Lecture on wednesday, session 1, Patria Hall Theresa Schäferle: Diplegia in hippotherapie F DIE SPASTISCHE DIPLEGIE IN DER HIPPOTHERAPIE

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Transkript:

Lecture on wednesday, 11.06.03 session 1, Patria Hall Theresa Schäferle: Diplegia in hippotherapie F DIE SPASTISCHE DIPLEGIE IN DER HIPPOTHERAPIE F Bedeutet die gleiche Diagnose eigentlich auch die gleiche Behandlung auf dem Pferd? F Wo müssen wir den jeweilige Therapieansatz sehen? Wie finden wir heraus, was für den Patienten das Wichtigste ist? Wir werden uns also über die Notwendigkeit des genauen Analysierens Gedanken machen. F Außerdem zeige ich auf, wie Reitgurt, Tempo und Linienführung den Erfolg beeinflussen können; dass also diese drei Kriterien ganz, ganz wichtig sind. F In der Hippotherapie wird natürlich nicht nur auf den Körper und die Motorik geachtet, sondern sehr stark auch die Wahrnehmung des Patienten in ihrer Vielschichtigkeit mit einbezogen. In meinem Vortrag beschränke ich mich der Einfachheit halber aber auf die motorische Komponente; sonst müsste ich den Zeitrahmen von 20 Minuten bei Weitem sprengen. F Ich habe 3 Fallbeispiele mit Videodokumentationen über mehrere Jahre mitgebracht, die wir uns jetzt gemeinsam anschauen. F Der 1. Patient ist Martin. F Wir wollen bei ihm ganz speziell auf die Stellung des Beckens achten. F Er sitzt im Rollstuhl und wird mit der Diagnose spastische Diplegie überwiesen. Er hat starke Kontrakturen in Hüften und Knien und sitzt mit dem Voltigiergurt sehr weit hinten, weil er die Beine nicht weit genug abduzieren kann, um die Knie an den Griffen vorbei nach unten zu bekommen. Damit kommt aber im Wesentlichen eine rechts - links Bewegung des Pferderückens durch. Die dreidimensionale Schwingung mit ventral- dorsal- Kippung des Beckens als vorherrschenden Impuls passiert ja wirklich gut nur im tiefsten Punkt des Pferderückens. Auf den 1. Blick sieht es so aus, als hätte Martin einen Rundrücken. Die Aufrichtung funktioniert überhaupt nicht, er muss sich unbedingt festhalten, der gesamte Körper wackelt en bloc bei jeder Pferdebewegung und er kann nichts ausgleichen. Die Hüften sind viel zu sehr in Flexion und er kommt überhaupt nicht bei der Bewegung des Pferdes mit. Gerade mal der Kopf wird ab und zu kurz gehoben. Wir gehen lange, gerade Bahnen in nicht zu schnellem Schritt Enge Kurven und Richtungsänderungen kann er noch weniger ausgleichen und sie würden sich kontraproduktiv auswirken. Mit der dicken Winterbekleidung ist eine genaue Analyse natürlich immer etwas schwierig; da muss die Therapeutin doch ab und zu die Hand unter den Anorak an den Rücken des Patienten legen, um zu fühlen, wie Becken und Rücken in Wahrheit stehen.

Bei einer Aufnahme im Sommer ohne Hemd sehen wir Martins wirkliches Problem: das Becken ist stark nach ventral gekippt, er zeigt eine massive Lordose im Lumbalbereich und kippt als Ganzes nach vorne. Hier muss nun also v.a. versucht werden, das Becken nach dorsal zu bringen! Die Bauchmuskulatur muss vermehrt angeregt werden. Mit der Zeit wird dann die gesamte Aufrichtung besser und man erreicht eine leichte Tonussenkung in den UE. Eine entscheidende Verbesserung für Martin brachte der neue Gurt. Es gibt nur noch über dem Widerrist einen weichen Griff, die Seiten bestehen aus einem festen Textilband, sodass sie ohne aufzutragen am Pferdeleib anliegen. Damit kann Martin die Knie weiter nach vorne bringen, die Hüften sind nicht mehr so stark flektiert, er sitzt im tiefsten Punkt des Pferderückens und somit kommt auch vermehrt die vorzurück- Schwingung des Pferderückens durch, die Martin für sein Becken so sehr braucht. Er sitzt deutlich besser.. F Bei Martin stand also die Dorsalkippung des Beckens an erster Stelle. F Das 2. Fallbeispiel ist Theresa. F Vergleichen wir ihre Beckenstellung mit der von Martin. F Auch sie kommt mit der Diagnose spastische Diplegie und war nicht gehfähig. Sie sitzt im Gegensatz zu Martin mit stark dorsal gekipptem Becken auf dem Pferd, hat auch im BWS Bereich eine Kyphose und ist insgesamt vom Rumpf her schwach. Die Beine sind sehr hyperton, sie kann nicht genug abduzieren, um die Knie an den Griffen vorbeizubringen und sitzt daher mit viel Hüftbeugung zu weit hinten. Therapieansatz ist hier also eindeutig eine Aufrichtung des Beckens nach vorne, eine Ventralkippung und damit verbunden auch eine Rumpfaufrichtung. Der neue Gurt brachte auch ihr eine entscheidende Verbesserung der Sitzposition. Die Beine liegen viel besser, das Kind sitzt im tiefsten Punkt des Pferderückens, die von uns geforderte Ventral- Dorsal- Kippung des Beckens wird mehr gefördert. Auf Übungen mit den Armen wird verzichtet; sie hat genug damit zu tun, sich halbwegs aufrecht zu halten und die Bewegungen des Pferdes sollen möglichst ungestört auf den Patienten übertragen werden können. Geführt wird auf langen geraden Bahnen mit mäßigem Tempo, weil Theresa eine höhere Schwingungsfrequenz des Pferderückens nicht ausgleichen kann.

Therapeutin und Pferdeführer sollten ja stets den Patienten im Auge haben und den Schritt des Pferdes den Möglichkeiten des Reiters anpassen. Deshalb brauchen wir in der Hippotherapie unbedingt ein sensibles, gut gearbeitetes Pferd, das auf Aufforderung deutliche Tempounterschiede im Schritt zeigt. Hier eine kleine Demonstration, was bei schnellem Schritt passiert: Sie sehen, Theresa kann der Bewegung nicht mehr folgen, der Tonus in den Beinen erhöht sich, der Rumpf wird steifer, das Becken kommt nicht mit => es ist insgesamt unharmonisch, unphysiologisch und auch völlig kontraproduktiv. Das Tempo muss also dem Patienten stets angepasst werden! Ein bisschen kann sie nun auch schon mit den Armen machen so wie hier das Winken- ohne dabei den erreichten Sitz ganz zu verlieren. Etwa 1 Jahr später ist Theresa vom Becken her aufgerichtet, hält den Rücken gerade und die Hüften sind in der gewünschten Abduktion, Extension. Natürlich ist noch zuviel Tonus da, der ein ganz physiologisches Mitbewegen des Beckens verhindert und die Füße verharren spastisch in Plantarflexion. Aber das Gesamtbild ist doch ein ganz Anderes, als am Anfang. Stop and Go s können mit der Zeit eingebaut werden, aber auch hier sollte die Therapeutin immer aufmerksam beobachten, wieweit der Patient die Anforderung schon schafft und wenn nötig - z.b: am Becken unterstützen. Auch die Linienführung ist sehr wichtig. Hier sehen wir eine Volte zu einem Zeitpunkt, wo Theresa eine so starke Richtungsänderung noch nicht schafft: sie weicht seitlich ab, kommt ins Wackeln, verfällt in ihre alten Fehler mit nach hinten gekipptem Becken und rundem Rücken, die Beine werden spastischer. Also zurück auf die ganze Bahn und eventuell mit einer großen Tour beginnen. Einige Monate später schafft sie dann auch die Volte, obwohl immer noch der gute Sitz unter der Richtungsänderung leidet. Sie knickt kurzzeitig in der Rumpfmitte ein und kommt etwas aus dem Gleichgewicht. Aber sie kann sich danach gleich wieder gut aufrichten und sitzt nun insgesamt gut auf dem Pferd.. Wir sehen, es ist also ganz und gar nicht egal, ob wir Ganze Bahn oder Kurven gehen und wie eng wir diese Kurven anlegen wie stark also die Richtungsänderung ist. Nun noch ein Sitzvergleich mit verschiedenen Gurten, am selben Tag aufgenommen. Zuerst sehen wir den herkömmlichen Voltigiergurt, mit den erwähnten Problemen: Sie sitzt zu weit hinten, weil nicht genug Abduktion der Beine möglich ist. Sie bringt die Knie ja nicht an den Griffen vorbei nach unten. Damit sind die Hüften in Flexion, das Becken ist stark nach hinten gekippt, der Rücken wirkt insgesamt rund. Wegen der Sitzpositon am hinteren Teil des Pferderückens kommt sehr viel Lateralflexion durch, wodurch nicht wirklich in die Aufrichtung gearbeitet wird. Je weiter man in Richtung Hüften des Pferdes kommt, desto mehr überwiegt ja die rechts links Bewegung. Auch die Kopfkontrolle ist schlechter, man erkennt immer wieder eine kurze Nickbewegung oder sie fixiert den Kopf durch Hyperextension. Das ganze Bild wirkt relativ unharmonisch. Nun mit dem Therapiegurt: Die Patientin sitzt im tiefsten Punkt des Pferderückens, das Becken ist aufgerichtet, der Oberkörper gerade, die Hüften sind nicht so stark flektiert, der Sitz wirkt insgesamt wesentlich physiologischer. Die Hauptbewegung des Pferderückens kommt als vor- zurück- Kippung des Beckens durch.

Theresa hat übrigens in dieser Zeit das Gehen erlernt. Sie geht mit Rollator oder von hinten geführt. F Bei Theresa hatte also die Ventralkippung des Beckens Priorität F Der 3. Patient ist Georg. F Bei ihm richten wir unsere Aufmerksamkeit besonders auf die Beine und deren Tonus. F Auch er wird mit der Diagnose spastische Diplegie überwiesen, auch er sitzt im Rollstuhl, ist aber begrenzt gehfähig. Anfangs war die Muskelspannung in den Beinen so hoch, dass er nur im Seitsitz auf dem Pferd sitzen konnte, weil die Abduktion nicht möglich war. Damit sitzt er natürlich asymmetrisch und mit rundem Rücken; aber die Pferdebewegung tat ihm so gut, dass mit der Zeit eine Tonussenkung in den UE eintrat und somit der Reitsitz möglich wurde. Allerdings sitzt er sehr weit hinten, mit stark flektierten Hüften, viel zu wenig Abduktionsmöglichkeit, um die Knie an den Griffen vorbeizubringen und mit rundem Rücken. Er hat zum Unterschied zu den beiden vorher gezeigten Patienten keine Schwierigkeiten mit der Rumpfaufrichtung und ist erstaunlicherweise sogar im Becken mobil. Hier steht also eine ganz andere Zielsetzung im Vordergrund, nämlich die Tonussenkung in den Beinen. Die langen geraden Bahnen empfindet Georg als sehr angenehm, Kurven stören ihn in der Entspannung, daher gehen wir bevorzugt auf dem 20x60 Viereck. Hier eine kurze Sequenz die das Aufsteigen zeigt, einfach um seine Behinderung noch deutlicher werden zu lassen. Man kann gut erkennen, wie spastisch und steif die Beine sind und wie schwer ihm die Abduktion fällt. Auch bei ihm hat der neue Gurt eine entscheidende Verbesserung gebracht. Georg kann nun weiter vorne sitzen, weil er die Knie über die flachen Textilbänder des Gurtes an die Schultern des Pferdes bringen kann. Anfangs, mit dem hohen Tonus in des Beinen sitzt er zwar noch nicht ganz im tiefsten Punkt des Pferderückens, ist aber doch deutlich besser positioniert, als beim Voltigiergurt. Auch die Knie sind noch zu sehr in Extension. Er kommt aber dann gut nach vor in die Sattellage des Pferdes und sein Becken kann viel besser mitschwingen. Sein Rücken wird physiologisch, wie beim Gehen, durchbewegt, was er ja sonst niemals erfährt. Zu Beginn der Therapieeinheit ist oft kaum Knieflexion möglich. Auch beim Versuch der passiven Beugung kommt man gegen den Widerstand kaum an und das Bein geht sofort in die Extension zurück. Wenn die Spannung mit der Zeit nachlässt, der Tonus also gesenkt wird und ich etwas mithelfe, indem ich sein Knie passiv beuge und halte, werden die Beine aber locker, sodass er diese Position dann auch selber halten kann.

Diese Entspannung wirkt sich auch nochmals positiv auf Becken und Rücken aus. Im weiteren Verlauf wird er so locker, dass sogar der Fuß ein wenig mitschwingt!!! Die Devise lautet also: lange, gerade Bahnen in gemäßigtem, gleichmäßigem Tempo. Wenn schon Richtungsänderungen sein müssen, dann diese so rund und fließend, wie möglich. Da ist der Pferdeführer gefordert! Georg gibt übrigens an, dass die Entspannung ca 2 Tage anhält, was er natürlich als sehr angenehm empfindet. Hier nochmals eine etwas spätere Einstellung, die zeigt, wie schön Georg nun in der Bewegung mitgehen kann. Man kann deutlich erkennen, wie gut das Becken mitschwingt und wie sich diese Schwingung in den Rücken fortsetzt. Er sitzt sicher, aufgerichtet und geht fließend mit der Pferdebewegung mit. Als Vergleich sehen wir nun noch eine Aufnahme mit dem herkömmlichen Voltigiergurt: Georg kann die Knie nicht an den Griffen vorbeibringen. Damit sitzt er viel zu weit hinten und bekommt als Hauptimpuls eine rechts- links- Bewegung vermittelt. Die Hüften sind in Flexion, die Knie in Extension; die Lockerung und Entspannung ist bei Weitem nicht so gut möglich, wie auf den vorher gezeigten Bildern. Becken und Rücken bewegen sich zwar mit, aber alles wirkt lange nicht so rund und fließend, wie mit dem Therapiegurt. F Bei Georg steht also die Tonussenkung der Unteren Extremitäten im Vordergrund. F Aus den gezeigten Beispielen können wir deutlich erkennen, dass gleiche Diagnosen absolut nicht bedeuten, dass die Behandlung auf dem Pferd identisch ist! F Bei Martin musste vor allem das Becken nach dorsal gekippt werden. Außerdem sollte die en bloc Haltung aufgeweicht und die Aufrichtung gefördert werden, das alles bei gleichzeitiger Tonussenkung in den Unteren Extremitäten. Angelpunkt ist aber eindeutig das Becken, das nach hinten kommen soll. F Im Gegensatz dazu steht bei Theresa eine Ventralkippung des Beckens im Vordergrund. Auch hier ist Rumpfaufrichtung und Lockerung in den Beinen wichtig, aber der Therapieansatz liegt im nach- vorne- Bringen des Beckens. F Georg hingegen hat mit Becken und Rumpf keine großen Schwierigkeiten. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf einer Lockerung der Unteren Extremitäten. Daher wird auf Richtungsänderungen, Tempowechsel und Übungen mit den Armen völlig verzichtet und ausschließlich in die Entspannung gearbeitet. F Bei allen Dreien hat sich gezeigt, dass ein Gurt, der seitlich nicht aufträgt entscheidende Sitzverbesserungen bringt; einerseits durch die bessere Positionierung der UE, andererseits weil die Patienten so im tiefsten Punkt des Pferderückens zu sitzen kommen, wo die Schwingungen am besten sind. F Hier zur Verdeutlichung 2 Photos von dem von mir favorisierten Gurt: Man sieht: er hat nur einen weichen Griff in der Mitte und ist - außer unmittelbar neben dem Widerrist - nicht gepolstert. Damit trägt er nicht auf und die Patienten können ihre Knie darüber legen.

F Tempo und Linienführung müssen stets dem Patienten angepasst werden, damit sie den Therapieerfolg unterstützen. Wir erinnern uns hier v.a. an Theresa, ihr Steif-Werden von Kopf bis Fuß bei forciertem Schritt und wie sie überhaupt nicht mehr mit der Bewegung mitkam; ihr Wackeln und die Instabilität bei der Volte und wie sie bei engen Wendungen in alte Muster zurückfiel. F Eine genaue Analyse jedes einzelnen Patienten ist also extrem wichtig!!! F Voraussetzung dafür ist die reiterliche und medizinische Ausbildung, auf die wir in Österreich durch die Hippotherapiekurse großen Wert legen. Es werden nur fertige Physiotherapeuten zugelassen, die Erfahrung mit neurophysiologischen Patienten haben und über gute reiterliche Kenntnisse verfügen. Damit sichert das österreichische Kuratorium für Therapeutisches Reiten Sektion Hippotherapie die Qualität der hippotherapeutischen Arbeit. F Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (F bedeutet, dass bei der Powerpointpräsentation eine neue Folie, also ein anderes Bild kommt.)