V Sprechen und zuhören Beitrag 5 Politische Reden der Wendezeit 1 von 46 Zeit der großen Worte Politische Reden aus der Wendezeit und zum 25. Jahrestag des Mauerfalls analysieren Helmut Dewitt, Zülpich Helmut Kohl spricht am 19. Dezember 1989 vor der Ruine der Frauenkirche in Dresden. Die Bilder vom 4. November 1989 sind Ihnen sicher noch in Erinnerung: An diesem Tag fand in Ostberlin die größte Protestdemonstration der DDR statt. Auf der Abschlusskundgebung auf dem Alexanderplatz sprachen zahlreiche Rednerinnen und Redner aus Politik, Kultur und der Oppositionsbewegung und forderten Reformen, Mitbestimmung und Freiheit. Aber was wissen Ihre Schülerinnen und Schüler über diesen für Deutschland so historischen Tag und die Reaktionen der Politiker? Vor dem Hintergrund der damaligen politischen Situation analysieren Ihre Schüler und Schülerinnen in diesem Beitrag Reden aus dieser historischen Umbruchphase. Sie untersuchen, was diese Reden auszeichnet, vergleichen sie mit anderen politischen Reden und untersuchen, ob sie durch ein besonderes Vokabular der Wendezeit gekennzeichnet sind. Das Wichtigste auf einen Blick Dauer: Kompetenzen: 8 12 Stunden + LEK Die Schülerinnen und Schüler kennen die Kommunikationssituation bei politischen Reden. analysieren politische Reden aus der Wendezeit und zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls nach formalen, inhaltlichen, sprachlichen und historischen Gesichtspunkten. formulieren eigene kurze Reden zu selbst gewählten Themen. Foto: picture-alliance/dpa
4 von 46 Politische Reden der Wendezeit Sprechen und zuhören Beitrag 5 V Schematische Verlaufsübersicht Zeit der großen Worte Politische Reden aus der Wendezeit und zum 25. Jahrestag des Mauerfalls analysieren Stunde 1 M 1, M 2 Die politische Rede als Sonderform der Kommunikation Stunden 2/3 M 3 M 5 Politische Reden vom Sachtext zum Analyseschema Stunde 4 M 6 4. November 1989 Stefan Heym auf dem Alexanderplatz in Berlin Stunden 5/6 M 7 10. November 1989 Willy Brandt vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin Stunden 7/8 M 8 19. Dezember 1989 Helmut Kohl vor der Frauenkirche in Dresden Stunden 9/10 M 9, M 10 9. November 2014 Martin Schulz und Klaus Wowereit Stunden 11/12 M 11 Redewerkstatt Schülerinnen und Schüler verfassen Reden Minimalplan Die Unterrichtsreihe kann auf 6 bis 8 Stunden gekürzt werden, wenn die Theorie der politischen Rede bereits thematisiert worden ist oder wenn man auf den Vergleich mit Reden aus dem Jahr 2014 (M 9, M 10) verzichten möchte. Bei dieser Kürzung können auch die beiden Abschlussstunden entfallen, in der die Schülerinnen und Schüler im Gegensatz zu den übrigen Stunden nicht vorliegende Reden analysieren, sondern selbst eine Rede formulieren sollen. Als Kern der Unterrichtsreihe sollten die Materialien M 6 bis M 8 erhalten bleiben, da sie die Rhetorik der Wende verdeutlichen.
M 2 Politische Reden eine Sonderform der Kommunikation Die Situation bei politischen Reden weicht nicht grundsätzlich von der alltäglichen Kommunikation ab, weist aber einige Besonderheiten auf. Das folgende Kommunikationsmodell gibt Ihnen einen Überblick. Aufgaben Redner (Sender) kommunikative Kompetenz Absicht Erfahrung Sprachkompetenz Sachwissen Einschätzung des Zuhörers codiert 1. Sehen Sie sich das Kommunikationsmodell genau an. Gegenstand/Inhalt der Rede Kommunikationskanal Code Zeichen - inventar Innere und äußere kommunikative Situation Ort, Zeit, historische Situation 2. Erläutern Sie anhand des Modells die Besonderheiten der Kommunikation bei politischen Reden. decodiert Zuhörer/ Publikum (Empfänger) kommunikative Kompetenz Erwartung Erfahrung Sprachkompetenz Sachwissen Einstellung zum Redner 10 von 46 Politische Reden der Wendezeit Sprechen und zuhören Beitrag 5 V
12 von 46 Politische Reden der Wendezeit Sprechen und zuhören Beitrag 5 V M 3 Ein Schuh ist gleich ein Schuh? Die Theorie des sprachlichen Zeichens Bei alltäglichen Begriffen sind wir leicht der Meinung, dass sie Sachverhalte eindeutig wiedergeben. Doch so einfach ist das nicht. Machen wir einen kleinen Versuch: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich einen Schuh vor. Tauschen Sie sich nun untereinander aus und beschreiben Sie, was Sie vor Ihrem inneren Auge gesehen haben. Sie werden merken, dass die eindeutige Zuordnung von Worten und Vorstellungen doch nicht so einfach ist. Über dieses Phänomen erfahren Sie auf diesem Arbeitsblatt mehr. Das sprachliche Zeichen Hans Manz Wörter und Bilder Das Wort Stein einer Kirschenesserin 5 Dem und jenem jener und dieser in den Mund gelegt: Schuh Einem Maurer einer Gärtnerin einem Friedhofsbesucher einer Ärztin einem Zahnarzt Signifikat (Bezeichnetes) Signifikant (Zeichen) 10 15 Statt Signifikat und Signifikant kann man auch die Begriffe Wortinhalt und Wortkörper verwenden. Sicher hat sich keiner aus Ihrer Lerngruppe genau den gleichen Schuh vorgestellt wie eine Ihre Mitschülerinnen oder einer Ihrer Mitschüler und wenn nur die Farbe anders war! Wie viel schwieriger muss es da sein, eine gemeinsame Vorstellung von abstrakten Begriffen wie Freiheit oder Demokratie zu haben! einem Mühlespieler einer Juwelenhändlerin einem Hartherzigen einer Bildhauerin und zusehen, wie sich die Bilder zum immer gleichen Wort verändern. Aus: Hans-Joachim Gelberg (Hg.): Großer Ozean. Gedichte für alle. Weinheim und Basel: Beltz&Gelberg 2000, S. 137. Aufgaben 1. Partnerarbeit: Betrachten Sie das Modell zum sprachlichen Zeichen und lesen Sie den Text daneben. Erklären Sie sich gegenseitig, was mit Signifikat und Signifikant gemeint ist. 2. Lesen Sie anschließend das Gedicht von Hans Manz. 3. Werten Sie das Modell und das Gedicht im Hinblick darauf aus, was sie über die Begrifflichkeit in politischen Reden aussagen.
V Sprechen und zuhören Beitrag 5 Politische Reden der Wendezeit 15 von 46 M 5 Raster zur Analyse politischer Reden Tragen Sie hier zunächst die aus dem Text von Hans Dieter Zimmermann erarbeiteten Aspekte ein und ergänzen Sie sie durch Hilfsfragen. An den Aspekten dieser Hilfsfragen können Sie sich bei der Analyse einer konkreten Rede orientieren. Aufgabe Füllen Sie die Tabelle mit Aspekten, die bei der Analyse von politischen Reden zu beachten sind. Ergänzen Sie mögliche Hilfsfragen. Aspekt Hilfsfragen Ergebnisse
V Sprechen und zuhören Beitrag 5 Politische Reden der Wendezeit 41 von 46 M 11 Selbst eine Rede schreiben und halten In den vergangenen Unterrichtsstunden haben Sie sich intensiv mit politischen Reden beschäftigt, die den Fall der Berliner Mauer, die Wende und das wiedervereinigte Deutschland zum Thema hatten. Nun sollen Sie selbst zu Wort kommen und eine eigene Rede formulieren. Überlegen Sie sich dafür ein Thema, über das Sie sprechen möchten! Aufgaben 1. Überlegen Sie sich ein Thema, das Sie interessiert. 2. Entwerfen Sie eine Situation, in der Sie eine kurze Rede zu diesem Thema halten könnten. Erläutern Sie kurz, wie sich diese Situation auf die Gestaltung Ihrer Rede auswirken könnte. 3. Erklären Sie, welche Absicht Sie mit Ihrer Rede im Hinblick auf die Adressaten verbinden. 4. Geben Sie einen kurzen Überblick über die Strukturierung und den Inhalt Ihrer Rede. 5. Beschreiben Sie, welche sprachlichen Mittel Sie in Ihrer Rede mit welcher Absicht verwenden wollen. Alternative Aufgabe Formulieren Sie Ihre Rede, indem Sie die oben genannten Aufgaben als Anregung gedanklich umsetzen und auf die Erfahrungen aus der Unterrichtsreihe zurückgreifen. Halten Sie dann Ihre Rede vor dem Plenum, nachdem Sie Ihre Zuhörer kurz über die zu - grunde liegende Situation informiert haben. Erläuterung (M 11) Stundenverlauf Redewerkstatt: Schülerinnen und Schüler verfassen Reden Zunächst wird die Reihe zur Rhetorik der Wende in Form des Unterrichtsgespräches rückblickend betrachtet, dann erhalten die Schülerinnen und Schüler M 11 und bearbeiten in Einzelarbeit die Aufgaben 1 bis 5. Alternativ formulieren sie eine Rede zu einem selbst gewählten Thema. Nachdem bei der Auswertung im Plenum die Notizen zu den fünf Aufgaben erläutert worden sind, halten diejenigen, die die Alternativaufgabe gewählt haben, ihre Rede vor den Mitschülerinnen und Mitschülern. Diese bewerten die Gestaltung der Rede und den Vortrag, wobei zunächst die positiven Aspekte, dann Verbesserungsvorschläge vorgebracht werden. Ein konkreter Erwartungshorizont lässt sich nicht darstellen. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler die konkrete Situation, die Adressaten und ihre Intention in einen Zusammenhang bringen, den Inhalt konkret auf die Thematik ausrichten sowie die sprachlichen Gestaltungsmittel im Hinblick auf die damit verbundene Absicht erläutern. Dies gilt auch für die Schülerinnen und Schüler, welche die Rede ausformuliert haben.