Atemmechanik
Atmung Äußere Atmung (Lungenatmung) Ventilation (Belüftung) Diffusion (Austausch) Perfusion (Durchblutung) Innere Atmung (Zellatmung) Intrazellulär Energiegewinnung in den Mitochondrien (Atmungskette)
Aufgaben der Atmung (Lunge) Abtransport des durch Stoffwechselvorgänge entstehenden CO 2 Transport von O 2 zu Körpergeweben (Energiegewinn durch oxidativen Abbau von Nährstoffen) Mitwirkung an der ph-homöostase (Säureausscheidung ~14.500mmol/d) Leber ~ 1.000mmol Niere ~50mmol Beteiligung an der Thermoregulation Immunabwehr, endokrine Funktionen (inkl. Abbau)
Transportweg des Sauerstoffs im menschlichen Körper
Transportsystem der Atmung mit äußerer Atmung, Kreislauf und innerer Atmung
Ventilation & Perfusion sollten aufeinander abgestimmt sein Ruhe: AMV: ~5 l/min HMV: ~5 l/min V/P = 1:1 Belastung: AMV; ~100 l/min HMV: ~20 l/min V/P = 5:1 Für einen effektiven Gasaustausch ist eine enge Abstimmung von Ventilation und Perfusion notwendig!!! Aber!!!!!
Ventilation und Perfusion bei Orthostase Lungenspitze liefert wenig, aber O 2 -reiches Blut Lungenbasis liefert viel, aber O 2 -ärmeres Blut V/P-Störungen sind die häufigste Ursache für Einschränkungen des Gasaustausches!!! Pulmonalgefässe reagieren passiv auf Dehnung (P-Typ-Gefäße) (kein Bayliss-Effekt und daher auch keine Autoregulation aufgrund einer Dehnung!!!) Unterstützt aber die Diffusion der Atemgase!!!
Euler-Liljestrand-Mechanismus hypoxische pulmonale Vasokonstriktion HPV Glatte Muskulatur reagiert auf O 2 -Mangel mit Vasokonstriktion (sind also O 2 -Sensoren und gleichzeitig Effektoren) O 2 -sensitive Kaliumkanäle schließen und Kaliumleitfähigkeit sinkt Ca 2+ kann einströmen wenig Blut in O 2 -armen Regionen optimierte Perfusion durch Shunts!!! Gilt nur für die Lunge!!! CO 2 Anstieg und O 2 -Mangel führen zu einer Bronchodilatation optimierte Ventilation!!! Optimierung des eigentlich ungünstigen V/P s
Hypoxie Höhenaufenthalt Höhenkrankheit Erhöhter Druck im Pulmonalkreislauf durch Vasokonstriktion Vermehrte Filtration durch Schäden am Endothel Ödembildung Höhenödem Diffusionsstrecke verlängert Gefahr einer Hypoxämie Höhere Nachlast für das rechte Herz Cor pulmonale Klinik: relevant auch bei COPD oder ARDS Adrenalin senkt über β 2 -Rezeptoren den Tonus der glatten Muskulatur Hypokapnie und Alkalose hemmen HPV
Die Lunge mit den zuführenden Atemwegen (Nasenrachenraum, Kehlkopf, Luftröhre, Brochialbaum)
Überblick
Bronchoskopische Aufnahme der Teilung der Trachea in die beiden Hauptbronchien
Verzweigungen im Atemwegsverlauf Totraum: bis zu den Terminalbronchioli (16) kein Gasaustausch Konduktionszone Dann erfolgt erst die Respirationszone Die Ausbildung der letzten 6 Aufzweigungen des Bronchialsystems erfolgen postnatal!!
Funktionen des Totraums Anfeuchtung der eingeatmeten Luft (Schutz vor Austrocknung der Alveolen, P H2O = 47mmHg) Erwärmung der Luft (Angleichung an KT Diffusion!) Unspezifische und spezifische immunologische Abwehr Mukoziliäre Clearance (Reinigung: Muzin & Kinozilien) Phonation Thermoregulation
Pendelluft Totraum Bestimmung des Totraums (CO 2 -Messung) Anatomischer vs. physiologischer Totraum Beinhaltet auch alveolären Totraum Totraumbelüftung + alveoläre Belüftung = Gesamtatmung Künstliche Totraumvergrößerer: in der Klinik: bei Atelektase (fehlende Belüftung) Pneumonieprophylaxe
Reinigungsmechanismen der MCC Kinozilien des Flimmerepithels: Dynein-Mechanismus (Motorproteine der Mikrotubuli) Flimmerschläge - 1cm/min oralwärts Sputum: Muzin und Glykosaminoglykane (GAG s) aus den Becherzellen Zytokine, Lysozyme, Defensine (wirken toxisch auf Mikroben) Surfactant (wirken hier v.a. antimikrobiell und als Opsonine) BALT (Bronchus-assoziiertes lymphatisches Gewebe) sezerniert IgA IgG, Komplementfaktoren Mechanische Unterstützung (Niesen, Husten, ~200km/h) Bronchialsekret aus Clara-Zellen (Schutz & Befeuchtung) Zusammensetzung des Sputums wichtig für Diagnostik!!!Parasympathikus fördert MCC, Sympathikus hemmt indirekt!!!
Clearance-Mechanismen Mukoziliäre Bewegung oralwärts Phagozytose durch Makrophagen Endozytose über das Epithel Interstitieller Abtransport Lymphatischer Abtransport Blut Axonaler Transport bis ins Gehirn Gilt v.a. nasal für Nanopartikel Große Fremdkörper: >2µm Nasale Reinigung Mittlere Fremdkörper:2-0,2µm MMC Kleine Fremdkörper: <0,2µm Alveoläre Reinigung bzw. Ablagerung Strömungsgeschwindigkeit nimmt mit jedem Segment ab: unterschiedliche Eindringtiefe von Fremdkörpern!!!
Alveolen Anzahl: ~300 Mio Ruhe: ~70m 2 Oberfläche Belastung: ~100m 2 Oberfläche Oberfläche: ~50x BSA!!! Würde 0,4l Lungenvolumen aus einer einzigen kugelförmigen Form bestehen ~ 0,1m 2
Druck und Partialdruck Der Partialdruck eines Gases in einem Gasgemisch ist derjenige Druck, der allein von der Molekülart ausgeübt wird, der also bei Entfernen aller anderen Gaskomponenten übrigbliebe. Luftdruck: 750mmHg O 2 ~21% ~150mmHg Für P H2O gilt die Gasgleichung nicht. Denn: Der Wasserdampf-partialdruck P H2O ist nur abhängig von der jeweiligen Temperatur, nicht aber vom äußeren Luftdruck. Bei 37 o C beträgt der P H2O bei einer 100%igen Sättigung 47 mm Hg (= 6,3 kpa).
Demnach gilt für den Partialdruck eines beliebigen Gases in den Alveolen (BTPS-Bedingungen): P Gas = ( P B 47 ). F P B... Barometerdruck (= äußerer Luftdruck) F... Fraktion (= fraktioneller Anteil)
Prinzip der Ein- und Ausatmung Erweiterung des Thorax (Volumenzunahme) führt zu Druckabfall in der Lunge. Der relative Unterdruck gegen die Außenwelt saugt Luft in die Lunge (Einatmung) (Darcy sches Gestz) Strömung = P 1 P 2!!! Zusammenziehen der Lunge (Volumenabnahme) führt zu relativem Überdruck in der Lunge und zur Ausatmung (Boyle sches Gesetz) P * V = konstant bzw. P =
Luftballon
Sehr geringe Compliance am Beginn zb: ein Problem bei einer Atelektase Atelektase = kollabierte Lungenabschnitt ateles = unvollständig ectasis = Ausdehnung
Compliance Ist das Verhältnis zw. Volumenänderung und notwendiger Druckänderung Setzt sich aus Compliance der Lunge und des Thorax zusammen Am Beginn: niedrige Compliance Adhäsionskräfte & hohe Oberflächenspannung Statische Compliance bei Atemstillstand Dynamische Compliance während des Atemzyklus Kehrwert der Compliance = Elastance (Steifigkeit) (1/C) Abnahme der Compliance führt zu mehr Atemarbeit (restriktive Störungen (zb: Silikose, Lungenfibrose, TBC) aber auch Sport) Wichtig bei maschineller Beatmung, egal ob mit Unter- oder Überdruck Es werden höhere Drucke benötigt, da der Unterdruck im intrapulmonalen Raum fehlt.
Compliance der Lunge (C L ) C L = V ( P A - P PL ) P A... Alveolardruck P PL... Intrapleuraldruck Compliance des Thorax (C Th ) C Th = V P PL Compliance des Atemapparates (C L+Th ) C L+Th = V P A
Compliance (Volumendehnbarkeit der Lunge) Hängt ab von: Beweglichkeit der Rippen Elastizität der Atmungsmuskulatur Elastizität des Lungengewebes Elastizität der Alveolen Alter!!! Die Ausdehnungsfähigkeit der Lunge bestimmt die Vitalkapazität! Elastische Retraktion der Lunge und des Thorax ermöglicht die passive Exspiration Bei entspanntem Thorax (Atemruhelage nach normaler Ausatmung) zusätzliche Ausatmung nur durch Einsatz der Exspirationsmuskulatur möglich pathologische Verminderung der Compliance = restriktive Störung (verminderte Vitalkapazität)
Compliance bzw. Elastance Unterschiedliche elastische Widerstände je nach Wandstärke
Compliance und Altern TLC bleibt rel. konstant RV nimmt immer mehr zu VK nimmt dadurch kontinuierlich ab
Atemwegswiderstand - Resistance Elastischer Widerstand (Maß für Compliance) Entsteht durch Dehnung elastischer Elemente und der gesamten Oberflächenspannung Wirken auch in Atemruhestellung Ist bei der Inspiration zu überwinden Summieren sich zur Retraktionskraft der Lunge Sorgt für das Kollabieren der Lunge Visköser Widerstand (Reibungsverluste) Nicht elastischer Gewebswiderstand (~10%) Strömungswiderstand (Resistance R) (~90%) Wirkt nur, wenn Luft bewegt wird Hagen-Poiseuille-Gesetz: R =8 ηl / πr 4. R~r -4
Resistance (1-2 cm H 2 O pro l/s) Hagen-Poiseuille Halbierter Radius 16 facher Strömungswiderstand!!! Doppelter Radius 1/16 des ursprünglichen Strömungswiderstandes!!! Viskosität & Länge spielen untergeordnete Rolle, da meist unverändert W = (p A -p B ) / Str p A = Alveolardruck p B = barometrischer Druck Serielle oder parallele Verschaltung von Widerständen (80% von R in Trachea & großen Bronchien) die meisten Erkrankungen beginnen in den kleinen Luftwegen und werden daher oft nicht erkannt (FEV 1!!!) Dicke der Schleimhaut bestimmt Durchmesser Auch die Lungenvolumina bestimmen Resistance (größeres Volumen kleinere Resistance) Bronchokonstriktion Vagus, Kälte, Schlaf, Irritationsreflexe (Staub), PG, Leukotriene, Histamin (aus Mastzellen: Allergie) Bronchodilatation Sympathikus: relativ wenig ausgeprägt, aber viele β2-rezeptoren für Adrenalin (Therapieansatz bei Asthma) Circadianer Rhythmus (hoch: NM & am frühen Morgen) pathologische Erhöhung der Resistance = obstruktive Störung (COPD, Asthma)
Strömungswiderstand im Atemtrakt Etwa 80% des gesamten Strömungswiderstandes liegen in Atemwegen mit einem Durchmesser über 2 mm
Atemmechanik Sehr ökonomisch (~1% vom O 2 für eigentliche Atemarbeit) Immer im optimalen Spannungsbereich (Hering-Breuer-Reflex) Zug nach außen: Zwerchfell Thorax intercostales externi Zug nach innen: Elastische Fasern (Pleura, Lunge) Oberflächenspannung Inneren Zwischrippenmusklen
Anatomischer Überblick Zur Atemhilfsmuskulatur zählen einige Muskeln der Hals- und Brustmuskulatur, sowie die Bauchmuskulatur
Bewegung des Zwerchfells bei ruhiger Atmung Nach außen gerichtete Kräfte werden beim Einatmen aktiv: Zwerchfell kontrahiert sich und flacht damit ab Zwischenrippenmuskeln (intercostales externi) heben die Rippen Lunge vergrößert sich (siehe Gasgesetze!!!) Einatmung ist also aktiv (Energie) Die Inspirationsmuskeln erhöhen die Rückstellkräfte für den Zug nach innen, daher nahezu passive Ausatmung möglich!!!vergleich: Spritze!!! wird vom N. phrenicus aus dem Halsbereich des RM gesteuert bleibt bei Tetraplegie funktionsfähig und ermöglicht Bauchatmung (aber zb: kein Husten)
Veränderungen von Thorax und Diaphragma bei Inspiration und Exspiration Überwiegt bei der Inspiration die Zwerchfellkontraktion Bauchatmung Überwiegt bei der Inspiration die Brustkorbhebung Brustatmung
Röntgendarstellung der Verschiebung der Zwerchfellgrenzen bei starker Ausatmung und starker Einatmung
Brustkorb- & Rippenbewegung während der Inspiration Unterschiedliche Rotationsachsen des Rippenansatzes an der oberen bzw. unteren Brustwirbelsäule
Übersicht über die wichtigsten Inspirations- und Exspirationsmuskeln
Beziehung zwischen Lunge, Pleura &Brustwand In Ruhe ist der Druck im Interpleuralspalt niedriger als der atmosphärische Druck. Diese Kohäsionskräfte üben einen Zug auf die Lungenflügel aus und halten sie auf Spannung. -4 mm Hg ~ -5 cm H 2 O
Verhältnis: Pleuralhöhle & Lunge
Messung des intrapleuralen Druckes ( Donders Druck bzw. Raum ) mit Speiseröhrenkatheter Entspricht dem elastischen Widerstand Lungenparenchym Oberflächenspannung
Druckverhältnisse in der Pleurahöhle Pneumothorax: Lunge fällt aufgrund der Eigenelastizität in sich zusammen, während sich der Thorax etwas ausdehnt. (Innerer vs. äußerer Pneumothorax) Hämatothorax! Das Lungenfell kann Luft resorbieren, weswegen ein Pneumothorax spontan abheilen kann. Früher (vor der Antibiotika-Zeit) wurde bei Lungentuberkulose öfters ein künstlicher Pneumothorax gesetzt.
Pneumothorax innerer Pneumothorax
Forcierte Exspiration (Husten, Niesen Pressen, Schreien.) Zwerchfell wird nach oben geschoben Die inneren Zwischenrippenmuskeln ziehen die Rippen nach innen Zusätzliches Anspannen der Bauchdecke (äußerer, querer & gerader Bauchmuskel) führt zu massivem Überdruck auch im Bauchraum. Druck kann höher sein als arterieller Blutdruck Klinik: Wiederholte forcierte Exspiration kann zu einer Synkope führen!!!
Valsalva-Manöver Valsalva-Versuch Forcierte Exspiration gegen verschlossene Mund- und Nasenöffnung bei gleichzeitiger Bauchpresse. Intrapleuraldruck steigt bis zu +180 cm H 2 O an! Ist ein Vagus-Manöver CAVE: Bei Frischoperierten!! Müller-Versuch: Bei verschlossenem Mund und Nase wird forciert eingeatmet Intrapleuraldruck fällt bis zu -120 cm H 2 O ab!
Surfactant - surface active agent (grenzflächenaktive Substanz) Bestehen aus: Lipide (~90%, davon rund die Hälfte ist Phosphatidylcholin (ein Lezithin)) Apolipoproteine Surfactantassoziierte Proteine SP-A und SP-D (immunaktive Membranproteine) SP-B und SP-C (hydrophobe Membranproteine) Ca 2+ -Ionen Surfactant werden ständig neu von Typ-II-Zellen und den Clara-Zellen gebildet (Triggerreize: Gähnen & Seufzen) und danach immer wieder von Typ-II-Zellen sowie Makrophagen abgebaut (Recycling) Verhindern ein Kollabieren der Alveolen nach Exspiration (halten die Alveolen offen) Surfactant sind bei der Geburt für die Entfaltung der Lunge besonders wichtig. Oft ein Problem bei Frühgeborenen Atemnotsyndrom des Neugeborenen (IRDS) Therapie: Glucocorticoide und Surfactant Können heute rekombinant hergestellt werden (bzw. teils aus tierischem Material)
Surfactant reduzieren die Oberflächenspannung der Lunge um etwa 2/3 (von ~70 auf ~25 dyn/cm; ist aber stark abhängig von der Atemtiefe) Ohne Surfactant: größere Oberflächenspannung weniger Compliance Unterschiedlich große Alveolen (Alveolarporen) Flüssigkeitsansammlung in Alveolen Atelektasenbildung (Kollabierte Lungenareale) Abfall der FRC (funktionelle Residualkapazität) FRC: Volumen, das nach einer normaler Exspiration noch in der Lunge verbleibt
Alveolaroberfläche der menschlichen Lunge Die Pfeile zeigen auf die Grenzen der ausgedehnten Epithelzellen vom Typ I, Epithelzellen vom Typ II (Epi II) produzieren Surfactant
Alveolarmakrophagen Staubzellen erste Abwehrlinie des angeborenen Immunsystems 50-100 pro Alveole phagozytieren totes Material, Allergene & Toxine Bilden Lysozyme, O 2 -Radikale, Chemokine, Zytokine & Leukotriene Lösen Entzündungsreaktionen & allergische Reaktionen aus Wandern auch in die Alveolen ein