Passivierung messen Die Passivierung einer Stahloberfläche ist eine wesentliche Voraussetzung für ihren Schutz vor Korrosion Eine Ruhepotentialanalyse bestimmt die passivierende Wirkung von Inhibitoren, Pigmenten, Bindemitteln und Mischungen daraus quantitativ Elektrochemische Aspekte der Korrosionsschutzwirkung von Beschichtungen Sieghard Millow, Ute Holzhausen*, Hans Günter Peters, Magdeburg Die Oberfläche eines Eisenwerkstoffs muss sich für einen sicheren dauerhaften Korrosionsschutz in einem passiven Zustand befinden [1] Eine Möglichkeit, diesen Zustand herzustellen, bietet eine mit passivierenden Rezepturbestandteilen ausgerüstete Beschichtung [2] Eine optimale Formulierung dafür setzt jedoch die Kenntnis der Eigenschaften der Rezepturbestandteile und ihrer möglichen Wechselwirkungen mit anderen Bestandteilen und dem Substrat voraus Die atmosphärische Korrosion von Eisen [3] ist eine elektrochemische Reaktion mit voneinander räumlich getrennter Anoden- und Kathodenreaktion Da sich im Allgemeinen Anoden und Kathoden auf demselben Untergrund befinden, haben die Elektroden die gleiche Metallphase und sind leitend miteinander verbunden Für die Metallphase stellt sich ein Mischpotential ein Das Mischpotential hängt vom elektrochemischen Zustand der Eisenoberfläche im Elektrolyten ab Im Potentialbereich UH oberhalb von ca 200 mv gegen die gesättigte Kalomelelektrode ist die Oberfläche passiv, die Korrosionsreaktion ist inhibiert Die Passivierung beruht auf der Bildung von oxidischen Deckschichten und ist die für Beschichtungen wichtigste Form der Wirkung von Inhibitoren Schadstoffionen stimulieren den Korrosionsprozess an der Anode und an der Kathode Sie bilden mit den Eisenionen leicht lösliche Salze, verbleiben dadurch im Korrosionsprozess und verhindern stabile und dichte Deckschichten Die Schadstoff-ionen konkurrieren mit den Inhibitoren in der Reaktion mit der Oberfläche Um die Wirksamkeit von Inhibitoren zu beurteilen, ist die Stabilität der Inhibierung gegen die Entwicklung durch Schadstoffionen zu quantifizieren In früheren Arbeiten wurde untersucht, welche Inhibitorkonzentrationen in Wasser eine Korrosion verhindern Wie stark inhibierende Substanzen in Beschichtungen wirken, wird dagegen durch Korrosionsversuche mit beschichteten Prüfblechen bestimmt Daneben haben sich elektrochemische Prüfverfahren bewährt, wie die Impedanzspektroskopie [4, 5], Raster-Kelvin-Untersuchungen [6], potentiostatische und galvanostatische [7] Verfahren sowie die Ruhepotentialmessung Ein weiteres Verfahren ist die Ruhepotentialanalyse Ruhepotentialanalyse Wechselwirkungen des Inhibitors mit dem Untergrund, dem Bindemittel, den Pigmenten und Korrosionsstimulatoren können die Inhibierung einerseits mindern und aufheben, andererseits aber auch steigern Die Untersuchung dieser Zusammenhänge ist für die Formulierung optimaler Korrosionsschutzbeschichtungsstoffe erforderlich, setzt aber eine praktikable, mit einfachen Mitteln durchzuführende Quantifizierung der Inhibierungswirkung komplexer Systeme voraus Die Ruhepotentialanalyse [8, 9] ermöglicht solche Untersuchungen Die Ruhepotentialanalyse misst als elektrochemische Prüfmethode das freie Korrosionspotential eines Prüfkörpers in einem Elektrolyten Der Elektrolyt enthält zunächst nur die auf ihre inhibierende Wirkung zu untersuchenden Substanzen (Pigmente, Inhibitoren, Bindemittel, -extrakte) Die Höhe des Potentials (Ruhepotential) gibt Auskunft, ob sich die Stahloberfläche im passiven Zustand befindet oder nicht; sie sagt nichts aus über die Stabilität der Passivierung Um diese zu ermitteln, wird dem Elektrolyten in kleinen Mengen ein Korrosionsstimulator solange zugegeben, bis Korrosion einsetzt Dies zeigt ein plötzlicher Abfall des freien Korrosionspotentials aus dem Passivbereich (über 200 mv) in den Korrosionsbereich Die Konzentration des Korrosionsstimulators im Elektrolyten zu diesem Zeitpunkt ist die kritische Schadstoffkonzentration c-kr (in mmol/l) Sie gibt die Stärke der Inhibierung an, die im Wesentlichen von der Art und Menge oder Konzentration der untersuchten inhibierenden Substanz, dem verwendeten Korrosionsstimulator und dem Zustand des Prüfkörpers (Material und Vorbehandlung) abhängt Die Vorteile sind: Der Versuch findet ohne die Einwirkung von aufgeprägten Spannungen oder Strömen statt, so dass sich ein von äußeren Faktoren unbeeinflusstes Potential aufbaut, das allein von den medialen Parametern abhängt - Die Messung liefert Zahlenwerte, die weiter verarbeitet werden können - Die Prüfung erfordert wenig Zeit und einen geringen apparativen Aufwand Einen typischen Potentialverlauf zeigt Abb 1 Untersucht wurden kaltgewalzte mit Lösemitteln entfettete Feinbleche in neutralen Schadstofflösungen (NaCl oder Na2SO4) Da Feinbleche der gleichen Sorte aus unterschiedlichen Chargen unterschiedlich passivierbar waren, wurden bei vergleichenden Untersuchungen Bleche der gleichen Charge verwendet Wegen der großen Streuungen der Ergebnisse bei anderen Korrosionsschutzprüfungen wird ein Chargenunterschied dort kaum wahrgenommen Pigmente, Füllstoffe und Inhibitoren In Korrosionsschutz-Grundbeschichtungsstoffen haben Pigmente unterschiedliche Aufgaben Von einem aktiven Korrosionsschutzpigment wird eine Passivierung des Vincentz Network +++ Plathnerstr 4c +++ D-30175 Hannover +++ Tel:+49(511)9910-000
Untergrunds erwartet Sie ließ sich bei Bleimennige, Zinkchromat, Bleiphosphit und mehreren Zinkphosphaten (nicht allen) nachweisen Die als nicht aktiv bekannten Pigmente passivieren nicht Bei Zinkgelb wirken die gelösten Anteile: Die Inhibierung steigt mit zunehmendem Chromatgehalt bis zur Sättigung der Lösung, weitere Pigmentzugaben inhibieren nicht stärker Bleimennige inhibiert erst ab Konzen-trationen von mehr als 10 g Pigment in 100 ml Suspension und wirkt mit steigender Konzentration stärker Die Ursache dafür ist, dass Bleimennige einen direkten Kontakt mit dem Blech haben muss, um zu inhibieren Nach dem Anwendungsverbot der blei-, chromatund strontiumhaltigen Pigmente ist Zinkphosphat zum wichtigsten Korrosionsschutzpigment geworden Es wirkt nur kathodisch durch die Bildung von Phosphatschichten Seine Wirksamkeit ist deutlich geringer als die von Zinkgelb Abb 2 zeigt die Inhibierungsstärke von vier Zinkphosphaten gegenüber Na2SO4 Abb 3 zeigt die Wirksamkeit von 31 Inhibitoren gegen NaCl (Inhibitorkonzentration 1 g in 100 ml entionisiertem Wasser bei ph-werten zwischen 6,5 und 8) Die Inhibitoren wirken sehr unterschiedlich, am stärksten wirkt Inhibitor 18 In vielen Fällen ergab sich im untersuchten Konzentrationsbereich eine lineare Abhängigkeit von der Konzentration (Abb 4), bei einigen trat jedoch eine Sättigung ein (Abb 5) Gemische von Pigmenten mit Inhibitoren Um die Wirkung von Zinkphosphat zu verbessern, werden Beschichtungsstoffen vielfach organische Inhibitoren zugesetzt Der Erfolg ist in der Praxis nicht immer nachzuweisen Unsere Messungen (1,8 g Zinkphosphat mit 0,2 g Inhibitor in 100 ml entionisiertem Wasser) zeigen (Abb 2), dass der Inhibitor die Wirkung erhöht oder überhaupt erst ermöglicht (Zinkphosphat 2), wobei ein synergistischer Effekt unverkennbar ist Nicht nur die Pigmentart, sondern auch das Mischungsverhältnis beeinflusst die Wirksamkeit von Inhibitoren Abb 6 zeigt die unterschiedliche Wirksamkeit von 1 g Inhibitor in Abhängigkeit von der Menge Eisenoxidrot bzw Zinkphosphat Als Ursachen werden der Eintrag von Schadstoffionen mit dem Pigment und Adsorptionen am Pigment angenommen Dies unterstreicht die Notwendigkeit, möglichst schadstofffreie Pigmente und Füllstoffe zu verwenden Bindemittel Auch Bindemittel können auf Stahlblech inhibierend wirken [9] Vier Bindemittel wurden untersucht Dazu wurden 50 g Bindemittel mit Testbenzin verdünnt und in 600 ml vollentsalztem Wasser emulgiert Nach der Phasenausbildung wurde der wässrige Auszug entnommen Von der für die Bindemittelmenge notwendigen Menge Co-Pb-Sikkativ wurde in gleicher Weise ein Auszug hergestellt Die ph-werte der Extrakte lagen zwischen 4,5 und 5,5 Die Ergebnisse zeigen, dass zwei Bindemittel und vor allem das Sikkativ inhibieren (Abb 7) Mit Ausnahme des Leinöls verringern alle Bindemittel die Inhibierungswirkung des Sikkativgemisches Das Leinöl wirkt steigernd synergistisch Darin könnte eine Ursache für die überragende Wirkung der Bleimennige-LeinölGrundierung selbst auf Restrost liegen Von derselben Probe sikkativierten Leinöls wurden noch ein zweiter und dritter Auszug hergestellt Diese Auszüge haben mit abnehmender Stärke inhibiert Erst ein vierter Auszug inhibierte nicht mehr Bei Dispersionsbeschichtungsstoffen muss eine Korrosion während der Filmbildung verhindert werden Dazu werden Inhibitoren verwendet, die möglichst auch noch später wirken Für ein optimales Ergebnis ist die Kenntnis der Wechselwirkung zwischen Dispersionsbindemitteln und Inhibitoren unerlässlichabb 8 zeigt die Ergebnisse von Untersuchungen an Zubereitungen von zwei Latizes mit steigendem Inhibitorgehalt Die Zubereitungen enthielten 25 g Latex in 75 ml entionisiertem Wasser Während der Latex 1 bereits von sich aus inhibiert und sich durch den Inhibitorzusatz die Wirkung erhöht, ist bei Latex 2 von vornherein ein Inhibitor erforderlich Aus dieser Sicht wäre der Latex 1 für den Korrosionsschutz besser geeignet Die Wirkung von vier Inhibitoren in entionisiertem Wasser und in zwei Polymerdispersionen (50 g Dispersion in 50 ml entionisiertem Wasser) zeigt Abb 9 Die Inhibitorkonzentration betrug 1 Gew-% Gut ist zu erkennen, dass die Bindemittel die Wirkung der Inhibitoren verändern, bei Inhibitor 25 wird sie sogar aufgehoben Bindemittel 2 verstärkt die Wirkung der Inhibitoren 5 und 8 Maß für die Stärke der Inhibierung Die Inhibierung einer Stahloberfläche ist eine wesentliche Voraussetzung für ihren Schutz vor Korrosion Die Wirksamkeit von inhibierenden Stoffen ist unterschiedlich hoch und wird von Begleitstoffen und anderen Faktoren beeinflusst Welchen Zustand die Oberfläche annimmt, ob sie passiv oder aktiv ist, hängt von der Stärke der inhibierenden und korrosionsstimulierenden Einflüsse ab, deren Reaktionen miteinander konkurrieren Um eine Inhibierung zu erreichen, müssen Inhibitoren in ausreichender Konzentration in der Grenzschicht vorhanden sein Mit der Ruhepotentialanalyse kann eine kritische Schadstoffkonzentration bestimmt werden, bis zu der keine Korrosion einsetzt Sie ist dann ein Maß für die Stärke der Inhibierung Einerseits kann so die Wirksamkeit von Inhibitoren und ihre Abhängigkeit von ihrer Konzentration oder anderen Einflussfaktoren quantifiziert werden Andererseits ist mit dem Verfahren die Inhibierbarkeit eines Substrats ermittelbar Auf der Grundlage von Messungen mit der Ruhepotentialanalyse kann noch keine endgültige Rezeptur für Korrosionsschutzbeschichtungen erarbeitet werden Es ist jedoch möglich, Rohstoffe und Rohstoffkombinationen wie Pigmentgemische oder Pigment-Inhibitorgemische so zu optimieren, dass aus Sicht der Inhibierung des Untergrunds eine maximale Korrosionsschutzwirkung einer Beschichtung zu erwarten ist Auf diese Weise lassen sich andere Prüfungen auf einen Mindestumfang reduzierens t Literatur [1] Peters, H G, Millow, S: Dissertation, Brandenburgische Landeshochschule Potsdam, 1990 [2] Li, Wenyan; Calle, Luz M: Self Healing Materials, 1st International Conference, Proceedings, Noordwijk aan Zee, NL, 2007 [3] Heitz, E; Henkhaus, R; Rahmel, A: Korrosionskunde im Experiment, Weinheim: Verlag Chemie, 1990 [4] Vogelsang, J: Bremer Oberflächentage Aktuelle Entwicklungen der Oberflächentechnik, Oberflächenschutz für Leichtbauwerkstoffe, Bremen, DE, 2005 [5] Vincentz Network +++ Plathnerstr 4c +++ D-30175 Hannover +++ Tel:+49(511)9910-000
Jüttner, K: Elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) Anwendung, Interpretation und neue Entwicklungen, Dechema-Kurs Moderne Meßmethoden 1998 [6] Stratmann, M: Corrosion, Houston 61 (2005) 12, S1115-1126 [7] DIN 50 905: Korrosion der Metalle Korrosionsuntersuchungen [8] Millow, S: Farbe+Lack 100 (1994) H 6, S 399 [9] Millow, S, Holzhausen, U: Fatipec 1998 - Die Wirksamkeit von inhibierenden Stoffen ist unterschiedlich hoch - Sie kann mit der Ruhepotentialanalyse quantitativ in Abhängigkeit von der Konzentration des inhibierenden Stoffes und von Begleitstoffen (Pigmenten, Füllstoffen) bestimmt werden So lassen sich Grundbeschichtungen für eine maximale Korrosionsschutzwirkung aus Sicht der Inhibierung des Untergrunds optimieren - Um eine Inhibierung zu erreichen, müssen Inhibitoren in ausreichender Konzentration in der Grenzschicht vorhanden sein * Korrespondierende AutorinKontakt: Dr Ute HolzhausenInstitut für Lacke und Farben ev Tel +49 391 60 90 238 UteHolzhausen@lackinstitutde t Ergebnisse auf einen Blick - Die Wirksamkeit von inhibierenden Stoffen ist unterschiedlich hoch - Sie kann mit der Ruhepotentialanalyse quantitativ in Abhängigkeit von der Konzentration des inhibierenden Stoffes und von Begleitstoffen (Pigmenten, Füllstoffen) bestimmt werden So lassen sich Grundbeschichtungen für eine maximale Korrosionsschutzwirkung aus Sicht der Inhibierung des Untergrunds optimieren - Um eine Inhibierung zu erreichen, müssen Inhibitoren in ausreichender Konzentration in der Grenzschicht vorhanden sein Vincentz Network +++ Plathnerstr 4c +++ D-30175 Hannover +++ Tel:+49(511)9910-000
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