Die Wölbung ausgedehnter Wasserflächen

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Transkript:

Die Wölbung ausgedehnter Wasserflächen 3,84 m Friedrichshafen Romanshorn (14 km) W.A. Kreiner Faculty of Natural Sciences University of Ulm

Inhalt Seite 3 1. Wie die Erde zur Kugel wurde 5 2. Zahlenbeispiele 5 2.1 Wölbungshöhe 5 2.2 Länge der Sehne 7 2.3 Beobachtungshöhe und Sichtweite 10 2.4 Bestimmung des Erdradius von einem Berggipfel aus 11 2.5 Wölbung auf anderen Himmelskörpern 12 3. Extreme Distanzen 13 4. Überblick und Zusammenfassung 14 Literatur 2

1. Wie die Erde zur Kugel wurde Das biblische Weltbild ist vom babylonischen geprägt. Da war die Erde eine Scheibe auf dem Wasser, aber Wasser war auch über dem Firmament, dem festen ( firmus ) Himmelsgewölbe, das auf Säulen im Wasser ruhte (ON 1). Und wenn sich dessen Schleusen öffneten, dann regnete es. Dass die Erde eine Kugel und keine Scheibe ist, erkannte man schon im Altertum, etwa aus der Beobachtung, dass von einem sich entfernenden Schiff erst der Rumpf verschwindet (ON 2), dass eine Reise von Griechenland in südliche Länder die Sternbilder in einer anderen Höhe über dem Horizont erscheinen ließ. Dass alle Himmelskörper kugelförmig seien, darauf weist Aristoteles hin in seinem Werk Über den Himmel [Prantl (1857)] und weist es beim Mond nach durch den Hinweis auf seinen halbmondförmigen Schatten bei einer Sonnenfinsternis. Bei einer Mondesfinsternis wirft die Erde auf den Mond einen Schatten mit gleichbleibender Krümmung. Ganz anders die Mondphasen: Die Schattengrenze ist bei Halbmond eine Gerade und ändert ihre Krümmung mit wechselnder Mondphase (Bild 1; ON 3). Als einer der ersten, der die Erde als Kugel und nicht nur als rund im Sinn einer Scheibe bezeichnete, gilt Archytas von Tarent, ein Vertreter der pythagoräischen Schule (ON 4; ON 5), zu dem auch Plato Kontakt pflegte. Bild 1 Links der Halbmond. Die Sonne beleuchtet den Mond von rechts aus großer Entfernung. Bei Halbmond ist die Schattengrenze in der Projektion auf die Bildebene eine Gerade, in anderen Mondphasen in unterschiedlichem Grad nach rechts oder links gekrümmt. Rechts: Eine Mondesfinsternis. Die Erde wirft einen gekrümmten Schatten (Kreislinie) auf den Trabanten (ON 6). Diese Krümmung bleibt bei fortschreitender Finsternis dieselbe. Wäre in einer der Mondphasen mehr als die Hälfte der Oberfläche beleuchtet, dann wäre die Schattengrenze in die entgegengesetzte Richtung gebogen. Eratosthenes ermittelte den Erdumfang aus folgender Überlegung (ON 7): Am 21. Juni spiegelte sich die Sonne mittags in einem Brunnen in Syene, dem heutigen Assuan. Sie musste also gerade im Zenit stehen, so dass z.b. ein lotrecht aufgestellter Stab keinen Schatten geworfen hätte. Zum selben Zeitpunkt beobachtete man aber in Alexandria, 5000 3

Stadien (à 157,5 m) oder knapp 800 km entfernt, dass ein Obelisk einen Schatten warf, aus dem man einen Winkel von 7 0 12 zwischen der Lotrechten und der Richtung zu Sonne ermitteln konnte. Er schloss daraus, dass der Erdumfang so viele Mal 5000 Stadien ausmachen müsse, als der Winkel von 7 0 12 in 360 0 enthalten ist, also 50 Mal. Das Ergebnis von 39 375 kam dem heute bekannten Wert schon sehr nahe. Eine Fehlerquelle besteht allerdings darin, dass Alexandria rund 3 0 westlicher liegt als Assuan. Die Kugelgestalt der Erde wurde in gebildeten Kreisen mehrheitlich auch im Mittelalter nicht bezweifelt (ON 2; ON 8; ON 9). Nicht akzeptiert wurde hingegen das heliozentrische Weltbild, das, ebenfalls schon in der Antike durch Aristarch von Samos (um 310 bis um 230 v. Chr.) vorgeschlagen, sich erst in der Neuzeit durchsetzen konnte. Bild 2 Links: Kugelförmige Erde aus dem Manuskript L image du monde des Gossouin de Metz, 14. Jhdt.. Zwei Personen, die sich, am Ausgangspunkt Rücken an Rücken stehend, auf die Reise machen, begegnen einander nach einer halben Erdumrundung (ON 8). Rechts: Aus John Gowers, Vox Clamantis (ca. 1400; ON 9). In Bereichen der Sichtweite (z.b. der Ausdehnung eines größeren Sees entsprechend) wird das Ausmaß der Erdkrümmung oft unterschätzt. Auch am Meer fällt selten auf, dass vom Ufer aus im Fernglas nur das Deck des Schiffs, nicht aber dessen Wasserlinie sichtbar ist. Verfälscht wird die Beobachtung unter Umständen durch Brechungseffekte in der Luft, die Objekte auf See als über dem Horizont schwebend erscheinen lassen. Sichtbar ist die Erdkrümmung bereits in einer Aufnahme von einem Ballon aus 11 300m Höhe (Bild 3; ON 10). Fallweise wird auch geltend gemacht, es gebe Verzeichnungseffekte von Objektiven, die eine Erdkrümmung vortäuschen können. 4

Bild 3 Aufnahme am 31. 08. 1933 aus 11 300m Höhe durch Alexander Dahl (Plattenkamera, f=145 mm). Rechts eine Aufnahme der Apollo 8 am 08. 12 1968. (Wikimedia Commons & Nasa Public Domain). 2. Zahlenbeispiele 2.1 Wölbungshöhe Als Beispiel sei die Wölbung der Wasserfläche über die gesamte Länge des Bodensees betrachtet. Die Ausdehnung zwischen Bodman-Ludwigshafen und Bregenz beträgt D= 63km. In Bild 4 ist der Querschnitt durch die Erde als Kreislinie angedeutet. Erst wird der Winkel zwischen dem einen Ende und der maximalen Höhe ermittelt: Man erhält ihn aus dem Verhältnis der halben Seelänge (31,5 km) zum Erdumfang (2 6371 km). Dieser Bruchteil mal 360 0 ergibt den Winkel in Grad: = = 0,283 286 305 9 0 (1) Die Aufwölbung H im Einheitskreis ist gleich (1- cos) = (1-0,999 987 777 1) = 1,222 2921E-5 Einheiten, und mit dem Erdradius R = 6371km multipliziert erhält man H= (1- cos) R = 0,077 872 229 69 km oder H= 77,872 m (2) 2.2 Länge der Sehne Mit sin = 4,944 258 619 E-3 ergibt sich die Entfernung entlang der Sehne zu 2y = 2 sin 6371 = 62, 999 743 km, (3) also nur um 25,7cm kürzer als entlang der gekrümmten Oberfläche mit 63km. Zwei weitere Werte vom Bodensee sind in Tabelle 1 verzeichnet. Selbst über die größte Breite von 14 km beträgt die Wasserwölbung noch mehrere Meter. 5

Länge des Bodensees: 63 km D = 63km R = 6371 km y=r sin H R cos Bild 4 Die Krümmung des Wasserspiegels über die Länge des Bodensees. Da die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus meist so wie am Kreis links veranschaulicht werden, ist die Länge des Bodensees vertikal aufgetragen. Tabelle 1 Wölbungshöhe durch die Erdkrümmung zwischen Seeufern und über den Atlantik Entfernung D Wölbungshöhe H 1 km 0,0191 m 14 km /Friedrichshafen-Arbon 3,84 m 46 km /Konstanz-Bregenz (ON 11) 41,52 m Titicacasee: 190 km Victoriasee: 337 km Lake Michigan: 494 km Baikalsee (Luftlinie): 610 km Atlantik (Senegal Golf von Mexiko): 9000 km 708 m 2 228 m 4 787 m 7 299 m 1 574 km 6

3,84 m Friedrichshafen Romanshorn (14 km) Bild 5 Der Bodensee von der Winterstaude aus (ON 12). Über die eingezeichnet Strecke von Friedrichshafen bis Romanshorn beträgt die Aufwölbung knapp vier Meter. 2.3 Beobachtungshöhe und Sichtweite Von einem 42m hohen Turm in Konstanz würde man gerade über die Aufwölbung des Wasserspiegels blicken und die Spitze eines ebenso hohen Turms 3,84 in Bregenz m sehen können. Wie hoch muss ein Turm in Bodman oder in Bregenz sein, damit man das Ufer am andern Ende sieht? Friedrichshafen Romanshorn (14 km) Das berechnet man über trigonometrische Funktionen des Winkels 2 (Bild 6). Die Tangente an den Kreis in Bodman bildet mit dem Erdradius einen rechten Winkel. In diesem Dreieck ist der cos2 gleich Erdradius durch die Strecke (Radius + Ballonhöhe B):, daraus die Ballonhöhe B = oder B = 6371 [ ] km (4) Die Sichtweite S erhält man über den Tangens (=S/R) zu S = 6371 tg2 km (5) In diesem Beispiel beträgt der Winkel 2 in Grad: 63km 360/(2 6371km ) = 0,566 572 611 0. Damit werden die Ballonhöhe B = 311,502m und die Sichtweite 63,002 km. Die Sichtweite ist also nur wenig größer als die Wegstrecke entlang der Oberfläche. 7

Zur Berechnung der Sichtweite von einem Berggipfel aus setzt man dessen Höhe über der Grundfläche für B in Gl. (4) ein, ermittelt daraus 2 und damit aus Gl. (5) die Sichtweite S. Bodman- Ludwigshafen R 2 H R Sichtweite S Bregenz B = 311,502 Bild 6 Aus dem rechtwinkeligen Dreieck können die Sichtweite und die Ballonhöhe bestimmt werden. Vom Pfänder bei Bregenz mit 695,5m über dem Seeufer beträgt die Sichtweite 97 km, reicht also deutlich über die Seelänge hinaus (ON 13). Nach einem anderen Verfahren kann man in Bodman die Tangente an den Kreis legen und mit einer Lotrechten am andern Ende in Bregenz schneiden (Bild 7). Man erhält den Schnittpunkt P(x P, y P ) mit Hilfe der folgenden beiden Geraden: Gerade 1: y = k 1 x = -tg x; y = -4,944 315 E-3 x; Diese verläuft durch den Erdmittelpunkt und in Verlängerung des Radius. Mit β = - 90 = -89,716 713 64 0 ; k 2 = tgβ = -202,252 496 7 erhält man die Gerade 2: y = k 2 x +d; d = y k 2 x = y k 2 L; d = 1 288 566,406 km; Diese ist die Tangente an die Erdoberfläche in Bodman-Ludwigshafen. 8

Zusammen: 1 y = (-4,944 315 E-3) x; 2 y = -202,252 497x + 1 288 566,406; Daraus: x P = 6371,233 624 km; y P = -31,501 384 3 km. Bodman- Ludwigshafen β y H 1 L -y 2 Bregenz B=311,502 P(x p, y P ) Bild 7 Höhe eines Ballons über dem einen Seeufer, der vom anderen Ende des Sees gerade noch über dem Horizont sichtbar ist. Oder: die Sichtweite vom Ballon reicht bis zum Ufer in Bodman. Vom Erdmittelpunkt bis zum Punkt P sind es [x P 2 + y P 2 ] 1/2 = 6371,311 508 km und die Höhe des Ballons, den man gerade noch über dem Horizont erblickt, ist diese Entfernung minus 6371km oder B = 311,508m. Steigt man mit einem Ballon bis in eine Höhe von 311,5m auf, sieht man über die gesamte Länge des Bodensees das andere Ufer. Eine einfache Näherung für die Ballonhöhe B besteht darin (Bild 8, links), dass man die Aufwölbung der doppelten Entfernung ermittelt, also das H für 2x63 = 126 km. Das Ergebnis ist mit 311,49m nur unwesentlich kleiner. Die Abweichung entsteht dadurch, dass die Aufwölbung H 2D (grün) nicht parallel ist zu B (rot). Für kleine Distanzen nähern sich die Werte von B und H 2D einander immer stärker an. 9

Die Wölbung nimmt mit der Entfernung überproportional zu (Bild 8, rechts). Sie beträgt z.b. (auf der Erde) bei D = 100 km 196 m, bei D = 200 km aber bereits 785 m. 2D D H 2D B Bild 8 Links: Der See (blau) erstreckt sich über die Entfernung D. Die Höhe B, die ein Objekt haben muss, damit es vom anderen Ufer gesehen werden kann, ist in Näherung gleich der Wölbungshöhe H 2D für die doppelte Entfernung 2D. Für kleine Winkel nähert sich der Wert von H 2D, grün, immer mehr dem Wert von B an (rote Linie am rechten Rand). Rechts: Die Krümmungshöhe nimmt mit der Entfernung überproportional zu. 2.4 Bestimmung des Erdradius von einem Berggipfel aus Kennt man die Höhe eines Berggipfels B und den Winkel α, den die Sichtlinie zum Horizont mit der Waagrechten einschließt, so kann man daraus der Erdradius bestimmen (Bild 9). Als Entdecker dieser Messmethode gilt al-biruni (Abu r-raihan Muhammad ibn Ahmad al- Biruni), 973-1048 n.chr. (ON 14). Der Winkel α zwischen der Waagrechten und der Sichtlinie zum Horizont in Bild 9 wird gemessen. Mit der Gleichung B = R [ ] (4) kann aus der Höhe B des Bergs und dem Winkel α das R bestimmt werden. α ist auch gleich 2 (paarweise senkrecht auf einander stehende Schenkel der beiden Winkel). 10

Gipfelpunkt α= 2 Bild 9 B = Gipfelhöhe Bestimmung des Erdradius aus der Höhe eines Bergs und der Messung des Winkels α=2 zwischen der Waagrechten und der Sichtlinie zum Horizont. Horizont / Sichtweite S R R 2 2.5 Wölbungshöhe auf anderen Himmelskörpern Die Himmelskörper im Sonnensystem haben sehr unterschiedliche Durchmesser. Immer dieselbe Entfernung entlang der Oberfläche zugrunde gelegt, wird die Aufwölbung umso flacher, je größer der Radius ist. In Tabelle 2 sind die Zahlen für die Sonne, den Mond, die Planeten sowie für Pluto aufgelistet. Tabelle 2 Krümmungshöhe die Himmelskörper im Sonnensystem Himmelskörper Radius in Erdradien H [m] auf 63 km Himmelskörper Radius in Erdradien H [m] auf 63 km Sonne 109,227 0,71676 Jupiter 10,949 7,108 Merkur 0,3819 203,90 Saturn 9,1377 8,517 Venus 0,9500 81,97 Uranus 3,6837 21,14 Erde 1,0 77,87 Neptun 3, 5654 21,84 Mond 0,27283 285,42 Pluto 0,8946 87,05 Mars 0,5306 146,76 11

3. Extreme Distanzen Der Zusammenhang zwischen der Entfernung D und der Wölbungshöhe lautet = = ; H = 6371 [1- cos ]; (6) 1 Bild 10 Für den halben Erdumfang D = 6371 erhält man für H U/2 = 6371 [1-cos also den Erdradius. ] = 6371 km, 2 Der gesamte Erdumfang für D führt auf H U = 6371 [1-cos ] = 12 742 km, also den Erddurchmesser. 3 Ein D, etwas größer als der Erdumfang, zum Beispiel 42000 km, lässt das H wieder kleiner werden: H U+ = 6371 [1-cos ] = 12 666 km, also 76 km weniger als der Durchmesser. 4... und der doppelte Erdumfang, für D eingesetzt, ergibt ein H 2U = 6371 [1-cos ] = 0. Die beiden Enden der Strecke D berühren einander wieder am Ausgangspunkt; der Abstand der Endpunkte von D ist gleich 0 und damit auch H. 12

Zum Test dieser Formel: Welche Werte erhält man mit für extrem große Distanzen D? In Beispiel 1 ist die Entfernung gleich dem halben Erdumfang, die Wölbung hat die Höhe des halben Erddurchmessers, ist die Entfernung so groß wie der Erdumfang, erhält man den gesamten Erddurchmesser (Beispiel 2). Die Gleichung gibt also auch Fälle richtig wieder, bei denen das D größer ist als der Erdumfang: Reicht es über den Antipodenpunkt hinaus (Beispiel 3), wird das H wieder kleiner als der Erddurchmesser und hat man die Erde zweimal umrundet (Beispiel 4), ist die Wölbungshöhe wieder exakt null. Anmerkung: Rechnungen mit trigonometrischen Funktionen kleiner Winkel gehen an die Grenze der Genauigkeit einfacher Taschenrechner. Quizfrage: Folgt ein stark gespanntes Seil der Erdkrümmung? 4. Überblick und Zusammenfassung Mit dem Radius R einer Kugel lässt sich die Aufwölbung H durch die Oberflächenkrümmung für beliebige Entfernungen D zwischen zwei Punkten P1 und P2 bestimmen sowie die kürzeste Distanz 2y entlang der Sehne. Bild 11 P1 H = R [1- cos ] R 2y = R sin 2 2y H S P2 B α S = R tg2 B = R [ ] R = 13

Ein weiterer Zusammenhang besteht zwischen R, dem Winkel 2 (= α) und der Höhe B, in der sich ein Beobachter über einem Ufer eines Sees befinden muss, um das gegenüber liegende Ufer sehen zu können. Daraus kann die Sichtweite S aus einer bestimmten Höhe über der Kugeloberfläche ermittelt werden oder, bei Kenntnis der Höhe B über der umgebenden Fläche und dem Winkel α zwischen der Waagrechten und der Sichtlinie zum Horizont, auch der Radius der Kugel. Literatur Prantl C (1857). Aristoteles: Vier Bücher über das Himmelsgebäude und Zwei Bücher über das Entstehen und Vergehen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann. Aus Buch II, Kapitel 11:... folglich ist klar, dass die Gestirne... kugelförmig sind.... von dem Mond aber wird es vermittelst dessen, was man sieht, gezeigt, dass er kugelförmig ist (er würde nämlich sonst nicht beim Zu- und Abnehmen meistenteils halbmondförmig oder rings gewölbt, einmal aber halbkreisförmig werden), und auch vermittelst der Sternenkunde, weil ja sonst die Sonnenfinsternisse nicht halbmondförmig wären. ON 1 http://www.kruesi-web.com/html/weltbilder.html. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 2 https://de.wikipedia.org/wiki/flache_erde. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 3 http://www.bergt.de/astronomie/all/mond.php. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 4 https://www.youtube.com/watch?v=mj9sem9mw2m. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 5 http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/history/biographies/archytas.html. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 6 http://www.starrymetalnights.at/bilder/mofi15jun11/pages/mofi_15jun11e.htm. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 7 http://www.wernerpieper.de/schmath/erl_erat.htm. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 8 https://en.wikipedia.org/wiki/gautier_de_metz. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 9 https://de.wikipedia.org/wiki/john_gower. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 10 https://de.wikipedia.org/wiki/alexander_dahl. Gesehen am 6. 11. 2015. ON 11 https://de.wikipedia.org/wiki/bodensee. Gesehen am 8. 11. 2015. ON 12 https://de.wikipedia.org/wiki/obersee_%28bodensee%29. Gesehen am 6. 11. 2015. 14

ON 13 https://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?wp=gc233jc&title=dieerdkrummung-am-bodensee. Gesehen am 9. 11.2015. ON 14 https://en.wikipedia.org/wiki/al-biruni. Gesehen am 9. 11. 2015. 15