Schrittweise Abschaffung von Biokraftstoffen der ersten Generation was steht auf dem Spiel? #NobiofuelNofood

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Transkript:

Schrittweise Abschaffung von Biokraftstoffen der ersten Generation was steht auf dem Spiel? #NobiofuelNofood

Wichtige Fakten 1 In der EU lag der Anteil von Biokraftstoffen im Verkehrssektor im Jahr 2014 bei 4,9 %. Die Gesamtmenge an in der Europäischen Union verwendeten Biokraftstoffen belief sich auf 14 Mio. Tonnen. Davon entfielen 11,4 Mio. Tonnen auf Biodiesel (rund 4 % aller im Verkehr genutzten Kraftstoffe) und 2,6 Mio. Tonnen auf Ethanol (rund 0,9 % aller im Verkehr genutzten Kraftstoffe). 2012 stammten 79 % des Biodiesels und 71 % des Ethanols, die in der EU verwendet wurden, aus europäischer Produktion. Biodieselimporte stammten hauptsächlich aus Argentinien und Indonesien. 2013 ergriff die EU allerdings Antidumping-Maßnahmen gegen diese beiden Länder. Bioethanolimporte stammten hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten und Brasilien. Die Entwicklung von Biokraftstoffen der ersten Generation ermöglichte eine Brutto-Einsparung von rund 35 Mio. Tonnen CO2-Emissionen. Der Einsatz erneuerbarer Energien im Verkehrssektor führte in der EU zu einem Rückgang der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen um 116 Mio. Tonnen. Was für die Sicherung der Versorgung der EU noch wichtiger ist, ist, dass die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien zur Vermeidung von Kosten für den Import von Kraftstoffen und somit zu Einsparungen in Höhe von 30 Mrd. pro Jahr geführt hat. Die für die Erzeugung von Biokraftstoff-Ausgangsmaterialien erforderliche und in Anspruch genommene landwirtschaftliche Fläche für die EU belief sich 2012 auf 7,8 Mio. Hektar. Davon befanden sich 4,4 Mio. Hektar in der EU (3 % der gesamten EU-Ackerfläche) und 3,5 Mio. Hektar außerhalb der EU. Heute bieten Biokraftstoffe der ersten Generation einen Absatzmarkt für europäische Agrarrohstoffe. 2-3 % des verfügbaren Getreides der EU, 4-8 % des verfügbaren Zuckers/Isoglukose und 2/3 des verfügbaren Rapsöls werden zur Herstellung europäischer Biokraftstoffe der ersten Generation verwendet. Für die Produktion von Biokraftstoffen der ersten Generation werden in der EU 10 Mio. Tonnen Getreide (Weizen und Mais), 13 Mio. Tonnen Zuckerrüben und 14 Mio. Tonnen Raps verwendet. Diese Absatzmärkte für landwirtschaftliche Agrarrohstoffe dürfen nicht wegfallen. Aus einer Analyse der Kommission geht hervor, dass 2010/2011 für die Produktion von Bioethanol eingesetztes Getreide 3 % des gesamten genutzten Getreides ausmachte. Es wird davon ausgegangen, dass dies nur geringfügige Auswirkungen auf die Preise auf dem Welt-Getreidemarkt hat (1-2 %). Der Verbrauch von EU-Biodiesel ist höher und hatte 2008 und 2010 einen Preiseffekt von geschätzt 4 % auf Ölsaaten für Lebensmittelzwecke (Raps, Soja, Palmöl). Die Nachfrage nach Biokraftstoffen scheint auch wesentlich preissensibler zu sein als die Nachfrage auf dem Lebensmittelmarkt. Aus diesem Grund sinkt die Nachfrage bei steigenden Preisen stärker. Nur Biokraftstoffe mit Nachhaltigkeitszertifizierung können für das EU-Ziel berücksichtigt werden. Die Nachhaltigkeit der meisten Biokraftstoffe, die auf den EU-Markt gebracht werden, wird durch freiwillige, von der Kommission anerkannte Systeme zertifiziert. Die öffentliche Konsultation der Kommission zu RED II (2016) zeigte, dass zwei Drittel der Befragten sich für eine öffentliche Unterstützung von Biokraftstoffen der ersten Generation aussprachen oder keine Meinung hatten. Die Befragten unterstützten Beimischungspflichten als Mittel zur Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energien im Verkehrssektor. 1 Grundlage: Biofuels-Barometer, Fortschrittsberichte zu erneuerbaren Energien sowie Sonderbericht des Rechnungshofes 18/2016

Die Kommission schlägt eine schrittweise Abschaffung von Biokraftstoffen der ersten Generation vor. Was steht auf dem Spiel? Versorgung der EU mit pflanzlichem Eiweiß und Outsourcing der EU-Viehhaltung Die Abhängigkeit der EU von importiertem pflanzlichem Eiweiß hat die Futtermittelpreise weiter ansteigen lassen. Darüber hinaus besteht das Risiko eines Versorgungsbruchs aufgrund der inkohärenten Zulassungen für gentechnisch veränderte Organismen (GVO). In Zukunft könnte sich somit auch die Gefahr einer Standortverlagerung bestimmter Aktivitäten der Tierhaltung in Länder außerhalb der EU verschärfen. Die nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen aus in der EU angebauten Ackerkulturen spielt eine wichtige Rolle bei der Reduzierung dieses Defizits, was sowohl Viehzüchtern und Ackerbauern als auch der Handelsbilanz der EU und der Ernährungssicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger zugutekommt. Wichtige Fakten Die EU importiert 70 % ihres Bedarfs an pflanzlichem Eiweiß, vor allem für die Tierfütterung bestimmtes Schrot und Sojaschrot aus Südamerika. Der Wert dieser Importe, d.h. rund 35 Mio. Tonnen Sojaschrotäquivalent, ist zwischen 2008 und 2015 von 9 auf 12 Mrd. Euro gestiegen. Die Tatsache, dass auch neue Abnehmer insbesondere China an die Anbieter aus Südamerika herantreten, die im Vergleich zur Europäischen Union geringere Anforderungen an die Erzeugungsbedingungen stellen und eine kaum nachvollziehbare Versorgungsstrategie verfolgen, kann die Stabilität auf den EU- Märkten langfristig gefährden. Getreide ist besonders gut an die bodenklimatischen Bedingungen der EU angepasst und stellt auch dank seiner Produktivität und seines Eiweißgehalts eine wichtige lokal verfügbare Quelle für pflanzliches Eiweiß dar. Über 12 Mio. Tonnen Schrot fallen beim Pressen von Ölraps für die Biodieselproduktion in der EU an. Nebenprodukte aus der konventionellen Bioethanol-Produktion ergeben 5 Mio. Tonnen Futter für Nutztiere. Pro Liter in der EU hergestelltem Bioethanol fallen zwischen 1 und 1,2 kg Nebenerzeugnisse für Tierfutter an. Pro Liter Biodiesel entstehen über 1,3 kg eiweißreiche Nebenprodukte. Biokraftstoffe der ersten Generation, die aus in der EU angebauten Ackerkulturen hergestellt werden, ersetzen 4 bis 5 Mio. Hektar Soja, das andernfalls aus Drittländern hauptsächlich in Südamerika eingeführt würde. Dies führte ab Anfang 2010 zu einem Rückgang des Import-Verbrauch-Verhältnisses der EU um 10 %.

Stabilität auf den Agrarmärkten, landwirtschaftliche Einkommen und EU-Ernährungssicherheit Es geht hier nicht darum, sich zwischen der Produktion von Lebensmitteln oder konventionellen Biokraftstoffen zu entscheiden, sondern darum, die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen bestmöglich für die Produktion von Lebensmitteln und erneuerbaren Energien sowie von anderen Produkten, die oftmals aus den gleichen Kulturen erzeugt werden, zu nutzen. Konventionelle Biokraftstoffe bedeuten nicht automatisch einen Marktkonflikt Vielmehr erleichtern sie die Verwaltung der Märkte für landwirtschaftliche Rohstoffe, was eine Stabilisierung der Märkte und Preise für Agrarrohstoffe ermöglichen und auch mehr Sicherheit für Verbraucher und Landwirte schaffen kann. Stabile Agrarmärkte führen zu einem Anstieg der Investitionen und zu Produktivitätsverbesserungen, was sowohl der menschlichen und tierischen Ernährung als auch den Biokraftstoffen zugutekommt. Wichtige Fakten Die Volatilität auf den Agrarmärkten hat in den letzten Jahren aufgrund verschiedener Faktoren deutlich zugenommen. Hierzu zählen unter anderem die zahlreichen seit der Uruguay-Runde durchgeführten agrarpolitischen Reformen, die die Agrarmärkte der EU anfälliger für weltweite Schwankungen gemacht haben (wie dies schon für andere, nicht-landwirtschaftliche Rohstoffe der Fall ist), extreme Witterungsbedingungen (durch den Klimawandel verursachte Überschwemmungen, Dürren und Stürme), Exportverbote und Finanzspekulation. Diese Marktvolatilität dürfte sich auch in Zukunft fortsetzen. Gleichzeitig wird gemeinhin anerkannt, dass die weltweite Nahrungsmittelproduktion bis 2050 verdoppelt werden muss und dass die Betriebsmittelkosten steigen. Der Marktpreis für Getreide ist in den letzten 3 Jahren um 40 % gefallen. Dies ist auf Rekordernten weltweit zurückzuführen und hängt nicht speziell mit der Produktion von Biokraftstoffen der ersten Generation in der EU zusammen. Ausschöpfung der landwirtschaftlichen Produktionskapazitäten der EU und des grünen Wachstums in ländlichen Gebieten Die Produktion von Biokraftstoffen aus in der EU angebauten Ackerkulturen hat den europäischen Landwirten neue Märkte für Agrarrohstoffe eröffnet. Die Produktion von Biokraftstoffen hat Investitionen in Betriebe und in die landwirtschaftliche Forschung begünstigt, was im Gegenzug dank besserer Anbaumethoden und neuer Sorten Ertragssteigerungen ermöglicht hat. Dies kommt der Produktion von Lebensmitteln, Futtermitteln und Biokraftstoffen zugute. Das Beispiel Ölraps zeigt deutlich, wie der Agrarsektor von einem besseren Verständnis der Fruchtfolge profitiert: Die neuen Märkte haben zu Investitionen in diese Ackerkultur geführt, da dank des Biodiesels eine größere Nachfrage besteht und sich auch mehr Geld in der Versorgungskette befindet. Der Anbau von Ölraps in der Getreidefruchtfolge bietet zahlreiche landwirtschaftliche Vorzüge. Er ist eine wirkungsvolle Kultur zu Beginn der Fruchtfolge, da bessere Erträge für die erste Getreidekultur ermöglicht werden; Raps ermöglicht zudem eine Eindämmung resistenten Unkrauts durch alternative Methoden sowie frühere Aussaat und Ernte und das bei einer Aufteilung der Arbeitslast und einer geringeren Kapitalinvestition.

Die Monokultur ist in bestimmten Gebieten manchmal das angemessenste Anbausystem für Mais und führt nicht zu einer Verschlechterung der Bodenqualität. Getreidefelder sind auch ein verkanntes Reservoir für die Artenvielfalt seien es Weizen- oder Maisfelder. Insbesondere Mais ist im Sommer ein Zufluchtsort für zahlreiche Insekten- und Säugetierarten. Er bietet ihnen eine grüne, feuchte, frische und voll entwickelte Vegetation, die als Futterquelle dient und an heißen Tagen auch Schutz vor der Hitze bietet. Im Winter dienen die auf dem Feld verbliebenen Kolben und Körner Zugvögeln wie z.b. Kranichen als Nahrung. Die auf dem Feld verbleibenden Reste von Strohgetreide bieten der kleinen Feldfauna Nahrung und Brutplätze. Der Zuckerrübenanbau ist ein Vorbild ökologischer Nachhaltigkeit. Durch ihre Pfahlwurzel verbessert die Rübe die Bodenstruktur und reduziert die Bodenverdichtung und -erosion. Dünger und Pestizide werden im Allgemeinen sparsam eingesetzt. Die Rübe hat eine äußerst positive Energiebilanz. Sie produziert das 15 bis 16-fache der Energie, die für ihre Produktion aufgewendet werden muss. Konventionelle Biokraftstoffe aus Ölsaaten, Getreide und Zuckerrüben würden die Entwicklung dieser Kulturen beflügeln und somit zu einem zusätzlichen Angebot von für die Herstellung von fortschrittlichen Biokraftstoffen verfügbaren Ernterückständen führen. Wichtige Fakt en 1,5 bis 2 Mio. Hektar Ackerland der EU werden seit der Abschaffung der obligatorischen Flächenstilllegung im Jahr 2009 nicht mehr bestellt. D ie Anbauflächen mit Raps in der Fruchtfolge sind seit der Jahrtausendwende von 2 auf 6,7 Mio. Hektar angestiegen. Die 6,5 Mio. Tonnen Rapsöl, die für Biodiesel bestimmt sind, führen zu keinen übermäßigen Spannungen auf dem Weltmarkt für Öle und Fette. Sie müssen im Verhältnis zum jährlichen Produktionsanstieg gesehen werden, der sich seit mindestens zehn Jahren auf 5 bis 7 Mio. Tonnen pro Jahr beläuft. Im Jahr 2010 betrug die Produktion 175 Mio. Tonnen im Vergleich zu 110 Mio. Tonnen im Jahr 2000. Vorhersagen gehen davon aus, dass sie sich im Jahr 2020 auf 240 Mio. Tonnen belaufen wird. N ur 10 Mio. der insgesamt 335 Mio. Tonnen Getreide der EU werden für die Produktion von Bioethanol verwendet. Diese würden ansonsten aufgrund mangelnder Absatzmärkte die Lagerbestände aufblähen. Die EU produziert ausreichende Getreideüberschüsse, die in den Export gehen. B ei Zuckerrüben wird davon ausgegangen, dass 150.000 Hektar derzeit zu Energiezwecken (Bioethanol, Biogas) genutzt werden. D ie für die Produktion konventioneller Biokraftstoffe genutzte Fläche entspricht rund 2,5 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche (UAA) der EU. Dennoch könnten aufgrund der Maßnahme zu ökologischen Vorrangflächen rund 5 Mio. Hektar Ackerland aus der Produktion herausfallen. E s gibt Möglichkeiten, das grüne Wachstum mit neuen Technologien zu fördern (Pflanzengenomik, Präzisionslandwirtschaft, Wasserwirtschaft, Bodenmanagement usw.)

Was wären die negativen Auswirkungen einer Abschaffung von Biokraftstoffen der ersten Generation? Agrarmärkte Über zwei Drittel des in der EU produzierten Rapsöls (rund 6-7 Mio. Tonnen) fließen in die heimische FAME-Biodieselproduktion. Es ist unrealistisch, zu glauben, dass die EU ihre Rapsöl-Exporte in Drittländer verzwanzigfachen kann, um den internationalen FAME- Biodieselmarkt zu ersetzen, oder andere Öle und Fette auf dem EU-Lebensmittelmarkt, falls diese abgeschafft werden sollten. Als Alternative zum Rapsanbau können Landwirte auf andere Getreidesorten wie Weichweizen umstellen. Die Aufgabe von 15 Mio. Tonnen Raps mit einem Durchschnittsertrag von 3,1 Tonnen pro Hektar würde 4,84 Mio. Hektar Ackerland freimachen. Weichweizen erbringt einen Ertrag von durchschnittlich 5,5 Tonnen pro Hektar. Würde man auf allen Hektarflächen, die nicht länger mit Raps für FAME-Biodiesel bestellt werden, stattdessen Weichweizen anbauen, könnte die Verfügbarkeit von Weichweizen sprunghaft um 27 Mio. Tonnen ansteigen. Dies entspricht über 15 % der gesamten in der EU verfügbaren Weichweizenmenge. Dies könnte zu Marktstörungen im Getreidesektor führen, wenn es der EU nicht gelingt, neue Exportmärkte zu erschließen. Da es nach 2017 keine Zuckerquoten mehr geben wird, besteht die Gefahr, dass sich die Unsicherheit und Volatilität auf dem Zucker- und Stärkemarkt verschärfen. Man sollte dem Zuckerrübensektor nicht seinen Absatzmarkt, d.h. Ethanol für Verbrennungsprozesse, nehmen. Dieser Absatzmarkt spielt eine wichtige Rolle für die Anpassung der Zuckerpreise in anderen Teilen der Welt wie z.b. Brasilien. Landwirte und Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten Ein Auslaufen der EU-Unterstützung für konventionelle Biokraftstoffe würde aufgrund eines fehlenden Rapsölmarktes zu einer Aufgabe der Rapsproduktion führen. Die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Einbußen würden durch einen Anstieg des Rapsschrotpreises nicht aufgewogen. Rapserzeuger würden Einkommensverluste in Höhe von 300 pro Hektar verzeichnen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Streichung der Unterstützung für konventionelle Biokraftstoffe den Spielraum der Landwirte bei der Umsetzung der Anbaudiversifizierungsauflagen einschränken könnte. Der Biokraftstoffsektor könnte auch umstrukturiert werden, da seine Produktionskapazitäten nicht voll ausgeschöpft würden. Die EU-Ziele zu erneuerbaren Energien und Biokraftstoffen haben zu Investitionen in Höhe von 16 Mrd. Euro und zur Schaffung von 220.000 Arbeitsplätzen geführt, die nun auf dem Spiel stehen. Im Bereich erneuerbare Energien im Verkehrssektor hat der ständige Kurswechsel der Kommission weitere Unsicherheit für Investoren ausgelöst. Wir begrüßen zwar die deutliche Unterstützung fortschrittlicher Biokraftstoffe im Rahmen der Mitteilung zu emissionsarmer Mobilität vom 20. Juli, aber die vorgeschlagene Vision der Kommission, einen Sektor fortschrittlicher Biokraftstoffe zu entwickeln und dafür den Sektor der konventionellen Biokraftstoffe zu opfern, beschädigt de facto das Vertrauen der Investoren und die Bankfähigkeit. Auf diese Weise werden die Zuversicht mit Blick auf den Biokraftstoffmarkt als Ganzes untergraben und die Klima- und Energieziele 2030 der EU geschädigt.

Umwelt Die ehrgeizigen EU-Treibhausgasziele für 2030 werden schwieriger zu erreichen sein, da anstatt Biokraftstoffen der ersten Generation mehr fossile Brennstoffe zum Einsatz kommen werden, bis Elektromobilität in größerem Ausmaß entwickelt ist. Die Option der Nutzung konventioneller Biokraftstoffe, d.h. einer bewährten, flächendeckend verfügbaren Technologie für CO2- arme Verkehrskraftstoffe, zu streichen, hieße, anderen Nicht-ETS- Sektoren eine zusätzliche Belastung aufzubürden. Hierfür wären massive zusätzliche Emissionseinsparungen in den Sektoren Landwirtschaft, Bau und Abfall erforderlich. Dies würde die Fähigkeit der Mitgliedstaaten gefährden, ihre Verpflichtungen zur Lastenteilung einzuhalten. Die EU-Flächen mit Deckfrüchten könnten schrumpfen, was negative Folgen für die Artenvielfalt hätte. Zudem wird die Verfügbarkeit von gebrauchtem Öl in der EU weit hinter dem zurückbleiben, was als Ersatz des für die FAME- Biodieselproduktion genutzten Rapsöls nötig wäre. Folglich wird die EU mehr Abfall importieren müssen. Energiesicherheit Die EU würde stärker von Importen fossiler Brennstoffe für den Verkehrssektor abhängig. Es ist essenziell, zumindest die EU-Produktionskapazität für Biokraftstoffe der ersten Generation aufrecht zu erhalten, um der extremen Volatilität auf dem Markt für fossile Brennstoffe zu begegnen, die zu geopolitischer Instabilität weltweit führen könnte. Es ist nicht immer möglich, Verfahren für fortschrittliche Biokraftstoffe zu Produktionskapazitäten der ersten Generation hinzuzufügen. Verschwendung öffentlicher Gelder Der Sektor für Biokraftstoffe der ersten Generation hat sich dank Non-Food-Brachen entwickelt, die über die Gemeinsame Agrarpolitik, nationale staatliche Beihilfen und ein Steuererleichterungsprogramm in den letzten 25 Jahren gestützt wurden. Die Abschaffung der Unterstützung für Biokraftstoffe der ersten Generation würde zu einer Umstrukturierung des Sektors führen und wäre eine Verschwendung öffentlicher Gelder. Die biobasierte Wirtschaft Biokraftstoffe der ersten Generation sind ein bedeutender Sektor der biobasierten Wirtschaft. Die Entwicklung und Verbreitung von konventionellen wie auch fortschrittlichen Biokraftstoffen kann ein Schritt hin zur einer weniger stark von fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaft sein. Die umfangreiche Produktion von Biokraftstoffen ist eine Vorbedingung für stärkere Investitionen in die Bioökonomie und die Entwicklung von Lösungen in der Land-, Lebensmittel- und Forstwirtschaft, um den Klimawandel abzumildern.

Vorschläge Wir sprechen uns entschieden gegen die Streichung der EU-Unterstützung für konventionelle Biokraftstoffe nach 2020 aus. Wir brauchen eine langfristig angelegte, stabile Politik und mehr Kohärenz zwischen den verschiedenen EU-Politikfeldern, darunter in den Bereichen Energie, Klima, Landwirtschaft, Industrie und Handel. Nur so können die ehrgeizigen Ziele der Klima- und Energiestrategie tatsächlich umgesetzt werden. Unsere Vorschläge: Biokraftstoffe der ersten Generation, die Tierfutter und Protein für den europäischen Markt erzeugen, müssen Priorität genießen. Dies muss sich in einem angemessenen, verbindlichen EU-Ziel für Biokraftstoffe der ersten Generation, die aus EU-Ackerkulturen hergestellt wurden, widerspiegeln. Es müssen Beimischungsauflagen für konventionelle und fortschrittliche Biokraftstoffe erlassen werden. Dabei sind die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zu RED II zu berücksichtigen. Die Höhe des verbindlichen Beimischungsziels für Biokraftstoffe der ersten Generation darf 2030 nicht unter 7 % liegen. Um die aktuell existierende Produktionskapazität aufrecht zu erhalten, muss die Höhe des verpflichtenden Beimischungsziels über 7 % hinaus erhöht werden, da die Entwicklung der Elektromobilität zu einer Abnahme der Brennstoffmengen für den Straßenverkehr führen wird. Die verbindlichen Ziele in der Richtlinie erneuerbare Energien und in der Kraftstoffqualitätsrichtlinie sind der kosteneffizienteste Weg um sicherzustellen, dass Treibhausgasemissionen in diesem Sektor reduziert werden, und müssen daher nach 2020 erhöht werden. Die Renationalisierung des Marktes für Biokraftstoffe der ersten Generation muss tunlichst vermieden werden, da sie sich negativ auf den EU-Binnenmarkt auswirken würde. Das Prinzip technologischer Neutralität muss in der Kraftstoffqualitätsrichtlinie erhalten bleiben. Parallel dazu müssen Konzessionen für Ethanol- und Biodieselimporte aus Drittländern in bilateralen, multilateralen und APS-Abkommen (Allgemeines Präferenzsystem) abgeschafft werden. Zudem muss die von der EU angestoßene gerichtliche Anfechtung der differenziellen Exportzölle in Argentinien und Indonesien bestehen bleiben und sowohl durch die WTO als auch den Europäischen Gerichtshof unterstützt werden. 61, Rue de Trèves B - 1040 Bruxelles Telephone : 00 32 (0) 2 287 27 11 Telefax : 00 32 (0) 2 287 27 00 www.copa-cogeca.eu BI(16)9769