CE-Kennzeichnung Tipps für Importeure und Händler. WIFI Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Österreich

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Transkript:

CE-Kennzeichnung Tipps für Importeure und Händler WIFI Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Österreich

Inhalt 1. WAS BEDEUTET DIE CE-KENNZEICHNUNG? 03 2. WANN ERGEBEN SICH AUSWIRKUNGEN AUF IMPORTEURE UND HÄNDLER? 03 3. WAS VERSTEHT MAN UNTER INVERKEHRBRINGEN? 04 4. WAS GILT IN BEZUG AUF DIE CE-KENNZEICHNUNG NICHT ALS INVERKEHRBRINGEN? 05 5. WIE WERDE ICH ALS IMPORTEUR ODER HÄNDLER RECHTLICH GESEHEN ZUM HERSTELLER? 05 6. WELCHE VERANTWORTUNG TRIFFT HÄNDLER? 05 7. GELTEN DIE VORSCHRIFTEN AUCH FÜR DEN IMPORT GEBRAUCHTER WAREN? 06 8. WELCHE RECHTSFOLGEN KÖNNEN BEI FEHLENDER ODER UNRECHTMÄSSIGER CE-KENNZEICHNUNG EINTRETEN? 06 9. BESTEHEN REGRESSMÖGLICHKEITEN AUF DEN HERSTELLER BZW. IMPORTEUR? 10 10. WIE KANN ICH MICH BEI DER VERTRAGSGESTALTUNG ABSICHERN? 11 11. WO ERFAHRE ICH NÄHERE DETAILS ZU DEN PRODUKTRICHTLINIEN? 12

1. WAS BEDEUTET DIE CE-KENNZEICHNUNG? Waren müssen und dürfen nur genau dann das CE-Zeichen tragen, wenn aufgrund von EU- Vorschriften die Verpflichtung dazu besteht. Für eine wachsende Anzahl an Produkten ist das der Fall. Die CE-Kennzeichnung ist grundsätzlich vom Hersteller am Produkt anzubringen und zwar bevor dieses Produkt innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) erstmalig in Verkehr gebracht wird. Mit der CE-Kennzeichnung bestätigt der Hersteller, dass das von ihm erzeugte Produkt in Übereinstimmung mit den in den EU-Richtlinien geregelten produktspezifischen Vorschriften konstruiert und hergestellt wurde, ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde sowie die erforderlichen technischen Unterlagen erstellt wurden und verfügbar sind. Bei Produkten, die von außerhalb des EWR ansässigen Herstellern produziert werden, besteht für den Hersteller die Möglichkeit, entweder auf dem Produkt selbst eine CE-Kennzeichnung anzubringen und dem Importeur zu bestätigen, dass das Produkt gemäß den in den EU-Richtlinien geregelten produktspezifischen Vorschriften konstruiert und hergestellt wurde, ein entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde und dem Importeur die erforderlichen technischen Unterlagen zur Verfügung stehen oder einen Bevollmächtigten zu beauftragen, der im EWR ansässig ist und im Namen des Herstellers die Aufgaben erfüllt, die im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung erforderlich sind (insbesondere Anbringen des CE-Zeichens, Bereithalten der EG-Konformitätserklärung des Herstellers und der technischen Unterlagen sowie Kooperation mit den Marktüberwachungsbehörden). 2. WANN ERGEBEN SICH AUSWIRKUNGEN AUF IMPORTEURE UND HÄNDLER? Ist nun weder der Hersteller noch sein Bevollmächtigter im EWR ansässig, dann treffen die Pflichten im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung diejenige Person (Importeur oder Händler), die das im Drittland erzeugte Produkt im EWR erstmalig in Verkehr bringt. Der Importeur oder Händler muss darauf achten, dass er nur jene kennzeichnungspflichtigen Produkte in Verkehr bringt, bei denen vom Hersteller zuvor ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde, die technischen Unterlagen erstellt wurden, die CE-Kennzeichnung angebracht wurde und die sonst erforderlichen Unterlagen beigefügt wurden. Bei Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen darf das Produkt nicht in Verkehr gebracht werden. 02 03

3. WAS VERSTEHT MAN UNTER INVERKEHRBRINGEN? Den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Harmonisierung des Binnenmarkts zufolge gilt ein Produkt mit seiner erstmaligen Bereitstellung auf dem Gemeinschaftsmarkt als in Verkehr gebracht. Bereitstellung auf dem Gemeinschaftsmarkt liegt dann vor, wenn ein Produkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt abgegeben wird. Daraus folgt, dass nicht auf die Entgeltlichkeit (im Sinne eines Verkaufsgeschäfts) oder auf den Vertriebskanal, sondern vielmehr auf den Umstand abgestellt wird, dass eine dritte Person das Produkt verwenden (in Betrieb nehmen) kann. Das österreichische Produkthaftungsgesetz (PHG) regelt, dass ein Produkt in den Verkehr gebracht ist, sobald es der Unternehmer, gleich auf Grund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben hat, wobei die Versendung an den Abnehmer genügt. Daraus folgt, dass es eben nicht auf den Abschluss einer Liefervereinbarung oder auf die Versendung einer Auftragsbestätigung ankommt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Hersteller oder Importeur das Produkt physisch aus der Hand gibt, damit es ein anderer verwenden kann. Damit gilt ein Produkt durch den Importeur bereits dann als in den Verkehr gebracht, wenn es an den Spediteur, Frachtführer oder Lagerhalter übergeben wird, es mit der Post an den Zwischenhändler (oder Kunden) gesendet wird oder einem Zwischenhändler (oder Kunden) etwa als Muster zur Probe überlassen wird. Auf eine vertragliche Vereinbarung mit dem Händler, das Produkt nicht verwenden zu dürfen, kommt es hingegen nicht an. Diese verhindert nicht, dass das Produkt vom Importeur als in den Verkehr gebracht betrachtet wird. Ein Produkt gilt als nicht durch den Importeur in den Verkehr gebracht, wenn es innerbetrieblich getestet oder geprüft und zu diesem Zweck eingesetzt wird oder einer Prüfanstalt zur Material- und Sicherheitsprüfung übergeben wird. TIPP: Anhand der im Unternehmen aufliegenden Aufzeichnungen sollte lückenlos nachvollziehbar sein, von welchem Unternehmen Sie Produkte bezogen und an welches Unternehmen Sie Produkte abgegeben haben.

4. WAS GILT IN BEZUG AUF DIE CE-KENNZEICHNUNG NICHT ALS INVERKEHRBRINGEN? Zum Beispiel: Die Lieferung eines Produkts vom Hersteller in einem Drittland an seinen Bevollmächtigten im EWR, mit dem Auftrag für die Erfüllung der Richtlinien zu sorgen. Der Import aus Drittländern zum Zweck der Wiederausfuhr. Das Ausstellen des Produkts auf Messen und Veranstaltungen mit Hinweis darauf, dass die Konformität hergestellt werden muss. (Unterschied zur Produkthaftung) Die bloße Aufnahme in einen Katalog ohne tatsächliche erstmalige Bereitstellung. Das Produkt wird im EWR hergestellt und zwar ausschließlich für den Export in einen Drittstaat. 5. WIE WERDE ICH ALS IMPORTEUR ODER HÄNDLER RECHTLICH GESEHEN ZUM HERSTELLER? Wenn ein Importeur oder Händler ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke in Verkehr bringt, gilt er als Hersteller ( Anscheinsproduzent, Als-Ob-Hersteller ). Das ist auch der Fall, wenn er ein auf dem Markt befindliches Produkt so verändert, dass die Konformität dadurch beeinträchtigt wird. 6. WELCHE VERANTWORTUNG TRIFFT HÄNDLER? Als Händler gelten Personen in der Absatzkette, die sich mit bereits auf dem Binnenmarkt in Verkehr gebrachten Waren befassen. Sie dürfen keine Produkte liefern, von denen sie wissen oder aufgrund der vorliegenden Informationen und als Gewerbetreibende davon ausgehen hätten müssen, dass diese den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen (z.b. Kennzeichnung, begleitende Unterlagen). Die Vertriebsbedingungen (z.b. Lagerung, Transport) müssen so gestaltet werden, dass die Konformität der Produkte erhalten bleibt (z.b. bei Medizinprodukten, Messgeräten). 04 05

7. GELTEN DIE VORSCHRIFTEN AUCH FÜR DEN IMPORT GEBRAUCHTER WAREN? Die EU-Richtlinien unterscheiden nicht zwischen (fabriks)neuen und gebrauchten Produkten. Führt der Importeur daher gebrauchte Produkte in den EWR ein, an denen keine CE-Kennzeichnung angebracht ist, dann muss er prüfen, wann das Produkt hergestellt wurde, prüfen, ob für diese Produkte überhaupt eine CE-Kennzeichnungspflicht besteht, bejahendenfalls prüfen, wann die Vorschrift (EU-Durchführungsverordnung bzw. nationale Vorschrift, mit der eine EU-Richtlinie umgesetzt wurde) in Kraft getreten ist, ob dieser Zeitpunkt vor oder nach dem Datum der Herstellung des Produkts liegt und ob diese Vorschrift auch Regelungen für gebrauchte Produkte enthält und wenn der Zeitpunkt nach Inkrafttreten dieser Vorschrift liegt, die Einfuhr des Produkts unterlassen. Produkte, die hingegen vor dem Inkrafttreten der Vorschrift hergestellt wurden, müssen keine CE-Kennzeichnung tragen. ACHTUNG: Zu beachten ist, dass mangels dazu ergangener Rechtsprechung auch der Rechtstandpunkt vertreten werden könnte, dass nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung, sondern auf den Zeitpunkt der Einfuhr des gebrauchten Produkts in den EWR abzustellen ist. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass nicht CEgekennzeichnete gebrauchte Produkte von den Zollbehörden beanstandet werden. 8. WELCHE RECHTSFOLGEN KÖNNEN BEI FEHLENDER ODER UNRECHTMÄSSIGER CE-KENNZEICHNUNG EINTRETEN? Verwaltungsvergehen Führt der Importeur oder Händler Produkte in den EWR ein, die entweder keine CE- Kennzeichnung tragen und/oder denen keine technischen (oder sonst erforderlichen) Unterlagen beiliegen oder die zwar gekennzeichnet sind, allerdings ohne dass (vom Hersteller) ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde, dann begeht er zunächst einmal eine Verwaltungsübertretung, die zu einer Geldstrafe von bis zu EUR 25.000, und in gravierenden Fällen auch zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen kann.

Unlautere Geschäftspraktik Mit der Einfuhr nicht oder unrechtmäßig CE-gekennzeichneter Produkte begeht der Importeur oder Händler nicht nur eine Verwaltungsübertretung, sondern er kann auch von Mitbewerbern und/oder bestimmten klagsbefugten Verbänden auf Unterlassung, allenfalls Schadenersatz geklagt werden. Mit der Unterlassungsklage kann der Anspruch auf Beseitigung, das heißt Rückruf der bereits in Verkehr gebrachten Produkte verbunden werden. Anspruchsgrundlage für den Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch ist eine unlautere Geschäftspraktik, die derjenige anwendet, der entweder ein Gütezeichen, Qualitätszeichen oder Ähnliches ohne die erforderliche Genehmigung verwendet oder behauptet, dass sein Produkt von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden ist, obwohl dies nicht der Fall ist oder die Bedingungen für eine Bestätigung, Billigung oder Genehmigung nicht erfüllt werden. Es stellt sich nun die Frage, ob die CE-Kennzeichnung unter diese Unterlassungsverpflichtung fällt. Zwar ist die CE-Kennzeichnung weder ein Qualitäts- noch ein Gütezeichen, sondern vielmehr ein Marktzulassungszeichen. Doch bringt der Hersteller mit der CE-Kennzeichnung zum Ausdruck, dass sein Produkt die Kriterien erfüllt, welche auf europäischen Normen beruhen. Ist dies aber tatsächlich nicht der Fall, dann wird darin eine unlautere Geschäftspraktik liegen. Produkthaftpflicht Schließlich besteht die Gefahr, dass der Importeur oder Händler nach den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes (PHG) schadenersatzpflichtig wird. Die Produkthaftung nach dem PHG entsteht bei Tod, Körperverletzung und Gesundheitsschädigung von Menschen und bei Sachschäden. Der Sachschaden muss allerdings bei Konsumenten eingetreten sein. Hat hingegen ein Unternehmer das fehlerhafte Produkt in seinem Unternehmen eingesetzt und ist ihm dadurch ein Sachschaden entstanden, dann haftet der Hersteller/Importeur nicht nach dem PHG. In diesem Fall muss sich der Unternehmer an jenen Händler halten, von dem er das fehlerhafte Produkt gekauft hat. Haftungsvoraussetzung ist, dass das fehlerhafte Produkt für den Schaden ursächlich ist. 06 07

Die (Produkt)Haftung ist verschuldensunabhängig und greift folglich auch dann, wenn der Fehler am Produkt von niemandem schuldhaft zu verantworten ist. Händler können sich von der Haftung dadurch befreien, dass sie fristgerecht den Hersteller oder Importeur (in den EWR) bekannt geben. Demgegenüber kann sich der Importeur, der das fehlerhafte Produkt in den Verkehr gebracht hat, durch Bekanntgabe des Herstellers von der Produkthaftung nicht befreien. Andernfalls wird sich ein Importeur für Österreich von der Produkthaftung dann befreien können, wenn ein Importeur für den EWR (Europaimporteur) existiert und er diesen innerhalb angemessener Frist (ca. 1 bis 2 Wochen) bekannt gibt. Die Produkthaftung ist nicht nur verschuldensunabhängig, sondern auch betraglich unbeschränkt und kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Da Voraussetzung für die (verschuldensunabhängige) Produkthaftung ein fehlerhaftes Produkt ist, stellt sich die Frage, ob ein nicht oder unrechtmäßig CE-gekennzeichnetes Produkt fehlerhaft ist. Wann liegt nun ein Produktfehler vor? Ob ein Produkt fehlerhaft ist, muss aus zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden: zum einen aus dem Gesichtspunkt des Importeurs oder Händlers und zum anderen aus dem Gesichtspunkt der Konsumenten. Aus dem Gesichtspunkt des Importeurs oder Händlers wird der Inhalt der Vereinbarung, die er mit dem Hersteller oder Importeur des Produkts getroffen hat, ausschlaggebend sein. Solche Vereinbarungen enthalten in der Regel Produktspezifikationen oder verweisen auf Muster, denen die gelieferten Produkte entsprechen sollen. Mitunter enthalten solche Vereinbarungen auch die Verpflichtung des Herstellers oder Importeurs, dass die Produkte den einschlägigen Bestimmungen und (technischen) Normen des Landes entsprechen müssen, in das sie geliefert werden. Aus dem Gesichtspunkt der Konsumenten ist ein vollkommen anderer Beurteilungsmaßstab anzulegen. Dies deshalb, weil der Konsument weder mit dem Hersteller noch mit dem Importeur eine Vereinbarung trifft. Er kauft vielmehr beim (Einzel)Händler, trifft keine Vereinbarung über die Eigenschaften des Produkts, sondern erhält eine Rechnung und allenfalls eine Produktbeschreibung oder Gebrauchsanweisung.

Was können Konsumenten nun in Verbindung mit der CE-Kennzeichnung an Produktsicherheit erwarten? Einerseits bestimmt das PHG allgemein, dass ein Produkt dann fehlerhaft ist, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die ein durchschnittlich gewissenhafter Konsument nach der Werbung über das Produkt, nach dem Inhalt des Verkaufsgesprächs oder nach der Verpackung und Beschreibung erwarten darf. Daraus folgt, dass der Konsument letztlich bis zu einem gewissen Grad selbst beurteilen muss, in welchem Ausmaß er das Produkt verwenden und belasten kann, dass es noch sicher ist. Wenn das Produkt eine CE-Kennzeichnung trägt, wird er sich darauf verlassen, dass dafür eine Konformitätserklärung ausgestellt wurde. Mit dieser wird bestätigt, dass das Produkt in Übereinstimmung mit den anwendbaren (technischen) Normen hergestellt wurde oder wenn dies nicht der Fall ist, mit einem Baumuster übereinstimmt, für das eine im EWR zugelassene Prüfstelle eine Baumusterbescheinigung ausgestellt hat, bestimmten Sicherheitsanforderungen genügt und mit bestimmten Gefahrenhinweisen und Gebrauchsvorschriften versehen ist, und daher sicher ist. Stellt sich heraus, dass das CE-gekennzeichnete Produkt nicht sicher, sondern gefährlich war, dann ist es fehlerhaft. Erst dann besteht eine (verschuldensunabhängige) Haftung nach dem PHG. Ist das nicht oder unrechtmäßig CE-gekennzeichnete Produkt hingegen sicher, weil von diesem weder Gefahr für die Gesundheit von Menschen noch für Sachen ausgeht, und verursacht dieses Produkt dennoch einen solchen Schaden (etwa weil es nicht bestimmungsgemäß verwendet wurde), dann ist weder der Hersteller noch der Importeur, noch der Händler schadenersatzpflichtig. ACHTUNG: Bei Verbraucherprodukten, deren Sicherheitsaspekte nicht oder nur teilweise in anderen Richtlinien (z.b. zur CE-Kennzeichnung) geregelt sind, kommt möglicherweise das Produktsicherheitsgesetz mit seinen Bestimmungen (u.a. Produktbeobachtung, Warnhinweise, Verbote) zum Tragen. Produktbeispiele dafür sind: Fahrräder, Trainingsgeräte, Kinderlaufhilfen, mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte 08 09

9. BESTEHEN REGRESSMÖGLICHKEITEN AUF DEN HERSTELLER BZW. IMPORTEUR? im Produkthaftungsfall Sofern es um Produkthaftungsfälle nach dem PHG geht, kann derjenige, der Schadenersatz geleistet hat, sei es der Händler, der Großhändler oder der Importeur beim Hersteller Regress nehmen. Kann der Hersteller nicht festgestellt werden, dann ist jener Unternehmer regresspflichtig, der das Produkt unmittelbar vor dem Händler in den Verkehr gebracht hat. Dieser kann sich vom Regress wieder dadurch befreien, dass er den Hersteller oder seinen Vorlieferanten nennt. Da Hersteller und Importeure in der Regel eine Produkthaftpflichtversicherung abschließen, wird der Regress in der Regel beim EU-Importeur enden. Diese Regressmöglichkeit gilt unabhängig davon, ob der Hersteller oder Vorlieferant in der EU ansässig ist oder außerhalb der EU, sofern auf das Vertragsverhältnis die Rechtsordnung eines EU-Mitgliedstaats anzuwenden ist. Keine gesetzliche normierte Regressmöglichkeit besteht für verhängte und bezahlte Verwaltungsstrafen und für Kosten einer Rückrufaktion. bei Verletzung von CE-Kennzeichnungsvorschriften In jenen Fällen, in denen das PHG nicht zur Anwendung kommt weil das Produkt eben nicht fehlerhaft ist kann der Importeur beim Hersteller bzw. der Händler beim Importeur grundsätzlich für Schäden Regress nehmen, die dem Importeur bzw. Händler wegen Verletzung der CE-Kennzeichnungspflichten entstanden sind (weil diese Pflichten eben den Hersteller treffen). ACHTUNG: Der Importeur bzw. Händler kann sich nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass der Hersteller die ihn treffenden CE-Kennzeichnungspflichten erfüllt hat (vgl. Pkt. 6). Er muss vielmehr nach Ablieferung der Produkte (zumindest stichprobenartig) prüfen, ob die gelieferten Produkte CE-gekennzeichnet und mit den erforderlichen Dokumenten versehen sind. Stellt sich dabei ein Fehler oder Mangel heraus, so muss er diesen Fehler oder Mangel dem Hersteller bzw. (der Händler) dem Importeur ohne Verzug schriftlich melden, widrigenfalls der Importeur bzw. Händler gegen den Hersteller bzw. (der Händler) gegen den Importeur weder Schadenersatz- noch Gewährleistungsansprüche geltend machen kann.

10. WIE KANN ICH MICH BEI DER VERTRAGSGESTALTUNG ABSICHERN? Es empfiehlt sich, in der Liefervereinbarung mit dem Hersteller bzw. (beim Händler) mit dem Importeur zu vereinbaren: die Verpflichtung des Herstellers bzw. Importeurs, dem Importeur bzw. Händler alle direkten und indirekten Schäden inklusive entgangenem Gewinn zu ersetzen, die diesem aus oder im Zusammenhang mit nicht und/oder unrichtig CE-gekennzeichneten Produkten samt den erforderlichen technischen und sonst erforderlichen Unterlagen entstehen; die Fälligkeit des Kaufpreises von der vollständigen Erfüllung der CE-Kennzeichnungspflichten abhängig zu machen; den Importeur bzw. Händler von der Verpflichtung zu entbinden, die gelieferten Produkte samt den technischen und sonst erforderlichen Unterlagen auf deren Übereinstimmung mit den CE-Kennzeichnungspflichten zu überprüfen; die Anwendbarkeit österreichischen Rechts (unter Ausschluss von Kollisionsnormen und des UN-Kaufrechts) auf sämtliche Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit der Liefervereinbarung entstehen, wobei zur Entscheidung über diese Streitigkeiten die ausschließliche Zuständigkeit der am Sitz des Importeurs bzw. Händlers örtlich zuständigen Gerichte vereinbart wird. TIPP: Folglich sollte keine Vertragsbestimmung akzeptiert werden, nach welcher der Hersteller bzw. Importeur für Produkthaftungsfälle gar nicht haftet, oder die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist, die Haftung der Höhe nach begrenzt ist (etwa mit dem Warenwert) oder die Haftung für Folgeschäden ausgeschlossen ist. 10 11

11. WO ERFAHRE ICH NÄHERE DETAILS ZU DEN PRODUKTRICHTLINIEN? CE-Kennzeichnung online Detaillierte Informationen zu den einzelnen CE-Richtlinien, die österreichischen Umsetzungsrechtsakte, Ansprechpartner und Rechtstipps finden Sie unter: wko.at/ce CE-Ansprechpartner Wirtschaftskammer Österreich, Enterprise Europe Network, T 05 90 900-4356, E euroinfo@wko.at CE-Ansprechpartner in den Bundesländern finden Sie unter: wko.at/ce Das WIFI Unternehmerservice ist ein Team des WIFI der Wirtschaftskammer Österreich. In einer gemeinsamen Initiative mit dem Enterprise Europe Network informieren wir über das Thema CE-Kennzeichnung. www.unternehmerservice.at IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: WIFI Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Redaktionsteam: Dr. Alexander Sporn LL.M. (Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte), DI Dr. Christian Spindelbalker (WIFI Unternehmerservice) Layout: design:ag, Stand: Oktober 2009 Alle Angaben erfolgen trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr und Haftung des Medieninhabers. Soweit in diesem Text personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise.