung. Bei der Definition seiner Aufgaben sind jedoch zahlreiche ganz spezielle Eigenschaften der Führung in einer virtuellen Netzwerkorganisationsform in Betracht zu ziehen: so existieren beispielsweise keine Machthierarchien und keine direkte Aufgabenorientierung oder Ergebnisverantwortung. Darüber hinaus entwickelt sich eine Community entlang eines Lebenszyklus. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die klare Kommunikation der Wertschöpfung (bzw. der Sinnhaftigkeit) der Community gegenüber dem Unternehmen, da das Expertennetzwerk mit der parallelen formalen Organisationsstruktur in Konkurrenz um Ressourcen, wie z.b. IT-Budget oder Mitarbeiterzeit steht. Ein Untersuchungsschwerpunkt ist in diesem Kontext die große Rolle der Sozialen Netzwerke in Communities und die Frage Wie kann man die sozialen Bindungen fördern (d.h. die soziale Struktur, Identität und Prozesse) [WeSn00]. Aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik stellt sich dabei insbesondere die Frage der Unterstützung von Community Moderatoren mit geeigneten IT-Werkzeugen. Bevor jedoch diese Fragestellung näher analysiert wird, ist zunächst die Einordnung des Themas Communities of Practice in das Thema Wissensmanagement zu klären. Bei Forschungs- und Praxisprojekten im Bereich der Wirtschaftsinformatik fällt auf, dass sich die Organisation in eine inhaltsorientierte und eine transaktionsorientierte Organisationsperspektive aufteilen lässt. Die Betrachtung einer Unternehmung aus der transaktionsorientierten Perspektive ist mittlerweile sehr weit verbreitet. Das bezeugt die Relevanz von Themen, wie z.b. Geschäftsprozessmanagement, Re-Engineering und auch prozessorientierte Softwareentwicklung. Beispiele sind die SAP AG mit ihrer prozessorientierten Abbildung des gesamten Unternehmens und auch die Verbreitung der

2 IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice Ereignisgesteuerten Prozesskette (EPK) als Quasi-Standard für die prozessorientierte Ausrichtung einer Organisation. Aber auch die zweite, inhaltsorientierte Perspektive wird zunehmend Untersuchungsobjekt für systematische Ansätze. Das zeigt nicht zuletzt die gewachsene Bedeutung von Themen wie Web Content Management, Enterprise Content Management, Content Repositories, Wissensobjekt-Repositories, Dokumentenmanagement, E-Learning Plattformen oder Enterprise Information Portals. Aber auch expertenzentrierte HRM-Systeme mit strategischem Kompetenzmanagement mit Themenportfolio und Vergleich des internen Wissenstandes mit dem Markt tauchen in der Projektagenda von Unternehmen auf. Prinzipiell bieten alle diese Bereiche strukturierte Ansätze des Managements der Inhalte oder abstrakter der Themen und hierbei handelt es sich letztendlich um Bestrebungen innerhalb des großen Gebietes des Wissensmanagement. Besonders bei Wissensarbeit in wissensintensiven Geschäftsprozessen (wie z.b. dem Anlagencontracting eines Energieversorgungsunternehmens oder der Projektplanung einer Unternehmensberatung) nimmt die inhaltsorientierte Perspektive eine wichtige Rolle ein. Sie kann für Prozesse mit hohem Anteil an Problemlösung, Ausnahmebehandlung, Lösungsentwicklung aus einzelnen Produktkomponenten oder spezieller Anpassung der Leistungen [MRB01] besser zu Effizienzsteigerungen führen als Eingriffe aus transaktionsorientierter Perspektive. Letztendlich müssen jedoch beide Bereiche sinnvoll gekoppelt werden. Dazu muss zunächst an die Geschäftsprozesse die relevante Expertise zur Problemlösung herangeführt werden. Ein zweiter, bisher unterbewerteter Ansatz ist jedoch auch die zielgerichtete Vernetzung der Mitarbeiter. Bisher wurde hierbei zwar im Wissensmanagement erkannt, dass neben den Wissensobjekten bzw. den Inhalten auch der Mensch als Wissensträger relevant ist und umsorgt werden muss. Ins Hintertreffen gerät aber dabei, dass die Netzwerkstruktur zwischen den Mitarbeitern auch einen Unternehmenswert darstellt [All00]. Warum ist diese nun aber so bedeutend? An den physischen und wertschöpfenden Geschäftsprozessen erfolgt die Wissensarbeit. Diese besteht notwendigerweise aus Informationsverarbeitungsprozessen, welche wiederum aus Informationsbeschaffungsprozessen bestehen. Hier zeigt die Praxis, dass Mitarbeiter letztendlich, bevor sie eine Liste relevanter Dokumente analysieren, meist zum Telefon greifen und ihnen bekannte Referenzpersonen bzw. Experten für ihr Problem kontaktieren. Im Zeitablauf bauen sie sich ein Beziehungsgeflecht auf, welches eine sehr komplexe Netzwerkstruktur annehmen kann. Dieses Netzwerk besteht aus dynamischen (also lebendigen) Kommunikationsprozessen und bildet damit eine informelle (und rein themenorientierte) Organisation zwischen Personen und deren inhaltszentrierter Zusammenarbeit. Besonders interaktive und dichte Cluster dieser Organisation sind sogenannte Communities of Practice (CoP) oder, sollten sie IT als Trägerplattform nutzen, Virtual Communities. Das besondere an virtuellen Communities ist, dass diese teilweise sichtbar und sogar analysierbar sind und deshalb zum Objekt wissenschaftlicher Analysen gemacht werden können. Dazu muss jedoch zunächst ein geeignetes Analyseinstrumentarium entwickelt werden. In diesem Gebiet liegt gleichzeitig noch sehr viel Entwicklungspotential, insbesondere auch aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik, um Fragen zu beantworten,

IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice 3 wie z.b.: Wie schafft man mehr Transparenz in einem MA-Netzwerk?, Wie kann man den Community-Wert bzw. Ihre Ergebnisse messen, um sie ökonomisch zu rechtfertigen?, Wie kann man CoPs effektiv organisieren? oder Wie kann man sie in die Organisation einbetten?. Im Zusammenhang mit der hier dargestellten Zweiteilung lässt sich noch ein weiterer interessanter Aspekt bemerken, der CoPs für Unternehmen interessant werden lässt: Sie sind eine parallele Organisationsstruktur, die sich ohne großes Re-Engineering aufsetzen lässt und sich dann um die Inhaltsebene kümmert. Sie fördert also nahe dem Kompetenzmanagement und dem Expertiseaufbau die Wissensnetzwerke und deckt damit die dritte, fehlende Perspektive neben Mensch und Inhalt ab. Zur verbesserten Systematisierung dieser inhalts- und netzwerkorientierten Organisationsperspektive können die wesentlichen Entitäten des Wissensmanagements (WM) in einem Modell zusammengeführt werden. Das WM Entitäten Modell enthält demzufolge die Elemente Prozessaktivität, Mitarbeiter, Dokument und Thema. Automatisch ergeben sich dadurch auch die relevanten Verknüpfungen. Oberstes Ziel des Wissensmanagements ist es, Transparenz zu schaffen zwischen diesen relevanten Organisationselementen, um daraus dann in einem zweiten anschließenden Schritt dem Unternehmen einen Nutzen zu erzeugen, in dem relevante Experten leicht gefunden werden, die richtigen Hintergrundthemen für die Prozessaktivitäten bekannt sind, usw. Das Modell impliziert auch, dass Prozessorientierung für das Wissensmanagement eine große Bedeutung hat: Diese modelliert den Zusammenhang zwischen den Prozessaktivitäten (untereinander) und im Zusammenhang mit den angedockten Mitarbeitern und Dokumenten, entsprechend den Elementen eines klassischen Geschäftsprozessmodells, wie z.b. der Ereignisgesteuerten Prozesskette (EPK). Aber Geschäftsprozessorientierung deckt nicht das ganze Wissensmanagement ab: Es fehlt Transparenz über die Verknüpfungen der Mitarbeiter (MA) untereinander, der Mitarbeiter mit den Themengebieten, der Mitarbeiter mit den Dokumenten oder der Mitarbeiter mit Aktivitäten. Hier bietet sich nun der Einsatz des Community-Ansatzes an, um genau diese Domäne abzudecken. In diesem personenzentrierten Konzept arbeiten MA an Themen, erstellen Dokumente, diskutieren mit anderen MA, ordnen den Dokumenten Themen zu usw. Ein Beispiel für die operative Ausgestaltung eines auf Communities aufbauenden Wissensmanagements liefert der Ansatz von Siemens [AnHu01,EHH+02]. Diesen Gruppen werden Plattformen zur Verfügung gestellt, die in der Regel von der CoP gern angenommen werden. Ein weiteres Elemente des WM-Systems ist die Umwelt bzw. der strategische Unterbau, welche gewährleistet, das die richtige wissensorientierte Kultur entstehen kann und dem Thema auch die benötigte Priorität, oder operativer die benötigte Zeit, eingeräumt wird. Service Prozesse und eine durchführende Organisationsstruktur machen das System komplett und funktionsfähig. Die Größe dieses KM Systems lässt sich exemplarisch anhand der zentralen CoPs verdeutlichen: Siemens organisiert damit u.a. 1200 R&D Software Engineers, 2000 SAP, Management and Service Consultants bzw. 8000 MA für Sales Solutions in zahllosen Communities. Die netzwerkorientierte Organisationsform der Community ist nun aber kein festes Konstrukt, sondern etwas dynamisches, fragiles und lebendiges. Ihre Entwicklung lässt sich modellartig in einem vier Phasen [Trie02] umfassenden Zyklus wie folgt beschreiben:

4 IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice In Phase 1 bestehen mehrere kleine Zellen, in denen jeder Beteiligte ein paar Mitarbeiter kennt. Somit ist die Gesamt-Community für jede Person nur teilweise bekannt. In Phase 2 wird sich dieses dieses Netzwerk langsam selbst bewusst. Es wird offengelegt und jeder Mitarbeiter erhält eine Vorstellung von der Gesamtgruppe. Die CoP ist vollständig bekannt, aber jeder kommuniziert dezentral mit seinem Kollegen, eventuell (eins zu eins) per Telefon oder per E-Mail. In Phase 3 organisiert sich die CoP und verschafft sich eine erste Identität. Oftmals greift sie dabei auch auf Art Plattform zur zentralen und einheitlichen Selbstorganisation zurück. In diesem Fall ändert sich das Kommunikationsmuster: Alle sehen alles und somit wird der Community durch die Plattform eine zentrale Mitte gegeben, in der auch alle Interaktion zusammenläuft und zum ersten Mal von allen vollständig und explizit beobachtet werden kann, so dass erst über die Plattform die eigenständige Identität erkennbar und reflektierbar wird. Diese Änderung zieht nun Vor- und Nachteile mit sich. Auf der einen Seite entpersonalisiert sie sich teilweise: jeder erreicht jeden gleich. Auf der anderen Seite entsteht ein interessanter Zweiteffekt: Es bildet sich eine teilweise sehr große zusätzliche Gruppe latenter passiver Nutzer (Leser). Ein weiterer Vorteil ist die verbesserte Auswertbarkeit der Kommunikationsmuster. Eine andere Herausforderung neben der Überführung von dezentraler in zentraler Kommunikation ist die Überführung von offline in online Kommunikation (also Papier und Telefon versus E-Mail und Diskussionsgruppe). In Phase vier bildet sich meist langsam eine Kerngruppe oder eine einzelne Person mit Aufgaben der zentralen Koordination heraus die Rolle eines Moderators bzw. CoP Managers entsteht. Dessen Management bzw. Moderation von Communities ist bei weitem kein leichtes Unterfangen, denn es existieren zahlreiche Einflussfaktoren: Der Manager muss geeignete Regeln aufstellen, die Charaktereigenschaften bzw. die Infrastruktur der Community gezielt beeinflussen sowie ein breites Spektrum an Aufgaben durchführen, um seine CoP lebendig zu erhalten. Außerdem muss er in einem fortgeschrittenen Reifegrad sogar Unternehmenszielen zuarbeiten, denn immerhin tritt er in einen Ressourcenkonflikt um die Zeit des Mitarbeiters ein, denn dieser kann sich zwar in beiden parallelen Organisationsstrukturen aufhalten, hat aber nur einen begrenzt langen Arbeitstag. Zu den Schwierigkeiten tritt hinzu, dass sich der Manager nicht der klassischen hierarchischen Top-Down Führung bedienen kann. Das liegt zum einen an der Freiwilligkeit und Bottom-up Orientierung der CoP-Mitglieder und zum zweiten daran, dass sich viele Communitymechanismen und Plattformaktivitäten auf rein interne Gruppendynamiken und soziale Mechanismen zurückführen lassen. CoP-Management erfordert somit ein von unten kommendes, serviceartiges Kontextmanagement in einer invertierten Hierarchie. Besonders interessant ist dabei die Netzwerk-Perspektive: um einen Wert aus dem sozialen Netzwerk zu erhalten, muss der Koordinator nach innen gerichtet Einfluss auf die soziale Charakteristik der Community nehmen. Hierbei existieren die drei Domänen Gestaltung der sozialen Identität und Ziele, Gestaltung der sozialen Netzwerkstruktur und Gestaltung der sozialen Prozesse. Schwerpunkte sind die Analyse der Kommunikationsstruktur und der Aufbau von Beziehungsnetzwerken. Aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik können nun Ansätze erforscht werden, solche Beziehungsnetzwerke für plattformbasierte virtuelle Communities offenzulegen, um daraus Erkenntnisse über die Qualität der Struktur zu gewinnen. So kann zum Beispiel

IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice 5 in einer NNTP-basierten Newsgroup Diskussion eine Personenbeziehung über den standardisierten Eintrag Referring to Post ID verfolgt werden. In einer Diskussionsgruppe gibt es zahlreiche solche Verbindungen. Daraus entsteht ein Netzwerk aus Fragen und Antworten und damit also ein Kommunikationsnetzwerk. Bisher haben die erhältlichen CoP-unterstützenden Softwareumgebungen jedoch solche Fragestellungen noch nicht abgedeckt, obwohl beispielsweise auch das American Productivity and Quality Center (APQC) deren Wichtigkeit betont [APQC01]. Zwar gibt es bereits konventionell gewordene Funktionalitäten, wie z.b. Urgent- Request Eingabe, Diskussionsforen, Mitgliederverzeichnisse und in besonders elaborierten Cop-Umgebungen treten fortgescchrittenere Funktionen wie Dokumentablage, Mailzentren usw. hinzu. Doch fällt nach der Analyse zahlreicher verbreiteten Softwareangebote zur Unterstützung virtueller Zusammenarbeit und damit auch zur Unterstützung virtueller Communities auf, das jahrelang eigentlich nur MA zentrierte Funktionen entwickelt wurden und die koordinativen Rollen wenig Beachtung fanden. Es fehlen management-orientierte Funktionsmodule mit Funktionalitäten zur Unterstützung des Monitoring, zur Identifikation von Eingriffserfordernissen und zum Reporting [Trie03]. Zur Konzeption eines solchen Moduls muss zunächst eine Definition der Ziele des Managements von Communities erfolgen. Aus der technischen Seite muss aus der Community Plattform geeignetes Datenmaterial extrahierbar gemacht und in einer speziellen Datenstruktur gespeichert werden. Spezielle Kennzahlensysteme zur Messung von Netzwerkstrukturen und CoP-Kommunikation können dann auf Basis der gespeicherten Protokolldaten Auswertungen ausführen und über eine Visualisierungsschnittstelle dem Management in der Form eines Management Cockpits zur Verfügung stellen. Über eine solche Lösung werden dann Aussagen möglich, wie z.b. eine Benachrichtigung des Managers, wenn zu viele neue Mitglieder seines Themengebieten isoliert wurden (d.h. keine Antworten und keine Kommentare zu anderen Beiträgen), eine Identifikation der Mitglieder in einem Themengebiet, welche die CoP am meisten unterstützt haben (d.h. die meisten Antworten/ Kommentare für Andere, die aktivsten Teilnehmer, die mit den meisten Referenzierungen, die mit den besten Einschätzungen bzw. Ratings), eine Bewertung der Akzeptanz (also der Aktivität) der Themen, die durch den Manager eingebracht wurden oder eine Darstellung des Charakters von einzelnen Clustern der Community (z.b. ihre Offenheit nach außen und ihre Verbindung zu neuen Mitgliedern). Forschungsschwerpunkte sind hierbei die datentechnische Abbildung und Speicherung der Aktivitäten der virtuellen Community, die Entwicklung eines Kennzahlensystems zur (netzwerkorientierten) Auswertung ihrer Arbeit, sowie geeignete Visualisierungsinstrumente zur schnellen Erfassung der Netzwerkeigenschaften durch den auswertenden Koordinator. Erste technische Ansätze untersuchen zumeist die Archive von NNTP-basierten Newsgroup Diskussionen und zeigen Visualisierungsansätze auf, wie z.b. eine Analyse der Cross-Links und damit der inhaltlichen Überlappung zwischen einzelnen Foren oder eine metaphorische Visualisierung der Diskussionsaktivität über einen Zeitraum [XiDo99]. Ein erster netzwerkanalytischer Ansatz zeigt bereits die richtige Richtung auf: Es werden Cluster von Interaktionen gebildet, um so die Personengruppe der

6 IT-gestütztes Management virtueller Communities of Practice Diskussionsquellen, die stark verknüpften interagierenden Mitglieder, die Diskussionssenken sowie der isolierten Teilnehmer sichtbar zu machen. Die Weiterentwicklung dieser Partialansätze zu einer IT-gestützten, umfassenden und einem Unternehmenseinsatz gerecht werdenden Analysemethode für virtuelle Community- Organisationsstrukturen stellt einen wichtigen Forschungsbeitrag dar, dem sich die Forschungsgruppe Integrated Knowledge Management (IKM) des Instituts für Wirtschaftsinformatik der TU Berlin gegenwärtig besonders widmet. Literatur [Alle00] Allee, V.: Knowledge Networks and Communities of Practice. OD Practitioner Online, Vol. 32, Nr. 4, 2000 [AnHu01] Andriessen, J.H.E., Huis in t Veld, M.: Group dynamics and CoPs. Position Paper zum Workshop 6 der ECSCW 2001, Bonn 2001 [APQC01] APQC: Assessing the Health and Effectiveness of Communities of Practice. URL: http://old.apqc.org/free/articles/disparticle.cfm?productid=1389. Abruf am 2003-01-20 [EHH+02] Enkel E., Heinold P., Hofer-Alfeis, J., Wicki, Y.: The power of communities: How to build Knowledge Management on a corporate level using a bottom-up approach. In: Davenport, T., Probst, G.: Knowledge Management Case Book, Erlangen 2002, S.108-127 [MRB01] Mack R., Ravin Y., Byrd R. J.: Knowledge portals and the emerging digital knowledge workplace. IBM SYSTEMS JOURNAL, Vol. 40, Nr.4, 2001, S.925-955 [Trie02] Trier, M.: Communities - Management und Unterstützung. In: Gronau, N. (Hrsg.): Wissensmanagement - Strategien, Prozesse, Communities. Aachen 2002: S.149-159 [Trie03] Trier M.: Anforderungen an die IT-Unterstützung für Communities of Practice. In: Industrie Management 3/2003, S.49-53 [XiDo99] Xiong, R.; Donath, J.: PeopleGarden: Creating Data Portraits for Users. Proceedings 12th Annual ACM Symposium on User Interface Software and Technology. ACM Press: New York, 1999: S. 37-44