Manuskript Beitrag: Kritik an Care-Energy Sendung vom 14. Mai 2013 von Andreas Halbach Anmoderation: Abwehr unliebsamer Recherchen - damit haben wir es fast vor jeder Sendung zu tun. Pressesprecher beschweren sich über unsere Fragen. Unternehmen beauftragen Anwälte, uns schon mal vorsorglich zu drohen. Vergangene Woche nun mal was Neues. In einer ganzseitigen Zeitungsannonce war zu lesen: Das ZDF mache gemeinsame Sache mit großen Energieversorgern! Die falsche Behauptung setzte der neue Stromanbieter Care- Energy in die Welt. Das Unternehmen verkauft Strom erstaunlich billig. So billig, dass die angeblich soziale Preispolitik am Ende zu Lasten der Kunden gehen könnte. Wie zuletzt bei anderen Stromdiscountern. Wird auch bei Care-Energy getrickst und gemurkst? Andreas Halbach mit den Fakten. Text: Care-Energy - das Unternehmen sitzt in einem alten Lagerhaus im Hamburger Freihafen. Der Ökostromanbieter, wie er sich nennt, mischt die Branche gerade auf mit Dumpingpreisen von 19,9 Cent pro Kilowattstunde rund 30 Prozent unter Durchschnittspreis. Das Zählwerk weist fast 250.000 zufriedene Kunden aus. Der Sponsor des Hamburger Sportvereins gibt sich sozial mit Sondertarifen für Fußballfans und Einkommensschwache. Im Werbevideo legt Firmeninhaber Martin Kristek die Kalkulation seines Strompreises offen und behauptet, profitabel zu arbeiten: O-Ton Reporter, Werbevideo Care-Energy: Gibt s ein Geheimnis? O-Ton Martin Kristek, Werbevideo Care-Energy: Ne. In Wirklichkeit gibt es kein großes Geheimnis. Denn das große Geheimnis sind immer nur die Betriebskosten. Und in Summe ergibt das einen Preis von 19,80.
Wir rechnen nach, addieren die vier Zahlen und kommen auf 20,1 Cent. Der Frankfurter Analyst Elmar Ruf hat die Zahlen überprüft. Er berät Energieunternehmen, denen der Billiganbieter ein Dorn im Auge ist. Ein Kampfpreis von 19,9 Cent pro Kilowattstunde ist für uns überhaupt nicht wirtschaftlich nachvollziehbar. Allein die Steuern und Abgaben und den Einkauf gerechnet, müssen wir in Deutschland schon ungefähr 19 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Und das versteht sich noch ohne Vertriebskosten, ohne Werbungskosten und auch ohne Gewinn. Und Unternehmen, die regulär Steuern und Abgaben zahlen, die können so einen solchen Preis überhaupt nicht machen. Der Verdacht des Experten: Care-Energy nutze ein fragwürdiges Abgabensparmodell. Das Unternehmen behauptet offiziell kein Stromlieferant zu sein, sondern ein Produzent von sogenannter Nutzenergie. Produzierende Gewerbe aber genießen Vorteile, etwa eine reduzierte EEG-Umlage für Ökostrom. Voraussetzung ist, dass der Kunde Care-Energy offiziell den Stromanschluss völlig überlässt in in alleiniger Verantwortung des Unternehmens. Die Care-Energy liefert Strom an Endverbraucher. Sie behauptet aber, nachdem sie den Kunden vom Netz getrennt hat, dass sie Produzent wäre. Und zwar produziert sie mit dem Strom, sagt sie, Licht, Wärme und Kälte für den Endverbraucher. Und weil produzierende Gewerbe in Deutschland erhebliche Steuervorteile genießen, ist hier der Trick in der ganzen Sache des Geschäftsmodells zu sehen. Das ist aber natürlich völliger Unsinn. Weil de facto liefert die Care-Energy, wie alle anderen auch, an ihre Kunden nur Strom und sonst nichts. Die Bundesnetzagentur hat ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Care-Energy eingeleitet. Die Behörde schreibt an Frontal21, Es besteht der Verdacht, dass Care Energy durch eine eigenwillige Rechtsauslegung versucht, sich der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage zu entziehen. Aufsichts- und Steuerbehörden prüfen. Derweil schließen laut
Care-Energy mehr als 1000 Kunden Tag für Tag Verträge. Dabei war das Geschäftsmodell von Care-Energy Gegenstand von Gerichtsverfahren. Vor dem Landgericht Berlin unterlag Care-Energy dem Energiekonzern Vattenfall. Das Gericht entschied im Mai 2012, sprach von Schein-Contracting. Dies stelle eine rechtswidrige Umgehung von Steuervorschriften gegebenenfalls sogar eine Straftat dar. Wir fragen nach bei Care-Energy. Ein zugesagtes Interview wird auf unserem Weg nach Hamburg per E-Mail kurzfristig wieder abgesagt. Vor Ort wird uns bestätigt, man äußere sich schriftlich, Alle Unterstellungen, wir würden uns der Zahlung irgendwelcher Steuern, Entgelte oder Abgaben entziehen, weisen wir zurück. In Gerichtsverfahren mit Netzbetreibern wurde mal gegen mal zugunsten von Care-Energy entschieden. Die Aufsichtsbehörden haben bisher keine klare Regelung zur Rechtmäßigkeit des Geschäftsmodells von Care-Energy getroffen. Wegen Intransparenz warnt auch die Bundesverbraucherzentrale vor Care-Energy - Geschäftsmodell und Verträge seien undurchsichtig: O-Ton Kerstin Hoppe, Juristin Verbraucherzentrale Bundesverband: Wir haben zwei Abmahnungen ausgesprochen. Zum einen ist nicht klar, wer hier Vertragspartner wird. Zum anderen ist der Inhalt des Vertrages nicht klar. Dies wird insbesondere in dem Kleingedruckten des Vertrages deutlich. Hier befinden sich intransparente Klauseln, die dem Vertragspartner weitreichende Befugnisse zur Änderung von Verträgen, zum Neuabschluss von Verträgen einräumen und es gibt auch intransparente Preiserhöhungsklauseln. Der Verbraucher weiß also nicht genau, in welchen Fällen der Preis wie erhöht wird. Care-Energy weist sämtliche Vorwürfe der Verbraucherzentrale zurück. Die Geschäftsbedingungen seien transparent und entsprächen den Gesetzen für Energiedienstleister. Unternehmensberater Ruf fordert sofortiges Eingreifen der Behörden. Für Ruf dürfe es nicht so weit kommen wie bei den Pleite-Unternehmen Teldafax oder Flexstrom. Denn auch bei
Care-Energy, so vermutet er, könnten hohe Steuerschulden auflaufen. Für 15 Städte und Beispielfälle haben wir herausgefunden, dass das Geschäftsmodell der Care-Energy ein Minus von rund 45 Millionen Euro ergibt bis Ende 2014, soweit das Unternehmen 250.000 Kunden unter Vertrag hat. Solche Berechnungen weist Care-Energy zurück, Selbst für einen Wirtschaftsprüfer mit Kenntnis aller Unterlagen wäre eine solche Schätzung nicht seriös möglich. Er hat das Geschäftsmodell von Care-Energy entwickelt - Martin Kristek. Auch er muss sich Fragen gefallen lassen. 2006 gründete er die Euroenergie AG. Die musste 2008 Insolvenz anmelden. Kristek behauptet, er sei schon zuvor aus dem Vorstand des Unternehmens ausgeschieden. Im aktuellen Handelsregisterauszug aber ist er nach wie vor als Vorstand eingetragen, mit Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten. O-Ton Werbevideo Care-Energy: Außer den Vorträgen von Herrn Kristek, gab es von Dr. Christian [piep] rechtliche Ausführungen zum Geschäftsmodell. Dieser Rechtsberater von Care-Energy ging mit seiner Anwaltskanzlei in Österreich in Konkurs - dann wurde er wegen Unterschlagung von Mandantengeldern verurteilt, zu 18 Monaten Gefängnis auf Bewährung. In Deutschland erhielt er einen Strafbefehl, weil er seinen Anwalt reinlegte. Dazu befragt, verweist Care-Energy auf seine soziale Einstellung nach dem Motto: Wer aus dem Leben fliegt, den wechseln wir wieder ein. Sozial, umweltbewusst und vor allem sparsam tritt Care Energy- Chef Kristek hier mit Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Hoch - in der Werbung nur mit Kleinstwagen auf. O-Ton Reporter, Werbevideo Care-Energy: Care-Energy verkauft ausschließlich Ökostrom zu einem ziemlich guten Preis, glaube ich. Wie machen sie das, ist ihr Strom schwächer? O-Ton Martin Kristek, Werbevideo Care-Energy: Ich fahr kleinere Autos. O-Ton Reporter, Werbevideo Care-Energy (lacht):
Kleinere Autos, genau. Zum Fahrzeugpark aber gehören auch mehrere Autos der Luxusmarke Jaguar. Das sei doch nur gehobene Mittelklasse, erklärt das Unternehmen. Firmenchef Martin Kristek gibt sich als Retter der Energiewende: O-Ton Martin Kristek, CEO Care-Energy, Werbevideo Care- Energy: Mein Ziel ist es, 80 Prozent des verbrauchten Stromes, der Energie, vor Ort autark produzieren zu lassen beim Kunden. Das scheint großes Interesse in sozialen Netzwerken zu wecken. Bei Facebook sind gut 36.000 Freunde eingetragen. Wer sich das Profil genauer ansieht erfährt, rund 17.000 davon allein von den Phillippinen. Wie kommt das? - fragen wir. Die Antwort: Das seien junge Fans der Musik bei Care-Energy. O-Ton Werbeviedeo Care-Energy: Take Care! Pass auf dich auf! - Das muss man wohl wörtlich nehmen. Abmoderation: Der Care-Energy Chef vermutet, dass eine Art Verschwörung gegen ihn im Gange sei: Zwischen der Konkurrenz - und Medien wie uns. Das ist Unsinn. Wir berichten belegte Fakten. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.