Können ζ-funktionen Diophantische Gleichungen lösen? Eine Hinführung zur (nicht-kommutativen) Iwasawa Theorie Mathematisches Institut Universität Heidelberg Kassel, 17.12.2007
Leibniz (1673) L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel 1 1 3 + 1 5 1 7 + 1 9 1 11 + = π 4 (vorher bereits GREGORY and MADHAVA bekannt)
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Spezielle Werte von L-Funktionen
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel N 1, (Z/NZ) Einheiten des Rings Z/NZ. Dirichlet-Character (modulo N) : setzt sich fort auf N χ(n) := χ : (Z/NZ) C { χ(n mod N), (n, N) = 1; 0, andererseits.
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Dirichlet L-Funktion bezüglich χ : L(s, χ) = n=1 χ(n), s ɛ C, R(s) > 1. ns erfüllt: - Euler Produkt L(s, χ) = p 1 1 χ(p)p s, - Meromorph Fortsetzung auf C, - Funktionalgleichung.
Beispiele ζ-funktionen and Diophantische Gleichungen L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel χ 1 : Riemannsche ζ-funktion 1 ζ(s) = n s = p n=1 1 1 p s, χ 1 : (Z/4Z) = {1, 3} C, χ 1 (1) = 1, χ 1 (3) = 1 L(1, χ 1 ) = 1 1 3 + 1 5 1 7 + 1 9 1 11 + = π 4
Beispiele ζ-funktionen and Diophantische Gleichungen L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel χ 1 : Riemannsche ζ-funktion 1 ζ(s) = n s = p n=1 1 1 p s, χ 1 : (Z/4Z) = {1, 3} C, χ 1 (1) = 1, χ 1 (3) = 1 L(1, χ 1 ) = 1 1 3 + 1 5 1 7 + 1 9 1 11 + = π 4
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Diophantische Gleichungen
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Vermutungen von Catalan und Fermat p, q Primzahlen Catalan(1844), Theorem(MIHǍILESCU, 2002): hat als einzige Lösung in Z mit x, y > 0. x p y q = 1, 3 2 2 3 = 1 Fermat(1665), Theorem(WILES et al., 1994): x p + y p = z p, p > 2, has no solution in Z with xyz 0.
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Vermutungen von Catalan and Fermat p, q Primzahlen Catalan(1844), Theorem(MIHǍILESCU, 2002): hat als einzige Lösung in Z mit x, y > 0. x p y q = 1, 3 2 2 3 = 1 Fermat(1665), Theorem(WILES et al., 1994): x p + y p = z p, p > 2, hat keine Lösung in Z mit xyz 0.
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Faktorisierung über größerem Ring ganzer Zahlen ζ m primitive mte Einheitswurzel Z[ζ m ] Ring der ganzen Zahlen von Q(ζ m ), z.b. für m = 4 mit i 2 = 1 haben wir in Z[i] = {a + bi a, b ɛ Z} : x 3 y 2 = 1 x 3 = (y + i)(y i) und für m = p n haben wir in Z[ζ p n] : x pn +y pn = (x + y)(x + ζ p ny)(x + ζ 2 p ny)... (x + ζpn 1 p n y) = z pn.
Die Strategie L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Hoffnung: Benutze eindeutige Primfaktorzerlegung, um einen Widerspruch zu der Annahme zu erreichen, dass die Catalansche oder Fermatsche Gleichung eine nicht-triviale Lösung hat.
Die Strategie L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Hoffnung: Benutze eindeutige Primfaktorzerlegung, um einen Widerspruch zu der Annahme zu erreichen, dass die Catalansche oder Fermatsche Gleichung eine nicht-triviale Lösung hat. Problem: Im Allgemeinen ist Z[ζ m ] kein Ring mit eindeutiger Primfaktorzerlegung (faktorieller Ring), z.b. Z[ζ 23 ]!
Ideale ζ-funktionen and Diophantische Gleichungen L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Kummer: Ersetze Zahlen durch Ideale Zahlen : Für Ideale (=Z[ζ m ]-Untermoduln) 0 a Z[ζ m ] haben wir eine eindeutige Faktorisierung in Primideale P i 0 : a = n i=1 P n i i Hauptideale: (a) = Z[ζ m ]a
Idealklassengruppe L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Cl(Q(ζ m )) : = { Ideale von Z[ζ m ]}/{ Hauptideal von Z[ζ m ]} = Pic(Z[ζ m ])
Idealklassengruppe L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Cl(Q(ζ m )) : = { Ideale von Z[ζ m ]}/{ Hauptideal von Z[ζ m ]} = Pic(Z[ζ m ]) Fundamentales Theorem der Algebraischen Zahlentheorie: #Cl(Q(ζ m )) < und h Q(ζm) := #Cl(Q(ζ m )) = 1 Z[ζ m ] ist ein faktorieller Ring
Idealklassengruppe L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Cl(Q(ζ m )) : = { Ideale von Z[ζ m ]}/{ Hauptideal von Z[ζ m ]} = Pic(Z[ζ m ]) Fundamentales Theorem der Algebraischen Zahlentheorie: #Cl(Q(ζ m )) < und h Q(ζm) := #Cl(Q(ζ m )) = 1 Z[ζ m ] ist ein faktorieller Ring Trotzdem ist Cl(Q(ζ m )) schwierig zu bestimmen, zu viele Relationen!
Die L-Funktion löst das Problem L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Wie können wir berechnen? h Q(i) Es ist fast ein Wunder,dass L(s, χ 1 ) die Antwort weiß!
Die L-Funktion löst das Problem L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Wie können wir berechnen? h Q(i) Es ist fast ein Wunder, dass L(s, χ 1 ) die Antwort weiß!
Der zyklotomische Charakter L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Gauß: G(Q(ζ N )/Q) κ N = (Z/NZ) mit g(ζ N ) = ζ κ N(g) N für alle g ɛ G(Q(ζ N )/Q)
Der zyklotomische Charakter L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Gauß: G(Q(ζ N )/Q) κ N = (Z/NZ) mit g(ζ N ) = ζ κ N(g) N N = 4 : für alle g ɛ G(Q(ζ N )/Q) χ 1 ist ein Charakter der Galois Gruppe G(Q(i)/Q) L(s, χ 1 ) (analytische) Invariante von Q(i).
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Analytische Klassenzahlformel für imaginär-quadratische Zahlkörper: h Q(i) = #µ(q(i)) N L(1, χ 1 ) 2π
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Analytische Klassenzahlformel für imaginär-quadratische Zahlkörper: h Q(i) = #µ(q(i)) N L(1, χ 1 ) 2π = 4 2 2π L(1, χ 1)
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Analytische Klassenzahlformel für imaginär-quadratische Zahlkörper: h Q(i) = #µ(q(i)) N L(1, χ 1 ) 2π = 4 2 2π L(1, χ 1) = 4 π L(1, χ 1) = 1 (Leibniz Formel)
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Analytische Klassenzahlformel für imaginär-quadratische Zahlkörper: h Q(i) = #µ(q(i)) N L(1, χ 1 ) 2π = 4 2 2π L(1, χ 1) Z[i] ist ein faktorieller Ring. = 4 π L(1, χ 1) = 1 (Leibniz Formel)
L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Ein spezieller Fall der Catalan Gleichung Da L(s, χ 1 ) die Arithmetik von Q(i) kennt, ist sie in der Lage unser Problem zu lösen: Ziel: x 3 y 2 = 1 hat keine Lösung in Z. In der Zerlegung x 3 = (y + i)(y i) sind die Faktoren (y + i) und (y i) teilerfremd (leicht zu sehen!) y + i = (a + bi) 3 für geeignete a, b ɛ Z nimmt man Re( ) und Im( ) ergibt dies: y = 0, also einen Widerspruch!
Reguläre Primzahlen L-Funktionen Diophantische Gleichung Die analytische Klassenzahlformel Ebenso weiß die Funktion ζ(s) für welche p Cl(Q(ζ p ))(p) = 1 gilt! Nämlich genau dann, wenn p keinen der Zähler der (rationalen!) Werte ζ( 1), ζ( 3),..., ζ(4 p) teilt (Kummer). In diesem Fall hat die Fermat-Gleichung keine nicht-triviale Lösung. Aber 37 h Cl(Q(ζ37 ))! Iwasawa: Cl(Q(ζ p n))(p) =? für n 1.
Zahlkörper versus Funktionenkörper Q F l (X) = K (P 1 F l ) K /Q Zahlkörper K (C)/F l (X) Funktionenkörper C P n F l K (C)/F l (X) glatte, projektive Kurve, d.h. endliche Erweiterung
Punkte zählen auf C N r := #C(F l r ) Kardinalität von F l r -rationalen Punkten φ : C C x i xi l Frobenius-Automorphismus Lefschetz-Spur-Formel N r = #{Fixpunkte von C(F l ) unter φ r } = 2 ( 1) n Tr ( φ r H n (C) ) n=0
ζ-funktion von C, WEIL (1948) ζ C (s) : = x ɛ C 1, s ɛ C, R(s) > 1, 1 (#k(x)) s ( t r ) = exp N r, t = l s r = r=1 2 det(1 φt H n (C)) ( 1)n+1 n=0 = det(1 φt Pic0 (C) ) (1 t)(1 lt) ɛ Q(t)
Riemannsche Vermutung für C ζ C ist eine rationale Funktion in t und hat Pole bei: s = 0, s = 1 Nullstellen bei bestimmten s = α, die R(α) = 1 2 erfüllen.
Riemannsche Vermutung für C ζ C ist eine rationale Funktion in t und hat Pole bei: s = 0, s = 1 Nullstellen bei bestimmten s = α, die R(α) = 1 2 erfüllen. Kann die Riemannsche ζ-funktion auch als rationale Funktion in solch einer geschlossenen Form ausgedrückt werden?
p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung
Zahlkörperturm p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Gleichzeitiges Studium der Klassenzahlformel in einem ganzen Turm von Zahlkörpern: Q F 1... F n F n+1... F := n 0 F n. mit F n := Q(ζ p n), 1 n, Z p = lim n Z/p n Z Q p := Quot(Z p ), κ : G := G(F /Q) = Z p, g(ζ p n) = ζ κ(g) p n für alle g ɛ G, n 0 F F n Q G
p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung G = Γ mit = G(F 1 /Q) = Z/(p 1)Z Γ = G(F /F 1 ) = < γ > = Z p. Iwasawa-Algebra mit T := γ 1. Λ(G) := und lim Z p [G/G ] = Z p [ ][[T ]] G G offen
p-adische Funktionen p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Maximaler Quotientenring von Λ(G) : Q(G) = p 1 i=1 Q(Z p [[T ]]). Z = (Z 1 (T ),..., Z p 1 (T )) ɛ Q(G) sind Funktionen von Z p : für n ɛ N Z (n) := Z i(n) (κ(γ) n 1) ɛ Q p { }, i(n) n mod (p 1)
p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Analytische p-adische ζ-funktion KUBOTA, LEOPOLDT and IWASAWA: Es gibt genau ein ζ p ɛ Q(G) derart, dass für k < 0 ζ p (k) = (1 p k )ζ(k) gilt, d.h. ζ p interpoliert - bis auf den Euler-Faktor bei p - die Riemannsche ζ-funktion p-adisch.
p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Idealklassengruppe über F IWASAWA: #Cl(F n )(p) = p nrk Zp (X)+const wobei X := X(F ) = lim n Cl(F n )(p) mit G-Operation,
p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Idealklassengruppe über F IWASAWA: #Cl(F n )(p) = p nrk Zp (X)+const wobei X := X(F ) = lim n Cl(F n )(p) mit G-Operation, Z p (1) := lim n µ p n mit G-Operation, X Zp Q p, Q p (1) := Z p (1) Zp Q p endlich-dimensionale Q p -Vektorräume mit Operation von γ.
Iwasawa Hauptvermutung p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung MAZUR and WILES (1986): ζ p det(1 γt X Zp Q p ) det(1 γt Q p (1)) mod Λ(G) i det(1 γt H i ) ( 1)i+1 mod Λ(G) analytische algebraische p-adische ζ-funktion Spurformel"
Die Analogie p-adische ζ-funktionen Hauptvermutung Funktionenkörper Zahlkörper F l = F l (µ) F = Q(µ(p)) φ γ C ζ C G m ζ p Pic 0 (C) X = Pic(F )
Nicht-kommutative Iwasawa Theorie
Von G m zu beliebigen Darstellungen bisher: Koeffizienten in Kohomologie: Z p (1) G m, µ(p) Zahlkörperturm: F = Q(µ(p))
Verallgemeinerungen ρ : G Q GL(V ) (Stetige) Darstellung mit V = Q n p und einem Galois-stabilen Gitter T = Z n p. Koeffizienten in Kohomologie: T ρ Turm von Körpern: K = Q ker(ρ) Beispiel: E elliptische Kurve über Q, T = T p E = lim E[p n ] = Z 2 p, V := T Zp Q p. n
p-adische Lie Erweiterungen F K, so dass G := G(K /Q) GL n (Z p ) eine p-adische Lie Gruppe ist H F G K Γ mit Untergruppe H, so dass Γ := G/H = Z p Q
Philosophie Assoziiere zu einer Darstellung (ρ, V ) analytische p-adische L-Funktion L(V, K ) mit Interpretationseigenschaft L(V, K )(χ) L(1, V χ) für χ : G GL n (Z p ) mit endlichem Bild. algebraische p-adische L-Funktion F(V, K ).
Philosophie Assoziiere zu einer Darstellung (ρ, V ) analytische p-adische L-Funktion L(V, K ) mit Interpretationseigenschaft L(V, K )(χ) L(1, V χ) für χ : G GL n (Z p ) mit endlichem Bild. algebraische p-adische L-Funktion F(V, K ). Problem: Λ(G) ist im Allgemeinen nicht kommutativ! Was sind nicht-kommutative Determinanten?
Nicht-kommutative Iwasawa Hauptvermutung COATES, FUKAYA, KATO, SUJATHA, V.: Es existiert eine kanonische Lokalisierung Λ(G) S von Λ(G), so dass F(V, K ) in K 1 (Λ(G) S ) existiert. Außerdem sollte L(V, K ) in dieser K -Gruppe leben. Hauptvermutung: L(V, K ) F(V, K ) mod K 1 (Λ(G)).
Nicht-kommutative charakteristische Polynome M Λ(G)-Modul, der als Λ(H)-Modul endlich erzeugt ist. BURNS, SCHNEIDER, V.: Λ(G) S Λ(H) M 1 γ Λ(G) S Λ(H) M = induziert det(1 γt M) ɛ K 1 (Λ(G) S ).
Nicht-kommutative charakteristische Polynome M Λ(G)-Modul, der als Λ(H)-Modul endlich erzeugt ist. BURNS, SCHNEIDER, V.: Λ(G) S Λ(H) M 1 γ Λ(G) S Λ(H) M = induziert det(1 γt M) ɛ K 1 (Λ(G) S ). Hauptvermutung über K : Spurformel" in K 1 (Λ(G) S ) mod K 1 (Λ(G)): L(K, Z p (1)) det(1 γt H (K, Z p (1)))
Neue Kongruenzen Für G = Z p Z p und Koeffizienten Z p (1): KATO: K 1 (Λ(G)) χ i O i [[T ]] K 1 (Λ(G) S ) χ i Quot(O i [[T ]]) L(K /Q) (L p (χ i, F )) i
Neue Kongruenzen Für G = Z p Z p und Koeffizienten Z p (1): KATO: K 1 (Λ(G)) χ i O i [[T ]] K 1 (Λ(G) S ) χ i Quot(O i [[T ]]) L(K /Q) (L p (χ i, F )) i Existenz von L(K /Q) Kongruenzen zwischen L p (χ i, F ) Hauptvermutung /K Hauptvermutung /F für alle χ i Ähnliche Resultate von RITTER, WEISS für endliches H.
Ein Theorem für total reelle Körper F total reell, F cyc K total reell, G = Z p Z p MAHESH KAKDE, ein Student von Coates, hat kürzlich angekündigt: Theorem (Kakde) Unter der Annahme der Leopoldt-Vermutung für F gilt die nicht-kommutative Hauptvermutung für das Tate Motiv (d.h. für G m ) über K /F.
Vielen Dank!