Gefährdung des Kindeswohls

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Netzwerktreffen 21. April 2016 Gefährdung des Kindeswohls erkennen vernetzen - handeln

Das Wohl des Kindes Bedürfnis nach: beständigen, liebevollen Beziehungen körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit individuellen, persönlichkeitsorientierten Erfahrungen entwicklungsgerechten Erfahrungen Strukturen und Grenzen stabilen, unterstützenden Gemeinschaften und kultureller Kontinuität einer sicheren Zukunft

Definition Kindswohlgefährdung Eine Gefährdung des Kindeswohls besteht, wenn die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität des Kindes vorliegt oder vorauszusehen ist.

Definition Kindesmisshandlung Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige gewaltsame körperliche und/oder seelische Schädigung des Kindes durch Personen, Institutionen und gesellschaftliche Strukturen, die zu Verletzungen, Entwicklungshemmnissen, Invalidität oder zum Tode führen. Darunter fallen auch alle Formen der Vernachlässigung sowie der sexuellen Ausbeutung.

Gewaltformen Psychische Gewalt bspw.: systematisches und wiederholtes einschüchtern, beschimpfen, isolieren, einsperren, ausgrenzen, beleidigen, schikanieren, entwürdigen, überfordern, beschuldigen, bedrohen, in Angst versetzen, manipulieren usw. Körperliche Gewalt bspw.: stossen, schlagen, treten, schütteln, kneifen, würgen, verbrennen, mit Gegenständen oder Waffen verletzen, usw. Sexuelle Gewalt bspw.: zugänglich machen von pornographischem Material, Voyeurismus, Exhibitionismus, herstellen von pornographischen Bildern des Kindes, sexuelle Handlungen mit Genitalkontakt, Nötigung zur Prostitution, usw. Vernachlässigung bspw.: mangelnde Hygiene und Kleidung, unzureichende Ernährung, Vorenthaltung medizinischer Versorgung, ungenügender Schutz vor physischer und sozialer Gefahr, usw. Häusliche Gewalt

Folgen der Kindesmisshandlung Die verschiedenen Formen der Kindesmisshandlung haben kurz- und langfristige belastende Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes. Psychische Auffälligkeiten und Entwicklungsstörungen können die Folge sein. Das Ausmass der Beeinträchtigungen hängt ab von: Alter und Entwicklungsstand des Kindes Art der Beziehung zur Gewalt ausübenden Person Form der Misshandlung Dauer und Schwere der Misshandlung Zugriffsmöglichkeiten auf protektive Faktoren sozialen Umfeld Qualität der helfenden Handlungen und Massnahmen

Kinder schweigen, weil sie: zu klein sind, um etwas sagen zu können. Angst haben. denken, dass ihnen sowieso niemand glaubt. nicht auffallen wollen. verwirrt sind und ihren Gefühlen nicht trauen. niemandem mehr vertrauen. sich schämen und sich schuldig fühlen. durch Drohungen eingeschüchtert sind. es versprochen haben. keine Worte für das Geschehene finden. nicht wissen, was normal ist. andere Menschen schützen wollen. die Familie nicht zerstören wollen. Quelle: Broschüre über Kindesmisshandlung, Kinderschutzzentrum St. Gallen

System Kinderschutz

Handlungsgrundsätze Hinweise ernst nehmen. Nicht im Alleingang entscheiden und handeln. Nicht selber ermitteln. Keine Konfrontation mit verdächtigter Person. Der Schutz und das Wohl des betroffenen Kindes stehen im Zentrum aller Überlegungen und Massnahmen. Die Suche nach Lösungen bedingt spezifisches Fachwissen sowie mehrperspektivisches Denken. Jede Situation ist individuell, es gibt keine Patentrezepte. Deshalb wird jeder Schritt genau überlegt und das Vorgehen koordiniert.

Zivilrechtlicher Kinderschutz Gefährdung des Kindeswohls: Gesamtumstände weisen auf die ernsthafte Möglichkeit einer Beeinträchtigung der körperlichen, seelischen oder sexuellen Integrität hin. Keine effektive Beeinträchtigung notwendig. Ursachen sind unerheblich und verschuldensunabhängig. Vorgehen: Gefährdungsmeldung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde des Wohnorts KESB Frauenfeld, Schönenhofstrasse 19, 8502 Frauenfeld Tel: 058 345 73 00 / E-Mail: info.kef@tg.ch

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Ziele der Gesetzesrevision (Inkrafttreten: 01.01.2013): Berücksichtigung des gesellschaftlichen und sozialen Wandels Förderung und Achtung der Selbstbestimmung Vorrang von privaten Lösungen (Unterstützung durch: Familie, andere nahestehende Personen, private oder öffentliche Dienste) so viel wie nötig, so wenig wie möglich professionelle, interdisziplinäre Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde 11

Was läuft hier falsch?

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Melderecht und Meldepflicht Gemäss Art. 47 Abs. 1 EG ZGB ist jedermann ungeachtet eines allfälligen Amts- oder Berufsgeheimnisses berechtigt, dies der KESB zu melden. Gemäss Art. 47 Abs. 2 EG ZGB ist, wer in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit von einer schweren Gefährdung des Kindeswohls erfährt, zur Meldung an die KESB verpflichtet. 13

Ablauf KESB-Kinderschutzverfahren Gefährdungsmeldung Vorabklärungen Anhörung Kind / Anhörung Eltern Detailabklärungen Eröffnung beabsichtigte Massnahmen Beschlussfassung

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kindesschutzmassnahmen Ermahnung / Weisung / Aufsicht Beistandschaft Fremdplatzierung ohne oder mit Aufhebung des elterlichen Aufenthaltbestimmungsrechts Fürsorgerische Unterbringung Entzug der elterlichen Sorge / Vormundschaft 15

Vernetzte Zusammenarbeit Kita OH KESB KJPD Fallführung RA Umfeld Polizei Sozialhilfe Staatsanwalt Arzt KKJM

Kindesschutzmassnahme: Auftrag an Berufsbeistandschaft