Prosopoagnosie: Therapie Seminar: Störung der Wahrnehmung und der Aufmerksamkeit: Eine Einführung in die klinische Neuropsychologie Dozent: Prof. Dr. Michael Niedeggen Referenten: Olga Repina, Julian Berwald, Andriy Shevchenko
Gliederung Kurze Wiederholung Entwicklungsbedingte Prosopagnosie Therapien: 1. Greebles ( Fallbeispiele) 2. Kompensationstherapie 3. Sekundäre Therapien Diskussion/Fragen
Kognitiv-psychologisches Modell nach Bruce und Young Gesicht Strukturelle Enkodierung Ausdrucks -analyse Gerichtete Gesichtsanalyse Mundbewegungen Gesichter- Erkennungs- Einheit Kognitives System Personen- Erkennungs- Einheiten Name
Angeborene Prosopagnosie Literatur: Edward H.F. De Haan and Ruth Campbell A fifteen year follow-up of a case of developmental prosopagnosia. Folien erstellt von Andriy Shevchenko FU Berlin, Fach: Psychologie (Diplom), 3 Semester, Allgemeine Psychologie 2
Angeborene Prosopagnosie Erkennung von Gesichtern ist multimodal (aktuelle Modelle) (Hay and Young, 1982; Bruce and Young, 1986; Bruce, 1988, Young und Bruce, 1991) Strukturelle Enkodierung von Gesichtern Feuern von face recognition units spezifisch für Konfiguration bekannter Gesichter Zugang zu semantischen Informationen Name
Angeborene Prosopagnosie Definition Angeborene Prosopagnosie setzt typische Hirnläsionen bei Patienten nicht voraus, kann aber aufgrund verschiedener Krankheiten (z.b. Meningitis) auftreten. McConachie Patientin AB (1976)
Angeborene Prosopagnosie McConachie Patientin (AB), Fallbeschreibung: 12 Jahre, 9 Monate alt 37 Wochen Schwangerschaft Komplikationen bei Gesichterkennung außer sehr bekannte Gesichter Schwierigkeiten in präzisen motorischen Funktionen, trotz normaler Koordination der Bewegungen Abnormale EEG im posterioren Kortex, rechte Hemisphere Räumliche Disorientierung Verwechslung rechts-links Erkennung von Objekten ohne klarem Hintergrund problematisch Erkennung von Objekten ohne klare Grenze zwischen einander normal, aber sehr langsam Verbale IQ (144), Performance IQ (102) Farbenwahrnehmung normal Reproduktion von Linienzeichnungen in Ordnung Wahrnehmung der Größe und Distanz normal
Angeborene Prosopagnosie Sehtests 1. Visuelle Fähigkeiten nachgeforscht von Campbell et al., 1990 -Farbenwahrnehmung in Ordnung (Farnsworth - Munsell Test), obwohl die Wahrnehmung von grauen Tönen etwas beeinträchtigt - Kontrastsensitivität in Ordnung (Wilkins and Robson Test, 1986) - Orientierung von Liniensegmenten auch normal (Benton Line Orientation Test) - Wahrnehmung von Schärfen in Ordnung ( Warrington version of the Efron Test)
Angeborene Prosopagnosie 2. Gesichtswahrnehmung - Fähigkeit Gesichter intern zu repräsentieren normal (AB musste entscheiden, ob auf der Linienzeichnungen ein Gesichtsmuster zu erkennen ist). - Visuell-Perzeptuelle Funktionen in Gesichtswahrnehmung (Mehta, Newcombe and Damasio, 1987) Erkennen von Gesichtern auf Zeichnungen und Benennen von Geschlecht und Alter. Ergebnis schlechter als bei der Kontrollgruppe.
Angeborene Prosopagnosie 3. Gesichterübereinstimmung Test - The Facial Recognition Test (Benton and Van Allen, 1973) Übereinstimmung der gleichzeitig repräsentierten Fotos mit unbekannten Gesichtern. Ergebnis: AB ist sehr langsam aber hat wenig Fehler gemacht. - Erkennung von gleichen vs. verschiedenen Gesichtern auf 2 Abbildungen, die nacheinander folgten. Ergebnis: AB hat schlecht abgeschnitten.
Angeborene Prosopagnosie 5. Rekognition von Gesichtern Test auf die Gesichtserkennung von bekannten Gesichtern und Erkennung von Bekannten Namen. Ergebnis: Gesichtserkennung stark beeinträchtigt, obwohl die Erkennung von bekannten Namen perfekt. 6. Enkodierung von den übrigen Information aus Gesichtern - Geschlechterkennung (AB- 33/48 korrekt; Kontrollgruppe 42,3 korrekt) - Erkennung von Gesichtsausdrucken (froh, enttäuscht ) Zielgesichtpräsentation + unten stehende 4 anderen Gesichtern mit unterschiedlichen Ausdrucken (AB Ergebnis 15/18) - Erkennung von Gesichtsausdrucken mit Benennen. Ergebnis von AB: 15/24
Angeborene Prosopagnosie Covert Face Recognition Die oben angeführten Tests zeigen, dass AB s face recognition units sehr stark beeinträchtigt sind. Frage: Hat AB unbewusste Gesichtswahrnehmung (covert recognition)? Ja/Nein?
1 Test zu covert recogniton: Angeborene Prosopagnosie Covert Face Recognition 1) 128 trials mit je 2 gleichzeitig repräsentierten schwarz-weiß Gesichtsbildern. Ein davon ist von einer bekannten Person, ein unbekannt. Entscheidung: bekannt oder unbekannt? 2) 2 gleichzeitig repräsentierten Namen, die den obigen Fotos etsprechen. Entscheidung: bekannt oder unbekannt? Ergebnisse:
2 Test: simultaneous matching Angeborene Prosopagnosie Covert Face Recognition Basis: Bekannte Gesichter werden schneller erkannt als unbekannte (Young et al., 1986) Annahme: Wenn AB auch schneller bei unbewussten Erkennen bekannter Gesichter ist, sind ihre recognition units of famous faces auf einem niedrigem Niveau erhalten. - 128 trials mit je 2 schwarz-weißen Fotos. Bedienung 1: In der ersten Hälfte 2 unterschiedliche Perspektiven vom gleichen Gesicht; in der zweiten Hälfte 2 unterschiedliche Gesichter. Bedienung 2: In der ersten Hälfte waren die Fotos von bekannten Gesichtern, in der zweiten Hälfte von unbekannten. Aufgabe: AB musste entscheiden: gleiches Gesicht oder nicht. Ergebnisse:
Angeborene Prosopagnosie Abstract - Angeborene Prosopagnosie gehört zur Disfunktion in Wahrnehmung von bekannten Gesichter, die seit Geburt benachteiligt ist, dabei handelt es sich nicht um Hirnläsionen oder Geburtkomplikationen - Visuelle Basisfunktionen (Farbenwahrnehmung, Kontrastwahrnehmung etc.) sind im Falle AB intakt. - Allgemeine Gesichtswahrnehmung (Entscheidung zw. Gesicht und kein Gesicht) sind bei AB gut erhalten. - Erkennung von bekannten Gesichtern ist bei AB stark beeinträchtigt. -AB hat Problem mit Gesichtsidentifikation und nicht in Gesichtsdetektion. - Covert Recognition wurde bei AB nicht nachgewiesen.
Therapie: Greebles Regen ähnlich wie menschliche Gesichter den Gyrus Fusiformis an 4 ähnliche Merkmale In Familien und Geschlechter unterteilt Behauptung: durch Training Verbesserung der Gesichtserkennung
Fallbeispiel 1: Edward 53 Jahre alt, verheiratet Physiker Angeborene Prosopagnosie Keine Objektagnosie Sehvermögen intakt intakte intellektuelle Fähigkeiten Soziale Probleme
Fallbeispiel 1: Edward Famous face test
Fallbeispiel 1: Edward Sequential face matching test
8 Sitzungen 20 Greebles 5 Familien Fallbeispiel 1: Edward Training mit Greebels Aufgabe 1: passender Greeble zum Familienoder Individuellen Namen Aufgabe 2: passender Name zum Greeble
Normales Greebleslernen Fallbeispiel 1: Edward Trainingsergebnisse
Fallbeispiel 1: Edward Trainingsergebnisse
Fallbeispiel 1: Edward Erklärungsmöglichkeiten Beim Greebleslernen andere Mechanismen als bei Gesichtern Gesichter sind etwas spezifisches Greeblestraining ist für angeborene Prosopagnosie nicht geeignet, da fehlende Struktur
Fallbeispiel 2: S.M. Alter: 24 Jahre, männlich Mit 18: Kopfverletzung bei einem Motorradunfall Infolge dessen: Prellung in rechten anterioren und posterioren temporalen Regionen, Verletzung des Corpus Callosum und der linken Basalganglien Komplette Rehabilitation, jedoch nicht von Objekt- und Prosopagnosie Kann ein (fast) normales Leben führen
Durchgeführte Tests an S.M. Normale Sehschärfe, normale Werte bei Größe, Länge, Orientierung, Farbe und Bewegung von visuellen Reizen Einzelne Objekte können nur verlangsamt voneinander unterschieden werden Boston Naming Test: 66 %, Normal: 96,4 %; RT: 2,145 s, Normal: 884, 67 msec Famous Faces Test: Keine Wieder-Erkennung Benton Faces Test: Severely Impaired
Vorherige Studien Vorausgehende Studien zeigen Kompensation bzw. Erholung im beschädigten Erwachsenen- Kortex bei diversen neuronalen Schädigungen => Eine kortikale Reorganisation ist möglich! Jedoch: Studien über Agnosie-Patienten zeigen keine oder nur minimale Verbesserungen. Bei den wenigen positiven Fällen ist es unklar, ob die Verbesserung auf eine Kompensation oder auf eine kortikale Erholung zurück zu führen ist.
Fokus dieser Studie: Können Menschen mit Agnosie trainiert werden, und somit das vorhandene Defizit kompensieren bzw. beseitigen? Wenn ja: (1) Ausmaß und Beschaffenheit der Generalisierung vom Training (2) Untersuchung der kortikalen Veränderung
Weiterer Nutzen Diese Studie kann außerdem helfen, die Organisation des visuellen Systems besser zu verstehen. Bisher ist man nicht sicher, ob der ventrale visuelle Kortex kategorie-spezifisch oder eher weniger streng unterteilt ist Untersuchung: Training mit einer Stimulus- Klasse und anschließende Generalisierung auf andere Stimuli
Gyrus Fusiformis Liegt im inferotemporalem Kortex Spielt eine wichtige Rolle bei der Identifikation von Gesichtern
Greeble-Training Aufgabe: Unterscheidung zwischen Greebles 31 Trainingssitzungen, bestehend aus je vier Einheiten: 1.) GENDER MATCH: Unterscheidung des Geschlechts 2.) INDIVIDUAL MATCH: Unterscheidung der Identität 3.) GENDER/INDIVIDUAL MATCH: Unterscheidung von Geschlecht und Identität 4.) TARGET MATCH: Vergleich eines Greebles mit 10 Anderen
Greeble-Training: Ergebnisse
Greeble-Training: Ergebnisse
Generalisation: Training Aufgabe: Unterscheidung zweier Stimuli Untersucht werden sollen Fortschritte in der Objekt- und Gesichtswahrnehmung 5 Sitzungen, bestehend aus je drei Einheiten: 1.) GREEBLE GENERALIZATION: Darbietung unterschiedlicher Greebles oder Objekte 2.) OBJECT GENERALIZATION: Darbietung unterschiedlicher/gleicher Objekte 3.) FACE BENCHMARK: Darbietung unterschiedlicher/gleicher Gesichter
Generalisation: Ergebnisse
Generalisation: Ergebnisse
Generalisation: Ergebnisse
fmrt Untersuchung vor und nach dem Training Untersucht werden soll eine eventuelle kortikale Veränderung entlang des Gyrus fusiformis Stimuli: Die selben Objekte wie in der Generalisations-Augabe Prozedur: Darbietung 20 verschiedener Bilder alle 1,5 Sekunden, insgesamt 5x, ROI (region of interest) entlang des Gyrus fusiformis
fmrt: Ergebnisse
fmrt: Ergebnisse
Zusammenfassung Erfolgreiches Training und Generalisation auf andere Stimuli Jedoch Verschlechterung in der Wieder- Erkennung von Gesichtern Kortikale Veränderung ist auch bei einer Agnosie möglich viele Fragen weiterhin ungeklärt
Kompensationstherapien Benutzung individueller Merkmale Absprache mit den Menschen aus seinem Umfeld - Begrüßungsrituale vereinbaren - Dem Umfeld das reden über eigene Gefühle angewöhnen
Sekundäre Therapien Entstandene Soziale Ängste abbauen Annehmen der Schwäche Aktives Umgehen lernen -> Kompensation Anerkennung seiner Stärken
Diskussion/Fragen