UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

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Transkript:

03.September 2010 Forderungen des Landeselternbeirats zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Seite 1 von 6

Präambel Hintergrund Am 13. Dezember 2006 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York die Konvention zum Schutz der Menschenrechte von Menschen mit Behinderung verabschiedet. Schlüsselbegriffe sind Würde, Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Barrierefreiheit. Hessen hat bereits am 12. November 2008 durch Kabinettsbeschluss der Konvention zugestimmt. Der Bundestag hat am 21. Dezember 2008 das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beschlossen. Im Dezember 2008 hat der Bundesrat das Gesetz verabschiedet. Seit 26. März 2009 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihr Fakultativprotokoll für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich. Die Unterzeichnerstaaten haben sich verpflichtet, dem Generalsekretär binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten der Konvention Zwischenberichte über den Stand der Umsetzung vorzulegen, für die Bundesrepublik Deutschland endet diese Frist am 26. März 2011. Einleitung Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (Artikel 24 Inklusiver Unterricht ) wird vom Land Hessen seit deren Inkrafttreten durch Untätigkeit hinausgezögert. Bremen und Mecklenburg Vorpommern haben die Änderungen in deren Schulgesetzen bereits vorgenommen. Der LEB fordert deshalb das Land Hessen auf, einen dezidierten Zeit- und Maßnahmenplan zu erstellen, der einen erfolgreichen Start der inklusiven Beschulung gewährleistet. Der LEB wird diesen Entwicklungsprozess kritisch begleiten und erwartet größtmögliche Transparenz für alle Beteiligten. Der gesamte Prozess der Schulreform benötigt nach Ansicht des LEB eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation. Artikel 8 der Konvention ( Bewusstseinsbildung ) verpflichtet das Land, Aufklärungsarbeit zu betreiben. Hier muss überzeugende Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden. Betroffene sind nicht nur die beeinträchtigten Schüler, sondern ALLE Regelschulkinder und deren Eltern. Ebenso auch die Lehrkräfte an den Regelschulen. Vor allem aber die breite Bevölkerung muss sensibilisiert werden. Ein Umdenken der Bürger zu erwirken, muss sich das Land zur Aufgabe machen. Die Forderung nach einer inklusiven Beschulung ist bereits heute umzusetzen. Dies wird belegt durch die Gutachten von Prof. Rux, Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Latham & Watkins (Mai 2009) sowie dem Gutachten von Prof. Riedel v. Januar 2010. Insbesondere der Schutz vor Diskriminierung ist unmittelbar gewährleistet. Hier legt die UN- BRK einen Achtungsanspruch gegenüber dem Staat fest, mit der Folge, dass die Seite 2 von 6

Verwehrung des Zugangs zu inklusivem Unterricht an der Regelschule im Einzelfall grundsätzlich als diskriminierender staatlicher Eingriff zu werten ist. (Prof. Riedel, Gutachten Jan. 10). Er betont jedoch auch, dass Art. 24 i.v. m. Art. 13 Sozialpakt noch nicht einklagbar ist, da hierfür eine formelle Voraussetzung die innerstaatliche Rechtskraft ist. Aufgrund der Länderkompetenz entfaltet Art. 24 der BRK daher mangels landesgesetzlicher Transformation derzeit noch keine direkte Wirkung. Der Hess. VGH sieht dies ebenso und hat in seinem Beschluss vom 18.11.2009 den Anspruch einer Schülerin auf Aufnahme in die Regelschule verneint, da das Hess. SchulG noch keine Rechtsgrundlage hierfür vorsieht. Ziel einer regionalen Schulentwicklung muss sein, zu gewährleisten, dass jeder Schüler seinen Möglichkeiten entsprechend gefördert werden kann und alle eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildung haben. Die Schule muss sich der Heterogenität der Schülerschaft stellen. Das führt zu einer Änderung der pädagogischen Didaktik. Lehreraus- und -fortbildung, Qualitätsmanagement und Schulinspektionen müssen sich in den nächsten Jahren dieser neuen Entwicklung anpassen. Das bedarf einer flächendeckenden Mobilisierung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen, auch unter Einbeziehung der Elterngremien. Nach Ansicht des LEB ist es deshalb ein eklatanter Fehler, die Verabschiedung des neuen Hessischen Schulgesetzes in die Folgejahre zu schieben. Handlungsbedarf ist jetzt! Seite 3 von 6

Positionspapier ( 11-Punkte-Programm ) 1. Konsequente Umsetzung in geltendes Recht Hessische Schulen haben den Auftrag, sich zu inklusiven Schulen zu entwickeln. Sie müssen im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages die Inklusion aller Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Beeinträchtigung in das gesellschaftliche Leben und die schulische Gemeinschaft fördern und Ausgrenzungen einzelner vermeiden. 2. Änderung des Schulgesetzes und der Sonderpädagogischen VO Die Regelschulen müssen den gesetzlichen Auftrag erhalten, alle Kinder mit Handicap aufzunehmen und sich zu inklusiven Schulen zu entwickeln. Dazu muss das hessische Schulgesetz entsprechend geändert werden, ebenso die Sonderpädagogische Verordnung. 3. Erprobung durch Modellversuchsschulen Schulen, die schon heute inklusiven Unterricht anbieten wollen und können, müssen dazu die Möglichkeiten bekommen. Eine entsprechende Änderung muss im HSchG vorgesehen werden. Bisher gibt es nur ein Projekt in Hessen, begrenzt auf Lernschulhilfe. Eine entsprechende Erweiterung muss auf alle Förderschulbereiche ausgebaut werden. 4. Inklusiver Unterricht für alle Kinder, die dies wünschen Der Unterricht und das weitere Schulleben müssen für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Handicap, unabhängig ihrer ethnischen, religiösen oder sozialen Herkunft, gemeinsam gestaltet werden. Die Schule hat der Ausgrenzung von jungen Menschen mit Handicap entgegenzuwirken. Sie soll Beeinträchtigungen in der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen durch geeignete Maßnahmen vorbeugen sowie Auswirkungen von Handicaps mindern und ausgleichen und auf die gleichberechtigte Teilhabe von Schülerinnen und Schüler mit Handicap am Schulleben unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen hinwirken. Auch Kinder aus dem Förderschulbereich der Praktisch Bildbaren haben ein Recht auf die inklusive Schule. Der Unterricht und das weitere Schulleben müssen für alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam sein. Inklusive Unterrichtung und Erziehung müssen Maßnahmen der individuellen Förderung und Herausforderung sowie des sozialen Lernens ausgewogen miteinander verknüpfen. Die Förderung von behinderten Schülerinnen und Schülern soll im gemeinsamen Unterricht erfolgen. Die bisherige Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs muss abgeschafft werden. In der Regelschule muss ein Förderausschuss gebildet werden, der feststellt, welche Vorkehrungen zu treffen sind. Dieser besteht aus Regelschullehrer, ggf. Förderschullehrer, behandelten Ärzten und Therapeuten, Eltern und einen Berater der Eltern. Die Mitglieder des Förderausschusses sind gleichberechtigt und unabhängig. Hessenweit muss ein unabhängiges Elternberatungszentrum installiert werden, das beim Hessischen Kultusministerium angesiedelt ist. Die Finanzierung des Elternberatungszentrums übernimmt das Hessische Kultusministerium. Wir gehen davon aus, dass durch die Inklusion erhebliche Ressourcen im Förderschulbereich frei werden. Diese müssen zur Finanzierung des Elternberatungszentrums eingesetzt werden und sind im Übrigen auf die Regelschulen zu übertragen. Seite 4 von 6

5. Bildung von Schwerpunktschulen für die Zeit der Einführungsphase Für einen Übergangszeitraum können die weiterführenden Schulen sich nach der Art ihrer Förderschwerpunkte und nach dem Angebot an Bildungsgängen unterscheiden und dadurch Schwerpunkte setzen. Den Schulen muss ggf. entsprechend dem Förderbedarf und der individuellen Problemlage therapeutische, soziale und sonstige Hilfen bewilligt werden. Ein Netz von Hilfen ist zu installieren, das Hand in Hand arbeitet, unbeschadet welchen Träger es betrifft (Schule, Jugendhilfe, Ärzte und Therapeuten). 6. Räumliche und sächliche Ausstattung Die Landesregierung und die Schulträger sind gefordert, die notwendigen finanziellen Voraussetzungen im Bereich Personal sowie im Bereich der räumlichen und sächlichen Ausstattung zu gewährleisten. 7. Angemessene Vorkehrungen Für jede/n Schüler/-in mit Behinderung müssen angemessene Vorkehrungen getroffen werden, die gewährleisten, dass der/die Schüler/-in trotz seines Handicaps entsprechend seiner/ihrer Fähigkeiten an Bildung und dem gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Nicht-Gleiches darf nicht gleich behandelt werden. Hier ist ein Umdenken auch in der Leistungsbewertung notwendig, das ebenso gesetzlich und durch Verordnungen gewährleistet werden muss. 8. Aus- und Fortbildung von Lehrkräften im Regelschulsystem Die Aus- und Fortbildung aller Lehrerinnen und Lehrer muss strukturell so angepasst werden, dass alle Lehrkräfte in der Lage sind förderpädagogisch, individuell mit entsprechender Methodenkompetenz zu unterrichten. Die Ausbildung muss auf die Erfordernisse inklusiven Unterrichts erweitert werden. Regelschulen müssen bei einer inklusiven Beschulung die personellen, sächlichen und finanziellen Ressourcen für jedes Kind mit Behinderung schaffen. Jede Klasse - unabhängig von der Anzahl der Kinder mit Handicaps - muss eine Doppelbesetzung an Lehrkräften und im Bedarfsfalle eine Integrative Kraft, gestellt von der Jugendhilfe, zugewiesen bekommen. 9. Umsetzung der Förderschulpädagogik in Regelschulen (Pädagogische Feststellungen, Förderpläne, individuelle Förderung, Benotung durch beide Lehrkräfte) Auf der Grundlage förderdiagnostischer, ärztlicher, psychologischer und kinderpsychatrischer Gutachten, und ggf. weiteren Testverfahren (IQ-Test, Pädaudiologischer Test, Entwicklungstest, Test auf auditive Wahrnehmungsstörung, etc.) werden die individuellen Förderbedürfnisse durch den Förderausschuss (unabhängiges Gremium) ermittelt. Die Ermittlung setzt die Beteiligung der Erziehungsberechtigten voraus. In der Regelschule werden förderpädagogisch ausgebildete Lehrkräfte die Schüler inklusiv, zusammen mit den Regelschullehrkräften beschulen. Beide Lehrkräfte müssen bei der Beurteilung des Kindes zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Ziel muss es sein, die Diagnostikstellen zu zentralisieren (pro Schulbezirk eine Diagnostikstelle) und dafür entsprechendes Fachpersonal einzustellen. Ziel der regionalen Schulentwicklung muss es sein, ein hochwertiges Angebot für Kinder mit Behinderungen zu entwickeln, dass es innerhalb eines sinnvollen Zeitraumes von 5-10 Jahren ermöglicht, für ein höchstes Maß aller Kinder mit einem Handicap ein inklusives Angebot an einer Seite 5 von 6

wohnortnahen Regelschule bis zum gewünschten Schulabschluss oder nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht zu schaffen (Schätzungen gehen von 80 % aus). 10. Nachmittagsangebote für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung Die Nachmittagsangebote in den Schulen müssen für alle Schülerinnen und Schüler mit Behinderung im Sinne des Artikels 24 angepasst und ausgedehnt werden. Bereits vorhandene Angebote müssen für Schüler mit Behinderung zugänglich sein. Schulen und Einrichtungen für Nachmittagsangebote müssen barrierefrei sein. 11. Keine Neubauten von Förderschulen bis entsprechende Konzepte des inklusiven Unterrichts im HSchG verankert sind Ein hochwertiges Angebot an Förderschulen, die in bestimmten Bereichen hohe Kompetenz haben, bleibt erhalten. Die Förderschulen werden zu Kompetenzzentren mit einer stationären Abteilung und Personal für die ambulante Betreuung und Beratung von Eltern, Lehrkräften und Schülerinnen / Schüler an den Regelschulen. Solche Kompetenzzentren sollten einer Regelschule angegliedert sein. Seite 6 von 6