Düsseldorf, den 15. Dezember 2016

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Transkript:

Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.v. Postfach 35 01 63 D-40443 Düsseldorf DSW e.v. Postfach 35 01 63 D-40443 Düsseldorf Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex c/o Deutsches Aktieninstitut e.v. Senckenberganlage 28 60325 Frankfurt am Main Düsseldorf, den 15. Dezember 2016 Stellungnahme der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.v. (DSW) zu den geplanten Kodex-Änderungen Sehr geehrter Herr Dr. Gentz, sehr geehrte Mitglieder der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz dankt Ihnen für die Anfang November 2016 vorgestellten Änderungsvorschläge für den Deutschen Corporate Governance Kodex und die dazugehörigen Erläuterungen. Die DSW nimmt gerne die Gelegenheit wahr, sich an der Konsultation der Änderungsvorschläge zu beteiligen. Dabei werden wir gezielt einzelne Aspekte aufgreifen und unsere ergänzenden Ideen oder Änderungsvorschläge vortragen. Dem Ganzen möchten wir eine grundsätzliche Einschätzung der vorgestellten Kodex-Änderungen voranstellen. I. Grundsätzliches Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz möchte grundsätzlich positiv unterstreichen, dass die vorgeschlagenen Kodex-Änderungen in ihrer Art, aber auch in ihrem Umfang erkennen lassen, dass die Kommission sich nicht dazu hat hinreißen lassen, die sehr intensiven und auch in der Öffentlichkeit breit Postanschrift: Postfach 35 01 63 40443 Düsseldorf Besucheranschrift: Peter-Müller-Straße 14 D-40468 Düsseldorf Telefon 0211/6697-02 Telefax 0211/6697-60 Internet: www.dsw-info.de Email: dsw@dsw-info.de Präsident: Ulrich Hocker Vizepräsidenten: Daniela Bergdolt Klaus Nieding Geschäftsführung: Marc Tüngler Jella S. Benner-Heinacher Thomas Hechtfischer Bankverbindung: Postbank Essen BLZ 360 100 43 Konto 68994430 Dachverband der deutschen Investmentclubs Mitglied der europäischen Vereinigung EUROSHAREHOLDERS Brüssel

2 diskutierten aktuellen Verstöße gegen eine gute Unternehmensführung zum Anlass zu nehmen, den Kodex über Maß auszuweiten und damit die Industrie zugleich zu sehr zu belasten. Sicherlich war die Versuchung groß, die Fälle, wie wir sie bei der Volkswagen AG oder auch bei der Deutsche Bank AG gesehen haben, als Begründung für eine tiefgreifende Veränderung und Ausweitung des Kodex heranzuziehen. Umso beachtlicher sind die im Ergebnis ausgewogenen Neuregelungen, die darauf verzichten, die börsennotierten Gesellschaften durch eine Verschärfung der Kodex-Regelung unangemessen zu bestrafen. Ungeachtet dessen erkennen und begrüßen wir, dass die Causa Volkswagen mitunter an verschiedenen Stellen Anlass gegeben hat, einzelne Kodex-Regelungen zu justieren oder aber, wie z. B. beim Thema Hinweisgebersystem, neu zu definieren. Auch erkennt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, dass verschiedene der neuen Änderungsvorschläge eine konsequente Weiterentwicklung der bisher bereits im Kodex implementierten Regelungen darstellen. Dies gilt insbesondere für die Themen Auswahl und Zusammensetzung des Aufsichtsrats bzw. der Aufsichtsratsmitglieder, worauf wir im Folgenden noch konkreter eingehen werden. II. Stellungnahme zu einzelnen Änderungsvorschlägen 1. Änderung der Präambel Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz begrüßt die inhaltliche Anpassung bzw. Ergänzung der Präambel um das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns ausdrücklich. Zu Recht stellt die Kommission fest, dass nicht alles legitim ist, was sich auch bereits schon als legal geriert. Dass die Kommission sich jetzt dazu entschlossen hat, eine solche Regelung aufzunehmen und dies auch in der Präambel verortet, werten wir ebenfalls als den richtigen Weg. Damit setzt die Kommission ein klares Zeichen und spricht aus, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Diese Selbstverständlichkeit nochmals in der Präambel zu betonen und dies auch im Rahmen des aktuellen Änderungsturnus werten wir ebenfalls als sachgerecht. So brauchen wir dringend eine Besinnung auf genau die in der Kodex-Änderung formulierten Werte, ohne dass dies aber eine zu große Einschränkung der Handlungsfreiheit zur Folge hat. Es ist an den Unternehmen, den Vorständen, den Aufsichtsräten, den Investo-

3 ren und auch allen anderen Stakeholdern, den Begriff des ehrbaren Kaufmanns mit Leben zu füllen und in der täglichen Umsetzung auch danach zu handeln. Wenn nun in der bereits aufgeflammten Diskussion angeführt wird, dass der Begriff des ehrbaren Kaufmanns oder aber das Leitbild desselbigen in der ausformulierten Form, wie wir sie nunmehr in der Kodex-Änderung sehen, zu unbestimmt sei und in der jetzt dargestellten Form keine Wirkung entfalten könne, verkehrt dies nach Ansicht der DSW die Intention des Kodexgebers. So müssen sich die Vorstände und Aufsichtsräte zu der in der Präambel befindlichen Neuregelung eben nicht in ihrer Entsprechenserklärung positionieren. Dies macht die Regelung im Kodex zu diesem wichtigen, auch gesellschaftspolitisch relevanten Aspekt nicht überflüssig, sondern aufgrund der Vorkommnisse in den letzten Jahren und der konkreten Fälle besonders wert- und sinnvoll. 2. Ziffer 2.1.3 (Aufnahme von Investoren in den Kodex) Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz möchte als Anleger- bzw. Investorenvertretung ausdrücklich unterstreichen, dass sie die Aufnahme der Investoren in den Kodex sehr positiv bewertet. Auch wenn der Kodex sich im Kern an die börsennotierten Gesellschaften und die Führungs- bzw. Aufsichtsorgane richtet, ist von uns immer wieder angemahnt worden, auch die Investoren und ihre Interessen sowie ihre Rolle im Corporate Governance-System in den Kodex aufzunehmen. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre hat dazu geführt, dass die Aktionäre und damit die Eigentümer eine immer aktivere Rolle - insbesondere auch in der Überwachung - eingenommen haben. Das Thema Vorstandsvergütung, aber auch die Wahl und Besetzung des Aufsichtsrates sind da nur zwei Beispiele von vielen, die der Kodex bereits feinmaschig aufgenommen und gelöst hat. Nun auch die Investoren selbst anzusprechen und ihre Rolle in unserem Corporate Governance-System in den Kodex aufzunehmen, ist daher aus unserer Sicht nur konsequent. Dass die Investoren nicht über die Entsprechenserklärung und damit nicht über 161 AktG zu einer Erklärung hinsichtlich ihres Wirkens und ihrer Aufstellung gezwungen werden, stellt für uns keinen Malus dar und führt damit auch die Regelung im Kodex nicht ad absurdum. Vielmehr betont der Kodex durch die erstmalige Aufnahme auch der Investoren,

4 welche bedeutende Rolle den Eigentümern im Kern und auch über die Entwicklung der letzten Jahre hinweg zukommt. Insgesamt würden wir uns wünschen, dass sich sogar noch mehr Regelungen im Kodex auf die Investoren und deren Verhalten im Gesamtkanon beziehen würden. Wir erkennen aber, dass die aktuell gefundene Neuregelung sehr ausgewogen und daher auch konsensfähig ist. 3. Ziffer 4.2.3 Abs. 2 (Zukunftsbezogene Bemessungsgrundlage) Dass variable Vergütungsbestandteile grundsätzlich eine mehrjährige und vor allen Dingen auch zukunftsbezogene Bemessungsgrundlage haben sollten, ist für die DSW eine Selbstverständlichkeit. Die diesbezügliche Kodex-Änderung ist daher nicht nur nachvollziehbar, sondern zwingend notwendig. 4. Ziffer 4.2.3 Abs. 4 (Vorzeitige Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen) Wir werten es als sachgerecht, dass mehrjährige, variable Vergütungsbestandteile bei einer Beendigung der Bestellung bzw. der Anstellung nicht vorzeitig ausgezahlt werden. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen eine Beendigung in einer nicht befriedigenden Leistung des Vorstandes begründet ist. Gerade in den Fällen, in denen massive Fehlentscheidungen getroffen worden sind, sollte das ausscheidende Vorstandsmitglied dies auch in der Vergütung verspüren. Ähnlich würden wir es auch andersherum sehen, dass ein positiver Geschäftsverlauf und ein reguläres Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes auch bei guten Leistungen dennoch dazu führen sollte, dass die variable Vergütung nicht unmittelbar ausgezahlt wird. Die Argumentation, dass das ausscheidende Vorstandsmitglied dann keinen Einfluss mehr auf die Weiterentwicklung des Unternehmens hat und unter Umständen auch bestraft wird, wenn seine oder ihre Nachfolger/in negativ wirkende Entscheidungen treffen, scheint wenig relevant, wenn wir davon ausgehen, dass ein von einem Vorstand gut bestellt hinterlassenes Haus sich auch weiterhin positiv entwickeln sollte. Für besondere Fälle, wie Übernahmen oder rechtswidriges Verhalten der nachfolgenden Vorstände sollten gegebenenfalls Sonderregelungen getroffen werden.

5 Auch wenn die konkret vorgeschlagene Kodex-Änderung bei der DSW auf Zustimmung stößt, so hätten wir uns dennoch eine weitergehende Anpassung des Kodex speziell beim Thema Vorstandsvergütung gewünscht: So mussten wir leider feststellen, dass in den meisten Vorstandsverträgen keine Regelungen dahingehend enthalten sind, dass variable Vergütungsbestandteile dann zurückgezahlt werden müssen bzw. zurückgefordert werden können, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass diese Vergütungsbestandteile auf Erfolgen basieren, die rechtswidrig oder nicht im Sinne einer guten Compliance erarbeitet wurden. Hier hätte sich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz gewünscht, dass sich die Kommission vor dem Hintergrund der leider auch öffentlich geführten Diskussion bei Volkswagen oder auch der Deutsche Bank dazu entschließt, sich konkret zu dem Thema Claw-Back und der Aufnahme von Claw-Back-Klauseln in die Vorstandsverträge zu positionieren. Unseres Erachtens gehört dies zu einer guten Corporate Governance und führt sogar bei einer Nichtbeachtung durch die Aufsichtsräte möglicherweise zu Sekundäransprüchen. Insofern würden wir es sehr begrüßen, wenn die Kommission schon sehr bald auch zu diesem Themenkomplex Position bezieht. 5. Ziffer 5.2 Abs. 2 (Investorenkommunikation des Aufsichtsratsvorsitzenden) Die Kommission hat sich dazu entschlossen, einen viel diskutierten und zudem rechtlich nicht geklärten Aspekt der Investorenkommunikation in den Kodex aufzunehmen. So soll sich der Aufsichtsratsvorsitzende zukünftig in angemessenem Rahmen dafür bereit halten, mit Investoren über aufsichtsratsspezifische Themen Gespräche zu führen. Im weiteren Verlauf werden diese aufsichtsratsspezifischen Themen näher konkretisiert, als dies nur Gegenstände sein können, für die der Aufsichtsrat alleine verantwortlich ist und die auch von ihm alleine zu entscheiden sind. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz wertet diesen Änderungsvorschlag als ambivalent. Auf der einen Seite erkennt sie, dass schon heute die meisten Aufsichtsratsvorsitzenden zumindest im DAX30-Bereich in eine Kommunikation mit einzelnen Investoren eingetreten

6 sind und hier ein regelmäßiger Austausch stattfindet. Insofern nimmt der Kodex in einem ersten Schritt nur das auf, was heute bereits schon gelebte Praxis ist, auch wenn das Aktiengesetz selbst dazu schweigt. Vor diesem Hintergrund erkennen wir, dass die Kommunikation zwischen Aufsichtsratsvorsitzenden und den Investoren durch die Kodex-Regelung eine Legitimität erhält, die in der Praxis dazu führt, dass sich derartige Gespräche aus dem juristischen Graubereich entfernen. Auf der anderen Seite könnte eine solche Kommunikation auch nach der Einführung der Kodex-Regelung nicht unproblematisch sein. So ist insbesondere die Frage, wie derartige Investorengespräche inhaltlich nur auf die aufsichtsratsspezifischen Themen beschränkt werden können, nicht vollends beantwortet. Bereits beim Thema Strategie sehen wir erhebliche Probleme. Selbstverständlich ist das Thema Strategie auch ein Bereich, mit dem sich der Aufsichtsrat beschäftigt, auch wenn die Strategie selbst nicht von dem Aufsichtsrat entwickelt oder umgesetzt wird. Es entspricht jedoch schlichtweg dem Faktischen, dass eine Strategie in den seltensten Fällen vom Vorstand entwickelt wird und dann gegen den Willen des Aufsichtsrats in Umsetzung gelangt. Auch wird das Thema Vorstandsbesetzung und selbst die Besetzung des Aufsichtsrates immer eine strategische Komponente haben. Noch offensichtlicher zeigt sich das Dilemma bei dem Aspekt der Vorstandsvergütung. Gerade hier muss der Aufsichtsrat sehr bewusst den Vorstand so lenken und damit incentivieren, dass er die richtigen Entscheidungen für den langfristigen Erfolg des Unternehmens trifft. Aus Sicht der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz wird es schwer fallen, ein Gespräch über die Vorstandsvergütung oder auch über die Neubestellung sowie Wiederbestellung von Vorständen zu führen und dabei vollständig das Thema Strategie auszublenden. Hier könnten sich grundsätzlich neue Problemfelder ergeben, die dann nicht nur das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat belasten, sondern auch dazu führen, dass eine Ungleichbehandlung der Aktionäre droht. Zwar hat das Aktiengesetz hier z. B. in 131 Abs. 4 einen Ausgleich dafür geschaffen, wenn einzelne Aktionäre ein Mehr an Informationen erhalten. Die Unternehmen sind aber dennoch gehalten, hier sehr sensibel vorzugehen und in der Kommunikation zwischen Aufsichts-

7 ratsvorsitzenden und Investoren eigene Regeln aufzustellen und dafür zu sorgen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende im Rahmen der Investorengespräche nicht über das Ziel hinausschießt. Vor diesem Hintergrund würden wir es sehr begrüßen, wenn die Kommission in der Begründung der relevanten Kodex- Regelung ausdrücklich das Thema Strategie und die Zuständigkeit für das Thema aufnimmt, um damit für ein wenig mehr Klarheit zu sorgen, wie mit einer entsprechenden Regelung in der Praxis umgegangen werden soll. 6. Ziffer 5.3.2 Abs. 3 (Bildung von Ausschüssen) Die DSW begrüßt ausdrücklich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende weiterhin nicht den Vorsitz im Prüfungsausschuss innehaben soll. So werten wir die Position des Prüfungsausschussvorsitzenden als besonders herausragend und auch vor dem Hintergrund des Themas Unabhängigkeit als besonders relevant. Eine personelle Trennung des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Prüfungsausschussvorsitzenden sehen wir daher als sehr wesentlich für eine gut funktionierende Corporate Governance an. Gleiches gilt dahingehend, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses zwingend unabhängig bleiben muss. 7. Ziffer 4.1.3 (Implementierung eines Hinweisgebersystems) Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz votiert positiv die Aufnahme und Empfehlung zu der Implementierung eines Hinweisgebersystems und insbesondere auch den Hinweis darauf, dass dieses Beschäftigen als auch Dritten geöffnet sein soll. So haben wir in den letzten Jahren wertvolle Hinweise zu Missständen und Fehlentwicklungen, aber auch zu Compliance-Verstößen vor allem aus den Reihen von Kunden und damit von Externen gesehen. Dies gilt z. B. insbesondere auch für Kartellverstöße, die meist eben nicht aus dem Unternehmen selbst heraus, sondern von außen aufgedeckt werden. Die DSW unterstützt ausdrücklich, dass es den Unternehmen überlassen wird, die hier für sie geeigneten Systeme zu implementieren.

8 8. Ziffer 5.4.1 Abs. 1 bis 4 (Zusammensetzung des Aufsichtsrats) Die Professionalisierung des Aufsichtsrats und der Aufsichtsratstätigkeit findet durch die Neuregelung im Kodex konsequent seinen Niederschlag. Die Rolle des Aufsichtsrats auch als wichtigster Kontrolleur der Vorstandstätigkeit kann nur dann sachgerecht vorgenommen werden, wenn die Aktionäre mehr Informationen über den Aufsichtsrat, die einzelnen Kandidaten, aber auch über das Anforderungs- sowie Kompetenzprofil des Gesamtgremiums erhalten. So sollte auch der Aufsichtsrat, der mit seinen Vorschlägen dafür Sorge zu tragen hat, dass seine Vorstellungen von dem Gesamtgremium zur Umsetzung gelangen, über ein höheres Maß an Transparenz sicherstellen, dass auch die Aktionäre seine Vorschläge besser nachvollziehen können. Nur dann können sich die Aktionäre auch ein eigenes Bild davon machen, ob eine Kontrolle über das vorgeschlagene Kompetenz- und Kandidaten-Portfolio überhaupt möglich ist. Dass dabei auch das Thema Unabhängigkeit der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder eine wesentliche Rolle spielt, findet nunmehr auch noch stärker im Kodex seinen Niederschlag und wird ausdrücklich von der DSW begrüßt. So war und ist die Definition des Themas Unabhängigkeit und insbesondere die Definition der Unabhängigkeit einzelner Aufsichtsratsmitglieder schon immer mit erheblichen Schwierigkeiten belastet gewesen. Wenn nunmehr der Aufsichtsrat selbst erklären soll, wer seiner Ansicht nach als unabhängig oder eben nicht unabhängig zu deuten ist, werten wir dies als den richtigen Weg. So hat auch der Aufsichtsrat selbst die Möglichkeit, sich zu positionieren und den Kapitalmarkt bzw. die Aktionäre zu informieren. Im Übrigen ist es aus Sicht der DSW eine Selbstverständlichkeit, dass sowohl die vorgeschlagenen Kandidaten als auch die bestehenden Mandatsträger sich über ihre Vita, die auf der Webseite veröffentlich wird, den Aktionären vorstellen. Besonders positiv sehen wir den Vorschlag, dass sich zukünftig in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates auch die Aktionärsstruktur widerspiegelt. Dies soll gemäß der gefundenen Regelung nach unserem Verständnis nicht nur bedeuten, dass sich der Großaktionär entsprechend seiner Beteili-

9 gungsquote in dem Aufsichtsratsgremium wiederfindet, sondern zugleich hat dies zur Folge, dass auch der Streubesitz mit einer anteiligen Anzahl an unabhängigen Kandidatinnen bzw. Kandidaten vertreten ist. 9. Ziffer 7.1.1 (Rechnungslegung) Nach Abschaffung des Quartalsberichtes erkennen wir die Notwendigkeit einer unterjährigen Berichterstattung der Unternehmen neben dem Zwischenbericht zum Halbjahr. So hat sich die Deutsche Börse AG dazu entschlossen, in die Börsenordnung aufzunehmen, dass die im Prime-Standard notierten Unternehmen weiterhin quartalsweise in Form von Quartalsmitteilungen über die aktuellen Entwicklungen des Unternehmens berichten müssen. Für die Unternehmen, die zwar börsennotiert sind, nicht aber im Prime-Segment notieren, ergibt sich damit ein Vakuum, was durch die Neuregelung in Ziffer 7.1.1 nunmehr beendet wird. Die Kommission gibt damit ein klares Statement zum Thema unterjährige Finanzberichterstattung ab, ohne jedoch den Unternehmen ein zu starres Korsett anzulegen. Entscheidend ist, dass berichtet wird und dies auch neben dem Halbjahresbericht. Alles weitere soll von den Unternehmen bestimmt werden. Die DSW erkennt insbesondere, dass auch eine Abschichtung der nun im Kodex neu gefundenen Regelung gegenüber der im Prime-Standard geltenden Vorgaben notwendig ist. Auch hier hat die Kommission einen sehr ausgewogenen und daher guten Vorschlag vorgetragen, den wir vollends mittragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere voranstehenden Hinweise und Kommentare in Ihre weiteren Beratungen einbeziehen. Mit freundlichen Grüßen Thomas Hechtfischer Christiane Hölz