HGB-Update BilMoG! Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 29.05.2009 1
I. Motivation für die Implementierung des BilMoG Kritik am HGB a.f.: zahlreiche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte wenig Orientierung der Handelsbilanz an der Informationsfunktion Ansatz historischer Werte anstelle von Zeitwerten Folge: Entstehung von stillen Reserven kein true and fair view 2
I. Motivation für die Implementierung des BilMoG IFRS für kleine und mittelständige Unternehmen? für kapitalmarktorientierte Unternehmen konzipiert vorrangige Informationsfunktion für Zwecke der Eigenkapitalbeschaffung komplexe Regelungen (Standards, Interpretationen, Framework) hoher Deklarationsaufwand hohe Erstellungskosten 3
II. Erleichterungen für kleinere Unternehmen nach HGB i.d.f. vom 29.05.2009 Befreiung von der Buchführungspflicht und Pflicht der Aufstellung eines Inventars ( 241a, 242 Abs. 4 HGB): für Einzelkaufleute zwei aufeinanderfolgende Geschäftsjahre Umsatzerlöse 500.000,00 und Jahresüberschuss 50.000,00 bei Neugründung gelten Grenzen bereits im 1. Geschäftsjahr 4
II. Erleichterungen für kleinere Unternehmen Vorteile: Synchronisation mit der steuerrechtlichen Buchführungspflicht ( 140, 141 AO) Kostensenkung Nachteile: Informationsverlust für externe und interne Adressaten 5
III. Ausgewählte Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach HGB i.d.f. vom 29.05.2009 (1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ( 248 Abs. 2 HGB) (2) Aktivierungspflicht für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert ( 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) (3) Rückstellungsbildung ( 249, 253 HGB) (4) Ansatz von Verbindlichkeiten ( 253 Abs. 1 Satz 2 HGB; 256a HGB) 6
III. Ausgewählte Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach HGB i.d.f. vom 29.05.2009 (5) Außerplanmäßige Abschreibungen; Einführung eines allgemeinen Wertaufholungsgebots ( 253 Abs. 5 HGB) (6) Einbeziehungspflicht der variablen Gemeinkosten in die Ermittlung der Herstellungskosten ( 255 Abs. 2 HGB) (7) Einschränkung der Bewertungsvereinfachungsverfahren ( 256 HGB) 7
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Ansatz dem Grunde nach: hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines einzelnen verwertbaren Vermögensgegenstandes Kriterien: Nutzung, Veräußerbarkeit oder anderweitige Verwertung, z.b. Verarbeitung und Verbrauch 8
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Zugangs- und Folgebewertung: Aktivierung mit den auf die Entwicklungsphase entfallenden Entwicklungskosten Herstellungskosten gemäß 255 Abs. 2, 2a HGB planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen gemäß 253 Abs. 3 HGB 9
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Entwicklungskosten nach 255 Abs. 2a HGB: Entwicklung ist die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Veränderungen. 10
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Forschungskosten nach 255 Abs. 2a HGB: Forschung ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können. 11
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Beispiele für Entwicklungskosten: Gebühren des Patent- und Markenamtes für die Eintragung von Schutzrechten Entwürfe und Konstruktionsaufwendungen für bestimmte Produkte Personalaufwand für Probanden, Testpersonen usw., Bau und Test von Prototypen Aufwendungen zur Herbeiführung der Serienreife 12
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Beispiele für Entwicklungskosten: Bewertung der konkreten Alternativen bei der Produktgestaltung oder Wahl technischer Grundlagen oder Realisierungsmethoden Aufwendungen für Pilotanlagen, Prüfstände und ähnliche Testeinrichtungen Auftragsforschungsleistung Dritter, wenn dabei ein konkretes, für bestimmte Produkte oder Leistungen nutzbares Ergebnis erzielt wurde 13
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Beispiele für Forschungskosten: Aufwendungen im Zusammenhang mit der Suche nach grundlegenden Naturgesetzmäßigkeiten Machbarkeitsstudien (als spezielle Marktforschung), die die grundsätzliche Realisierbarkeit bestimmter Produktkategorien oder Leistungsarten bewerten, Suche nach neuen Materialien, Verfahren, Sicherheitstechniken keine Einbeziehung in die Herstellungskosten 14
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Aufwendungen für Vertrieb und Verwaltung allgemeine Marktforschung spezielle Marktforschung beispielsweise hinsichtlich Kundenzufriedenheit, Produktsicherheit (z.b. im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement), Untersuchungen von Produkten der Mitbewerber keine Einbeziehung in die Herstellungskosten 15
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Aktivierungsverbot für: Marken Drucktitel Verlagsrechte Kundentitel 16
(1) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Vorteile: zeitgemäß! verbesserte Informationsfunktion der Handelsbilanz Nachteile: Schwierigkeiten bei der Trennung von Forschungsund Entwicklungsphasen und kosten Zurückdrängung des Vorsichts- und Objektivierungsprinzips 17
(2) Aktivierungspflicht für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert Zugangsbewertung: Aktivierung mit den Anschaffungskosten 1 Buchwert des Eigenkapitals + stille Reserven./. stille Lasten = Zeitwert des Eigenkapitals 2 Gegenleistung./. Zeitwert des Eigenkapitals = entgeltlich erworbener (derivativer) Firmenwert = Anschaffungskosten 18
(2) Aktivierungspflicht für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert Folgebewertung: planmäßige Abschreibungen über die individuelle betriebliche Nutzungsdauer außerplanmäßige Abschreibungen des Geschäftsoder Firmenwertes bei dauerhafter Wertminderung geboten keine Wertaufholung (Zuschreibung)! 19
(2) Aktivierungspflicht für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert Vorteile: Abschaffung des Wahlrechts führt zur Verbesserung der Vergleichbarkeit Nachteile: Probleme bei der Ermittlung der Nutzungsdauer 20
(3) Rückstellungsbildung gemäß 249 HGB Ansatzgebot wie bisher für: Verbindlichkeitsrückstellungen Drohverlustrückstellungen Instandhaltungsrückstellungen (Nachholung innerhalb von 3 Monaten im Folgejahr) Abraumbeseitigungsrückstellungen (Nachholung innerhalb von 12 Monaten im Folgejahr) Gewährleistungsrückstellungen 21
(3) Rückstellungsbildung gemäß 249 HGB Entfallen der Ansatzwahlrechte für: Instandhaltungsrückstellungen (Nachholung innerhalb von 12 Monaten im Folgejahr) sonstige Aufwandsrückstellungen 22
(3) Rückstellungsbildung gemäß 249 HGB Ansatz der Höhe nach: mit dem Erfüllungsbetrag, der sich nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung ergibt Berücksichtigung künftiger Kosten- und Preissteigerungen Diskontierung bei einer Laufzeit > 1 Jahr Veröffentlichung der Diskontierungszinssätze durch die Deutsche Bundesbank 23
(3) Rückstellungsbildung gemäß 249 HGB Beispiel: Ein Unternehmen ermittelt am Bilanzstichtag eine Rückstellung in Höhe von 100.000, die eine Laufzeit von vermutlich zwei Jahren hat. Der genaue Rückstellungsbetrag und der Abzinsungsbetrag werden anhand des Abzinsungszinssatzes von 4,0% berechnet. K 0 = K n x 1/(1+i)²; K 0 = 100.000 x 0,9246 = 92.460 Abzinsungsbetrag: 100.000,00 92.460 = 7.540. S Sonstige Rückstellungen H S Zinserträge H 7.540,00 100.000,00 7.540,00 24
(4) Ausweis von Verbindlichkeiten gemäß 253 Abs. 1 Satz 2; 256a HGB Ansatz der Höhe nach: mit dem Erfüllungsbetrag Fremdwährungsverbindlichkeiten: Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag Nichtbeachtung des Realisations- und Imparitätsprinzips bei Laufzeit < 1 Jahr 25
(5) Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholung im Anlagevermögen außerplanmäßige Abschreibungen im Anlagevermögen vorübergehende Wertminderung voraussichtlich dauerhafte Wertminderung Finanzanlagen Abschreibungswahlrecht sonst. Anlagevermögen Abschreibungsverbot Abschreibungspflicht 26
(5) Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholung im Anlagevermögen Zuschreibungen: Entfallen sämtlicher Wahlrechte in Abhängigkeit von der Rechtsform rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert: Wertaufholungsverbot 27
(5) Allgemeines Wertaufholungsgebot Vorteile: rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot Vereinheitlichung Nachteile: Analysen, ob Wertaufholung gegeben ist, erforderlich 28
(6) Einbeziehungspflicht der variablen Gemeinkosten in die Herstellungskosten Kostenart Ansatz nach HGB a.f. Ansatz nach HGB i.d.f. vom 29.05.2009 Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Pflicht Sonderkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Pflicht Fertigungsgemeinkosten Werteverzehr des Anlagevermögens Allgemeine Verwaltungskosten, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und betriebliche Altersversorgung Zinsen für Fremdkapital Wahlrecht Wahlrecht Forschungs- und Vertriebskosten Verbot Verbot 29
(6) Einbeziehungspflicht der variablen Gemeinkosten in die Herstellungskosten Vorteile: Angleichung der handelsrechtlichen an die steuerrechtliche Herstellungskostenuntergrenze verbesserte Informationsfunktion der Handelsbilanz Nachteile: Ermittlung der Gemeinkosten ist teilweise sehr aufwendig 30
(7) Einschränkung der Bewertungsvereinfachungsverfahren zulässige Methoden/Verfahren: Festwertmethode First in First out (FiFo) Last in First out (LiFo) Durchschnittsverfahren 31
IV. Weiterführende Literatur Die Modernisierung des deutschen Handelsrechts durch das BilMoG: Wesentliche Alt- und Neuregelungen im Überblick, DB 2009, S. 745-752. Zur Durchführung der HGB-Modernisierung durch das BilMoG: Die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände, DB 2009, Beilage 5, S. 19-24. Zur Umsetzung der HGB-Modernisierung durch das BilMoG: Wesentliche Änderungen bei außerplanmäßigen Abschreibungen und Wertaufholungen, DB 2009, Beilage 5, S. 25-29. 32
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 33