Die Herausforderung an den ÖSPV mit Bussen in Sachsen

Die Herausforderung an den ÖSPV mit Bussen in Sachsen Dipl. Chem., Dipl. Wirtsch.Ing. (FH) Matthias Scheidhauer Geschäftsführer der Landesgruppe Südost im VDV

AGENDA AGENDA I. II. III. IV. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Der ÖSPV und die Finanzierung Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit Anforderungen und Ausblick 2

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Mobilität und Kommunikation sind Grundelemente der menschlichen Gesellschaft. Der Mobilitätsbedarf existiert unabhängig vom Lebensmittelpunkt und Vorhandensein bestimmter Verkehrsmittel und muss befriedigt werden. Andernfalls ist eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht möglich. 4

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Der ländliche Raum ist für die landsmannschaftliche Identität des Freistaates Sachsen unverzichtbar. über 60% der Bevölkerung Sachsens lebt im ländlichen Raum bedeutender Kultur- und Erholungsraum Tourismus im ländlichen Raum ist wichtiger Bestandteil der regionalen Wirtschaft 5

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Sichert im ländlichen Raum die Daseinsfürsorge ÖPNV stellt die Erreichbarkeit sicher ÖPNV gewährleistet den Schutz der Umwelt, erhöht die Verkehrssicherheit und sichert die Umsetzung des allgemeinen politischen Zieles der Nachhaltigkeit Unternehmen des ÖPNV = regionale Arbeitgeber 6

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen ÖPNV hat hohe regionale Wertschöpfungsrate Mobilitätsbedarf nimmt gerade durch den demographischen Wandel zu ÖPNV ist bedeutsamer Standortfaktor für Wirtschaft und Tourismus 7

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Es gibt nicht den ländlichen Raum Notwendigkeit der Differenzierung nach Stadt-Umland-Regionen, verdichteten Gebieten im ländlichen Raum, regionalen Verkehrsachsen, Räumen mit touristischer Bedeutung, Klein- und Mittelstädten und den sonstigen ländlichen Räumen notwendig Konsequenz: mehrstufig differenzierte + hierarchisierte Bedienmodelle 8

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen 1.100 Buslinien (Stadt- und Regionalverkehr) 85 Verkehrsunternehmen 3.700 Busse 214 Mio. Fahrgäste (2010) bei 4,2 Mio. Einwohnern fährt durchschnittlich jeder Einwohner pro Jahr 51 x mit einem Bus 9

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen 10

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Übrige VU RVD-Regionalverkehr Dresden; VGM-Verkehrsgesellschaft Meißen GmbH; RBO-Regionalbus Oberlausitz GmbH; RVE-Regionalverkehr Erzgebirge; THÜSAC Thüsac Personennahverkehrsgesellschaft mbh; OVPS-Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz mbh; RMS-REGIOBUS Mittelsachsen GmbH; VBF- Verkehrsbetriebe Freiberg 14

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Quelle: VDV, Statistisches Bundesamt 15

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Einwohner gesamt: ca. 4,2 Mio. Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen 16

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen % 17

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen 6.000.000 5.000.000 4.000.000 4.775.900 4.296.300 3.874.700 3.000.000-10,0% -9,8% 2.000.000 1.000.000 0 1990 2004 2020 18

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Abnahme der Gesamtbevölkerungszahl in Sachsen bis 2020. Großstädte wie Leipzig und Dresden mit steigender Bevölkerungszahl. Erheblicher überdurchschnittlicher Rückgang in den Landkreisen Görlitz, Vogtlandkreis, Zwickau, Erzgebirgskreis, Mittelsachsen, Bautzen, Nordsachsen. Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Maximaler Rückgang in Landkreis Görlitz (Verringerung der Bevölkerung von 2006 bis 2020 um 15,2%). 19

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Demographische Entwicklung - Schüler Anstieg der absoluten Schülerzahl bis zum Schuljahr 2016/2017 erwartet. Nach 2016/2017 ist mit einem Rückgang der Schülerzahl bis 2030 zu rechnen. Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Für die allgemeinbildenden Schulen (inkl. zweiter Bildungsweg) wird in den Landkreisen Vogtlandkreis, Zwickau, Erzgebirgskreis, Bautzen und Görlitz in jedem Fall mit einem Rückgang von mehr als 15% zwischen 2010/2011 und 2030 gerechnet. Die Städte Leipzig und Dresden zeigen im Gegensatz zu den anderen sächsischen Landkreisen ein positives Wachstum der Schülerzahlen bis 2030 auf. 20

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Demographische Entwicklung - Schüler Fallende Schülerzahlen in den Landkreisen prognostiziert, insbesondere starker Rückgang der Grundschüler um ~27% - 35% bis 2030 führt zu insgesamt sinkender Schüleranzahl ab 2016/2017 für gesamt Sachsen Insgesamt ist mit fallenden Schülerzahlen von ~210.000 (2010) auf ~162-182.000 (2030) für die Landkreise zu rechnen Anstieg der gesamten Schülerzahl bis 2030 nur in Kreisfreien Städten zu erwarten Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen 21

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen von den 468 Städten und Gemeinden in Sachsen haben mit 229 Gemeinden fast die Hälfte (49%) keine Bahnanbindung und sind somit auf Busangebote angewiesen Größter Ort ohne Bahnhof: Limbach-Oberfrohna (25.000 Ew) darüber hinaus liegen die Bahnhöfe häufig nicht zentral (Randlage, besonders im Erzgebirge häufig im Tal, während der Ort sich auf Höhenzug befindet u.a.) Bahn deshalb auch für zahlreiche Orte mit Bahnanbindung unattraktiv Bus muss diese Angebotslücken schließen 22

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen Besonderheit in Sachsen: lange Buslinien mit regionaler- und überregionaler Bedeutung besonders im Erzgebirge bieten mehrere Buslinien trotz Bahnangeboten attraktivere Leistungen, da schneller, umsteigefrei und direkt in die Ortszentren fahrend z.b. Dresden-Altenberg-Zinnwald -(Teplice); Dresden- Annaberg Buchholz; Chemnitz-Oberwiesenthal; Chemnitz- Marienberg, Plauen-Annaberg Buchholz weiteres Busangebot z.b. auch Nossen-Dresden über Autobahn mit Fahrzeitgewinn von über 20 Minuten gegenüber dem SPNV und die Buslinie Mittweida-Hainichen-Dresden und weitere Busangebote 26

I. Die Bedeutung des ÖSPV mit Bussen in Sachsen nochmal zusammengefasst der regionale Busverkehr in Sachsen bedeutend, da keine flächendeckende SPNV-Bedienung gegeben auch größere Orte nicht mit der Bahn angebunden sind Fahrzeiten teilweise kürzer sind als mit der Bahn Busse die Ortszentren immer direkt bedienen umsteigefreie Angebote geschaffen werden 28

II. Der ÖSPV und die Finanzierung Restrukturierungserfolge: ÖPNVFinVO: regelt die Verteilung der Regionalisierungsmittel (überwiegend für SPNV- Leistungen und Investitionen) fließt größtenteils in die Eisenbahnverkehrsunternehmen ÖPNVFinAusG: Mittel zur Unterstützung des Ausbildungsverkehrs fließt größtenteils in die Bus- und Straßenbahnunternehmen 30

II. Der ÖSPV und die Finanzierung 31

II. Der ÖSPV und die Finanzierung Ungleichgewicht SPNV/ÖSPV-Finanzierung Unterfinanzierung des ÖSPV besonders im ländlichen Raum in Folge nicht Berücksichtigung der dort gegebenen höheren Produktionskosten -> geringere Einwohnerdichte und längere Reisewege Folge: kommunale Aufgabenträger müssen ÖSPV- Unternehmen zusätzlich finanzieren 33

II. Der ÖSPV und die Finanzierung etwa 50% der nicht gedeckten Aufwendungen der Verkehrsunternehmen werden über ÖPNVFinAusG ausgeglichen weitere 50% der nicht gedeckten Aufwendungen müssen durch die kommunalen Aufgabenträger ausgeglichen werden bei weiteren Kostensteigerungen (Krafstoff, Personal u.a.) ist trotz steigender Fahrgastzahlen zukünftig mit höheren Aufwendungen zu rechnen 35

II. Der ÖSPV und die Finanzierung Finanzierungsvolumen für Busverkehre Sachsen 1991f. (Bundesmittel): Vollausgleich ca. 90 Mio. zzgl. Investitionszuschüsse Finanzierung heute (2012) ca. 54 Mio. zzgl. Investitionszuschüsse Deutliche Entlastung von Bund und Land seit ca. 2000 durch Abschluss ausgabenintensiver Betriebshofinvestitionen (Erneuerungen/Neubauten). Existenzielle Herausforderungen für die Unternehmen, da die Schere zwischen Erlösen und Aufwendungen strukturell auseinander geht 36

II. Der ÖSPV und die Finanzierung Restrukturierungserfolge: Aufwandsdeckungsgrad 1991 ca. 33% Aufwandsdeckungsgrad heute durchschnittlich 50% Geringe Verlässlichkeit der Aufgabenträger-Planung insbesondere vor dem Hintergrund anderweitiger Haushaltsverpflichtungen und der Anforderungen durch die Schuldenbremse Erhebliche Folgen aus deutlicher Reduzierung investiver Fahrzeugförderung durch den Freistaat Sachsen 38

II. Der ÖSPV und die Finanzierung Beispielrechnung für typische Regionalbusunternehmen im Freistaat Sachsen: Durch Reduzierung der Förderung kommt es zu einer Erhöhung des Zuschussbedarfs von 0,23 pro km bzw. 10.300 je Bus; durchschnittlicher Mehraufwand für einen Landkreis von ca. 1,55 Mio. pro Jahr bei einem Bestand von 150 Bussen. Regelmäßig erforderliche Erneuerungsquote 7-10 Prozent des Bestands. immer ältere Busse implizieren höhere Instandhaltungs- und Betriebskosten. Das bedeutet eine Mehrbelastung der kommunalen Aufgabenträger bzw. eine deutliche Angebotsreduzierung 39

III. Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit Verkehrsunternehmen stehen unter Druck Einerseits Forderung nach besserem Angebot und Steigerung des Fahrgastaufkommens und der Erlösergiebigkeit, andererseits Forderung nach weiterer Kostensenkung Dienstpläne, Fahrzeugeinsatzpläne, Werkstattkapazitäten und Verwaltung innerhalb der Verkehrsunternehmen sind weitestgehend optimiert und kaum noch Spielräume vorhanden bei weiterem Kostendruck besteht Gefahr des Leistungsabbaus und Beschränkung ausschließlich auf Schülerverkehrsleistungen 41

III. Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit Beispiel: Durchschnittliche Einnahmesituation Regionalbus (Quelle: Berechnungen PBV) Die Kosten pro Fahrplankilometer liegen im Regionalbusverkehr im Durchschnitt bei 2,00 bis 2,20 /km Pro Fahrplankilometer werden ca. 0,80-1,00 Fahrgelderlöse eingenommen Das Defizit pro Fahrplankilometer beträgt ca. 1,20 Davon werden gegenwärtig etwa 23% über ÖPNVFinAusG sowie 23% durch die Aufgabenträger ausgeglichen Etwa 11% werden durch 148 SGB IX sowie verbundbedingte Durchtarifierungsverluste ausgeglichen 42

III. Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit 43

III. Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit Wo kann nicht mehr eingespart bzw. wo kann die Wirtschaftlichkeit verbessert werden: Personal: ist auf das notwendige Maß reduziert Personalkosten: durch Pflicht zu Tarifverträgen ist eher mit steigenden Kosten zu rechnen. Auch private Busunternehmen müssen sich dem beugen und haben kaum noch Wettbewerbsvorteile Fahrzeuge: sind bereits auf das notwendige Maß reduziert und der Reservebestand gering Fahrgelderlöse: Erhöhungen sind nur im moderaten Rahmen möglich 44

III. Verkehrsunternehmen und Wirtschaftlichkeit Schaffung größerer wirtschaftlicher Einheiten, wie z.b. bei folgenden Unternehmen: RVE Regionalverkehr Erzgebirge Regionalbus Mittelsachsen Verkehrsgesellschaft Meißen Leo Bus Prozess- und Kostenoptimierung zur Erhöhung des Deckungsgrades, insbesondere in den Verwaltungsprozessen Erlössteigerung durch Fahrpreisanpassung und Angebotsdifferenzierung 45

IV. Anforderungen und Ausblick Der ÖPNV muss in allen gesellschaftlichen Bereichen priorisiert werden. Ausreichende, verstetigte und planbare Finanzierung des politisch gewollten Quantitäts- und Qualitätsumfangs des ÖPNV. Dem Bus als dem wirtschaftlich effizientesten und gerade für die Erschließung des ländlichen Raumes flexibelsten und für die verkehrliche Erschließungswirkung geeignetsten Verkehrsmittel muss in der Verkehrspolitik künftig eine höhere Bedeutung zukommen. 47

IV. Anforderungen und Ausblick Intermodulare und intramodulare Entscheidungen zur Finanzierung des ÖPNV politisch notwendig (MIV/ÖPNV), Bus/Bahn, Schwerpunktsetzung auch im ländlichen Raum. Neue Finanzierungsmodelle (Kreiswerke, Nahverkehrs-Flatrate). Allgemein auch: Image des ÖPNV im ländlichen Raum muss signifikant verbessert werden. 48

IV. Anforderungen und Ausblick Zitat Abgeordnete des Thüringer Landtages Eleonore Mühlbauer: Busfahren muss sexy werden. 49

IV. Anforderungen und Ausblick Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen: VDV Statistiken, Präsentation des SMWA, Statistisches Landesamt Sachsen, fachliche Recherchen von PBV und PWC im Auftrag des VDV 50