Arbeitspapier 7: Trennungsfolgen für den Ehegatten



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Transkript:

1 Arbeitspapier 7: Trennungsfolgen für den Ehegatten Leben die Eheleute in der ehelichen Gemeinschaft zusammen, besteht die Verpflichtung zur Leistung von Familienunterhalt nach 1360 BGB. Trennen sich die Eheleute, so steht den getrennt lebenden Ehegatten wechselseitig ein Anspruch auf Trennungsunterhalt nach 1361 BGB zu. Ab Rechtskraft der Scheidung endet der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Dieser geht nicht in einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt über. Vielmehr muss der Anspruch auf Unterhalt für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung erneut und gesondert geltend gemacht werden. Geregelt ist der Unterhaltsanspruch für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung in den 1569-1586b BGB. I. Trennungsunterhalt ( 1361 BGB). Leben die Ehegatten getrennt, so kann jeder Ehegatte von dem anderen den Unterhalt, den er benötigt, um einen Standard entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen aufrecht zu erhalten, verlangen. Das Unterhaltsrecht wurde zum 1.1.2008 reformiert. Beim Trennungsunterhalt erfolgte im Rahmen von 1361 BGB in Abs. 3 eine sprachliche Anpassung an den neuen 1579 BGB (Verwirkungsgründe). In 1579 BGB ist nunmehr in Nr. 2 das Leben in einer verfestigten Lebensgemeinschaft als eigener Verwirkungsgrund aufgeführt. Aus diesem Grunde hat 1579 BGB jetzt 8 und nicht mehr 7 Nummern. 1. Wann wird Trennungsunterhalt geschuldet? Voraussetzung für den Anspruch auf Trennungsunterhalt ist, dass der unterhaltsberechtigte getrennt lebende Ehegatte nicht in der Lage ist, aus seinen Einkünften beziehungsweise seinem eigenen Vermögen seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu decken. Voraussetzung für einen Unterhaltsanspruch ist also Bedürftigkeit des Anspruchstellers. 2. Wie wird der Unterhaltsbedarf bestimmt? Der Unterhaltsbedarf bestimmt sich in erster Linie nach dem aktuellen verfügbaren Einkommen beider Eheleute. Auszugehen ist dabei von dem Nettoeinkommen der Eheleute, das dann unterhaltsrechtlich bereinigt wird. Abgesetzt werden zum Beispiel Aufwendungen für Fahrten zum Arbeitsplatz, die konkret mit 0,25 /km (Ziff. 10.2.2. Unterhaltsleitlinien OLG BRB 1.1.2011 mit Verwies auf 2010) oder pauschal mit 5% in Abzug gebracht werden können. Haben die Eheleute während des Bestehens der Ehe zum Beispiel Möbel oder sonstigen Hausrat auf Kredit gekauft, so können auch die Kreditraten von dem Einkommen abgezogen werden. 3. In welchem Umfang besteht eine Erwerbsobliegenheit? Haben sich die Ehegatten getrennt und hat die Ehefrau vor der Trennung keine Berufstätigkeit ausgeübt, so ist sie grundsätzlich berechtigt, im ersten Jahr der Trennung diesen Zustand beizubehalten. Während des (ersten) Trennungsjahres wird regelmäßig keine Erwerbsverpflichtung angenommen 1. Nach Ablauf des Trennungsjahres wird regelmäßig von dem nicht erwerbstätigen Ehegatten die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verlangt, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen verlangt werden kann. Betreut zum Beispiel 1 BGH, NJW 2001, 973, 974.

2 die bislang nicht erwerbstätige Ehefrau ein minderjähriges Kinder im Alter von bis zu 3 Jahren, so wird von ihr keine Erwerbstätigkeit verlangt (Argument aus 1570 BGB). Wäre das Kind der Eheleute jedoch beispielsweise aber 10 Jahre alt, so würde die Ehefrau auf die Aufnahme einer (teilschichtigen evt. sogar vollschichtigen) Erwerbstätigkeit verwiesen. Neben dem sog. Elementarunterhalt, also dem Unterhalt zum Bestreiten des allgemeinen Lebensbedarfs, gibt es als unselbstständigen Bestandteil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs auf Trennungsunterhalt einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt. In der "normalen" Unterhaltsquote ist dieser Vorsorgeunterhalt nicht enthalten. Er muss gesondert berechnet und geltend gemacht werden. Wird Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht und geschuldet, so reduziert sich dadurch der Anspruch auf sogenannten Elementarunterhalt. Altersvorsorgeunterhalt wird geschuldet ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens ( 1361 Abs. 1 S. 2 BGB). Dass der Altersvorsorgeunterhalt erst ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens beansprucht werden kann, ergibt sich daraus, dass Rentenanwartschaften, die bis zu dem Monat, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens vorausgeht, erworben wurden, in den Versorgungsausgleich einbezogen sind ( 3 I VersAusglG in Kraft seit 1.9.2009). 1570 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt dem Ehegatten, der ein gemeinschaftliches Kind betreut, während der ersten drei Jahre nach der Geburt des Kindes einen Unterhaltsanspruch (sog. Basisunterhalt). Er gilt direkt nur für den nachehelichen Unterhalt, also den ab Rechtskraft der Scheidung. Allerdings ist der Rechtsgedanke aus 1570 BGB auch beim Trennungsunterhalt nach dem Ablauf des Trennungsjahres heranzuziehen 2. In der Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes kann der betreuende Ehegatte frei entscheiden, ob er das Kind selbst betreut oder fremd betreuen lässt 3. In dieser Zeit kommt es also nicht darauf an, ob eine Fremdbetreuung des Kindes möglich ist. Selbst dann, wenn eine Fremdbetreuung möglich wäre, muss der Ehegatte diese nicht in Anspruch nehmen 4. Der kinderbetreuende Ehegatte kann in dieser Zeit auch eine bereits begonnene Erwerbstätigkeit wieder aufgeben, ohne dass dies unterhaltsrechtlich für ihn nachteilig wäre. Erzielt er allerdings in dieser Zeit eigene Einkünfte, bleiben diese nicht als überobligatorisch völlig unberücksichtigt. Vielmehr sind sie nach den Umständen des Einzelfalls anteilig zu berücksichtigen 5. Über die Zeit nach Vollendung des 3. Lebensjahres verlängert sich der Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung dann, wenn dies der Billigkeit entspricht (vgl. 1570 Abs. 1 S. 2 BGB). Bei der Prüfung, in welchem Umfang eine Erwerbstätigkeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes möglich und zumutbar ist, kann an das frühere Altersphasenmodell nicht angeknüpft werden. Im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers ist es nicht haltbar, eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig zu machen. Die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes ist vielmehr nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln. Hat das Kind einen Entwicklungsstand erreicht, in dem es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch zeitweise unbetreut sich selbst überlassen bleiben kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob für das Kind eine Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht. In dem Fall besteht dann eine vollschichtige Erwerbsverpflichtung 6. Im Rahmen der Abwägung sind die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Darüber hinaus besteht der Unterhaltsanspruch über das 2 Kleffmann in Scholz/Stein, Praxishandbuch FamilienR, H 62. 3 BGH, Urt. v. 16.7.2008, XII ZR 109/05, Rdnr. 97; BGH, Urt. v. 03.03.2011 XII ZR 3/09- [19], BeckRS 2011, 08039 4 Borth, FamRZ 2008, 2, 4. 5 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [19] 6 Vgl. BGH Urt. v. 03.03.2011- XII ZR 3/09 [22], BeckRS 2011, 08039.

3 dritte Lebensjahr des Kindes hinaus auch dann, wenn dies unter Berücksichtigung von Gestaltung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht. Nach der gesetzlichen Neuregelung wird allerdings im Regelfall nicht ein erprobter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer vollschichtigen Tätigkeit verlangt. Auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ist ein gestufte Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich 7. Es verlängert sich der Unterhaltsanspruch also über die Dauer von drei Jahren ab der Geburt des Kindes hinaus aus Billigkeitsgründen, -die sich auf das Kind beziehen ( 1570 Abs. 1 BGB), -die sich auf die Ehe beziehen ( 1570 Abs. 2 BGB) 8. a. Kindbezogene Gründe Die kindbezogenen Gründe haben für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts das stärkste Gewicht und sind daher vorrangig zu prüfen 9. Im Rahmen des 1570 Abs. 1 BGB ist auf das Kindeswohl unter Einbeziehung der bestehenden Fremdbetreuungsmöglichkeiten abzustellen. Fremdbetreuungsmöglichkeiten sind alle Möglichkeiten einer Betreuung außerhalb des Haushaltes des erziehenden Elternteils, also die Betreuung in öffentlichen und privaten Einrichtungen, Kindergärten, private Betreuungseinrichtungen vorhandener oder potentielle Arbeitgeber 10. Für die Zeit ab der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes besteht nach der aktuellen Gesetzeslage also kein Vorrang mehr für die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil gegenüber der kindgerechten Betreuungsmöglichkeit in einer Einrichtung. Kann das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besuchen oder könnte es unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse eine solche Einrichtung besuchen, so kann sich der kinderbetreuende Elternteil nicht mehr darauf berufen, die persönliche Betreuung des Kindes durch ihn sei erforderlich. Dies gilt sowohl für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung 11 Da zumindest im Land Brandenburg regelmäßig eine Fremdbetreuung eines Kindes objektiv möglich ist, weil eine ausreichende Anzahl an Kindergartenplätzen beziehungsweise Plätze in Kindertagesstätten vorhanden ist, wird eine Verlängerung des Kindesbetreuungsunterhalt über drei Jahre nach der Geburt des Kindes hinaus aus kindbezogenen Gründen eher selten in Betracht kommen 12. Besucht das Kind eine Grundschule und besucht des tatsächlich nur zweimal in der Woche bis 15:00 Uhr den Hort, könnte es allerdings den Hort jeden Tag bis 17:00 Uhr besuchen, so besteht eine Betreuungsmöglichkeit für das Kind, mit der Folge, dass kindbezogene Gründe einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils nicht entgegenstehen 13. b. Elternbezogene Gründe eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Vertrauensgesichtspunkten (elternbezogene Gründe) kommt nur dann in Betracht, wenn der betreuende Elternteil das Kind neben der Betreuung in der Schule oder in der weiteren kindgerechten Einrichtung tatsächlich betreuen muss. Hier ist auch zu prüfen, ob der betreuende Elternteil durch seine Erwerbstätigkeit und den verbleibenden Teil der persönlichen Betreuung überobligationsmäßig belastet wird. 14 7 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [20]; BGH, Urt. v. 15.9.2010 XII ZR 20/09-FamRZ 2010, 1880 [20]. 8 Becker/Junggeburth, Unterhaltsrecht, S. 50. 9 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [23], mwn. 10 Borth, FamRZ 2008, 2,7. 11 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [25] mwn. 12 Vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 16.7.2008, XII ZR 109/05, Rdnr. 101. 13 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [27]. 14 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [28].

4 Elternbezogene Gründe haben für eine Verlängerung des Kinderbetreuungsunterhalts eine geringere Bedeutung als kindbezogene Gründe 15. Bei den elternbezogenen Gründen ist ein Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen, der sich aus der Ehe bzw. Lebensgemeinschaft heraus ergeben kann. Ein solcher Vertrauenstatbestand kommt insbesondere dann in Betracht, wenn aus einer Beziehung mehrere Kinder im Vertrauen auf die gemeinsame Pflege und Erziehung dieser Kinder hervorgegangen sind 16. Zu prüfen ist hier, ob der Elternteil, der einer vollschichtigen Beschäftigung nachgeht und daneben abends die Kinderbetreuung übernimmt, nicht überobligationsmäßig belastet wird. Kommt ein Kind nach einer ganztägigen Fremdbetreuung nachhause, so muss es nach dem Alter des Kindes noch intensiv durch den Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, betreut werden. Daher ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang und bis zu welchem Alter eines Kindes dem erziehenden Elternteil eine Erwerbsobliegenheit auferlegt wird. Da in diesem Zusammenhang zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch während der Zeit der möglichen Betreuung des Kindes in der Kindereinrichtung eingeschränkt ist, kommt es also darauf an, welche Betreuung das Kind nach dem Abholen aus der Kindereinrichtung noch bedarf, wie weit die Kindereinrichtung von dem Wohnort entfernt ist et cetera. Allein auf das Alter eines Kindes kann ihr jedoch nicht abgestellt werden, vielmehr sind die individuellen Umstände zum Betreuungsumfang und zu einer überobligatorischen Belastung zu ermitteln und zu berücksichtigen 17. Für die ersten 3 Jahre nach der Geburt eines Kindes besteht immer ein Unterhaltsanspruch. Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über die ersten drei Jahre nach der Geburt des Kindes hinaus rechtfertigen, obliegt dem Unterhalt begehrenden Elternteil 18. Macht der Unterhalt begehrende Ehegatte Unterhalt auf der Basis kindbezogener Gründe geltend, so muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass es für sein Kind keine Fremdbetreuungsmöglichkeit gibt. Er muss seine Bemühungen um das Auffinden einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind darlegen. Dabei wird er sich nicht darauf beschränken können, erst nach Ablauf der drei Jahre eine Betreuungsmöglichkeit zu suchen. Vielmehr muss nach den Vorstellungen des Gesetzes die Fremdbetreuungsmöglichkeit nach dem 3. Geburtstag des Kindes bestehen, was bedeutet, dass sich der betreuende Ehegatte schon rechtzeitig vorher um einen Platz in einer Einrichtung bemühen muss 19. Hat das Kind Einschränkungen, die dazu führen, dass es nicht ganztags fremdbetreut werden kann, so sind diese Einschränkungen substantiiert darzulegen und zu beweisen. In Betracht kommen hier in jedem Fall Entwicklungsstörungen und Entwicklungverzögerungen sowie körperliche und geistige Behinderungen. Möglicherweise können mit Erfolg auch erhebliche trennungsbedingte seelische Belastungen des Kindes angeführt werden. Wird Unterhalt aus ehebedingten/ elternbedingten Gründen nach 1570 Abs. 2 BGB über die ersten drei Jahre der Geburt des Kindes hinaus verlangt, so ist der Vertrauenstatbestand, auf dem die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs letztlich fußt, im einzelnen darzulegen. Darzulegen sind die gelebte Rollenverteilung in der Ehe, die Ausgestaltung der Kinderbetreuung, die Absprachen zur Aufgabe beziehungsweise Beschränkung der Erwerbstätigkeit des kinderbetreuenden Elternteils sowie Absprachen zum Wiedereinstieg in den Beruf. 15 BGH, Urt. v. 16.7.2008, XII ZR 109/05, Rdnr. 102. 16 BGH, Urt. v. 16.7.2008, XII ZR 109/05, Rdnr.103. 17 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [29]. 18 BGH, Urt. v. 16.7.2008, XII ZR 109/05, Rdnr. 97; OLG hamm, FPR 2008, 311, 2.LS. 19 Vgl. Borth, FamRZ 2008, 2,7.

5 3. Wie wird der Unterhaltsanspruch berechnet? Ermittelt wird das Einkommen des Mannes und das Einkommen der Frau. Ermittelt wird dann der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wobei ein sog. Erwerbstätigenbonus abgesetzt wird. Auf den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen muss sich dann der Unterhalt verlangende Ehegatte sein eigenes Einkommen anrechnen lassen. Beispiel: Der Ehemann verdient bereinigt 2000, die Ehefrau 1200. Die Eheleute haben keine Kinder. Unterhaltsanspruch der Ehefrau? Ehemann 2000-285,71 1/7 Erwerbstätigenbonus (in Süddeutschland und 15. Senat 10%) 1.714,29 Ehefrau 1.200-171,42 ( 1/7 Erwerbstätigenbonus, s.o.) 1.028,58 Bedarf: 1.714,29 + 1.028,58= 2.742,87 /2=1341,73 Bedarf 1028,58 selbst = 342,85 Unterhaltsanspruch 4. Kann sich der Unterhaltsverpflichtete auf eine fehlende Leistungsfähigkeit berufen? Dem Pflichtigen müssen die Mittel zum Bestreiten seines eigenen angemessenen Lebensbedarfs verbleiben. Dabei gilt 1581 BGB entsprechend auch beim Trennungsunterhalt 20. Das Existenzminimum muss gesichert sein. In der Praxis wird die Leistungsfähigkeit durch pauschalierte Selbstbehaltssätze begrenzt. Der BGH 21 hat in der Entscheidung vom 15.3.2006 ausgeführt, dass es nicht gerechtfertigt ist, bei der Berechnung eines Ehegattenunterhaltsanspruchs auf den notwendigen Selbstbehalt, der gegenüber minderjährigen Kindern in Ansatz zu bringen ist, abzustellen. Der BGH führt aus, dass bei Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts auch bei der Berechnung der Ehegattenunterhaltsansprüche unberücksichtigt bliebe, dass gegenüber minderjährigen Kindern eine gesteigerte Unterhaltspflicht bestehe. Eine solche besteht gegenüber dem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht. Dem hat das Brandenburgische Oberlandesgericht in den ab dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsleitlinien dadurch Rechnung getragen, dass der Selbstbehalt bei Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt nunmehr auf monatlich 1.000 für einen erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen festgelegt wurde. 20 BVerfG, FamRZ 2002, 1397, 1398. 21 BGH FamRZ 2006, 683, 684.

6 5. Kann der Unterhaltsanspruch im Einzelfall versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden? Nach 1361 Abs. 3 BGB gibt es auch im Rahmen des Trennungsunterhalts die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen nach 1579 Nr. 2 bis 8 BGB ganz oder teilweise auszuschließen. Liegt einer der Gründe aus 1579 Nr. 2 bis 8 BGB vor, so kann der Unterhaltsanspruch ganz versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden. Im Rahmen des Trennungsunterhalts kann sich der Unterhaltsverpflichtete nicht auf 1579 Nr. 1 BGB, also auf eine kurze Ehezeit, berufen. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Gesetz. 1578 b BGB gilt allerdings nur für den nachehelichen Unterhalt 22, darüber hinaus scheidet eine Befristung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach 1578b Abs. 2 BGB schon deshalb aus, weil 1570 BGB eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält 23. II. Ehewohnung und Haushaltsgegenstände Können sich die Ehegatten über die künftige Nutzung der Ehewohnung und über die Nutzung der Gegenstände des gemeinsamen Haushalts nicht einigen, so kann das Gericht auf Antrag eine Nutzungsregelung für die Trennungszeit für die Wohnung und die Haushaltsgegenständen treffen. Grundlage sind während der Trennungszeit 1361a, b BGB, für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung gelten die 1568a, b BGB. In dem Verfahren erfolgt keine endgültige Zuteilung von Haushaltsgegenständen sondern nur die Verteilung bis zur Rechtskraft der Scheidung. Dies ergibt sich aus 1361a IV BGB, wonach die Eigentumsverhältnisse unberührt bleiben, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben. Die Verteilung der Haushaltsgegenstände gemäß 1361 a I BGB erfolgt so, dass jeder Ehegatte von dem anderen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände herausverlangen kann, ausgenommen diejenigen, die der andere bis zur Rechtskraft der Scheidung zur Haushaltsführung benötigt und nach Billigkeit fordern kann. Dem Eigentümer gebührt hier also der Vorrang. Derjenige, der Gegenstände als Alleineigentümer herausverlangt, muss das Eigentum an den Gegenständen auch beweisen. Maßgeblich ist die dingliche Rechtslage, die sich nach den allgemeinen sachenrechtlichen Erwerbstatbeständen richtet. 24 Die den Ehegatten gemeinsam gehörenden Haushaltsgegenstände werden nach Billigkeitsgrundsätzen verteilt. Im letzteren Fall entscheidet der Richter nach billigem Ermessen nach 1361 a II BGB. Dabei werden das Wohl im Haushalt lebender Kinder und die Lebensverhältnisse der Ehepartner berücksichtigt. Haushaltsgegenstände sind das Inventar der Wohnung, aber auch ein PKW, wenn es in der Familie nur einen gibt und dieser als Familienwagen für Fahrten zur Arbeit aber auch zum Einkaufen, Chauffieren der Kinder und für Urlaubsfahrten genutzt wurde. 25 Auch ein Wohnmobil kann ein Haushaltsgegenstand sein. 26 Beispiel: Die Ehegatten haben nur einen Pkw, der sowohl zum Einkaufen als auch für Fahrten der Kinder zur Schule und für Urlaubsfahrten genutzt wurde. Der Pkw ist Haushaltsgegenstand. Betreut die Ehefrau die beiden Kinder und müssen die Kinder morgens, weil sie sonst nicht zu Schule kommen, mit dem PKW gefahren werden, so wird man davon ausgehen können, dass die Ehefrau das Fahrzeug für ihren Haushalt benötigt. Die Zuweisung der Nutzung des PKW 22 Bamberger/Roth-Beutler, BGB, 1578b Rn 1. 23 BGH, Urt. v. 03.03.2011, aao, [35]. 24 FamVerf/Schael 5 Rn. 46. 25 Bamberger/Roth, 1361a Rn 3; Brudermüller, FamRZ 2006, 1157, 1160/1161. 26 Palandt/Brudermüller 1361a Rn. 5.

7 an die Ehefrau entspricht der Billigkeit. Dem Ehemann kann in einem solchen Fall die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet werden 27. Das Gericht kann für die Benutzung von Haushaltsgegenständen nach 1361a III BGB eine angemessene Vergütung festsetzen. Die Nutzungsvergütung richtet sich nach dem Mietwert des betreffenden Gegenstandes. 28 Die Wohnungsregelung nach 1361 b BGB erfolgt nur an der Ehewohnung. Ehewohnung sind alle Wohnräume einschließlich der Nebengelasse, die von den Ehegatten bewohnt worden sind. 29 Ein bereits erfolgter Auszug aus der Wohnung verändert die Eigenschaft als Ehewohnung nicht, es sei denn, der Auszug war endgültig. Nach 1361 b IV BGB wird unwiderleglich vermutet, dass der eine Ehegatte dem anderen die Nutzung der Ehewohnung endgültig überlassen hat, wenn er aus der Wohnung ausgezogen ist und binnen sechs Monaten nach dem Auszug gegenüber dem anderen keine ernstliche Rückkehrabsicht nicht bekundet hat. Die vollständige oder teilweise Zuweisung der Ehewohnung nach 1361 b BGB erfolgt nur, wenn sie zur Vermeidung einer unbillige Härte erforderlich ist. Es müssen also besondere Umstände vorliegen, die die Zuweisung dringend erforderlich machen. Dies liegt etwa vor bei einer schweren Störungen des Familienlebens etwa durch Alkohol oder Drogen, ständiges Randalieren, dauernde schwerwiegende Beleidigungen. Hat ein Ehegatte gegenüber dem anderen eine Körperverletzung begangen, seine Freiheit eingeschränkt oder seine Gesundheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung gedroht beziehungsweise ihm angedroht, ihn zu töten, so ist nach 1361 b II BGB regelmäßig die gesamte Wohnung dem anderen Ehegatten zur Nutzung zu überlassen. Nur dann, wenn auszuschließen ist, dass es zu weiteren Verletzungen kommt, ist ein Anspruch auf Wohnungsüberlassung ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Wohnungsüberlassung besteht jedoch bei fehlender Wiederholungsgefahr auch dann, wenn dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten aufgrund der Schwere der Tat nicht zugemutet werden kann. Eine Darlegung der Größe und Aufteilung der Wohnung im Verfahren bietet sich an, damit das Gericht feststellen kann, ob die Zuweisung der ganzen Wohnung an den Antragsteller verhältnismäßig ist. Eine Wohnungsaufteilung kann als weniger einschneidender Eingriff in Betracht kommen. Der Ehegatte, der die Ehewohnung verlassen muss, hat nach 1361b III 2 BGB einen Anspruch auf Vergütung für die Nutzung durch den anderen Ehegatten, soweit dies der Billigkeit entspricht. Eine Unterhaltsregelung hat insoweit Vorrang. Macht also der Ehegatte, der in der Wohnung verblieben ist, Unterhaltsansprüche gegen den anderen Ehegatten geltend, so wird die Nutzungsentschädigung regelmäßig im Rahmen des Wohnvorteils bei der Berechnung des eigenen bedarfsdeckenden Einkommens des in der Wohnung wohnenden Ehegatten berücksichtigt. Erhält er keinen Trennungsunterhalt, weil er unter Berücksichtigung des Wohnvorteils bedarfsdeckend eigene Einkünfte hat, kann nicht später noch für den Zeitraum, in dem aus diesen Gründen kein Trennungsunterhalt zugesprochen wurde, eine Nutzungsentschädigung verlangt werden. Dies wäre unbillig. 30 27 Vgl. KG FamRZ 2003, 1927; BGH FamRZ 1991, 43. 28 FamVerf/Schael 5 Rn. 47. 29 BGH NJW 1990, 987. 30 OLG Naumburg NJW-Spezial 2009, 501.

8 III. Trennung der Eltern Auswirkungen für das Kind Trennen sich die Ehegatten, so hat dies weiterreichende Folgen. Der Unterhaltsanspruch der Kinder ergibt sich aus 1601 ff BGB. Gibt es zwischen den Eltern nach der Trennung Probleme im Rahmen der Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für die Kinder, so kommt eine gerichtliche Regelung der elterlichen Sorge nach 1671 BGB in Betracht. Ferner kann das Gericht nach 1684 BGB den Umgang des Kindes regeln. 1. Wird die gemeinsame elterliche Sorge durch eine Trennung der Eltern berührt? Haben die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge für ihre Kinder, so steht ihnen diese auch nach der Trennung weiterhin gemeinsam zu. Dies ergibt sich aus 1671 Abs. 1 BGB. In 1687 BGB ist allerdings geregelt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern nur dazu führt, dass Regelungen von erheblicher Bedeutung für das Kind im Einvernehmen beider Elternteile getroffen werden müssen. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens kann der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, allein treffen. Entscheidungen des täglichen Lebens sind nach 1687 Abs. 1 S. 3 BGB solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Allein entscheiden kann der betreuende Elternteil zum Beispiel über die Anmeldungen zum Nachhilfeunterricht, die Bestimmung der Schlafenszeit, die Gestaltung des Fernsehkonsums, die Regelung des Besuchs von Badeanstalten und Diskotheken, den Umgang mit Freunden, die gewöhnliche medizinische Versorgung. Im Bereich der Vermögenssorge kann der Elternteil, der das Kind in seiner Obhut hat, bestimmen, wie viel Taschen Geld das Kind bekommt, er kann kleinere Geldgeschenke allein verwalten. 2. Besteht ein Umgangsrecht? In 1684 Abs. 1 BGB ist normiert, dass das Kind ein Recht darauf hat, Umgang mit jeden Elternteil zu haben. Umgekehrt ist jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind berechtigt und auch verpflichtet. a. Welchen Inhalt hat das sogenannte Umgangsrecht der Kinder? Das Umgangsrecht nach 1684 BGB ist unverzichtbar. Das Umgangsrecht besteht praktisch ab der Geburt eines Kindes. Die Ausgestaltung des Umgangsrechts, insbesondere die Dauer der Umgangskontakte, hängt von dem Alter des Kindes ab. Es hat aber auch schon ein Baby das Recht, Kontakt zum Vater bzw. zur Mutter zu haben, falls das Kind ausnahmsweise nach der Trennung bei dem Vater verblieben ist. Die Eltern haben nach 1684 Abs. 2 BGB jede Einflussnahme auf das Kind zu unterlassen, die dazu führt, dass das Verhältnis des Kindes zu dem anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert wird. Nimmt der Elternteil, bei dem das Kind dauerhaft wohnt, Einfluss auf das Kind in der Weise, dass das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnt, so kann dies letztlich dazu führen, dass dem beeinflussenden Elternteil die elterliche Sorge entzogen wird. Beeinflusst der Elternteil, der Umgang ausgeübt, im Rahmen der Umgangskontakte das Kind dahingehend, dass das Kind beispielsweise auf den anderen Elternteil nicht hören muss, so können solche Verhaltensweisen dazu führen, dass nur noch sogenannter begleiteter Umgang stattfindet. Die rechtliche Handhabe dafür ergibt sich aus 1684 Abs. 4 S. 3 BGB. Begleiteter Umgang finde zum Beispiel auch dann statt, wenn keine enge Beziehung zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil besteht. Dann wird häufig im Rahmen des begleiteten Umgangs zunächst versucht, das Kind und den anderen Elternteil einander nahe zu bringen. Ist die Entfremdung überwunden, so kann der Umgang dann ohne Anwesenheit Dritter stattfinden. Begleiteter Umgang wird auch dann angeordnet, wenn die Befürchtung besteht, dass die Ausübung

9 von Umgangskontakten mit dem anderen Elternteil ohne Anwesenheit Dritter nicht dem Kindeswohl entspricht, etwa weil der andere Elternteil zu Gewalttätigkeiten neigt oder die Befürchtung besteht, dass sexuelle Übergriffe stattfinden könnten. In ganz besonders gelagerten Fällen kann das Familiengericht auch den Umgang mit dem Kind ganz ausschließen. Die Gerichte sind hier allerdings überaus zurückhaltend. Regelmäßig wird versucht, im Rahmen von begleitetem Umgang die Umgangskontakte zwischen dem Elternteil und dem Kind aufrecht zu erhalten. Nach 1685 Abs. 1 BGB haben neben den Eltern auch Großeltern und Geschwister ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser Umgang dem Kindeswohl dient. Das Umgangsrecht wird durch 1685 Abs. 2 BGB auf dem Ehegatten oder früheren Ehegatten eines Elternteils sowie auf Pflegeperson ausgeweitet, wenn das Kind mit ihnen längere Zeit zusammengelebt hat. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich der Umgang des Kindes mit diesen Personen dem Kindeswohl dient. Beim Umfang des Umgangs mit diesen Personen muss berücksichtigt werden, dass das Kind nicht überfordert werden darf. Eine Umgangsregelung, nach der das Kind ein Wochenende "zu Hause", das nächste Wochenende bei den Großeltern mütterlicherseits, das folgende Wochenende bei den Großeltern väterlicherseits und das nächste Wochenende dann bei dem anderen Elternteil verbringt, wird dem Kindeswohl nicht entsprechen. Auch eine Ferienregelung mit den Großeltern wird häufig nicht dem Kindeswohl dienen. b. Wie wird der Umgang geregelt? Häufig können sich die Eltern auf eine Umgangsregelung verständigen. Ein Kind hat mindestens alle 14 Tage am Wochenende zumindest mit einer Übernachtung das Recht, mit dem anderen Elternteil Umgang zu haben. Darüber hinaus besteht ein Umgangsrecht während der Schulferien. Die Gerichte neigen dazu, deutlich großzügigere Umgangskontakte zu gewähren. Bei Kleinkindern, die mit dem umgangsberechtigten Elternteil nicht vertraut sind, wird regelmäßig zunächst ein häufiger Umgangskontakt jeweils für kurze Dauer angemessen sein und dem Kindeswohl entsprechen. War allerdings der umgangsberechtigte Elternteil vor der Trennung in die Betreuung des Kindes voll eingebunden, so spricht nichts dagegen, dem umgangsberechtigten Elternteil ein Umgangsrecht mit Übernachtungen des Kindes bei ihm einzuräumen. c. Kann das Umgangsrecht gerichtlich geltend gemacht werden? Können sich Eltern über den Umgang nicht verständigen, so regelt das Familiengericht den Umgang. Dies ergibt sich aus 1684 Abs. 3 BGB. Das Verfahren ist vor dem Familiengericht zu führen. Kennzeichnend für das Verfahren ist letztlich die Amtsermittlung durch das Gericht. So beteiligt das Gericht an dem Umgangsregelungsverfahren das Jugendamt und hört regelmäßig einen Vertreter des Jugendamtes an ( 162 FamFG), ohne dass entsprechende Beweisantritte durch die beteiligten Eltern erfolgen müssten. Das Familiengericht hört nach 159 FamFG auch das Kind an. Die Eltern sollen nach 160 FamFG angehört werden. Das Familiengericht entscheidet durch Beschluss. Dieser Beschluss ist dann nach 89 FamFG durch Zwangsgeld zu vollstrecken. Die Anwendung von Gewalt gegenüber dem Kind darf nicht stattfinden, wenn das Kind herausgegeben werden soll, damit Umgang ausgeübt werden kann ( 90 II FamFG). d. Kann die Verpflichtung eines Elternteils zum Umgang vollstreckt werden? Die Verpflichtung zum Umgang aus 1684 Abs. 1 BGB ist Ausfluss der Elternverantwortung aus Art. 6 Abs. 2 S.1 GG und verfassungsgemäß. Die Verpflichtung eines Elternteils zum Umgang mit dem Kind kann also in einem Beschluss des Familiengerichts festgelegt werden. Das Verfahren ist vor dem Familiengericht nach 151 Nr. 2 FamFG zu führen. Weigert sich der zwangsweise zum Umgang verpflichtete Elternteil, den Umgang wahrzunehmen, so ist die Androhung eines Zwangsgeldes nach 89 FamFG nur dann verfassungskonform und somit 89 FamFG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass nur ausnahmsweise dann ein

10 Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden kann, wenn der Umgang trotz der Weigerung des Elternteils dem Kindeswohl entspricht. Das wird wohl regelmäßig nicht der Fall sein 31. 3. Wie wird das Kind finanziell und tatsächlich nach einer Trennung seiner Eltern abgesichert? Nach das 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet. Dies bedeutet, dass Kinder gegen ihre Eltern einen Anspruch auf Unterhalt haben. a. Welche Arten von Unterhalt gibt es? Das Gesetz unterscheidet zwischen dem sog. Naturalunterhalt und dem Barunterhalt. Naturalunterhalt leistet der Elternteil, der ein unverheiratetes minderjähriges Kind in seinem Haushalt verpflegt, betreut und erzieht. Durch die Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes in seinem Haushalt erfüllt er regelmäßig seine Unterhaltsverpflichtung ( 1606 Absatz 3 S. 2 BGB). Der andere Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, ist zur Entrichtung einer Geldrente verpflichtet ( 1612 BGB). Volljährige Kinder haben immer nur einen sog. Barunterhaltsanspruch. b. Wer bekommt (Bar)Unterhalt? Unterhalt in Form einer monatlichen Geldrente bekommt sowohl ein minderjähriges als auch ein volljähriges Kind ( 1612 BGB). Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch ist, dass das Kind selbst außer Stande ist, sich zu unterhalten ( 1602 BGB). Regelmäßig haben minderjährige Kinder und auch volljährige Kinder in der Zeit der Ausbildung kein eigenes bedarfsdeckendes Einkommen, mit der Folge, dass Bedürftigkeit besteht. Ist ein minderjähriges unverheiratetes Kind ausnahmsweise vermögend, so ergibt sich schon aus 1602 Abs. 2 BGB, dass das Kind nur die Erträge aus seinem Vermögen, also zum Beispiel nur die Zinsen eines Barvermögens oder Mieteinkünfte aus Immobilienvermögen zur Bedarfsdeckung einsetzen muss. Das Kind ist allerdings nicht verpflichtet, beispielsweise von dem Geld, das es etwa von den Großeltern geerbt hat, zu leben. c. Wer muss Unterhalt zahlen? Unterhalt an ein minderjähriges Kind muss grundsätzlich immer nur der Elternteil zahlen, bei dem das Kind nicht lebt. Dies ergibt sich zum einen aus 1606 Abs. 3 S. 2 BGB. Dort ist geregelt, dass der Elternteil, der das minderjährige unverheiratete Kind in seinem Haushalt betreut, dadurch in der Regel seine Verpflichtung zum Unterhalt gegenüber dem Kind erfüllt (sogenannter Naturalunterhalt). Der andere Elternteil muss Unterhalt in bar leisten (sog. Barunterhalt). Dies ist in 1612a Abs. 1 BGB auch noch einmal ausdrücklich genannt. d. Wie wird der Bedarf bestimmt? Nach 1610 BGB bestimmt sich der Unterhaltsbedarf nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Da ein Kind bis zum Abschluss der Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung hat, wird bei einem minderjährigen Kind die Lebensstellung von der seiner Eltern abgeleitet. Es kommt daher für die Bemessung der Unterhaltshöhe auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern an. Leben die Eltern getrennt und wird das minderjährige Kind von einem Elternteil betreut, so wird die Lebensstellung des Kindes nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des nicht betreuenden also barunterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt 32. Der Mindestunterhalt 31 BVerfG, NJW 2008, 1287, 1287/1288. 32 BGH, FamRZ 2002, 536, 537.

11 ist in 1612a BGB nunmehr ausdrücklich im Gesetz geregelt. Geregelt ist in 1612a Abs. 3 BGB darüber hinaus, dass ein Kind dann, wenn es in eine andere Altersstufe wechselt, ab dem ersten des Monats, in dem es Geburtstag hat, den höheren Unterhalt beanspruchen kann. Da der Bedarf eines Kindes jedoch vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängt, haben die einzelnen Oberlandesgerichte zur Ermittlung des Bedarfs sog. Unterhaltsleitlinien erstellt. Diese weichen mittlerweile hinsichtlich der Beträge nicht mehr voneinander ab, sind also in den alten und neuen Bundesländern identisch. Lediglich bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens gibt es noch Differenzen, so dass jeweils im Rahmen der Einkommensermittlung die jeweils für das Gericht, bei dem das Verfahren geführt wird, geltende Unterhaltsleitlinie heranzuziehen ist. Der Bedarf eines minderjährigen unverheirateten Kindes, das keine eigene Wohnung hat, wird nach der jeweiligen Einkommensgruppe des Barunterhaltspflichtigen und nach der jeweiligen Altersstufe des Kindes bestimmt. Die Tabellensätze aus der Unterhaltstabelle sind zugeschnitten auf die Unterhaltsverpflichtung gegenüber 2 Unterhaltsberechtigten (früher 3 Unterhaltsberechtigte). Im Einzelfall kann daher dann, wenn eine Unterhaltsverpflichtung nur gegenüber einem Kind besteht, eine Höherstufung um 1 Einkommensgruppe vorgenommen werden. Besteht eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Ehegatten und einem Kind oder gegenüber 2 Kindern, so kommt keine Höherstufung in Betracht. Der Bedarf eines auswärts untergebrachten volljährigen Studenten oder eines auswärts wohnenden volljährigen Auszubildenden beläuft sich auf 670. Wohnt ein Volljähriger noch im Haushalt eines Elternteils, so wird überwiegend der Bedarf im Land Brandenburg aus den Unterhaltsleitlinien aus der Einkommensgruppe für Kinder ab 18 Jahre nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile entnommen. Der 15. Senat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, zuständig für die Amtsgerichtsbezirke Brandenburg und Potsdam, weicht hier ab. Dieser nimmt den Bedarf mit 670 an und kürzt diesen wegen des Zusammenlebens mit einem Elternteil. e. Werden eigene Einkünfte des Kindes auf den Bedarf angerechnet? Hat das Kind eigene Einkünfte, so stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang diese bedarfsdeckend anzurechnen sind. Zu unterscheiden ist zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern. (1) Minderjährige Kinder (a). Kindergeld Kindergeld wird auf den Bedarf des minderjährigen Kindes nach 1612b Abs. 1 BGB zur Hälfte auf dem Barunterhalt angerechnet, wenn der der andere Elternteil Naturalunterhalt leistet. Seit dem 1.1.2010 werden für das erste und zweite Kind monatlich 184 Kindergeld gezahlt, aber dem dritten Kind gibt es 190 Kindergeld. Anzurechnen auf den Barunterhalt sind daher für das erste und zweite Kind monatlich 92, ab dem dritten Kind monatlich 95. (b). Eigene Einkünfte Hat das minderjährige Kind ausnahmsweise eigene Einkünfte etwa durch die Aufnahme einer Ausbildung noch vor Eintritt der Volljährigkeit, so werden diese eigenen Einkünfte zur Hälfte auf den Barunterhalt bedarfsdeckend angerechnet. Das eigene Einkommen des minderjährigen Kindes ist um den sog. ausbildungsbedingten Aufwand nach Ziffer 10.2.3. der Leitlinien des OLG Brandenburg zu bereinigen. Es sind konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, welche ausbildungsbedingten Aufwendungen anfallen. Zu den Kosten zählen z.

12 B. Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle und zur Berufsschule, Kosten für Fachliteratur, Hefte, sonstigen Bürobedarf, Berufskleidung et cetera. Ein Abzug erfolgt auf der Basis einer Schätzung im Einzelfall, es wird nicht immer die Pauschale von 90 in Ansatz gebracht. Minderjährige Kinder müssen grundsätzlich nicht arbeiten. Sie sind jedoch verpflichtet, sich ausbilden zu lassen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, so müssen die Eltern durch Erziehungsmaßnahmen auf das Kind so einwirken, dass das Kind eine Ausbildung beginnt. Ausnahmsweise kann auch ein minderjähriges Kind darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen, wenn es das Elternhaus zu Recht oder zu Unrecht verlassen hat und keine Ausbildung durchläuft. Hier sind aber Arbeitsverbote nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu berücksichtigen. Insoweit, wie das Kind nicht arbeiten darf, kann ihm auch keine Erwerbsverpflichtung auferlegt werden 33. c. BaföG-Leistungen Erhält ein minderjähriges Kind ausnahmsweise Ausbildungsförderung, so sind die Leistungen wie Arbeitseinkommen zur Hälfte auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen. Dies gilt auch für Leistungen, die als Darlehen fließen. Lediglich bei Vorausleistungen nach 36 BAföG besteht die Ausnahme, dass diese Vorausleistungen nicht auf den Bedarf angerechnet werden. (2) Volljährige Kinder (a). Kindergeld Das Kindergeld mindert den Bedarf des volljährigen Kindes nach 1612b I Nr. 2 BGB in voller Höhe. (b). Erwerbseinkünfte/BaföG Auf den Bedarf des volljährigen Kindes sind eigene Einkünfte in vollem Umfang anzurechnen. Das Nettoeinkommen, etwa aus einer Ausbildungsvergütung, wird also voll und nicht etwa nur zur Hälfte in Ansatz gebracht. Auch BaföG-Leistungen sind Einkommen und einkommensmindernd zu berücksichtigen. f. Wie wird die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten bestimmt? Bei minderjährigen Kindern hat der Elternteil, der das Kind nicht in seinem Haushalt betreut und versorgt, Unterhalt in Geld zu zahlen. Der andere Elternteil erbringt seinen Unterhalt in Form von Naturalleistungen. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten kommt es nicht allein auf sein tatsächlich vorhandenes Einkommen an. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, um den Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes zu erfüllen, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Hat er keine Arbeit, muss er sich intensiv um Arbeit bemühen. Kann er solche intensiven Erwerbsbemühungen, verlangt werden hier etwa 30-40 Bewerbungen im Monat, nicht darlegen und nachweisen, so wird ihm ein Einkommen fiktiv zugerechnet. Zugerechnet wird ihm ein Einkommen, das sich an seinem Ausbildungsgrad und seinen bisher erzielten Einkünften orientiert. Häufig sind die Gerichte bestrebt, Einkünfte zuzurechnen, die ausreichen, um zumindest den Unterhalt für ein und zwei minderjährige Kinder abzudecken. Ist an ein volljähriges Kind Unterhalt zu zahlen, so erfüllt keiner der Elternteile den Unterhalt durch Pflege und Erziehung. Dies ergibt sich daraus, dass ein volljähriges Kind keine 33 Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., 2 Rdnr. 46.

13 Betreuung mehr benötigt. Beide Elternteile sind daher verpflichtet, Unterhalt in Geld zu zahlen (vergleiche auch 106 Abs. 3 S. 2 BGB), auch dann, wenn zum Beispiel der Abiturient mit 19 Jahren noch im Haushalt der Mutter lebt und dort tatsächlich versorgt wird. Es wird das Einkommen jedes Elternteils über dem sog. Selbstbehalt ermittelt. Für volljährige Kinder, die noch zur Schule gehen und im Haushalt eines Elternteils leben, gelten besondere Regelungen. Diese Kinder sind sogenannte privilegierte Volljährige. Hier sind die Eltern noch gesteigert erwerbsverpflichtet, ihnen kann also fiktiv ein Einkommen zugerechnet werden, falls sie kein (ausreichendes) Einkommen haben. Außerdem wird der Selbstbehalt eines jeden Elternteils mit 950 für einen erwerbstätigen und 770 für einen nicht erwerbstätigen Elternteil in Ansatz gebracht. Hat das Kind das Abitur abgelegt und beginnt es ein Studium oder eine Ausbildung, so ist es als normaler Volljähriger einzustufen. Die Eltern sind nicht mehr gesteigert erwerbsverpflichtet. Der Selbstbehalt der Eltern beläuft sich jetzt auf 1150 (Ziff. 21.3.1 Leitlinien). Es wird das Einkommen jedes Elternteils ermittelt, das über den Selbstbehalt hinausgeht. Dieses Einkommen wird dann ins Verhältnis gesetzt. Entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Eltern zueinander ist dann der ungedeckte Unterhaltsbedarf des Kindes zwischen den Eltern zu verteilen. Die Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgericht finden Sie auf der Internetseite des Oberlandesgerichts. 29.5.2011 Dr. T. Große-Boymann