Grenzen und Möglichkeiten der Kohäsionspolitik im Zeichen der Eurokrise. Einige Anmerkungen

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Transkript:

Grenzen und Möglichkeiten der Kohäsionspolitik im Zeichen der Eurokrise Einige Anmerkungen Budapester Gespräche 18.-19. Oktober 2012 Institute for European Integration an der Universität Hamburg Europa-Kolleg Hamburg

Überblick Einige Anmerkungen zum Beitrag von Endre Domonkos Einige Anmerkungen zur zukünftigen Förderperiode Kann die Regionalpolitik zur Überwindung der Krise beitragen?

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Deutschland hat in der Förderperiode 2007-2013: 26,4 Mrd. erhalten: darunter 15,1 Mrd. für Ostdeutschland und 10,4 für Westdeutschland Fragen: Ist es sinnvoll, dass ein reiches Land überhaupt Mittel der Kohäsionspolitik bekommt? Ist es sinnvoll, dass das gesamte Bundesgebiet (wie die gesamte Fläche jedes anderen Landes auch) Gegenstand der Kohäsionspolitik ist?

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Das BIP-Pro Kopf soll in den Konvergenzregionen auf über 75% des EU-Durchschnitts ansteigen Fragen: Was ist das Ziel für die übrigen Regionen? Anspruch der EU- Regionalpolitik: Ihr Ziel besteht nicht einfach darin, Ressourcen umzuverteilen, sondern im Gegenteil darin, sie zu schaffen. (Europäische Kommission, 2004, S. 7) Ist das möglich?

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Sechs ungarische Regionen gehören zu dem Ziel Konvergenz ; Mittelungarn gehört zum Ziel Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung Frage: Wird mit dieser regionalen Differenzierung der Aufholprozess Ungarns optimal gefördert?

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Die erwarteten Wirkungen der operationellen Programme: zusätzliches Wachstum von 0,3% und 0,4% jährlich Problem: Bei diesen Zahlen handelt es sich um ex-ante Schätzungen, berechnet mit Hilfe von Makromodellen (nächste Folie)

Konvergenz und Aufholprozesse durch EU-Regionalpolitik? Anstieg des BIP im Jahr 2020 aufgrund von Regionalpolitik in der Förderperiode 2007-2013 (%) Ergebnisse rechenbarer Makromodelle 5 4 3 2 1 0 Tschechische Republik Ungarn Estland Polen Slowenien Rumänien Portugal Lettland Mezzogiorno Spanien Griechenland Ostdeutschland Quelle: Bradley et al. 2004; eigene Darstellung

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Offene Frage: Wie sind die tatsächlichen Wirkungen?

Einige Anmerkungen zur zukünftigen Förderperiode Vorschlag der Kommission für die Förderperiode 2014-2020: nach wie vor flächendeckende Förderung weitere Ausdifferenzierung durch eine dritte Gebietskategorie ( Übergangsregionen )

Die zukünftige Förderkulisse Pro-Kopf-BIP* < 75 % des EU- Durchschnitts 75-90 % > 90 % Drei Kategorien von Regionen Weniger entwickelte Regionen Übergangsregionen Stärker entwickelte Regionen 1. Kanarische Inseln 2. Guyana 3. La Réunion 4. Guadeloupe/ Martinique 5. Madeira 6. Azoren 7. Malta Quelle: Europäische Kommission, Regionalpolitik, Kohäsionspolitik der EU 2014-2020.

Einige Anmerkungen zur zukünftigen Förderperiode Vorschlag der Kommission: Es gibt zwar eine Staffelung der Förderung nach Pro-Kopf-Einkommen: Ärmste Regionen: Übergangsregionen: Stärker entwickelte Regionen: 1940 pro Kopf 537 pro Kopf 172 pro Kopf Aber: Durch Konzentration der Förderung auf die ärmsten Regionen ließe sich das Volumen der Regionalförderung signifikant verkleinern (um mindestens 92 Mrd. )

Wie werden die Mittel verteilt? Weniger entwickelte Regionen/MS Übergangsregionen Stärker entwickelte Regionen 100 Kohäsionsfonds¹ 68.7 Weniger entwickelte 90 162.6 Regionen 80 Übergangsregionen 38.9 Stärker entwickelte 70 53.1 Regionen 60 Europäische territoriale Zusammenarbeit Regionen in äußerster Randlage und dünn besiedelte Gebiete 11.7 0.9 50 40 30 15,8 % 11,6 % 68,7 % 500 450 400 350 300 250 200 150 307.1 72,4 Gesamt 336.0 20 100 10 50 119,2 ¹ 10 Milliarden aus dem Kohäsionsfonds werden der Connecting Europe Facility zugewiesen 0 Budgetverteilung (in %) 0 Bevölkerungsabdeckung (in Millionen) 12

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Endre Domonkos Deutsche und ungarische Position: Die Positionen der Länder sind geprägt von den Verteilungsinteressen der Länder Es geht kaum um eine zweckrationale Blaupause für eine gute Regionalpolitik

Kohäsionspolitik und Eurokrise einige Fakten Griechenland, Irland, Portugal und Spanien (die Kohäsionsländer ) sind die Länder, die bislang am intensivsten seit Ende der 1980er durch die EU-Regionalpolitik unterstützt wurden Diese Länder haben bis 2008 ihren Rückstand im Pro-Kopf- Einkommen rasant verringert (Portugal nur bis 2000) Genau diese Länder befinden sind heute in einer schweren Finanzund Wirtschaftskrise

Kohäsionspolitik und Eurokrise einige Fragen 1. War die Regionalpolitik ursächlich für den Aufholprozess der Kohäsionsländer bis 2008? 2. Hat die Regionalpolitik etwas zu tun mit der aktuellen Krise der Kohäsionsländer? 3. Kann die Regionalpolitik zur Überwindung der Krise in diesen Ländern beitragen?

War die Regionalpolitik ursächlich für den Aufholprozess bis 2008? Ursächlich für den Aufholprozess war in erster Linie das Sinken der Zinssätze in diesen Ländern aufgrund der Einführung der Währungsunion; die Verschuldungsbereitschaft des Privat- und Staatssektors stieg und Kapital floss reichlich aus dem übrigen Euroraum in diese Länder Wahrscheinlich hat auch die Regionalpolitik mit jährlichen Zuflüssen von bis zu 3,5% des BIP zum Wirtschaftsboom beigetragen; dies aber vermutlich vor allem auf der Nachfrageseite, zur Erhöhung des Produktionspotentials hat sie wenig beigetragen

Hat die Regionalpolitik etwas zu tun mit der aktuellen Krise? Moral Hazard hervorgerufen durch massive regionalpolitische Unterstützung Anreize der Regionalpolitik für expansive Staatsausgaben (Kofinanzierung der regionalpolitischen Maßnahmen notwendig) Fehlinvestitionen durch Regionalpolitik (Blasenbildung in Irland und Spanien)

Kann die Regionalpolitik beitragen zur Überwindung der Krise? Kofinanzierung belastet öffentliche Haushalte Mangel an förderfähigen Projekten (solchen, die die Wettbewerbsfähigkeit/das Produktionspotential erhöhen) Mangel an Verwaltungskapazitäten zur effizienten Abwicklung von Projekten Geringe Effektivität der Förderung: geringste Effektivität in Griechenland

Kann die Regionalpolitik zur Überwindung der Krise beitragen? Effektivität der EU-Regionalpolitik der Jahre 2007-2013 Ergebnisse maroökonomischer Simulationen für das Jahr 2020 3 2 1 0 Tschechische Republik Slowenien Estland Polen Portugal Lettland Rumänien Spanien Ungarn Ostdeutschland Mezzogiorno Griechenland Quelle: Bradley und Untiedt, 2007; eigene Darstellung Die Effektivität der EU-Regionalpolitik unterscheidet sich je nach Land erheblich!

Grenzen und Möglichkeiten der Kohäsionspolitik im Zeichen der Eurokrise Danke, dass Sie mir zugehört haben!