Fünf Jahre Thüringer Vergabegesetz IHK-Umfrage zeigt: es besteht Reformbedarf Ausgangsituation: Das Thüringer Vergabegesetz gilt seit dem 1. Mai 2011 für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Thüringen im Baubereich ab 50.000 Euro und bei Liefer- und Dienstleistungen ab 20.000 Euro. In diesem Jahr wird dieses Gesetz durch die Landesregierung evaluiert. Die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern hat vorab eine Umfrage durchgeführt, bei der Unternehmen verschiedener Branchen zu ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Vergabegesetz befragt wurden. Fakten zur Erhebung: 2.600 Unternehmen waren durch die Thüringer Industrie- und Handelskammern aufgefordert, sich an der Umfrage zu beteiligen. Hierzu zählten Firmen aus dem Baugewerbe, Branchen wie der Meß-, Prüf- und Regelungstechnik, der Medizin- und Labortechnik, dem IT-Bereich, dem Sicherheits- und Bewachungsgewerbe, der Abfall- und Abwasserbeseitigung, Speditionen und Kurierdienstleister, dem Reinigungsgewerbe, Lieferanten von Büromaterialien und technischem Equipment sowie Ingenieurbüros. Die Rücklaufquote betrug 20 Prozent. Ergebnisse: Die Mehrzahl der befragten Unternehmen ist für die Abschaffung des Thüringer Vergabegesetzes und begrüßt einheitliche Regeln für Bund und Länder. Vor allem der erhöhte Zeit- und Kostenaufwand bei der Zusammenstellung der Unterlagen steht in der Kritik. So hat inzwischen jeder Fünfte kein Interesse mehr, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. 80 Prozent der Unternehmen antworteten, dass die durch das Gesetz auf den Weg gebrachten Kriterien selten bis gar nicht verlangt werden, wie die Förderung der Erstausbildung und Maßnahmen zur Chancengleichheit von Frauen im Beruf. Wenn allerdings diese Nachweise kaum abgefordert werden, weil sie nicht messbar sind, entwickeln sich diese Vorschriften zu einem bürokratielastigen Papiertiger. Deshalb sollten sie wegfallen. Zudem spricht sich die Mehrheit der Unternehmen für eine Vereinfachung der Nachweiserbringung bei öffentlichen Ausschreibungen aus. Hierbei kann der IHK- Präqualifizierungsservice für den Dienstleistungsbereich, nämlich die Vorabprüfung
ausschreibungsrelevanter Nachweise, Abhilfe schaffen. Im Rahmen dieser Präqualifizierung wird dem Unternehmen ein Zertifikat für dessen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit für jeweils 12 Monate ausgestellt, das der Vorlage bei öffentlichen Ausschreibungen dient. Um dem Thüringer Vergabeportal langfristig mehr Schlagkraft zu verleihen und den Aufwand zur Suche nach Ausschreibungen zu minimieren, wäre eine zwingende Veröffentlichungspflicht aller Vergabestellen, auch der Kommunen notwendig. Dies fordern im Übrigen auch 62 Prozent der befragten Unternehmen. Thüringen hat im Vergleich zu anderen Bundesländern relative niedrige Wertgrenzen, ab denen öffentliche Vergabeverfahren verpflichtend sind. Zwei Drittel der Unternehmen sprechen sich für eine Erhöhung dieser Wertgrenzen in Thüringen aus. Ergebnisse im Detail:
Die öffentliche Hand hat die Möglichkeit durch das Thüringer Vergabegesetz Kriterien wie die Förderung der Erstausbildung und Maßnahmen zur Chancengleichheit von Frauen im Beruf abzufragen.
Zudem müssen die Thüringer Vergabestellen die Eigenerklärungen zur Tariftreue und Entgeltgleichheit sowie die Eigenerklärung zu den ILO- Kernarbeitsnormen laut dem Thüringer Vergabegesetz bei der Angebotsabfrage abfordern. Das Thüringer Vergabegesetz soll in diesem Jahr einer Überprüfung durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft unterzogen werden.
Thüringen hat im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ niedrige Wertgrenzen, ab denen öffentliche Auftraggeber zu öffentlichen Ausschreibungen verpflichtet sind. Die Unternehmen wurden befragt, ob aus ihrer Sicht die Wertgrenzen verändert werden sollten. Seit dem 1. Februar 2011 besteht die Möglichkeit kostenfrei nach öffentlichen Ausschreibungen auf der Thüringer Vergabeplattform zu suchen.
Staatliche Auftraggeber sind verpflichtet, auf der Thüringer Vergabeplattform ihre Bekanntmachungen zur Vergabe zu veröffentlichen. Kommunalen Auftraggebern, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist es freigestellt auf diesem Vergabeportal ihre Ausschreibungen bekanntzumachen.