Psychoedukation im Trialog. Jetzt wird`s persönlich

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Zur Risiken und Nebenwirkung fragen sie am besten Betroffene, Angehörige und Fachleute Psychoedukation im Trialog Jetzt wird`s persönlich Würzburg, 20.09.2014 Michael Wischeler Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie LWL-Klinik Dortmund, Institutsambulanz

Gliederung 1. Was ist Psychoedukation? 2. Warum ist Psychoedukation wichtig? 3. Welche Formen der Psychoedukation gibt es? 4. Wie kann eine Gruppenpsychoedukationssitzung z.b. ablaufen? 5. Was kann Psychoedukation bewirken/bringen? 6. Risiken, Nebenwirkungen und Kontraindikationen der Psychoedukation

Gliederung 7. Welchen Stellenwert hat Psychoedukation im Gesamtbehandlungsplan? 8. Schwerpunktthemen in der Psychoedukation bei bipolaren Störungen 9. Psychotherapeutische Wirkfaktoren der Psychoedukation 10. oder hilft die Psychoedukation am besten? 11. Wie kommt man an psychoedukative Gruppen heran? 12. Diskussion

1. Was ist Psychoedukation? a) Definition: Unter dem Begriff Psychoedukation werden systematische, didaktisch-psychotherapeutische Interventionen zusammengefasst, um Patienten und ihre Angehörigen über die Krankheit und ihre Behandlung zu informieren, ihr Krankheitsverständnis und den selbstverantwortlichen Umgang mit der Krankheit zu fördern und sie bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen. Bäuml & Pitschel-Walz, 2008, S. 3

1. Was ist Psychoedukation? b) Entstehungsgeschichte: Der Begriff,,Psychoedukation wurde in den USA erstmals 1980 von der Ärztin C. M. Anderson im Rahmen der Schizophrenie- Behandlung gebraucht. Ihren Ursprung hat Psychoedukation in der Verhaltenstherapie, in der das Wiedererlernen der eigenen emotionalen und sozialen Kompetenz im Vordergrund steht. Im Vorfeld der Verhaltenstherapie hat Paul Dubois (Schweizer Psychotherapeut) den Terminus der Edukation im Rahmen seiner Persuasionstherapie bereits 1901 gebraucht. In der Persuasionstherapie hat er dem Klienten im Gespräch die Entwicklung seiner Symptome erläutert.

2. Warum ist Psychoedukation wichtig? um die Krankheit akzeptieren zu lernen zur realistischeren Einschätzung der Erkrankung über Wissensvermittlung um Unsicherheiten, Hilflosigkeit, Ängste und Stress im Zusammenhang mit der Erkrankung abzubauen zur Aufklärung über Behandlungsmethoden und eigene Bewältigungsmöglichkeiten für ein besseres Abwägen zwischen Wirkung und Nebenwirkung von Therapien zur Förderung des Vertrauens und der Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt bzw. Therapeut zur rechtzeitigen Inanspruchnahme von Unterstützung durch Fachleute über ein frühzeitiges Erkennen erster Symptome zur Verringerung des Rückfallrisikos und der Chronifizierung Wagner & Bräunig, 2004, S. 157

3. Welche Formen der Psychoedukation gibt es? a) in Bezug auf die Teilnehmer Einzelgespräche mit Patienten oder Angehörigen Sitzungen mit einzelnen Familien Sitzungen mit Betroffenen und Angehörigen (Trialog) Nur Angehörigengruppen (ca. 8 bis 15 Angehörige) Nur Patientengruppen (ca. 6 bis 12 Patienten) Patienten- und Angehörigenngruppen finden parallel statt (bifokal)

3. Welche Formen der Psychoedukation gibt es? b) in Bezug auf den Zeitrahmen Einmaliges Gespräch bzw. einmalige Gruppensitzung Kurzfristige Psychoedukation (bis zu 8 Sitzungen) Längerfristige Psychoedukation (mehr als 8 Sitzungen) c) in Bezug auf den Gruppenrahmen Offene Gruppen Geschlossene Gruppen

4. Wie kann eine Gruppenpsychoedukationssitzung z.b. ablaufen? Klare Struktur Zeitliche Begrenzung (z.b. 60 bis 90 Minuten) Gruppenregeln Interaktion Kein Frontalunterricht Einbringen persönlicher Erfahrungen der Teilnehmer Wiederholung der wichtigsten Inhalte der letzten Sitzung Aktuelles Schwerpunktthema bearbeiten Zusammenfassung und Beantwortung offener Fragen Abschlussrunde mit persönlichem feedback

5. Was kann Psychoedukation bewirken/bringen? a) (bei) mir als Patienten Ich kann mehr Wissen über die eigene Erkrankung erlangen Ich kann Hilfen bei der Verarbeitung schwieriger (schwerwiegender) Fakten bekommen (,,Aha-Erlebnisse ) Es werden Vor- und Nachteile der möglichen Behandlungsmethoden (z.b. Medikamente, Psychotherapie) diskutiert; dadurch können Entscheidungen hinsichtlich der weiteren Behandlung erleichtert werden Ängste, Unsicherheiten und Befürchtungen können reduziert werden Es kann neue Hoffnung geschöpft werden Selbstvertrauen kann (wieder) zunehmen Es können neue Kräfte freigesetzt werden Dadurch kann die Lebensqualität (wieder) zunehmen

5. Was kann Psychoedukation bewirken/bringen? b) (bei) mir als Angehörigem Krankheitssymptome eines Betroffenen können besser gedeutet und eingeordnet werden Dadurch können Angehörige dem Betroffenen Stabilität und Zuversicht vermitteln Das Familienklima kann verbessert werden Es kann zu emotionaler Entlastung kommen

6. Risiken, Nebenwirkungen und Kontraindikationen der Psychoedukation? a) Risiken: Akut erkrankte Patienten, die z.b. an Denk-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen leiden, könnten gereizt oder resigniert reagieren und demotiviert werden, wenn in dieser Phase der Erkrankung zu viele Informationen auf sie einströmen. Es sollte auf den richtigen Zeitpunkt der Teilnahme (im Hinblick auf die Krankheitsphase) geachtet werden. b) Nebenwirkungen: Bei Teilnehmern, die schon viele Vorkenntnisse und Vorerfahrungen mitbringen, besteht die Gefahr, dass Langeweile aufkommt. Diese Gefahr kann dadurch ausgeräumt werden, dass diese Teilnehmer ihr Wissen und ihre Erfahrungen in die Gruppe einbringen. c) Kontraindikationen: Gibt es nicht, es sei denn, jemand hält die vereinbarten Gruppenregeln nicht ein.

7. Welchen Stellenwert hat Psychoedukation im Gesambehandlungsplan? Ausführliche Psychoedukation im Gruppensetting Individuelle Rückfallprophylaxe ggf. ggf. Spezifische Psychotherapie (z.b. zur Behandlung akuter oder chronischer depr. Symptome, Komorbiditäten) (in Anlehnung an Meyer, 2005)

8. Schwerpunktthemen in der Psychoedukation bei bipolaren Störungen a) nach Erfurth, Dobmeier und Zechendorff (6 Sitzungen) Modul 1: Begriffsbestimmung Modul 2: Symptome Modul 3: Verlauf der Erkrankung Modul 4: Behandlung Modul 5: Ursachen der Erkrankung Modul 6: Frühsymptome und Gesundbleiben

8. Schwerpunktthemen in der Psychoedukation bei bipolaren Störungen b) nach Wagner und Bräunig:

9. Psychotherapeutische Wirkfaktoren der Psychoedukation Therapeutische Beziehung: Zeit für Patienten Problemklärung (Kausalattribution): Diagnose verständlich erklären Lösungskompetenz (Kontrollattribution): Therapie verständlich erklären (in Anlehnung an Grawe) Gruppeninteraktion

10. oder hilft die Psychoedukation am besten? Die Psychoedukation ist wirksam Die Psychoedukation wird von Betroffenen und Angehörigen als hilfreich und heilsam empfunden Je mehr Zeit für psychoedukative Maßnahmen zur Verfügung steht, desto mehr bewegt sich der Schwerpunkt von einer rein edukativen zu einer mehr psychotherapeutischen Maßnahme

11. Wie kommt man an psychoedukative Gruppen heran? Informationen kann man erhalten: In Kliniken In Tageskliniken In Ambulanzen In Praxen (Ärzte, Psychologen) Beim Gesundheitsamt In rehabilitativen Einrichtungen In Selbsthilfegruppen Im Internet

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!