Tenure-Track-Programme: Chance für Chancengerech4gkeit?

Ähnliche Dokumente
Tenure Track die Chance für Nachwuchs und Fakultäten? Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jochen Schiewer Rektor, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Tag des Stipendiums Ref. Forschung, Transfer, Dr. Axel Koch 1

Erfahrungen mit der Einführung der Juniorprofessur. Statistische Angaben der Hochschulverwaltung

Forschungsmotivation und Karriereaussichten von Postdocs in Deutschland

Der Konstanzer Kodex für WissenschaftlerInnen zwischen Promotion und Professur

Frauenförderplan der HOWOGE

Familienfreundlichkeit aus Sicht von Hochschulen und wissenschaftlichem Nachwuchs

Akademische Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs Fragebogen für die Universität

Das Konzept Gender Mainstreaming und Diversity an der Technischen Universität München

Deutsche Gesellschaft. Juniorprofessur. Laufbahnplanung in der Wissenschaft. Stefan Stieglitz DGJ. Juniorprofessur

Gleichstellung an der TU Dortmund

Traumjob Wissenschaft? Osnabrück, 20. Juni 2014 Arne Karrasch

Mit dem Aktionsplan neue Akteurinnen und Akteure für die Gleichstellung gewinnen

WGP-Standpunktpapier führt durchs Schlüsselloch zu Industrie 4.0 Staatssekretär Dr. Georg Schütte nimmt aktuellen Handlungsleitfaden entgegen

Analyse ausgewählter Gender Indikatoren der Wissensbilanz: Gender Pay Gap und Geschlechterrepräsentanz im Berufungsverfahren

Job-Trauma oder Traumjob?

Frauen in Führungspositionen

Nachwuchsförderprogramme der DFG. Bonn, 11. Juni 2013

Interkulturelle Aspekte der MIND-Studie

Die Heisenberg-Professur

Gleichstellungsplan der Universitätsmedizin Göttingen

Interview zum Thema Frauenquote in der Wissenschaft mit Frau Professor Stefanie Reese

Wege in die Wissenschaft. Frühe Eigenständigkeit, Verlässliche Perspektive, Gute Rahmenbedingungen.

Welche Kompetenzen braucht der wissenschaftliche Nachwuchs? Dr. Marion Schulte zu Berge, DFG

Karrieremodelle als Berufungsstrategie

Dienstvereinbarung. vom hips:// uni.de/de/struktur/gremien/personalrat_wp/index.html

Vorschlagsformular (only available in German)

Akademische Personalentwicklung

Tipps & Tricks zur Ansprache und Gewinnung von Frauen

Die Juniorprofessur im Vergleich zu traditionellen wissenschaftlichen Karrierewegen I:

für die Abschlussberichte zur Umsetzung der Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards

Hasard oder Laufbahn Akademische Personalstrukturen im internationalen Vergleich

Genderaspekte und Qualität bei Berufungsverfahren

Frauenförderplan des Fachbereichs Germanistik und Kunstwissenschaften (09)

Personalmanagement für den akademischen Nachwuchs

Arbeit im Lebensverlauf

GenderKompetenzZentrum

Wilder Hasard? SCHWERPUNKT

Fördermöglichkeiten der DFG. Dr. Marion Schulte zu Berge, DFG

Innovation durch Vielfalt warum die Frauenquote ein konsequenter Schritt ist

Diversität gestalten. Verschiedenheit und ihre Folgen Wie gestaltet sich Vielfalt an Hochschulen? Jutta Allmendinger, 30.

Erfolgsfaktor Chancengleichheit

Das Emmy Noether-Programm der DFG

Geschlechtergerechte Berufungsverfahren Kurzvortrag im Beirat für Gleichstellung, MLU Halle-Wittenberg 12/2015

Projekt Frauen gehen in Führung Aufstiegsorientierung von und für Mitarbeiterinnen in Verkehrsunternehmen

Technische Universität Darmstadt

Gender an Hochschulen

Effekte von Institutionellen Evaluationen auf Strukturveränderungen von Wissenschaftsorganisationen am Beispiel der TU Darmstadt. Dr.

Deutsche Gesellschaft. Juniorprofessur. Berufsbild Juniorprofessor. Stefan Stieglitz DGJ. Juniorprofessur

Work-Life-Balance in Deutschland und Europa

ALLES UNTER EINEM HUT?

Auswertung unter Gleichstellungsgesichtspunkten. Berufungen an der MIN in 2010 bis 2013 im Vergleich

Forschung und Forschungsförderung rderung im internationalen Vergleich: Herausforderungen und Chancen

Frauen in MINT-Berufen Weibliche Fachkräfte im Spannungsfeld Familie, Beruf und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in Deutschland

Erster Bericht der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Hamburg 2002 bis 2005

Stellungnahme. Ausschussdrucksache 18(18)270 c. GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Frau Jutta Dalhoff. Öffentliches Fachgespräch

Vollzeitnahe Teilzeit - ein Instrument zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Vorlage der Kommission für Forschung, wissenschaftlichen Nachwuchs und Transfer - vom Senat zustimmend zur Kenntnis genommen.

Die KUG im Gender-Spotlight

Empfehlungen der Bundeskonferenz der Frauen und Gleichstellungsbeauftragten. Gestaltung von Karrierewegen an Fachhochschulen

ƒ Strukturierte Promotionsprogramme der DFG: Graduiertenkollegs, Internationale Graduiertenkollegs, Graduiertenschulen

Rollenklischees überwinden

Frauen in Verwaltung und Unternehmen des Landes

Wie Frauen den Sprung an die Unternehmensspitze schaffen können. Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen Tegernsee, 11.

Frauen in Verlagshäusern. Eine aktuelle VDZ Umfrage

Umsetzung der Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards an der

Physikerinnen: Zahlen und Fakten

Zugleich: Stellungnahme der Fakultät für Maschinenbau (Fakultät 4) zum Abschlussbericht

Minijob für Mama Karriere für Papa? Friedrich-Ebert-Stiftung Forum Politik und Gesellschaft- Christina Schildmann

Gleichberechtigt geht s leichter! Faire Chancen für Familienernährerinnen

Akademische Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs Fragebogen für Universitäten und Forschungseinrichtungen

Der Leitfaden für die Zwischenberichte


Erfolgsfaktoren tenure track : Sammlung aus den Hochschulbeispielen. Prof. Dr. Frank Ziegele 18. Juni 2013

Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Universitätsklinika des Landes NRW

Gütesiegel des DHV. Faire und transparente Berufungsverhandlungen

Personalentwicklung für Managementaufgaben in Fakultäten

Lebensphasenorientierte Personalpolitik Chemie & Pharma

Jungs und Mädchen im naturwissenschaftlichtechnischen

DIVERSITY MANAGEMENT. Vereinbarkeiten aktiv gestalten 1. EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG

Die Heisenberg-Professur

Inhaltsverzeichnis. Vorwort 3. Bewerbung. Wissenschaftlicher Nachwuchs

Studentische Vielfalt als Auftrag für Hochschule und Wissenschaft

FRAUENFÖRDERPLAN DER ÖSTERREICHISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

77.Ordentlicher Medizinischer Fakultätentag. Strukturierte Promotionen in der Medizin und Zahnmedizin

2. Continental-Studentenumfrage 24. Februar 2005, TU Darmstadt

Work&Care: Probleme und Antworten aus der Sicht der Gleichstellung

Geomatik + Vermessung

der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät

Chancengleichheit und Hochschulmanagement: Theorie und Praxis am Beispiel der Wirtschaftsuniversität Wien

1. Gleichstellungskommission und Gleichstellungsbeauftragte

Ungleiche Voraussetzungen für wissenschaftliche Karrieren bei Frauen und Männern

Karrierewege für Postdocs: Risiken, Aufgaben, Modelle

Gender und Diversity im Gesundheitsmanagement

Vereinbarkeit: mehr als Familie und Beruf!

Klinische Forschung-Förderung durch die DFG Frankfurt, Kurzversion. Klinikum der Goethe-Universität

Silke Göddertz. Gender Diversity als. Einflussfaktor auf Zielgrößen. des Employer Brandings

Effekte von Institutionellen Evaluationen auf Strukturveränderungen von Wissenschaftsorganisationen. Dr. Tina Klug

Transkript:

Tenure-Track-Programme: Chance für Chancengerech4gkeit? Prof. Dr. Jule Specht Universität zu Lübeck & Deutsches Ins>tut für WirtschaAsforschung Berlin & Die Junge Akademie 71. Sitzung der GFMK-AG Frauenförderung im Bereich der WissenschaA 20. Oktober 2016

Tenure-Track-Programme als Chance Nachwuchspakt kann eine Chance sein, wenn: zusätzliche unbefristete Professuren geschaffen werden 1.000 Tenure-Track-Professuren nur der Anfang sind offene Verfahren und transparente Kriterien gewährleistet sind unabhängige Forschung und Lehre ermöglicht wird junges Alter bei Berufung und En`ristung gewährleistet wird Alterna>ven zu Tenure-Track-Programm wenig aarak>v: befristete PostDoc-Stellen deutlich aarak>ver: unbefristete Professur

Tenure-Track-Programme: Bedeutung für Frauen Nachwuchspakt als Chance für Chancengerech>gkeit breit und interna>onal ausgeschriebene Professuren, transparente Auswahlverfahren und Leistungskriterien vermindert Risiko für Homosozialität langfris>ge BeschäAigungsperspek>ve, geringere Anforderung an Mobilität durch Einrichtungswechsel erhöht Chance auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Tenure-Track-Programme: Bedeutung für Frauen Nachwuchspakt als Chance für Chancengerech>gkeit aber Nachwuchspakt adressiert vieles nicht (unbedingt): geringe weibliche Repräsentanz in Entscheidungsgremien männlich dominierte Auswahlkriterien und -prozesse Geschlechterstereotype und fehlende Rollenvorbilder geringes berufliches Selbstbewusstsein Vereinbarkeit von Familie und wissenschaalicher Karriere mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten familienunfreundliche Arbeitsbedingungen mangelnde Dual-Career-Op>onen

Tenure-Track-Programme: Bedeutung für Frauen Vergleich Niederlande Bakker & Jacobs (2016), PLoS ONE Einführung von Tenure-Track-Programm hat posi>ven Effekt auf Berufungen von Frauen poten>elle Ursachen: offene Ausschreibungen und transparente Kriterien können implizite Gender Biases mindern aber: typische Bewertungskriterien sind nicht gendergerecht (bspw. Anzahl Veröffentlichungen, eingeworbene Driamiael, Lehrevalua>onen) Effekt zu gering für Veränderung der Gender Balance Fazit: Tenure-Track-Programm verstärkt Chancen- UNgerech>gkeit nicht, mindert sie aber auch nicht substan>ell

Chancengerech4gkeit in der Wissenscha> BMBF (2015), Bildung und Forschung in Zahlen; siehe www.datenportal.bmbf.de/2.5.83

Chancengerech4gkeit in der Wissenscha> Frauen sind in der WissenschaA weiterhin benachteiligt Bsp.: Emmy-Noether- und Heisenberg-S>pendium DFGinfobrief (2016), Zahlen und Fakten zur Forschungsförderung 2.16 bei Heisenberg-S>pendien liegt Frauenanteil bei Bewilligungen bei 22%, bei Ablehnungen bei 35% Männer mit Emmy-Noether- oder Heisenberg-Förderung haben höhere Chance auf Professur berufen zu werden Bsp.: Exzellenzini>a>ve DFG & WissenschaAsrat (2015), Bericht zur ExzellenziniBaBve Imboden et al. (2016), EvaluaBon der ExzellenziniBaBve: Endbericht Begutachtungskriterien berücksich>gen Gleichstellung Frauenanteil an beteiligten Professuren bei Graduiertenschulen und Exzellenzclustern nur zwischen 17% und 30%

Chancengerech4gkeit in der Wissenscha> Ziel: ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf allen Hierarchiestufen innerhalb der WissenschaA Ausblick GWK (2016), Chancengleichheit in WissenschaH und Forschung momentan 17.9% der W3-Professuren mit Frauen besetzt in den letzten 10 Jahren s>eg Frauenanteil um.81 Prozentpunkte pro Jahr ausgeglichenes Geschlechterverhältnis erst in 40 Jahren! Kaskadenmodell nicht ausreichend um Chancengerech>gkeit in absehbarer Zeit zu verbessern, weil Frauen auf jeder Hierarchiestufe systembedingt benachteiligt sind

Förderung von Chancengerech4gkeit Wünsche an Gleichstellungsminister/innen Frauen in der WissenschaA gezielt fördern, bspw. Schaffung von weiteren Professuren für Frauen und Frauenquoten bei regulären Professuren Geschlechterstereotype mindern Rollenvorbilder schaffen berufliches Selbstbewusstsein fördern Vereinbarkeit von Familie und (wissenschaalicher) Karriere zuverlässige Kinderbetreuung Abschaffung des Ehegaaensplitngs Dual-Career-Op>onen

Förderung von Chancengerech4gkeit Wünsche an WissenschaAsminister/innen For`ührung des Professorinnen-Programms: Schaffung von zusätzlichen Professuren für Frauen Juniorprofessuren: offene und faire Berufungsverfahren, Hausberufungsverbot und Tenure Track Schularick, Specht, Baumbach et al. (2015), Die Junge Akademie Personalstruktur: Anreize für kostenneutrale Abschaffung des Lehrstuhlsystems und Schaffung einer Departmentstruktur Menke, Schularick, Baumbach et al. (2013), Die Junge Akademie Bundesprofessur: neue Stellenkategorie schaffen um Anzahl der Professuren zu erhöhen Specht, Endesfelder, Erb, Hof, Pernice et al. (2016), Die Junge Akademie

Förderung von Chancengerech4gkeit Wünsche an WissenschaAler/innen höhere weibliche Repräsentanz in Entscheidungsgremien vielfäl>gere Leistungskriterien WissenschaAskommunika>on außerhalb des Hörsaals, Publika>onen außerhalb von Fachjournalen, gesellschaaliches/ poli>sches Engagement im Kontext der WissenschaA,... gendergerechte Sprache im Universitätsalltag gendergerechte Formulierungen in Ausschreibungen mit Frauen vernetzen und Frauen gezielt fördern berufliches Selbstbewusstsein stärken weibliche Rollenvorbilder in den Fokus rücken familienfreundliches Umfeld schaffen

Fazit Chancengerech>gkeit in der WissenschaA bedeutet: Schaffung von besseren Perspek>ven für den Nachwuchs zusätzliche Professuren sind notwendig damit (a) wissenschaalicher Nachwuchs berufliche Perspek>ven hat (b) Universitäten alle Anforderungen bewäl>gen können Frauen sind subjek>v und objek>v besonders stark von mangelnden Perspek>ven in der WissenschaA betroffen Chancengerech>gkeit in der WissenschaA benö>gt: (a) Schaffung zusätzlicher Professuren für Frauen (b) Zielquoten, die deutlich (!) über Kaskadenmodell hinausgehen

Vielen Dank für Ihr Interesse! Mail: jule.specht@fu-berlin.de Twiaer: @jule_specht