Wertschöpfungspotentiale durch Klimaschutzmaßnahmen in Kommunen und Regionen Erneuerbare Energien: Treiber einer dezentralen Energiewende ausgewählte Studienergebnisse und allgemeine Aspekte Kommunalpolitik vor Ort 04.September 2012, Raesfeld Steven Salecki IÖW Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin
Kurzvorstellung: Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung - IÖW 2 Seit 26 Jahren Forschung und Politikberatung für nachhaltiges Wirtschaften Zwei Standorte: Berlin (Hauptsitz), Heidelberg / über 40 Mitarbeiter Themenschwerpunkte: Klima und Energie, Nachhaltige Unternehmensführung, Umweltpolitik und Governance, Produkte und Konsum, Wasser- und Landmanagement, Innovation und Technologien, Evaluation und Bewertung Langjährige Erfahrungen in der Analyse, Entwicklung und Bewertung von Innovationen und Märkten (Schwerpunkte: Erneuerbare Energien, insbesondere Photovoltaik und Biomasse; Energieeffizienz, insbesondere Gebäude) politischen Instrumenten und Klimaschutzstrategien Unabhängig, 100% durch Drittmittel finanziert Überwiegend öffentliche Auftraggeber, aber auch NGOs, Gewerkschaften, Stiftungen, Unternehmen www.ioew.de
Inhalt 1. Ausgangslage und Hintergrund 2. Zur Definition kommunaler Wertschöpfung und zum IÖW-Modell 3. Ausgewählte Ergebnisse a) Systematik und Ergebnisse am Beispiel der Wertschöpfungskette Windkraft Onshore b) Modellierte Durchschnittskommune c) Hochrechnungen Deutschland 2011 4. Fazit 3
1. Ausgangslage und Hintergrund 4 Kommunen und Regionen werden immer mehr zu zentralen Treibern einer dezentralen Energiewende EEG weiterhin wichtig, aber: gegenwärtig weisen 2 Trends über die Ziele des EEG hinaus: Trend zu 100%-EE-Kommunen/ -Regionen (siehe Abbildung für Regionen) Trend Rekommunalisierung der Energieversorgung / Erzeugung / Netzbetrieb (Konzessionsverträge) Kommunale / regionale Wertschöpfung ist oftmals ein zentraler Treiber... aber: Welche Wertschöpfungseffekte durch Erneuerbare Energien entstehen eigentlich und wie können diese ermittelt werden? Quelle: deenet, www.100-ee.de
2. Was bedeutet (ökonomische) Wertschöpfung? Wertschöpfung ist in ökonomischer Hinsicht die Transformation vorhandener Güter (Vorleistungen und Vorprodukte) in Güter mit höherem Geldwert und somit nicht zu verwechseln mit Umsätzen, Investitionen, Rendite etc. Zentrale Frage: Welcher Teil der Wertschöpfung verbleibt in der Kommune / der Region? 5
2. Definition kommunaler Wertschöpfung II Kommunale Wertschöpfung Kommunale Steuern Gewinne nach Steuern kommunaler Unternehmen Nettoeinkommen von Beschäftigten in der Kommune Kommunaler Anteil Einkommenssteuer 6 Gewerbesteuer
3. Zur Methodik der kommunalen und regionalen Wertschöpfungsermittlung mit dem IÖW-Modell 7 IÖW-Modell zur Ermittlung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten Bildet mittlerweile 32 EE-Wertschöpfungsketten ab (dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung, Biokraftstoffe, Holz-Brennstoffe, Energiepflanzen, Wärmenetze) Kommunale/regionale, Bundesländer- und Bundes-Ebene abbildbar Ermittlung direkter Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch EE-Unternehmen (kommunal relevant) ohne Effekte aus Vorleistungen / indirekte Effekte (in der Regel nicht-ee-unternehmen und kaum kommunal relevant) Aggregation in jeweils vier zentrale WS-Stufen 1. Anlagenherstellung 2. Anlagenplanung und -installation 3. Technische Betriebsführung 4. Betreibergesellschaft
8 3. Kommunale Wertschöpfung durch 1 kw Windenergie (Onshore) je Wertschöpfungsstufe, einmalige und jährliche Effekte, 2011
9 3. Kommunale Wertschöpfung durch Windenergie, 1 kw über 20 Jahre Anlagenlaufzeit
3. Welche Daten sind notwendig zur Ermittlung der kommunalen Wertschöpfung? 10 Eingangsdaten für alle zu untersuchenden EE-Ketten für zu betrachtende Jahre Installierte EE-Anlagenleistungen EE-Umsätze oder EE-Absatzzahlen von vor Ort ansässigen Unternehmen Der zweite Schritt ist der aufwändigere, da diese Daten in der Regel nicht vorliegen und empirisch erhoben werden müssen Aber: liegen diese Informationen und Daten vor, können sie für mehrere weitere Zwecke genutzt werden, denn sie liefern die Grundlage für ein EE-Clustermanagement: Identifikation von Lücken in der Wertschöpfungskette, die geschlossen werden könnten Impulse für eine gezielte Ansiedelungspolitik, Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung
3. Hochrechnung der Wertschöpfung in einer Durchschnittskommune Ausgewählte Ergebnisse: - Einwohner: 75.000 - Annahmen zur Ansässigkeiten der einzelnen Wertschöpfungsschritte - Gesamte Wertschöpfung: 6,3 Mio. Euro, davon 4,4 Mio. Euro auf komm. Ebene - Anteil Betrieb und Betreibergesellschaft: 65% - PV: 2,6 Mio. Euro, Bioenergie: 1,2 Mio. Euro, Wind: 0,8 Mio. Euro - ca. 60 Beschäftigte 11
3. Hochrechnung kommunaler Wertschöpfung in Deutschland 2011 Ausgewählte Ergebnisse Hochrechnung 2011: - Gesamte Wertschöpfung: 16,1 Mrd. Euro - Davon 10,7 Mrd. auf komm. Ebene - PV: 7,2 Mrd. Euro, Wind: 3,7 Mrd. Euro, Bioenergie: 2,5 Mrd. Euro - Anteil Betrieb und Betreibergesellschaft: 51% - ca. 170.000 Beschäftigte 12
4. Übergreifende Erkenntnisse Fazit I Mit dem IÖW-Modell liegt erstmalig eine differenziert und skalierbare Möglichkeit zur Ermittlung der direkten Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte dezentraler Erneuerbarer Energien in Deutschland für verschiedene räumliche Ebenen vor Wertschöpfungseffekte in Kommunen entstehen primär durch die kommunalen EE-Unternehmen, -Betreiber und -Investoren (inkl. ihrer Exportaktivitäten ) - und weniger durch die Anlagen selbst Je mehr EE-Unternehmen entlang der Wertschöpfungsketten lokal ansässig sind, um so höher die Wertschöpfungseffekte 13
4. Übergreifende Erkenntnisse Fazit II Die Produktion von EE-Anlagen weist hohe Wertschöpfungseffekte auf, ist wichtig für den Industriestandort Deutschland und kann durch steigende Exporte noch erhöht werden Aber: Durch den wachsenden Anlagenbestand können die Wertschöpfungseffekte durch Installation und Betrieb die Produktionseffekte (zunehmend deutlich) übersteigen Im Gegensatz zur (zentralen) Produktion sind die vor- und nachgelagerten Dienstleistungen (von Planung über Betrieb bis Rückbau) in fast jeder Region ansiedelbar (Vorteil Dezentralität) 14
4. Übergreifende Erkenntnisse Fazit III Direkte Einnahmemöglichkeiten kommunaler Haushalte durch Gewerbe- und (anteilige) Einkommensteuern können bei überdurchschnittlichen Zuwachsraten mehrere Prozentpunkte der gesamten kommunalen Steuereinnahmen betragen - auch ohne Produktionsbetriebe Einnahmen aus Flächenverpachtung Können teilweise die Höhe der Steuereinnahmen erreichen oder gar übertreffen Werden in einigen Kommunen z.b. über Stiftungsmodelle für öffentliche Aufgaben genutzt Gewinnmöglichkeiten aus dem Eigenbetrieb dezentraler EE-Anlagen (vs. Ausgaben für Energiebezug) 15
4. Übergreifende Erkenntnisse Fazit IV Förderung der kommunalen Wertschöpfung (Auswahl von Maßnahmen) Förderung und/oder Eigenbetrieb von EE-Anlagen (dazu auch: Demonstrations- und Pilotprojekte wie Kombi-/Hybridanlagen, Flächenverpachtung/-vermittlung etc.) aktive Förderung (z.b. Aus- und Weiterbildung, F&E) und Ansiedelung von EE-Unternehmen Ökonomische Teilhabe (finanzielle Beteiligung) als wesentlichen Akzeptanzfaktor beachten Wertschöpfungsmaximierung als Entscheidungsparameter einführen 16 Die Energiewende kann Wertschöpfung für alle Kommunen mit sich bringen aber nur wenn sie dezentral sein wird
17 Vereinfachte Berechnung mit dem Online-Wertschöpfungsrechner seit Frühjahr 2012 unter www.kommunal-erneuerbar.de
Vielen Dank Steven Salecki Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz IÖW Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin steven.salecki@ioew.de www.ioew.de/wertschoepfung