1 Handelbare Ausweisungsrechte ein Zertifikatehandel für Flächenneuausweisungen Ringvorlesung am 04.06.2012 - ARL/Uni Hannover Prof. Dr. Kilian Bizer Professur für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung, Universität Göttingen
2 Gliederung Flächenverbrauch: Leistungsfähigkeit des Bauund Planungsrechts Flächenzertifikatehandel Fallstudie aus DoRiF für die Region Hannover FORUM: Die Vorbereitung eines Modellversuchs
3 Flächenverbrauch: Trends und Treiber
4 Flächenverbrauch: Trends und Treiber Flächenverbrauch ist abgekoppelt von der Bevölkerungsentwicklung Flächeninanspruchnahme erfolgt in allen Regionstypen Ost-West-Unterschiede bei Verstädterungsgrad / Flächeninanspruchnahme Weiterhin hohe Angebotsplanung
5 Leistungsfähigkeit des Bau- und Planungsrecht ROG und BauGB enthalten keine gesetzlich festgelegten Mengenziele der Flächenverbrauchsbegrenzung, die von Planungsträgern beachtet werden müssen. Flächenverbrauch ist lediglich ein Belang, der bei der Verfolgung der Planung einzubeziehen ist und nicht die Planung begrenzende Direktive!
6 Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vom Oktober 2009 Wir beabsichtigen, einen Modellversuch zu initiieren, in dem Kommunen auf freiwilliger Basis ein überregionales Handelssystem für die Flächennutzung erproben.
7 Handel mit Flächenzertifikaten Zertifikatemenge durch Ziel gedeckelt Zertifikate für B-Plan und Satzungen soweit Außenbereichsflächen in Anspruch genommen werden erforderlich Zuteilung der Zertifikate alle 4-5 Jahre Handel mit den Zertifikaten möglich Handelssystem neben dem Raumordnungs- und Fachplanungsrecht
8 Handel mit Flächenzertifikaten Nationales Flächensparziel Zuteilung 3 ha 1 ha 2 ha Planung Gemeinde A Gemeinde B Gemeinde C reine Innenentwicklung großes Projekt (4 ha) im Außenbereich kleines Projekt (2 ha) im Außenbereich Bedarf +3 Zertifikate -3 Zertifikate gedeckt Aktivität Verkauf Kauf
9 Warum weisen Kommunen so großzügig aus? Fehlende Information: Sie irren sich bei den fiskalischen Erträgen und verlieren tatsächlich. Politischer Konjunkturzyklus : Bürgermeister müssen Stärke zeigen bei der Versorgung von Unternehmen und Anwohnern, um wieder gewählt zu werden Sie prognostizieren Fiskalerträge richtig: Gemeinden gewinnen durch Ausweisung
10 Warum Handelbare Ausweisungsrechte? Preise sind starke Instrumente! Neuer Preis bedeutet: Achtung! Rechne, ob es lohnt! Preisinstrumente brauchen aber ein Institutionengeländer : Informationsinstrumente z.b. Fiskalrechner Kampagnen, die Bewusstsein schaffen Marktgrenzen: Planerische Einbindung Flächenverbrauch erfolgt da, wo er den größten Nutzen stiftet (geringe volkswirtschaftliche Kosten) Treffsichere Zielerreichung der 30 ha/day
11 Warum Handelbare Flächenausweisungsrechte? HAR können mit dem bestehenden Planungsrecht gut verzahnt werden Lastenausgleich zwischen den Kommunen: Kommunen zahlen für Entwicklung an die Kommunen, die auf Entwicklung verzichten Größtmögliche Wahrung der kommunalen Freiheitsrechte Keine Kommune kann einfach Trittbrettfahren
12 Was spricht gegen HAR? Planer können nicht kalkulieren Transaktionskosten sind prohibitiv hoch für Marktbeobachtung Handel Keine Effizienzgewinne, weil Planer den Präferenzen ihrer Bürgermeister folgen Monopolisierung führt zu überhöhten Preisen
13 HAR: Hannover Region als Fallbeispiel in DoRiF Neustadt a. Rbge. Wedemark Langenhagen Isernhagen Barsinghausen < -5-5 - 0 0-5 > 5 Hannover Gehrden Hemmingen Springe Laatzen Pattensen Lehrte Sehnde Vergleich von überplanten Gebieten und freier Zuteilung von HAR: Wer muss HAR zukaufen (rot)? Wer kann HAR verkaufen (grün)? 2010-2024 Durchschnitt in ha/year Source: Henger 2011
14 HAR: Experimentelles Design Kombination von kontrolliertem Feldexperiment (auf der Basis von Felddaten, Probanden im Experiment waren Planungsamtsleiter o.ä.) und einem Laborexperiment mit Felddaten (Probanden waren Studenten, monetärer Anreiz) Session I: Kommunen / Planer Session II: Studenten Treatment 1: Freie Zuteilung von HAR Treatment 2: Hybride Zuteilung von HAR 2010-24: grandfathering, kontinuierlicher Handel (multiunit double auction = MUDA) 2010-14: grandfathering, dann MUDA 2015-19: 50% Grandfathering, 50% MUDA 2020-24: 100 % auctioning, MUDA
15 HAR: Preisentwicklung (Planer) Durchschnittspreise in Treatment 1 und 2: beide bei rd. 32 pro m² Bruttobauland Source: Henger (2011)
16 HAR: Preisentwicklung (Planer) Durchschnittspreise in Treatment 1 und 2: 27 und 24 per m² Bruttobauland
17 Verwendung der Zertifikate Gegenüberstellung der geplanten und umgesetzten Baugebiete
18 Effizienz und Handelsgewinne Hohe Effizienzgrade zwischen 82 und 88 % Kosteneinsparungen von 14 bis 27 Mio. Euro (=28 bis 53 %) Das Ziel wird günstiger erreicht und die Kommunen können sich durch den Handel besser stellen (nicht alle!) Studenten erzielten bessere Ergebnisse (deutlich größeres Handelsvolumen, aber auch Spekulation) Marktmacht führt v.a. zu Verteilungsproblemen
19 HAR: Ergebnisse aus der Region Hannover
20 Ergebnis aus DoRiF 1. Preis funktioniert auch für Planer effizient 2. Zertifikate steuern die Menge genau, keine politische Preisanpassung 3. (Grandfathered) Zertifikate können Lastenausgleich zwischen Kommunen herstellen 4. Zertifikate gehen mit verträglichen Transaktionskosten einher 5. Monopolpreise sind möglich bei zu kleinen Räumen mit zu wenigen Akteuren
21 Handel mit Flächenzertifikaten Das Projekt FORUM
22 Methode Experimentalgesetz (-) sauberste Möglichkeit, aber out of scope Realexperiment mit realer Bindung (-) Präselektion (-) hoher finanzieller Aufwand (-) bei einer 3jährigen Laufzeit: dünner Markt (Kontrolliertes) Feldexperiment mit Fallstudien (-) Kooperation bei Datenerhebung (+) Replizierbarkeit (+) Auswertungsmöglichkeiten
23 Handel mit Flächenzertifikaten Das kontrollierte Feldexperiment Handel mit Flächenzertifikaten wird simuliert Zeitraffersimulation 50-100 Kommunen Zusammenstellung der Datengrundlage Erstellen einer kommunalen Flächenbilanzen (Definition des Außenbereichs) Erhebung der geplanten Flächenverbräuche Ermittlung der Kosten-Nutzen-Daten für flächennutzungsbezogene Entscheidungen Auswertung und Begleitung
24 Handel mit Flächenzertifikaten Die Fallstudien Alle am KFE teilnehmenden Kommunen sind auch potenzielle Teilnehmer der Fallstudien. 15 Fallstudien in ausgewählten Kommune Diskussion anhand einer Muster-TO : Innenentwicklungsbereichsabgrenzung Barwert Flächenbilanz Verwaltungsablauf Beobachtung des (weiteren) Flächenverbrauchs
25 Handel mit Flächenzertifikaten Ablaufplan
26 Forschungserkenntnisse aus FORUM Klärung offener Fragen bzgl. Zulässigkeit und Ausgestaltung des Instruments Modus bei der Trennung von Innen- und Außenentwicklungsvorhaben Weitergabe Zertifikatekosten Rechtliche Rahmenbedingungen für die Integration in den gemeindlichen Verwaltungsablauf
27 Warum brauchen wir den Modellversuch? Flächensparen ist kein Selbstläufer Breitere empirische Basis (Steigerung der externen Validität) Identifizierung der Ausweichoptionen Designoptionen testen (z. B. Teilmärkte, Leihvariante, ) Erkenntnisse bzgl. Praktikabilität Auswertung des Ausweisungsverhaltens nach raumplanerischen Aspekten Beobachtung der Lerneffekte
28 Zusammenfassung I 1. HAR sind eine instrumentelle Option, deren Erprobung Erkenntnisse für alle anderen Instrumente bereit stellt 2. Eingebettet ins Planungsrecht können HAR wesentlichen Beitrag zum effizienten Flächensparen leisten (30 ha/day) (DoRiF/Spiel.Raum) 3. Flankierend erfordern sie informationelle Ansätze zu Fiskalwerten von SuV-Ausweisungen, insbesondere zu Gewerbegebieten
29 Zusammenfassung II 4. HAR sind Instrument des Lastenausgleichs zwischen entwickelnden Kommunen und auf Entwicklung verzichtenden Kommunen 5. Wir müssen mehr Kommunen einbinden in kontrolliertes Feldexperiment zur Marktsimulation - nicht nur 11 (DoRiF) bzw. 14 (Spiel.Raum) 6. Wir müssen mehr über die Behandlung im Verwaltungsverfahren erfahren kommunale Fallstudien
30 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!