Die Postulanten sind der Überzeugung, dass auch Wädenswil seine Daten so aufbereiten muss, damit sie mit anderen Gemeinden vergleichbar sind.

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Bericht zum Postulat vom 29. Januar 2008 13.03 SVP-Fraktion betreffend Vergleich der Sozialhilfe mit anderen Städten Wortlaut des Postulats Der Stadtrat wird eingeladen zu prüfen, ob und wie er die Sozialhilfekosten, die Fallzahlen und strukturen im Vergleich mit anderen Städten über mehrere Jahre aufzeigen will. Begründung Die Sozialhilfekosten sind in Wädenswil in den letzten Jahren stark angestiegen. Die netto ausbezahlten Beträge für die Sozialhilfe stiegen von 2001 bis 2006 kontinuierlich von 1.45 Mio. auf über 4.31 Mio. CHF. Das ist ein Anstieg in fünf Jahren von fast 300 Prozent. Diese Entwicklung darf nicht ungeprüft dahin genommen werden. Um aber die richtigen Schlüsse ziehen zu können, ist vorerst eine exakte Analyse der Zahlen und Fakten notwendig. Dabei spielt der Vergleich mit anderen, ähnlich gelagerten Städten eine wichtige Rolle. Die Daten für solche Statistiken werden bereits seit mehreren Jahren erhoben. Fast die Hälfte aller Zürcher Gemeinden nahm bereits bisher bei der Auswertung dieser Statistiken teil. Die Postulanten sind der Überzeugung, dass auch Wädenswil seine Daten so aufbereiten muss, damit sie mit anderen Gemeinden vergleichbar sind. Bericht des Stadtrates Einleitung Der Bericht liefert Erklärungen für den starken Anstieg der Fallzahl und der Kosten in der Sozialhilfe der Stadt Wädenswil. Dazu werden die einzelnen Faktoren, die Einfluss auf die Fallzahl und Kosten haben, näher analysiert. Ergänzend wird ein Vergleich der Fallzahlenund Kostenentwicklungen zwischen acht Zürcher Gemeinden und Wädenswil angestellt. Dazu verfügt die Abteilung Soziales seit Juli 2008 über eine Sozialhilfestatistik, die sich eng an die Erhebungen des Kennzahlenvergleichs Sozialhilfe der Städteinitative Sozialpolitik hält. Speziell bei dieser Erhebung ist, dass seit 2002 Fallzahlen und Kosten nicht in absoluten Zahlen, sondern anhand eines Index abgebildet werden. Das Fallzahlen- und Kostenniveau jeder Gemeinde wird mit dem Index 100 dargestellt. Mit dieser Vereinheitlichung auf der Basis 100 für das Jahr 2002 können die Veränderungen der Fall- und Kostenentwicklung in den Folgejahren zwischen den Städten transparenter verglichen werden. Das primäre Ziel der Fallstatistik der Abteilung Soziales besteht darin, ein besseres Controlling über die Fallzahlen und Sozialhilfekosten zu haben sowie präzisere Voraussagen über die zukünftige Fall- und Kostenentwicklung machen zu können. Ziel ist es, dem Kennzahlenvergleich der Städteinitiative Sozialpolitik beizutreten.

2/9 1. Einflussfaktoren auf die Entwicklung der Fallzahl und Sozialhilfekosten in der Stadt Wädenswil Die untersuchte Periode von 2001 bis 2008 lässt sich in zwei Abschnitte gliedern. Bis 2006 stiegen die Zahl der Sozialhilfebezüger und die daraus resultierenden Kosten gesamtschweizerisch kontinuierlich an. Ab 2006 zeigt sich sowohl bei der Fallzahl als auch bei den Kosten ein leichter Rückgang beziehungsweise eine Stabilisierung. Die verschiedensten Einflussfaktoren, die für den Fallanstieg und die Kostensteigerung gesamtschweizerisch verantwortlich sind, haben ihren Einfluss auch auf Wädenswil und werden in der Folge näher erläutert. Situation auf dem Arbeitsmarkt Die wirtschaftliche Situation der Schweiz beeinflusst den Beschäftigungsgrad der Bevölkerung wesentlich, was sich auf die Fallzahl und die Kostenentwicklung in der Sozialhilfe auswirkt. Dies gilt sowohl für konjunkturelle Phänomene (wie temporäre Schwankungen der Erwerbslosenquote) als auch für strukturelle Veränderungen (wie zunehmende Erwerbsintegration von Müttern, Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse mit Überwälzung von Beschäftigungsrisiken auf die Arbeitnehmenden, Lohnerosion in Teilbereichen durch Entwertung bestimmter Berufsqualifikationen oder sinkende Nachfrage nach Tiefqualifizierten). 1 Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit hat einen massgeblichen Einfluss auf die Anzahl Sozialhilfefälle. Die Sozialhilfefallzahl sinkt und steigt mit einer gewissen Verzögerung zur Arbeitslosenquote. So verzeichnete die Arbeitslosequote in Wädenswil von 2001 bis 2004 einen Anstieg von 1.5% auf 4.5% bzw. von 170 auf 504 eingeschriebene Arbeitslose. 2 Die Fallzahl stieg in der Folge in den Jahren 2004 und 2006 stark an. Mit der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt pendelte sich die Anzahl Sozialhilfefälle ab Ende 2006 auf hohem Niveau ein und sank in der Folge langsam. Sie ging bis heute aber nicht mehr auf die Zahl von 2001 zurück. Einer der Gründe liegt darin, dass vielen Langzeitarbeitslosen in Wädenswil trotz umfassenden Arbeitsintegrationsprogrammen der Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt nicht gelingt und sie in der Sozialhilfe hängen bleiben. Die Stadt Wädenswil verfügt über unterschiedliche Arbeitseinsatzmöglichkeiten für Sozialhilfeempfänger, die verschiedene Ziele verfolgen. Die Einsatzprogramme haben das Ziel, den Klienten eine schnelle Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen, sowie die Tagesstruktur und die soziale Vernetzung aufrecht zu erhalten. Je länger jedoch jemand den Sprung von der Arbeitsintegration zurück in den ersten Arbeitmarkt nicht schafft, desto schwieriger wird seine Reintegration. Die Folge ist eine steigende Zahl von Langzeitbezügern in der Sozialhilfe, die kaum mehr Chancen auf eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt haben. Sie bleiben sozial abhängig und werden früher oder später durch die IV oder AHV abgelöst. Ein besonderes Augenmerk musste in den letzten Jahren auf die stark ansteigende Jugendarbeitslosigkeit gerichtet werden. In der Zwischenzeit hat sich die Lage in diesem Bereich etwas entspannt, könnte aber in naher Zukunft wieder an Bedeutung gewinnen. Ausbildungslosigkeit ist eines der grössten Armutsrisiken. Im Hinblick auf die langfristige Kostenentwicklung darf die Ausbildungslosigkeit daher auch in Zukunft nicht aus den Augen gelassen werden. Frühe Sozialhilfeabhängigkeit beinhaltet eine zusätzliche Gefahr der Gewöhnung an diese Lebenssituation. Die Beziehenden stehen oft nie in ihrem Leben auf 1 Büro für Arbeits- und Sozialpolitische Studien (BASS), Prognose der Kostenentwicklung in der individuellen Sozialhilfe, Bern 2005. 2 https://data.statistik.zh.ch/infospc/geport/gemeinde.jsp

3/9 eigenen Füssen und können so zu Langzeitbezügern in der Sozialhilfe bis zu ihrer Ablösung durch die AHV werden. Ein weiterer zentraler Indikator für die Entwicklung in der Sozialhilfe ist der Faktor der working poor. Unter die Definition working poor fallen erwerbstätige Menschen, die in einem Haushalt mit einem Erwerbsumfang von mindestens 36 Stunden pro Woche arbeiten und trotzdem unter die Armutsgrenze rutschen. Zu dieser Gruppe der Erwerbstätigen gehören nicht nur Teillohnbeziehende, sondern auch Alleinerziehende, die aufgrund von Betreuungspflichten nur ein begrenztes Arbeitspensum leisten können. Sie arbeiten oft in prekären Arbeitsverhältnissen, können sich eine Zeit lang selber durchbringen und fallen dann wieder aus dem Erwerbsleben heraus. Bereits geringe wirtschaftliche Schwierigkeiten können dazu führen, dass diese Haushalte zu Bezügern von Sozialhilfe werden. Veränderungen bei anderen Systemen der sozialen Sicherung Die Sozialhilfezahlen und die damit verbundenen Kosten hängen stark davon ab, wie sich die anderen Leistungssysteme entwickeln. Finanzielle Sparmassnahmen bei der Arbeitslosenversicherung (ALV) oder restriktiveres Handling bei der Invalidenversicherung (IV) wirken sich direkt auf die Fallzahlen- und Kostenentwicklung aus. Die ALV Revisionen der letzten Jahre beinhalteten eine Kürzung der Bezugsdauer von Taggeldern sowie die Erhöhung der Mindestbeitragspflicht von 6 auf 12 Monate nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug. Dies hatte Folgen für die Sozialhilfe. Nebst einer schnelleren Aussteuerung müssen die Arbeitslosen nach Ablauf ihrer Rahmenfrist länger arbeiten, um wieder Anspruch auf Arbeitslosentaggeld zu haben. In konjunkturell schwierigen Zeiten mit einem starken Anstieg der Arbeitslosenzahl, wie zwischen 2001 und 2004, wurde die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt viel schwieriger. Dies bedeutete für die Sozialhilfe längere Unterstützungsdauern, eine höhere Fallbelastung sowie ein Anstieg der Kosten. Zusätzlich muss die Sozialhilfe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vermehrt finanzielle Überbrückungen bei Sperrfristen für den Bezug von Taggeldern übernehmen, um die Existenz im Einzelfall zu sichern. Dieselbe Entwicklung lässt sich bei der IV beobachten. Der Bezug einer IV-Rente wird durch das restriktivere Handeln und Entscheiden der IV schwieriger. Die Rentenabklärungen nehmen teilweise mehr Zeit in Anspruch. In beiden Fällen sind die betroffenen Personen auf die Unterstützung durch die Sozialhilfe angewiesen um ihre finanzielle Existenz zu sichern. Für Personen mit einer Behinderung unterschiedlicher Natur ist es auch in wirtschaftlich besserer Zeit schwierig, die Integration und Reintegration in den 1. Arbeitsmarkt zu schaffen und deshalb bleiben sie von der öffentlichen Hand abhängig. Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung Über drei Viertel der Sozialhilfefälle betreffen Ein-Personen-Haushalte oder Alleinerziehende. Steigt oder sinkt der Anteil solcher Haushalte in der Gesamtbevölkerung, verändert sich auch die Wahrscheinlichkeit des Sozialhilfebezugs. Ein erhöhtes Sozialhilferisiko tragen auch Personen ohne Schweizer Pass. Grund dafür ist meist eine schlechte Ausbildung, die auf verschiedenste Ursachen zurückzuführen ist. Wädenswil als drittgrösste Stadt am Zürichsee hat zudem mit verschiedenen positiven wie auch negativen Effekten zu kämpfen, die eine attraktive und lebendige Wohn-, Forschungs-

4/9 und Bildungsstadt mit sich bringt. So zieht die Fachhochschule Studenten und hochqualifizierte Wissenschafter an, die Industrie, das Gewerbe und der Dienstleistungssektor suchen Arbeitskräfte mit unterschiedlichsten beruflichen Qualifikationen. All diese Leute tragen zu einem lebendigen Kleinstadtleben bei. Unter den Zuwanderern befinden sich stets auch Personen, die für den Arbeitsmarkt schlecht qualifiziert sind und sich in Wädenswil eine bessere Zukunft erhoffen. Ein Phänomen, das sich nicht nur in Wädenswil beobachten und nachweisen lässt. Diese Leute bleiben dann oft hier hängen und bewirken eine grosse Herausforderung für den Sozialbereich. Veränderungen bei fixen Ausgaben Unter fixen Ausgaben werden Kosten eines Haushaltes bezeichnet, die regelmässig anfallen. Insbesondere Wohnkosten, Steuern oder obligatorische Versicherungen. Sie wirken sich doppelt auf die Sozialhilfekosten der Gemeinden aus. Erstens reicht bei einem Anstieg der fixen Ausgaben bei mehr Personen das Einkommen nicht mehr zum Leben. Dies bedeutet, dass sie auf Unterstützung angewiesen sind. Zweitens muss die Sozialhilfe bei Personen, die sie unterstützt, höhere Kosten tragen. Gut ersichtlich ist dieses Phänomen bei den Mietzinsen. Personen, die Sozialhilfe beziehen, haben oft einen erschwerten Zugang zu günstigem Wohnraum und müssen das akzeptieren, was ihnen trotz der persönlichen Problemlage überhaupt angeboten wird. Steigen die Mietpreise an, können Personen mit knappem Einkommen plötzlich nicht mehr selber für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Die Mieterhöhungen müssen in diesen Fällen von der Sozialhilfe getragen werden. Kosten für Fremdplatzierung von Kinder und Jugendlichen Die Kosten für Fremdplatzierungen von Kinder und Jugendlichen in entsprechenden Einrichtungen steigen schweizweit aus zwei Hauptgründen an. Einerseits steigen die Kosten für die Betreuung, Schulung, Ausbildung und Therapie in den Institutionen kontinuierlich und anderereseits ist in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen generell eine Zunahme von Platzierungen feststellbar. 2. Vergleich der kumulativen Fallzahlen in acht Zürcher Städten Für den Vergleich der Sozialhilfezahlen versuchte die Abteilung Soziales die kumulativen Zahlen von acht vergleichbaren Städten und Gemeinden im Kanton Zürich zwischen 2002 und 2007 zu erhalten. Zwischen fünf Städte konnten alle Vergleiche erstellt werden. Der Gemeinde Horgen und der Stadt Schlieren war es nicht möglich, die Fallzahlen für 2002 beziehungsweise 2003 zu liefern. Die Stadt Dietikon hat die kumulative Fallzahl nicht entsprechend erhoben. Daher fehlen diese Orte in einzelnen Grafiken. Kumulative Fallzahl 3 Zwischen 2002 und 2007 hatte Wädenswil von den verglichenen Zürcher Gemeinden in Bezug auf den Index den grössten Fallzuwachs zu bewältigen. In Wädenswil erhöhte sich die Fallzahl um 173 Fälle. In Zürich fiel der Zuwachs mit 2 515 Fällen bezogen auf den Index 3 Bei der kumulativen Fallzahl werden in einem Kalenderjahr alle Fälle, die mindestens einmal eine finanzielle Leistung erhielten lediglich einmal gezählt, unabhängig davon, wie oft sie eine Zahlung erhielten oder wie hoch diese Leistung war.

5/9 kleiner aus als in Wädenswil. Die Indexierung veranschaulicht somit im Gegensatz zu den absoluten Zahlen die individuelle Fallzahlenentwicklung objektiver. Grafik 1: Entwicklung der kumulativen Fallzahl Stadt Zürich Winterthur Uster Wädenswil Thalwil 2002 100 100 100 100 100 2003 112 116 98 115 107 2004 125 128 103 128 117 2005 132 133 98 147 131 2006 131 131 91 164 122 2007 124 129 82 153 107 3. Vergleich der Sozialhilfekosten Der Vergleich der Sozialhilfekosten ist eine äusserst komplexe Angelegenheit. Eine detaillierte Untersuchung im Auftrag des Kennzahlenvergleichs Sozialhilfe der Städteinitiative Sozialpolitik hat ergeben, dass nur die Netto-Kosten zwischen einzelnen Städten und Gemeinden eingeschränkt vergleichbar sind. Eingeschränkt daher, weil die absolute Höhe der Kosten pro Fall oder Person neben unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den einzelnen Städten und Gemeinden (z.b. für Mieten) und der Zusammensetzung der Fälle (Anteil kinderreiche Familien, Ein-Personen-Fälle, Kurzzeitbezüger, usw.) auch von weiteren schwer zu erfassenden Faktoren beeinflusst wird: Beispielsweise hängen die Kosten in der Sozialhilfe stark von der Subventionspraxis der Kantone und Gemeinden für soziale Einrichtungen (Krippen, Horte, Heime, Arbeitsintegrationsprogramme, soziale Integrationsprogramme usw.) ab. Je nachdem, ob in einer Stadt oder Gemeinde solche Einrichtungen mehr objekt- oder subjektfinanziert sind, schwanken die Kosten bei einer angeordneten Massnahme erheblich. Objektfinanziert bedeutet, dass die öffentliche Hand die Kosten von Einrichtungen zu einem erheblichen Teil durch Subventionen für Investitionen bzw. Defizitbeiträge trägt. Werden die Einrichtungen dagegen subjektfinanziert, bedeutet dies, dass (fast) alle Kosten über eine Tages- oder Monatspauschale (Taxen) getragen werden und keine oder geringe Subventionierungen erfolgen. Ebenfalls einen Einfluss kann die Anwendung von unterschiedlichen Elternbeitragsmodellen haben. Je nach Ausgestaltung schwanken die Elternbeiträge z.b. für Kinderkrippe und Horte, die durch die Sozialhilfe übernommen werden müssen, stark. Subventioniert eine Stadt oder Gemeinde Krippen und Notunterkünfte stark, fallen die Kosten in der Sozialhilfe tiefer aus. So besteht in Wädenswil durch die Subventionierung der Notunterkunft Hänsital und der städtischen Kinderkrippe die Möglichkeit, Klienten ohne Unterkunft verhältnismässig günstig zu platzieren, beziehungsweise Kinder kostengünstig fremd betreuen zu lassen. Aus diesen Gründen wird in der folgenden Auflistung auf die Darstellung der Frankenwerte verzichtet. Das Kostenniveau jeder Stadt liegt gleich wie beim Vergleich der Fallzahlen für 2002 bei 100. Entwicklung der Sozialhilfekosten Die Erhebung veranschaulicht, dass die Nettokosten nur gerade in der Stadt Zürich und die Gemeinde Thalwil ab 2005 eine Stabilisierung erreichten. In den anderen Orten stiegen die

6/9 Kosten kontinuierlich an. Dietikon musste einen beinahe vierfachen Kostenanstieg (100 zu 394) verkraften. In Schlieren, Horgen und Wädenswil stiegen die Kosten um das Doppelte und mehr. Grafik 2: Entwicklung der Sozialhilfekosten 2002-2007 Stadt Zürich Winterthur Uster Dietikon Wädenswil Horgen Thalwil Schlieren 2002 100 100 100 100 100 100 100 100 2003 123 88 120 131 144 133 126 128 2004 143 128 152 178 178 153 144 169 2005 154 128 147 259 224 168 167 217 2006 153 139 167 328 283 211 157 220 2007 142 133 128 394 268 200 159 229 Sozialhilfekosten pro Fall Vergleicht man, wie hoch die Kosten für einen Sozialhilfefall im Jahr lagen, kann die entsprechende Entwicklung in den einzelnen Städten noch detaillierter herausgelesen werden. Denn dabei wird sowohl die Höhe der jährlichen Nettokosten als auch die kumulative Fallzahl mit einbezogen. Grafik 3: Sozialhilfekosten pro Fall im Jahr 4 Stadt Zürich Winterthur Uster Wädenswil Thalwil 2002 100 100 100 100 100 2003 110 76 122 125 117 2004 114 100 149 139 123 2005 116 96 151 152 128 2006 117 106 184 172 129 2007 115 103 157 175 148 2008 n. V. 101 199 164 140 4 Wie in der Fallzahlenstatistik erscheinen die Gemeinden Horgen und Schlieren aufgrund der fehlenden Daten hier ebenfalls nicht.

7/9 Sozialhilfekosten pro Fall im Jahr 210 200 190 180 170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Stadt Zürich Winterthur Uster Wädenswil Thalwil Entwicklung der Mindestversorgertaxe bei Platzierungen in ausserkantonalen Heimen Der Kanton schreibt subventionierten Heimen vor, wie viel sie dem Versorger für ein bestimmtes Angebot mindestens verrechnen müssen. Dieser Betrag wird als Mindestversorgertaxe bezeichnet. Wie aus der untenstehenden Statistik ersichtlich ist, stieg die Mindestversorgertaxe in den Jahren 2002 bis 2005 stetig an und sank im Jahr 2006 wieder etwas. Sie ging aber nicht auf das Niveau der Vorjahre zurück. Die daraus resultierenden Kostenentwicklungen tragen ebenfalls einen wichtigen Teil zur Kostensteigerung in der Sozialhilfe bei. Grafik 4: Entwicklung der Mindestversorgertaxe ohne Beiträge der IV pro Tag Periode 1.1.02-31.12.03 1.1.04-31.12.05 1.1.06-31.12.06 Schulheime für Verhaltensauffällige mit Sonderschule 195 265 240 Kleinkinderheime, Kinder- und Jugendheime, Wohngruppen Sozialpädagogische Pflegefamilien, Heilpädagogische Pflegefamilien 175 230 205 140 185 185 4. Weitere Erklärungen zur Entwicklung der Sozialhilfe in der Stadt Wädenswil Mit der durchschnittlichen Fallzahl pro Monat in einem Kalenderjahr kann das Verhältnis zwischen Fallzahl und Kosten noch etwas detaillierter veranschaulicht werden. Betrachtet man den Verlauf dieser Zahl näher, wird ersichtlich, dass die Stadt Wädenswil im Bezug auf die Fallzahl und die Kosten gar nicht schlecht dasteht, wie der erste Blick auf die bis dahin angestellten Vergleiche anmuten lässt. Dies aus folgenden Gründen: Die kumulative Fallzahl zeigt auf, wie viele Fälle in einem Jahr mindestens eine finanzielle Leistung erhielten. Sie sagt aber nichts darüber aus, wie hoch diese Leistung war und wie

8/9 lange der Fall unterstützt werden musste. So kann es vorkommen, dass eine Gemeinde mit einer relativ tiefen kumulativen Fallzahl hohe Kosten aufweist. Dies ist dann der Fall, wenn zum Beispiel teure Platzierungen oder Mehrpersonenhaushalte über längere Zeit unterstützt werden müssen. Eine hohe kumulative Fallzahl kann dagegen bedeuten, dass viele Personen über eine kurze Zeit Leistungen in Form von Notüberbrückungen etc. erhielten. Die durchschnittliche Fallzahl pro Monat im Jahr sagt aus, wie viele Klienten innerhalb eines Jahres durchschnittlich pro Monat eine Zahlung durch die Sozialen Dienste der Stadt Wädenswil erhielten. Im Jahr 2008 blieb die kumulative Fallzahl mit 503 Fällen im Vergleich zu 2007 mit 502 fast gleich. Zieht man als Vergleich die durchschnittliche Fallzahl pro Monat im Jahr herbei, verschiebt sich das Bild erheblich. Im Jahr 2007 lag die durchschnittliche Fallzahl pro Monat bei 290 im Jahr 2008 bei 266 Fällen. Mit diesen Zahlen lässt sich die Kostensenkung von 4,1 Mio. auf 3,8 Mio. noch etwas plausibler erklären. Seit 2006 haben sich sowohl die Gesamtkosten, als auch die Kosten pro Monat stabilisiert. Grafik 5: Vergleich der durchschnittlichen Fallzahl pro Monat mit den Nettokosten im Jahr Vergleich durchschnittliche Fallzahl pro Monat zu Nettokosten pro Jahr 350 300 250 200 150 100 50 0 2004 2005 2006 2007 2008 5'000'000 4'500'000 4'000'000 3'500'000 3'000'000 2'500'000 2'000'000 1'500'000 1'000'000 500'000 0 Anzahl Fälle im Monatsdurchschnitt pro Jahr Sozialhilfekosten netto 5. Ausblick Entwicklung der Sozialhilfe 2009 Die aktuell angespannte wirtschaftliche Lage und der damit verbundene Anstieg der Arbeitslosenzahl, werden auch auf die Fallzahl in der Sozialhilfe und Sozialhilfekosten in Wädenswil ihre Auswirkungen haben. Bereits in diesem Jahr ist die Integration von Sozialhilfeempfängern in den 1. Arbeitsmarkt aufgrund des Anstiegs der Arbeitslosigkeit schwierig. Dies hat zur Folge, dass weniger Klienten von der Sozialhilfe abgelöst werden können, die Unterstützungsdauer verlängert wird und sowohl die Kosten als auch die Fallzahl steigen. Zusätzlich dürften Ende 2009, anfangs 2010 die ersten Personen von der ALV ausgesteuert sein und damit von der Sozialhilfe abhängig werden.

9/9 Erste Auswertungen der Sozialhilfestatistik zeigen, dass sich die Fallzahl für 2009 in etwa auf dem Niveau des Jahres 2007 bewegen dürfte. Dasselbe gilt auch für die Kosten. Die Zahlenbasis für 2009 ist jedoch derzeit noch sehr dünn. Die unsicheren Prognosen über den Verlauf der Schweizer Wirtschaft 2009/2010 erschweren es zusätzlich, eine genaue Aussage über die Entwicklung in der Sozialhilfe zu machen. Die Abteilung Soziales beobachtet die Entwicklung der Fallzahl und Kosten im laufenden Jahr weiterhin sorgfältig und informiert die Sozialbehörde quartalsweise über die Fallentwicklung. Antrag auf Abschreibung des Postulats Gestützt auf diesen Bericht wird dem Gemeinderat beantragt, das Postulat als erledigt abzuschreiben. mmo/lei Stadtrat Wädenswil Ernst Stocker, Stadtpräsident Heinz Kundert, Stadtschreiber