Drucksache 17 / Wahlperiode. der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) Schulanfangsphase in Berlin aktueller Stand. Schriftliche Anfrage

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Transkript:

Drucksache 17 / 14 508 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 08. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. September 2014) und Antwort Schulanfangsphase in Berlin aktueller Stand Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler verweilten seit Einführung der Schulanfangsphase länger als zwei Jahre in ihr? (sortiert nach Schuljahr und Bezirk)? Verweilten Schülerinnen und Schüler seit Einführung der Schulanfangsphase mehr als vier Jahre in ihr? (sortiert nach Schuljahr und Bezirk)? 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler verließen nach GsVO 22 Absatz 2 innerhalb der letzten fünf Jahre vorzeitig die Schulanfangsphase (sortiert nach Schuljahr und Bezirk)? Zu 1. und 2.: Daten zu individuellen Bildungsverläufen liegen nicht vor. Der Anlage 1 kann die Zeitreihe der Schülerinnen und Schüler im 3. Schulbesuchsjahr der flexiblen Schulanfangsphase (Saph) und der Schülerinnen und Schüler, die bereits nach einem einjährigem Besuch der Saph in die Jahrgangsstufe 3 aufgenommen wurden, entnommen werden. 3. Wie bewertet der Senat die vorliegenden Zahlen? Welche Schlüsse zieht er aus den Entwicklungen? Zu 3.: Die ersten Schuljahre, die Kinder durchlaufen, die Entwicklungsunterschiede von bis zu 3 Jahren aufweisen, reagieren auf eine vergrößerte Heterogenität in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Motivation, soziale Herkunft, kulturellen Hintergrund, Familiensprache und Risikobelastung. Dies führt zu einem erhöhten Individualisierungsanspruch in Bezug auf die Lernangebote und nicht zuletzt auch auf die Lernzeiten, die Kindern zur Verfügung gestellt werden müssen. diesem Zusammenhang hat sich die Struktur der Saph bewährt, denn sie ermöglicht es, die spezifischen individuellen Lernvoraussetzungen der Schulanfängerinnen und Schulanfänger zu berücksichtigen. Nicht zuletzt die Studie Erste Ergebnisse zur Evaluation der Früheinschulung in Berlin des Instituts für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ) zeigt, dass es mit der flexiblen Schulanfangsphase gelungen ist, Kinder früher schulisch zu fördern, ohne dass es zu Einbußen hinsichtlich ihrer Bildungskarrieren oder ihrer Leistungen gekommen ist. Wie in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 17/14179 bereits dargelegt, war für Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2013/2014 die 3. Jahrgangsstufe an öffentlichen und privaten Grundschulen, Grundstufen von Integrierten Sekundarschulen sowie Sonderschulen besuchten in einer Auswertung nach Geburtsmonaten vor bzw. nach dem 1.8. kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Einschulungsalter und Verweilen in der Saph feststellbar: 21,5 % der jüngeren (Geburtsdatum nach dem 1.8.) und 18,3 % der älteren Schülerinnen und Schüler (Geburtsdatum vor dem 1.8.) lernten ein drittes Jahr in der Schulanfangsphase. 0,7 % der jüngeren und 0,7 % der älteren Kinder rückten bereits nach einem Jahr in die Jahrgangsstufe 3 auf. 4. Wie gestaltet sich das jahrgangsübergreifende Lernen an Berliner Grundschulen im letzten und aktuellen Schuljahr? (sortiert nach Bezirk und Anzahl der JüL- Jahrgänge) 5. Wie gestaltet sich das jahrgangsbezogene Lernen an Berliner Grundschulen im letzten und aktuellen Schuljahr? (sortiert nach Bezirk und Anzahl der JüL-Jahrgänge) Die Saph ist darauf ausgerichtet, eine konkrete Passung von Lernzeit, Lernangebot und Entwicklungsstand des einzelnen Kindes herzustellen. Dieser kann sich aber bei gleichaltrigen Schulanfängerinnen und Schulanfängern um 3 bis 4 Jahre unterscheiden (vgl. hierzu z.b. R. Largo/M. Beglinger, Schülerjahre, München 2009). In Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28.

Zu 4. und 5.: An öffentlichen Grundschulen stellen sich die Lerngruppen in den letzten beiden Schuljahren folgender Maßen dar: 2012/13 2013/14 Jahrgangsübergreifende Lerngruppen 1844 1550 Jahrgangsbezogene Lerngruppen 614 971 6. Wie bewertet der Senat das Jahrgangsübergreifende Lernen? Auf welche empirisch gesicherten Erfolge kann der Senat seit Einführung verweisen? Wo sieht der Senat weiteren Handlungsbedarf? Zu 6.: Eine flächendeckende Dokumentation und Evaluation der Unterrichtsergebnisse in 1. und/oder 2. Jahrgangsklassen gab es auch vor Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens (JÜL) nicht. Evaluationen des JÜL waren dagegen seit 2000 einerseits Bestandteil der Berliner Schulversuche Verlässliche Halbtagsgrundschule (VHG) und Jahrgangsübergreifendes Lernen (JÜL) sowie der an Berliner Grundschulen durchgeführten wissenschaftlichen Studie Förderung leistungsstarker und leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen im Schulanfang (JÜ- LISA), andererseits waren sie Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen zur Schulanfangsphase u. a. in der Schweiz, in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Konzepte des Schulanfangs - mit ihren pädagogischdidaktischen Elementen des Verzichts auf Rückstellungen, der integrativen Förderung aller Kinder, der Jahrgangsmischung und der flexiblen Verweildauer über 1-3 Jahre - sind somit hinlänglich wissenschaftlich begleitet und evaluiert worden. Befunde der bisherigen Modellversuche und wissenschaftlichen Expertisen sind im Internet ausführlich dokumentiert und liegen auch bereits zahlreich als Buchpublikationen vor (u. a. Ramseger u. a.: Grundschulen entwickeln sich, Münster 2004; Carle u. a.: Schuleingangsphase entwickeln, Hohengehren 2004; Kucharz / Wagener: Jahrgangsübergreifendes Lernen, Baltmannsweiler 2007, Carle / Metze: Wie wirkt Jahrgangsübergreifendes Lernen? Grundschulverband e. V. Frankfurt/M. 2014.). Zu beachten ist bei der Bewertung der Studien, dass bei Untersuchungen zu Organisationsmodellen von Unterricht weder vergleichbare Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler noch der Unterricht in seiner Qualität erfasst und einbezogen wurden. Die zahlreich vorliegenden Forschungsergebnisse sind daher stets zu interpretieren und mit Bezug auf die nicht erfassten Aspekte zu gewichten. Die Berichte der Berliner Schulinspektion legen allerdings seit Jahren dar, dass sich variable Unterrichtsformen und zielführende Konzepte individueller Förderung gerade vorrangig in jahrgangsgemischten Klassen der flexiblen Schulanfangsphase finden. Dass zahlreiche Grundschulen in allen Berliner Bezirken in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich mit einer jahrgangsübergreifenden Organisation ihrer Klassen den Weg zu einer veränderten Lehr- und Lernkultur beschritten und sich auf die Lernvoraussetzungen der Kinder ihres Sozialraums mit Lehrund Lernkonzepten und einer veränderten Aufgaben- und Förderkultur eingestellt haben, lässt sich bei Besuchen vor Ort feststellen und darauf machen nicht zuletzt auch Jahr für Jahr bundesweite Wettbewerbe aufmerksam. Die Entwicklungsschritte, die die Schulen in Bezug auf die pädagogisch-didaktischen Konzepte des individuellen Förderns und Forderns gehen, sind an den spezifischen Rahmenbedingungen der Einzelschule orientiert und demzufolge unterschiedlich. Sie werden schulintern und regional analysiert und ausgewertet. Nicht jede Schule ist in der grundsätzlichen Bewertung von Individualität und der Unterschiede, die die Kinder in die Schulkultur einbringen, bereits so weit vorangeschritten, dass sie in der Lage ist, inklusive Förderkonzepte in Gänze umzusetzen. Den Wert des gemeinsamen Lernens und der Zusammenarbeit aller Kinder - ohne Segregation über Konzepte der Homogenisierung mit Bezug auf Alter, Vorerfahrungen oder Lernkompetenzen - haben zahlreiche Schulen bereits seit Längerem erkannt. Diese Schulen bewerten das jahrgangsübergreifende Lernen als ein zentrales Element zielführender individueller Förderung. Die Erfahrung zeigt, dass zeitgemäße Unterrichtskonzepte von Lehrkräften gelernt werden wollen, dazu bedarf es neben praxisnaher Beratung, Fortbildungen und Hospitationen an anderen Schulen der Erfahrungsräume, um sie zu praktizieren. Flankierende Maßnahmen zur Qualifizierung der Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher erfolgen daher bereits seit 2004 sowohl berlinweit als auch regional. 7. Wie bewertet der Senat die schulischen Konzepte zur Implementierung von JüL in den Schulalltag? Welche positiven Erfahrungen machen die Schulen? Mit welchen negativen Erfahrungen werden die Schulen konfrontiert? Zu 7.: Eine jeweils schulspezifische Betrachtung der Unterrichtsqualität in der Schulanfangsphase, der Fortbildungskonzepte und der Personal- und Organisationsentwicklung ist durch die Einzelschule im Rahmen schulinterner Evaluation, im Zuge der Bearbeitung der Entwicklungsschwerpunkte, die sich aus den Ergebnissen der externen Evaluation in den Schulinspektionsberichten ableiten lassen, sowie durch die regionale Schulaufsicht im Rahmen von Unterrichtsbesuchen in der Saph und von Zielvereinbarungsgesprächen mit der Schulleitung zu leisten. 2

Aus den Schulen wird berichtet, dass Lehrkräfte der Saph didaktisch-methodische Routinen entwickelt haben und sich die Mitwirkung der Erzieherinnen und Erzieher ebenso bewährt wie die kindgerechte Rhythmisierung des Schultages in der verlässlichen Halbtagsgrundschule und im Ganztag. Die Berichte der Schulinspektion bestätigen Jahr für Jahr, dass Schulen, die JÜL umsetzen, im Entwicklungsprozess erfolgreich voranschreiten. In Schulen, die die Saph jahrgangsübergreifend organisieren, wurde von der Schulinspektion in den vergangenen Jahren durchweg Folgendes beobachtet: die Qualität im Unterrichtshandeln steigt, beispielsweise durch Formen der inneren Differenzierung und variable Unterrichtsformen; die Methodenkompetenzen der Lehrkräfte deutlich variabler und fortgeschrittener sind; sich eine Arbeits- und Kommunikationskultur mit Teamstrukturen im Kollegium etabliert hat; gezielt Personalentwicklungs- und Fortbildungskonzepte erstellt werden. Die Unterrichtsorganisation in jahrgangsgemischten Klassen geht somit in die pädagogisch-didaktisch gewünschte Richtung der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität, da in JÜL-Klassen ein hoher Grad an individualisierenden und kooperativen Konzepten der Lehr- Lern-Settings zu verzeichnen ist. Zwischen Schulen, die die Jahrgangsmischung neu oder bereits seit Langem eingeführt haben, die JÜL über 3 Jahrgangsstufen oder auch bis zur Jahrgangsstufe 6 anbieten, und Schulen, die an einzelnen Wochentagen jahrgangsgemischte Unterrichtsphasen im Rahmen der Rhythmisierung organisieren, bestehen indes Unterschiede im Stand der pädagogischen Schulentwicklung. Unterrichtsentwicklungsprozesse sind wesentlich durch Kompetenzen und Haltungen der Lehrkräfte und die Rahmenbedingungen der Schule im jeweiligen Sozialraum bestimmt. Demzufolge gestalten die Schulen ihre jeweiligen Entwicklungsschritte nicht identisch; es gibt vielmehr spezifische Formen der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität in der Schulanfangsphase an Einzelschulen. Die regionale Schulaufsicht wertet im Rahmen ihrer schulaufsichtlichen Begleitung der Schulen, deren die Konzepte für die Schulanfangsphase fachlich aus und begleitet bedarfsbezogen die konzeptionelle Weiterentwicklung des jahrgangsübergreifenden oder jahrgangsbezogenen Lernens in der Schulanfangsphase. 8. Hält der Senat die bisherige Ausstattung an Ressourcen zur Umsetzung von JüL in den Grundschulen für ausreichend? Zu 8.: Dem Senat ist bewusst, welche verantwortungsvolle und arbeitsintensive Tätigkeit von den Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern in der Schulanfangsphase im Allgemeinen und in jahrgangsgemischten Klassen im Besonderen erbracht wird. Nicht zuletzt deshalb wurde in den Zumessungsrichtlinien seit dem Schuljahr 2008/09 eine deutliche Unterstützung von jahrgangübergreifenden Lerngruppen in der flexiblen Schulanfangsphase in Form einer zusätzlichen Ausstattung festgeschrieben. Seitdem erhält jede Lerngruppe zusätzlich pro Woche 4 Erzieherstunden. Ergänzend dazu erhalten jahrgangsübergreifend organisierte Lerngruppen wahlweise 2 Lehrerwochenstunden, 3 Erzieherwochenstunden oder Projektmittel in Höhe von 3.200 Euro. 9. Inwiefern erwiesen sich nach Auffassung des Senats die Rahmenlehrpläne als ausreichendes Kriterium um zu überprüfen, ob Schülerinnen und Schüler geeignet sind die Schuleingangsphase um ein weiteres Schuljahr zu verlängern? Zu 9.: Die Konzeption der Saph sieht vor, dass fachspezifische Anforderungen und Inhalte der Doppeljahrgangsstufe in einem Zeitfenster von 1-3 Jahren zu bearbeiten und zu erreichen sind, damit ein erfolgreiches Weiterlernen in den Folgejahrgangsstufen möglich ist. Die Anforderungen der Rahmenlehrpläne stellen ein wesentliches, allerdings nicht das einzige Kriterium bei der Entscheidung über ein vorzeitiges Aufrücken oder längeres Verweilen einer Schülerin bzw. eines Schülers dar. Entscheidungskriterien über die Verweildauer sind die in den Rahmenlehrplänen formulierten Anforderungen, insbesondere im Schriftspracherwerb und in Mathematik. Werden diese Anforderungen von einem Kind in einem Fach nicht erreicht, wird geprüft, ob sich dies in den anderen Fächern ähnlich verhält. Die Beurteilung der Lern-, Leistungs- und Kompetenzentwicklung erfolgt zum Beispiel über die Indikatoren der indikatorenbasierten Zeugnisvariante. Weitere Kriterien, die für die Entscheidung herangezogen werden, sind die personalen und sozialen Kompetenzen sowie die bisherige Lernentwicklung im Verlauf des bisherigen Schulbesuchs sowie die erreichte Sprachkompetenz. Die Entscheidung über die Verweildauer erfolgt in Absprache mit allen Beteiligten (Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern sowie Eltern). Dabei ist von Bedeutung, ob die fachlichen Kompetenzen ausreichen, um die Anforderungen in Jahrgangsstufe 3 gemäß den Rahmenlehrplänen zu bewältigen, das Kind zum selbstständigen Arbeiten fähig ist und wie seine Beziehungen zu den anderen Kindern der Lerngruppe sind. 10. Kann der Senat eine Differenz beim Verweilen in der Schulanfangsphase, im Hinblick auf die Schulen, die jahrgangsübergreifendes bzw. jahrgangsbezogenes Lernen anbieten, erkennen? Zu 10.: Nein, denn es ist nicht die Organisationsform einer Klasse, die die Qualität der Lernprozesse und Lernergebnisse erzielt, sondern die didaktisch-methodische Gestaltung der Lernangebote und Lernsituationen und die pädagogische Begleitung des einzelnen Kindes durch die Lehrkräfte. Da Unterrichtsorganisation ebenso wie Unterrichtsmethoden konzept- und kontextspezifisch wirken, kommt es immer in besonderem Maße auf die Kompetenz 3

der Lehrkräfte an. Es liegt daher in der professionellen Verantwortung der Lehrkraft, individuelle Förderung - in jahrgangsbezogenen oder jahrgangsgemischten Lerngruppen - so umzusetzen, dass jede Schülerin und jeder Schüler bei individuellen Lernangeboten und -zeiten ihre bzw. seine Lernpotenziale bestmöglich entfalten kann. 11. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass Kinder bei einem längerem Verweilen in der Schulanfangsphase bei den Schulen, die jahrgangsbezogenes Lernen anbieten, explizit den Klassenverband verlassen müssen? Zu 11.: Auch in jahrgangsbezogenen Klassen wird jedes Kind gemäß den Vorgaben des Rahmenlehrplans in seiner Lernentwicklung individuell unterstützt und erfährt emotionale Sicherheit als Grundlage für seinen Lernprozess. Selbstverständlich muss jenen Kindern, die die Ziele und Inhalte der Doppeljahrgangsstufe in drei Jahren bearbeiten, die in einer Jahrgangsklasse allerdings nach zwei Jahren die Lerngruppe wechseln und in eine neue Klasse 2 integriert werden, im Verlauf der Saph besondere Aufmerksamkeit zukommen. Schulen mit jahrgangsbezogener Organisation der Saph haben daher Konzepte auf Doppeljahrgangsstufenebene zu entwickeln, die für das jeweilige Kind das Stigma des Wiederholens einer Jahrgangsstufe verhindern und seinen Lernprozess im Verweiljahr anschlussfähig gestalten. Die Erweiterung der Lernzeit auf drei Jahre bedeutet ja nicht, dass dem Kind der gesamte Stoff aller Fächer der Jahrgangsstufe 2 mit den Zweitklässlern noch einmal angeboten werden sollte. Die Erweiterung der Lernzeit dient vielmehr dem Zweck, dass das Kind die noch erforderlichen Lernschritte, für die es mehr Zeit benötigt, gehen kann und die Lernangebote erhält, die es dafür benötigt. Sofern aufgrund der jahrgangsbezogenen Organisation der Saph nach einem Schulbesuchsjahr ein vorzeitiges Aufrücken in Jahrgangsstufe 3 oder nach zwei Schulbesuchsjahren ein Verbleiben in der Saph und damit ein Wechsel in eine neue Lerngruppe der Jahrgangsstufe 2 vorgesehen ist, stellt die Schule sicher, dass dieser Wechsel personell, fachlich-inhaltlich und pädagogisch so flankiert wird, dass das Kind in seinem Weiterlernen individuell zielführend begleitet und in seinem Selbstkonzept gestärkt wird. Berlin, den 19. September 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Sep. 2014) Die Schulen haben in ihren spezifischen Konzepten für die Saph daher entsprechende pädagogische und fachlich-didaktische Maßnahmen vorgesehen. Dabei sind zum Beispiel eine klassenübergreifender Einsatz der Lehrkräfte, gemeinsame außerunterrichtliche Aktivitäten von ersten und zweiten Klassen, klassenübergreifende fachspezifische und fachübergreifende Unterrichtsvorhaben, Möglichkeiten zur Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren oder nächstniedrigen Jahrgangsstufe (auch in Teilgebieten eines Fachs) vorgesehen. Diese Maßnahmen dienen einerseits dazu, für die Kinder Vertrautheit mit den in der Doppeljahrgangsstufe tätigen Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern sowie mit den Mitschülerinnen und Mitschülern der Partnerklassen der Doppeljahrgangsstufe herzustellen. Andererseits zielen sie darauf ab, die individuellen Lernprozesse der Kinder, die nicht in jedem Fach und nicht in allen Teilgebieten des jeweiligen Fachs gleichermaßen im Lernprozess vorangeschritten sind oder identischen Förderbedarf ausweisen, passfähig zu unterstützen. 4

Anlage 1 Zeitreihe Schülerinnen und Schüler im 1. und 3. Schulbesuchsjahr sowie vorzeitige Aufrücker 1) an Grundschulen sowie Gesamtschulen mit Grundstufe und Freien Waldorfschulen bzw. an Integrierten Sekundarschulen mit Grundstufe ab Schuljahr 2010/11 Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 1.Schulbesuchsjahr 3. Schulbesuchsjahr der Schulanfangsphase Vorzeitige Aufrücker 1) absolut absolut in % 3) absolut in % 2) 1. Öffentliche Schulen 2006/07 24.884 340 x x x 2007/08 23.525 2.269 x 137 0,6 2008/09 23.260 2.890 11,6 153 0,7 2009/10 23.393 3.355 14,3 192 0,8 2010/11 23.879 3.704 15,9 189 0,8 2011/12 24.114 3.823 16,3 208 0,9 2012/13 24.968 3.855 16,1 160 0,7 2013/14 26.155 3.751 15,6 130 0,5 2. Private Schulen 2006/07 2.151 10 x x x 2007/08 2.507 79 x 70 3,3 2008/09 2.518 81 3,8 18 0,7 2009/10 2.673 68 2,7 11 0,4 2010/11 2.971 120 4,8 18 0,7 2011/12 2.867 79 3,0 25 0,8 2012/13 2.915 168 5,7 13 0,5 2013/14 3.154 101 3,5 14 0,5 3. Öffentliche und private Schulen 2006/07 27.035 350 x x x 2007/08 26.032 2.348 x 207 0,8 2008/09 25.778 2.971 11,0 171 0,7 2009/10 26.066 3.423 13,1 203 0,8 2010/11 26.850 3.824 14,8 207 0,8 2011/12 26.981 3.902 15,0 233 0,9 2012/13 27.883 4.023 15,0 173 0,6 2013/14 29.309 3.852 14,3 144 0,5 1) Schülerinnen und Schüler, die bereits nach einem einjährigem Besuch der Schulanfangsphase in die Jahrgangsstufe 3 aufgenommen wurden; Basis Schülerinnen und Schüler im 1. Schulbesuchsjahr des Vorjahres 2) Basis Schülerinnen und Schüler im 1. Schulbesuchsjahr des Vorjahres 3) Basis Schülerinnen und Schüler im 1. Schulbesuchsjahr des Vorvorjahres