Seminar des Instituts für Festkörperphysik Technische Universität Berlin. Epitaxieverfahren. Ausarbeitung zum Vortrag.

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Transkript:

Seminar des Instituts für Festkörperphysik Technische Universität Berlin Ausarbeitung zum Vortrag Epitaxieverfahren Alissa Wiengarten

2 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 4 2 Epitaxie 4 3 Schichtwachstum 6 4 Defekte 8 5 Molekularstrahlepitaxie 11 5.1 Effusionszellen............................. 11 6 Metallorganische Gasphasenepitaxie 14 6.1 Ausgangsstoffe............................. 14 6.2 Gassystem............................... 16 6.3 Schichtwachstum........................... 17 7 Vergleich der MBE und MOVPE 19 8 Zusammenfassung 20

INHALTSVERZEICHNIS 3 Abkürzungen Abkürzung LED MBE UHV MOVPE MFC PC Bedeutung Light Emitting Diode (Leuchtdiode) Molecular Beam Epitaxy (Molekularstrahlepitaxie) Ultrahochvakuum Metallorganische Gasphasenepitaxie Massendurchflussregler (mass flow controller) Druckregler (pressure controller)

4 2 EPITAXIE 1 Einleitung Epitaktisch aufgewachsene Strukturen werden in vielen optoelektronischen Bauelementen, wie zum Beispiel in LEDs, Laserdioden und Solarzellen benötigt. Auch für die Herstellung anderer Halbleiter-Heterostrukturen ist es wichtig, verschiedene Materialien mit einer großen Genauigkeit aufeinander aufzubringen. Heterostrukturen bestehen aus Schichten verschiedener Zusammensetzung, die teilweise eine Dicke von nur wenigen Nanometern besitzen. Für das Funktionieren und die Effizienz der Bauelemente ist es von großer Bedeutung, dass diese Schichten sehr präzise hergestellt werden. Im Folgenden werden zwei wichtige Verfahren zur Herstellung epitaktischer Schichten beschrieben. Zunächst wird dazu erläutert, was Epitaxie ist und wie Schichten im Allgemeinen aufwachsen. Anschließend werden die Verfahren der Molekularstrahlepitaxie und der Metallorganischen Gasphasenepitaxie erklärt. 2 Epitaxie Das Wort Epitaxie bedeutet auf etwas anordnen (griech.). In der Festkörperphysik bedeutet das, dass Atome auf einer Oberfläche, dem sogenannten Substrat, angeordnet werden und zwar so, dass eine Kristallstruktur entsteht. Das Substrat besitzt eine bestimmte Kristallstruktur und ist in den meisten Fällen einkristallin. Die Atome, die als Schicht auf das Substrat aufgebracht werden, ordnen sich nach dieser Kristallstruktur. Dieser Vorgang ist schematisch in Abbildung 1 dargestellt. Das Substrat ist hier zur Unterscheidung durch eine Linie von der Schicht getrennt. In Abbildung 1(a) besteht die Schicht aus den gleichen Atomen wie das Substrat. In diesem Fall spricht man von Homoepitaxie. Besteht die Schicht aus einem anderen Material als das Substrat (Abbildung 1(b)), so wird das Schichtwachstum als Heteroepitaxie bezeichnet. (a) (b) Abbildung 1: a) Homoepitaxie und b) Heteroepitaxie

5 Beispiele für Heteroepitaxie sind GaN auf Saphir (Al 2 O 3 ), was oft für LEDs eingesetzt wird und AlGaAs auf GaAs. Das zweite Beispiel ist von großer Bedeutung, da die Gitterkonstanten der beiden Materialien sehr ähnlich sind. Ein großes Problem bei der Heteroepitaxie besteht nämlich darin, dass die Gitterkonstanten von Schicht und Substrat sich unterscheiden, die Kristalle also nicht aufeinander passen. Warum die Heteroepitaxie dennoch von großer Bedeutung ist, wird anhand der folgenden Abbildung erläutert: Abbildung 2: Auftragung der Bandlückenenergie und der Wellenlänge der emittierten Photonen über der Gitterkonstante für verschiedene Verbindungen Die Bandlückenenergie bestimmt bei Halbleitern die Wellenlänge der emittierten Photonen, zum Beispiel von LEDs oder Lasern. In Abbildung 2 sind diese Energie und die Wellenlänge über der Gitterkonstante für verschiedene Verbindungen aufgetragen. Die Verbindungen bestehen alle aus je einem Element der III. und der V. Hauptgruppe, sie werden daher III-V-Verbindungen genannt. Die Abbildung veranschaulicht, wie mit Hilfe des bandgap engineering gezielt die Bandlücke und damit die emittierte Wellenlänge verändert werden kann. Dazu werden die Verbindungen zu Systemen mit drei oder mehr Bestandteilen zusammengesetzt. GaAs emittiert beispielsweise im Infraroten und AlAs im Sichtbaren des elektromagnetischen Spektrums. Werden diese beiden Verbindun-

6 3 SCHICHTWACHSTUM gen gemischt, so nimmt die Energie der Bandlücke je nach Zusammensetzung einen anderen Wert an. Je größer der AlAs-Anteil ist desto mehr verschiebt sich die emittierte Wellenlänge in den sichtbaren Bereich. Die Verbindungslinien in Abbildung 2 zeigen die Möglichleiten der Materialkombinationen. Somit können LEDs und Laser für einen großen Wellenlängenbereich hergestellt werden. In Abbildung 2 werden zwei Gitterstrukturen, Wurtzit und Zinkblende, unterschieden. Es werden meistens nur Verbindungen der gleichen Gitterstruktur kombiniert. Durch die Heteroepitaxie lassen sich auch andere Eigenschaften der Kristalle, wie zum Beispiel die Dotierung, die elektrischen Eigenschaften oder die mechanische Stabilität beeinflussen. Da die in Abbildung 2 dargestellten Materialien III-V-Verbindungen sind und diese sehr bedeutsam in der Herstellung von optoelektronischen Bauelementen sind, wird im Folgenden das Schichtwachstum und die Herstellung dieser Verbindungen betrachtet. 3 Schichtwachstum Abbildung 3 zeigt, welche Prozesse auf der Oberfläche eines Substrates stattfinden, wenn eine Schicht aufgebracht wird. Abbildung 3: Prozesse auf der Oberfläche eines Substrates Die Atome, welche aufgebracht werden sollen, gelangen zur Oberfläche und können sich dort anlagern. Außerdem können sich Atome von der Oberfläche lösen (Desorption). Auf der Oberfläche diffundieren die Teilchen, wobei die Beweglichkeit mit der thermischen Energie, also mit der Temperatur, zunimmt. Der Einbau in das Substrat kann zum Beispiel durch Anlagerung an Kristallfehlern des Substrates oder an Stufen in der Oberfläche geschehen. Es können sich auch Inseln des Schichtmaterials auf der Oberfläche bilden.

7 Es werden mehrere Wachstumsmodi von Schichten auf Substraten unterschieden. Drei Wachstumsmodi sind in Abbildung 4 dargestellt. Beim Volmer-Weber- Wachstum ist die Bindungsenergie zwischen den Schichtatomen größer als zu den Atomen des Substrates. Daher bilden sich dreidimensionale Inseln auf der Oberfläche. Ist die Bindungsenergie der Schichtatome zum Substrat größer als untereinander, so bilden sich Monolagen aus (Frank-van-der-Merve-Wachstum). Erst wenn die Oberfläche komplett mit einer Monolage des Schichtmaterials bedeckt ist, bildet sich die nächste Monolage. Das Stranski-Krastanov-Wachstum ist eine Mischform der ersten beiden. Dabei bilden sich zuerst eine oder mehrere Monolagen und danach wächst die Schicht in Inseln weiter. Zunächst ist es also energetisch günstiger, wenn die Schicht in Monolagen aufwächst und ab einer bestimmten Schichtdicke ist die Bindungsenergie der Schichtatome untereinander größer, so dass sich Inseln bilden. Abbildung 4: Drei verschiedene Wachstumsmodi dünner Schichten Zwei weitere Wachstumsmodi sind in Abbildung 5 dargestellt. Beim Stufenwachstum lagern sich die ankommenden Teilchen an Stufen in der Oberfläche an. In Abbildung 6 sind zwei Richtungen von Stufen zu erkennen (rote Pfeile). Beim zweidimensionalen Inselwachstum bilden sich Inseln auf den Stufen (weiße Pfeile). Die Diffusion auf der Oberfläche ist dabei geringer, daher können die Teilchen nicht immer die Stufen erreichen, sondern bilden Inseln auf den Stufen.

8 4 DEFEKTE Abbildung 5: Zwei weitere Wachstumsmodi dünner Schichten Abbildung 6: Schichtwachstum von Silizium auf Silizium (Stufenwachstum und 2D- Inselwachstum) Bei der Heteroepitaxie werden oft Materialien mit unterschiedlichen Gitterkonstanten aufeinander aufgewachsen. Dadurch kommt es zu Verspannungen in der Schicht. Ist die Gitterkonstante der Schicht kleiner als die vom Substrat, so ist die Schicht tensil verspannt. Wenn die Gitterkonstante der Schicht größer als die vom Substrat ist, so ist die Schicht kompressiv verspannt. Diese Verspannungen in den Schichten können durch Defekte in der Kristallstruktur ausgeglichen werden. Im nächsten Kapitel wird näher auf Defekte eingegangen. 4 Defekte Defekte sind Fehler in der Kristallstruktur. Sie treten in jedem Kristall auf und können nicht vollständig vermieden werden. Allgemein werden 0- bis 3- dimensionale Defekte unterschieden (siehe Abbildung 7). 0-dimenionale Defekte sind Punktdefekte, also zum Beispiel Fremdatome, das Fehlen eines Atoms an einem Gitterplatz oder der Einbau eines zusätzlichen Atoms zwischen die Gitterplätze. Versetzungen sind 1-dimensionale Defekte. Dabei enden beispielsweise Kristallebenen im Kristall oder zwei Ebenen sind gegeneinander verschoben. 2- dimensionale Defekte sind Flächendefekte aus Fremdatomen oder Atomen in einer anderen Kristallstruktur. Für die Volumendefekte gilt das gleiche in 3 Dimensionen.

9 Abbildung 7: Beispiele von Defekten Abbildung 8 zeigt, wie bei der Heteroepitaxie die in den Schichten auftretenden Spannungen ausgeglichen werden können: Abbildung 8: Misfit-Versetzungen bei unterschiedlichen Gitterkonstanten Hier ist die Gitterkonstante der Schicht größer als die vom Substrat. Damit die Schicht die eigene Gitterkonstante beibahlten kann und somit unverspannt ist, bilden sich an der Grenzfläche zwischen Schicht und Substrat sogenannte misfit- Versetzungen. Einige Kristallebenen des Substrates enden an der Grenzfläche, da nicht jedes Atom des Substrates eine Bindung mit einem Schichtatom eingeht. Misfit-Versetzungen sind eine der Hauptursachen für Versetzungsbildung in dünnen Schichten. Oft sind jedoch geringe Defektdichten für Bauelemente erwünscht. Das folgende Beispiel zeigt, warum beim Wachstum dünner Schichten möglichst geringe Defektdichten angestrebt werden und welchen Einfluss Defekte auf die Ei-

10 4 DEFEKTE genschaften von Bauelementen haben. Es wird ein Substrat bestehend aus 70% Silizium und 30% Germanium (Si 0,7 Ge 0,3 ) betrachtet. Wird nun eine Schicht mit einer anderen Zusammensetzung, einem größeren oder kleineren Anteil von Germanium, aufgebracht, so entstehen Verspannungen in der Schicht aufgrund der unterschiedlichen Gitterkonstanten. Diese Verspannungen führen dazu, dass sich die Energieniveaus der Leitungs- und Valenzbänder verändern. Die Änderungen der Energieniveaus sind in Abbildung 9 dargestellt. Abbildung 9: Änderung der Energieniveaus in einer SiGe-Schicht verschiedener Zusammensetzung Auf der x-achse in Abbildung 9 sind verschiedene Mischungsverhältnisse von Silizium und Germanium aufgetragen. In der Mitte ist die Schicht nicht verspannt, da homoepitaktisch aufgewachsen wird. Auf der y-achse sind die Energieniveaus angegeben. Die unteren beiden Bänder sind zwei Valenzbänder und die oberen beiden zwei Leitungsbänder. Mit der Zusammensetzung der Schicht ändern sich die Energieniveaus der Bänder. Die Verspannungen können zum Beispiel durch misfit-versetzungen ausgeglichen werden. Wenn die Verspannungen abgebaut sind, kann im Bereich darüber eine Schicht mit wenigen Defekten gewachsen werden. Dieses Beispiel zeigt, dass es von großer Bedeutung ist, die Entstehung und das Verhalten von Defekten zu kennen und gezielt auszunutzen.

11 5 Molekularstrahlepitaxie Die Molekularstrahlepitaxie (MBE) ist ein wichtiges Verfahren zur Herstellung von epitaktischen Schichten. Das Prinzip dieses Verfahrens ist in Abbildung 10 dargestellt. Die aufzubringenden Materialien werden in Effusionszellen erhitzt und verdampft. Die Zellen besitzen Öffnungen, durch welche der Strahl aus Atomen oder Molekülen auf das Substrat gerichtet wird. Der gesamte Aufbau befindet sich im Ultrahochvakuum (UHV). Daher treffen die Atom- und Molekülstrahlen aus den Effusionszellen auf dem Substrat auf und bilden dort eine epitaktische Schicht. Da es mehrere Effusionszellen gibt, können Systeme mit mehreren Bestandteilen hergestellt werden. Abbildung 10: Prinzip der Molekularstrahlepitaxie 5.1 Effusionszellen In den Effusionszellen werden die einzelnen Materialien, aus denen die Schicht bestehen soll, durch Heizen der Zellen verdampft. Daher ist es sehr wichtig, dass das Material, aus dem die Zellen bestehen, auch noch bei sehr hohen Temperaturen (bis zu 1400 C) chemisch stabil ist und nicht verdampft. Oft wird dafür Bornitrid eingesetzt. Außerdem sollten die Materialien, die sich in den Effusionszellen befinden sehr rein sein, um Fremdatome in der aufzubringenden Schicht zu vermeiden. Der Fluss der Atome wird durch Öffnen und Schließen eines Shutters, ein Tor vor der Öffnung der Zelle, geregelt. Die Schließzeit des Shutters beträgt ca. 0,1s. Da die Wachstumsraten bei der MBE im Bereich von einer Monolage in 1 bis 5

12 5 MOLEKULARSTRAHLEPITAXIE Sekunden liegt, kann bei der kleinen Schließzeit der Shutter für jede Monolage eingestellt werden, welche Materialien auf die Schicht aufgebracht werden. Die Verdampfungsrate eines Materials in einer Effusionszelle wird durch folgende Gleichung beschrieben: dn Adt = a NA V (p G p) 2πMk B T (1) dn Adt ist die Verdampfungsrate pro Zeit und Flächenelement A. a V ist der Verdampfungskoeffizient und gibt an, welcher Anteil der theoretisch möglichen Menge verdampft, p G ist der Gleichgewichtsdampfdruck, von dem der hydrostatische Druck p der Gasphase abgezogen wird, da es einen gewissen Rückfluss an Material gibt. N A ist die Avogadrokonstante, M das Atomgewicht, k B die Boltzmannkonstante und T die Temperatur. Beim Bau der Effusionszellen muss beachtet werden, wie die Winkelverteilung der Abstrahlung der Zelle ist. Abbildung 11 zeigt beispielhaft die Form einer Effusionszelle und die Abstrahlcharakteristik. Für verschiedene Verhältnisse der Länge und des Durchmessers kann die Abstrahlung besser fokussiert werden. Die in Abbildung 11 gezeigte Form der Effusionszelle ist nur ein Beispiel, es gibt viele verschiedene Formen der Zellen mit unterschiedlicher Winkelverteilung der Abstrahlung. Um einen gleichmäßigen Fluss der Atome oder Moleküle aus den Effusionszellen zu gewährleisten, muss die Temperatur der Zellen sehr genau kontrolliert werden. Bei einer Temperatur von 1000 C sollte die Temperaturstabilität bei ±1 C liegen.

5.1 Effusionszellen 13 Abbildung 11: Winkelverteilung der Abstrahlung einer Effusionszelle Trotzdem ist der Fluss der Atome nicht immer stabil. Wie in Abbildung 11 zu erkennen ist, ändert sich die Winkelverteilung der Abstrahlung, wenn die Effusionszelle leerer wird. Der Fluss der Atome kann also nicht ganz konstant gehalten werden, was zu einer unregelmäßigen Wachstumsrate führt. Wie in Abbildung 10 dargestellt, wird das Substrat beheizt, um eine größere Oberflächendiffusion zu ermöglichen. Ein Vorteil der MBE (gegenüber der MOV- PE, siehe Kapitel 6) ist, dass diese Temperatur unabhängig von der Temperatur in den Effusionszellen einstellbar ist, was das Aufwachsen bei niedrigeren Temperaturen ermöglicht. Ein weiterer Vorteil der MBE ist, dass fast alle Materialien in den Effusionszellen verdampft werden können. Ein Nachteil der MBE ist jedoch, dass die Größe der Proben auf ca. 10cm im Durchmesser begrenzt ist. Die Atom- /Molekülstrahlen aus den Effusionszellen können nämlich nicht gleichmäßig auf eine größere Fläche gerichtet werden.

14 6 METALLORGANISCHE GASPHASENEPITAXIE 6 Metallorganische Gasphasenepitaxie Die Metallorganische Gasphasenepitaxie (MOVPE, MOCVD) ist ein Epitaxieverfahren, was auf einer chemischen Reaktion auf der Oberfläche basiert. In Abbildung 12 ist der prinzipielle Aufbau einer MOVPE-Anlage dargestellt. Abbildung 12: Prinzipieller Aufbau einer MOVPE-Anlage Die Ausgangsstoffe (auch Precursor) werden zunächst durch die Bindung an andere Elemente in die Gasphase gebracht und durch ein Gasmischsystem in die Reaktionskammer geleitet. Erst am Eingang der Reaktionskammer werden die verschiedenen Materialien miteinander gemischt. Das Substrat befindet sich auf einem geheizten Suszeptor. Die Gase strömen über die Probe und durch eine chemische Reaktion zersetzen sie sich wieder in ihre Bestandteile. Die Schichtmaterialien können nun epitaktisch auf dem Substrat aufwachsen. Die Restgase werden aus der Reaktionskammer abgepumpt. In den folgenden Abschnitten wird auf die einzelnen Schritte genauer eingegangen. 6.1 Ausgangsstoffe Um die Schichtmaterialien in die Gasphase zu bringen, werden sie an andere Elemente gebunden. Hier werden die III-V-Verbindungen betrachtet, da diese die meiste Verwendung besitzen.

6.1 Ausgangsstoffe 15 Abbildung 13: Bubblersystem An Elemente der Hauptgruppe V werden häufig 3 Wasserstoffatome gebunden, so dass Hydride entstehen (siehe Abbildung 14). Die Elemente der III Hauptgruppe werden an organische Verbindungen, zum Beispiel (CH 3 ) 3 gebunden (siehe Abbildung 15). Somit könnten beispielsweise AsH 3 und Ga(CH 3 ) 3 als Ausgangsstoffe dienen. Diese Verbindungen sollten unter normalen Bedingungen (Raumtemperatur) stabil sein und sich bei hohen Temperaturen wieder zersetzen, damit die chemische Reaktion auf der Oberfläche des Substrates stattfinden kann. Die Ausgangsstoffe sind meist flüssig und werden über sogenannte Bubbler (siehe Abbildung 13) in die Gasphase gebracht. Dabei strömt ein Trägergas von unten durch die Flüssigkeit. Die aufsteigenden Gasbläschen nehmen die Ausgangsverbindungen mit und bringen diese somit in gasförmiger Phase in die Reaktionskammer. Abbildung 14: Hydrid NH 3 Abbildung 15: Metallorganische Verbindung Ga(CH 3 ) 3

16 6 METALLORGANISCHE GASPHASENEPITAXIE 6.2 Gassystem Abbildung 16 zeigt den Aufbau einer MOVPE-Anlage mit den Gasleitungen zur Reaktionskammer. Über verschiedene Ventile und Druckregler kann das Wachstum kontrolliert werden. Abbildung 16: Aufbau einer MOVPE-Anlage mit Gassystem Der Partialdruck p MO einer metallorganischen Ausgangsverbindung hängt folgendermaßen mit den Flüssen im System zusammen: p MO = Q in Q tot p V p Q p tot (2) wobei Q in der Eingangsfluss in die Quelle und Q tot der Gesamtfluss aus der Quelle in den Reaktor sind. p V ist der Dampfdruck der Verbindung, p Q der Druck im Bubbler und p tot der Druck im Reaktor. Es ist also wichtig die Partialdrücke der Verbindungen und auch die anderen Drücke im System zu kontrollieren. In den Leitungen, durch die die Ausgangsstoffe transportiert werden (siehe Abbildung 16), sind Massendurchflussregler (MFC - mass flow controller) angebracht. Diese regeln welche Menge des Gases durch die Zuleitung strömt. Mit Hilfe von Druckreglern (PC - pressure controller) können die Partialdrücke der Gase geregelt werden. Über Ventile gelangen die verschiedenen Gase in die Reaktionskammer, wo eine möglichst homogene Mischung der Gase stattfindet.

6.3 Schichtwachstum 17 Außerdem ist es wichtig die Temperatur in den Bubblern genau zu steuern, da der Massenfluss und somit auch die Wachstumsrate von der Temperatur abhängen. Für den Massenfluss J i einer Komponente i gilt: J i = D i kt d (p i p o i ) (3) D i ist hier die Diffusionskonstante, d die Dicke der Diffusionsschicht, p i der Partialdruck in der Gasphase und p o i der Partialdruck an der Oberfläche. Die Wachstumsrate ist proportional zum Massenfluss. 6.3 Schichtwachstum Abbildung 17 zeigt, welche Prozesse auf der Oberfläche des Substrates stattfinden. Abbildung 17: Prozesse auf der Oberfläche des Substrates Die Ausgangsverbindungen werden am Anfang der Reaktionskammer gemischt und strömen dann in einem laminaren Fluss über das Substrat. Im oberen Bereich kann es zur Gasphasenreaktion, also zur Zersetzung der Ausgangsstoffe, kommen, was jedoch in diesem oberen Bereich nicht erwünscht ist. Da das Substrat geheizt wird, existiert ein Temperaturgradient zwischen dem oberen Bereich und dem Substrat im unteren Bereich. Daher kommt es zur Diffusion der einströmenden Moleküle in Richtung des Substrates. Auf der Oberfläche können sich die Moleküle anlagern und aufgrund der hohen Temperaturen kommt

18 6 METALLORGANISCHE GASPHASENEPITAXIE es zur Zersetzung der Ausgangsverbindungen. Die chemische Reaktion sieht für GaAs folgendermaßen aus: Ga(CH 3 ) 3 + AsH 3 GaAs + organischev erbindungen Die Elemente der III und V Hauptgruppe diffundieren auf der Oberfläche und werden in die Kristallstruktur eingebaut (siehe auch Kapitel 3). Die restlichen Reaktionsprodukte lösen sich wieder von der Oberfläche und werden mit dem Gasstrom aus der Reaktionskammer heraustransportiert. Das Wachstum der Schichten hängt von der Temperatur ab. In Abbildung 18 ist die Wachstumsrate über 1 aufgetragen (Arrhenius-Darstellung), wobei T die T Temperatur des Substrates ist. Abbildung 18: Wachstumsrate der Schicht in Abhängigkeit der Substrattemperatur bei der MOVPE Das Wachstum kann in drei Bereiche eingeteilt werden. Bei niedrigen Temperaturen (Bereich 1) ist das Wachstum durch die Geschwindigkeit der Reaktion auf der Oberfläche des Substrates begrenzt. Es stehen genügend Moleküle auf der Oberfläche zur Verfügung, aber die chemische Reaktion verläuft zu langsam, um alle ankommenden Moleküle sofort zu zersetzen. Im zweiten Bereich verläuft die chemische Reaktion aufgrund der höheren Temperatur schneller und die Diffusion der Moleküle begrenzt das Wachstum. In diesem Bereich ist die Wachstumsrate nahezu unabhängig von der Temperatur. Bei noch höheren Temperaturen nimmt die Wachstumsrate wieder ab und ist durch die Desorption von Atomen aus der Oberfläche begrenzt.

19 Da die Größe der Reaktionskammer nicht eingeschränkt ist (vergleiche Kapitel 5), können mit dem Verfahren der MOVPE Bauelemente in Massenproduktion hergestellt werden. Abbildung 19 zeigt eine Anlage, in der Schichten auf 42 Wafer aufgebracht werden können. Wafer sind die einkristallinen Substrate. Abbildung 19: Planetenreaktor für MOVPE mit 42 Wafern 7 Vergleich der MBE und MOVPE Die beiden vorgestellten Epitaxieverfahren werden im Folgenden hinsichtlich verschiedener Kriterien miteinander verglichen. Bei der MOVPE werden die Schichten bei höheren Temperaturen aufgewachsen, was zu einer hohen Wachstumsrate im Vergleich zur MBE führt. Bei der MBE ist es jedoch möglich die Temperatur des Substrates und in den Effusionszellen unabhängig voneinander einzustellen. Daher besitzt das Substrat meist eine geringere Temperatur als bei der MOVPE, was jedoch den Vorteil hat, dass das Wachstum besser kontrolliert werden kann. Je nach Anforderung an die Schicht sollte also bei hohen oder niedrigen Temperaturen (also mit MOVPE oder MBE) aufgewachsen werden. Die MOVPE besitzt den Vorteil, dass die Wachstumsraten reproduzierbar sind. Bei der MBE schwanken die Wachstumsraten beim Leeren der Effusionszellen. Da alle Materialien in den Effusionszellen verdampft werden können, ist es bei der MBE möglich alle Materialkombinationen herzustellen. Bei der MOVPE dagegen müssen die Schichtmaterialien zunächst an andere Moleküle gebunden werden, was für einige Elemente sehr aufwändig ist. Die MOVPE ist prinzipiell nicht in der Größe der Anlage beschränkt. Es muss gewährleistet sein, dass über jedem Substrat ein laminarer Gasstrom fließt. Dies wird in großen Anlagen mit bis zu 42 Substraten durch Rotation der Substrate

20 8 ZUSAMMENFASSUNG erreicht. Daher eignet sich diese Methode zur Massenproduktion. Die MBE dagegen wird häufig in der Forschung eingesetzt, da die Proben während und nach des Wachstums mit Analysemethoden im UHV untersucht werden können. Die Substratgröße ist hier jedoch auf etwa 10cm begrenzt. 8 Zusammenfassung Zur Hertstellung vieler optoelektronischer Bauelemente werden möglichst reine und defektfreie Schichtstrukturen benötigt, die teilweise eine Dicke von nur wenigen Nanometern besitzen. Diese Schichten werden epitaktisch, also in geordneter Struktur auf Subtraten aufgebracht. In dieser Ausarbeitung wurde der Unterschied zwischen Homo- und Heteroepitaxie erläutert. Außerdem wurden verschiedene Wachstumsmodi von Schichten beschrieben. Anschließend wurde kurz auf Defekte in Schichten eingegangen. Nach dieser theoretischen Einleitung wurden die zwei Epitaxieverfahren der Molekularstrahlepitaxie und der Metallorganische Gasphasenepitaxie vorgestellt und miteinander verglichen.

21 Literatur Rolf Engelhardt. Metallorganische Gasphasenepitaxie und Laseranwendungen von CdSe/Zn(S, Se) Quantenpunkten, Dissertation, TU Berlin, 2000 Günter Gottstein. Physikalische Grundlagen der Materialkunde, Springer, 2007 Kolja Haberland. Optical in-situ Studies during Metal-Organic Vapor Phase Epitaxy with Respect to III-V Device Production, Dissertation, TU Berlin, 2002 M.A.Hermann, W.Richter, H.Sitter. Epitaxy, Springer, 2004 M.A.Herman, H.Sitter. Molecular Beam Epitaxy, Springer, 1996 Mathias Krellmann. Chemische Gasphasenabscheidung oxidischer Schichten, Fortschritt- Berichte VDI, Reihe 5 Nr. 566, 1999 K.Oura, V.G.Lifshits, A.A.Saranin, A.V.Zotov, M.Katayama. Surface Science, Springer, 2003 Tanya Paskova. Nitrides with nonpolar surfaces: growth, properties and devices, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. 2008 V.A.Shchukin, N.N.Ledentsov, D.Bimberg. Epitaxy of Nanostructures, Springer, 2004 S.M.Sze. Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, 1981